Entscheidungsdatum
05.03.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W229 2225797-2/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Wien (nunmehr: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen Wien), vom 15.10.2019, VSNR. XXXX , beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 15.10.2019; VSNR XXXX , stellte die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (im Folgenden: SVA) gemäß § 194 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG) iVm §§ 409 und 410 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) über Antrag fest, dass der nunmehrige Beschwerdeführer von 20.05.1987 bis 29.02.1992 der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG, sowie im Zeitraum von 20.05.1987 bis 31.08.1991 und von 20.12.1991 bis 29.02.1992 der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG unterliegt.
2. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer am 26.11.2019 persönlich beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde ein.
3. Die Beschwerde wurde am 26.11.2019 zuständigkeitshalber vom Bundesverwaltungsgericht an die SVA weitergeleitet.
4. Mit Schreiben vom 29.01.2020 übermittelte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht.
5. Mit Schreiben vom 10.02.2020, W229 2225797-2/2Z, hielt das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer vor, dass seine Beschwerde gegen den Bescheid der SVA nach der Aktenlage verspätet eingebracht worden sei. Der Bescheid vom 15.10.2019 sei laut Zustellformular nach einem Zustellversuch am 22.10.2019 durch Hinterlegung zugestellt worden. Der erste Tag der Abholfrist sei der 23.10.2019 gewesen. Die Frist von vier Wochen zur Einbringung der Beschwerde gegen den am 23.10.2019 zugestellten Bescheid habe am 20.11.2019 geendet.
Die Beschwerde sei am 26.11.2019 persönlich beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht worden. Gemäß § 12 VwGVG seien Beschwerden gegen Bescheide - wie in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides der SVA vom 15.10.2019 ausgeführt - einzubringen. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Beschwerde am 26.11.2019 an die SVA weitergeleitet. Da die persönliche Abgabe der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht bereits außerhalb der Beschwerdefrist erfolgt sei, sei die Beschwerde trotz unmittelbarer Weiterleitung verspätet.
6. Der Beschwerdeführer erstattete mit Schreiben vom 20.02.2020 eine Stellungnahme, in welcher er ausführte, dass er gegen den Feststellungsbescheid der SVA an das Arbeits- und Sozialgericht eine Klage mit der AZ XXXX eingebracht habe. Diese Klage sei mit einem Beschluss vom 13.11.2019, ihm zugestellt am 18.11.2019, wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen worden.
Dann habe er an das Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde erhoben, dass der zur Gänze angefochtene Feststellungsbescheid inhaltlich rechtswidrig und rechtswidrig in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften gewesen sei.
Der angefochtene Bescheid sei ihm am 18.11.2019 zugestellt worden. Die Beschwerde sei daher mit 26.11.2019 innerhalb der offenen vierwöchigen Frist fristgerecht erhoben worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der gegenständlich angefochtene Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Wien, vom 15.10.2019 ist nach einem Zustellversuch an den Beschwerdeführer am 22.10.2019 zur Abholung hinterlegt worden. Der Beginn der Abholfrist war der 23.10.2019. Der Beschwerdeführer übernahm den Bescheid am 30.10.2019.
Gegen den Bescheid brachte der Beschwerdeführer am 26.11.2019 persönlich beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 26.11.2019 an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Wien, weitergeleitet.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, der Beschwerde und der Stellungnahme des Beschwerdeführers nach Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht vom 20.02.2020. Insbesondere liegen das Zustellformular bezüglich des Bescheids sowie die Weiterleitung der Beschwerde gemäß § 6 Abs. 1 AVG an die SVA vom 26.11.2019 im Akt ein. Insgesamt ist der Sachverhalt aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:
3.2. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zu Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid einer Behörde (hier: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft) gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG - wie in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides ausgeführt - vier Wochen.
Gemäß § 12 VwGVG sind bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, in der Fassung des BGBl. II. Nr. 140/2019, lauten:
"Hinterlegung
§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrens, BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung des BGBl. I Nr. 58/2018, lauten:
"5. Abschnitt: Fristen
§ 32. (1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.
(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats."
Wenn das Gesetz daher in § 32 Abs. 2 AVG anordnet, daß eine nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Frist mit dem Ablauf jenes Tages der letzten Woche oder des letzten Monates endet, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat, so bedeutet dies, daß als erster Tag einer solchen Frist jener Tag zu rechnen ist, welcher dem die Frist auslösenden Ereignis nachfolgt (vgl. VwGH 28.05.1991, 91/04/0097).
3.3. Im gegenständlichen Fall wurde der angefochtene Bescheid der SVA vom 15.10.2019 dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 23.10.2019 - dem ersten Tag der Abholfrist gemäß § 17 Abs. 3 ZustG - zugestellt. Eine Abwesenheit des Beschwerdeführers von der Abgabestelle wurde von ihm nicht behauptet.
Die vierwöchige Beschwerdefrist gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG endete am 20.11.2019. Die am 26.11.2019 beim Bundesverwaltungsgericht persönlich eingebrachte Beschwerde war somit, trotz unmittelbarer Weiterleitung an die belangte Behörde, verspätet. Diesen Umstand hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich vorgehalten (vgl. dazu VwGH 29.08.2013, 2013/16/0050).
In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides der SVA vom 15.10.2019 wurde der Beschwerdeführer insbesondere über die Dauer der Rechtsmittelfrist, die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts als zweite Instanz sowie über den Umstand, dass die Beschwerde bei der SVA einzubringen ist, in Kenntnis gesetzt. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte erhobene Klage an das Arbeits- und Sozialgericht beeinflusst den Lauf der Beschwerdefrist nicht und ist somit die Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses vom 13.11.2019 am 18.11.2019 für das gegenständliche Verfahren unerheblich. Der Beschwerdeführer erstattete insgesamt kein Vorbringen, welche die rechtswirksame Zustellung des angefochtenen Bescheides bzw. den Zeitpunkt der Zustellung oder den Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde bei der belangten Behörde in Zweifel ziehen würde.
Die am 26.11.2019 eingebrachte Beschwerde hat sich als verspätet erwiesen. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).
3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG konnte im vorliegenden Beschwerdefall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war. Eine solche wurde auch nicht beantragt.
Darüber hinaus war die Durchführung einer Verhandlung aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht erforderlich, da der Sachverhalt aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde und der Stellungnahme des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hinreichend geklärt schien. Einem Entfall der Verhandlung standen somit weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. dazu § 24 Abs. 4 VwGVG).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Hinterlegung, Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W229.2225797.2.00Zuletzt aktualisiert am
28.04.2020