TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/9 W250 2218884-11

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.03.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

09.03.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W250 2218884-11/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger der Türkei, wurde in Österreich geboren und wuchs im Bundesgebiet auf. Mit Bescheid einer Bezirksverwaltungsbehörde vom 26.02.2009 wurde gegen den BF nach 14 strafgerichtlichen Verurteilungen ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Mit Beschluss eines Landesgerichtes vom 15.03.2011 wurde der BF gemäß § 133a Strafvollzugsgesetz vorläufig vom Strafvollzug entlassen und er reiste am 27.04.2011 freiwillig in die Türkei aus.

2. Im Dezember 2017 reiste der BF ohne Reisedokument nach Österreich ein und nahm unter Verwendung eines fremden Reisepasses in einem Hotel Unterkunft. Er wurde am 22.02.2018 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen, nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung festgenommen und bis 04.04.2019 in Strafhaft angehalten.

3. Am 04.04.2019 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) einvernommen, wobei er im Wesentlichen angab, dass er von 2011 bis 2016 in der Türkei gelebt und gearbeitet habe. Auf Grund der Rechtsunwirksamkeit des Aufenthaltsverbotes und der politischen Situation in der Türkei habe er sich zur Rückkehr nach Österreich entschlossen. Er sei über Griechenland, Italien und die Schweiz zur seiner in Österreich lebenden Familie zurückgekehrt, die ihn sowohl bei seiner Einreise als auch vorher schon finanziell unterstützt habe.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 05.04.2019 wurde über den BF Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend verwies das Bundesamt zunächst auf den Aufenthalt im Verborgenen nach der Wiedereinreise sowie das Fehlen von Personaldokumenten. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft wurde insbesondere auf die ausgeprägte Straffälligkeit des BF und die damit verbundene fehlende Vertrauenswürdigkeit verwiesen. Dieser Bescheid wurde dem BF am selben Tag zusammen mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Verfahrenshelfers ausgefolgt.

5. Mit Bescheid vom 10.04.2019 hob das Bundesamt das mit Bescheid einer Bezirksverwaltungsbehörde vom 26.02.2009 erlassene Aufenthaltsverbot auf, erließ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des BF in die Türkei zulässig sei. Gleichzeitig wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde aberkannt.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF das Rechtsmittel der Beschwerde.

Mit Erkenntnis vom 05.06.2019 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu recht erfolgt sei und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werde.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.08.2019 wurde die Beschwerde gegen die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes mangels Beschwer als unzulässig zurückgewiesen und die übrigen Spruchpunkte ersatzlos behoben, da mittlerweile ein Verfahren über einen Antrag des BF auf internationalen Schutz - siehe dazu unten 7. - anhängig war.

6. Am 15.05.2019 erhob der BF durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 05.04.2019 sowie die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.05.2019 wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

7. Für den BF wurde ein von XXXX bis XXXX gültiges Ersatzreisedokument ausgestellt und vom Bundesamt seine Abschiebung für den 07.06.2019 vorbereitet. Am 06.06.2019 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, weshalb die geplante Abschiebung nicht durchgeführt wurde. Mit Aktenvermerk vom 07.06.2019 hielt das Bundesamt fest, dass die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aufrechterhalten werde. Dieser Aktenvermerk wurde dem BF am selben Tag nachweislich persönlich ausgefolgt.

Nach Durchführung einer Einvernahme des BF wies das Bundesamt diesen Antrag mit Bescheid vom 02.07.2019 vollinhaltlich ab, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des BF in die Türkei zulässig sei. Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt. Unter einem wurde gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.

Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde fand am 30.08.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in der der BF - soweit es für das gegenständliche Schubhaftverfahren von Bedeutung ist - im Wesentlichen angab, dass es ihm gesundheitlich gut gehe. Er nehme Beruhigungsmittel ein, Therapien mache er keine. Er habe in Österreich die Volks- und Hauptschule besucht, den polytechnischen Lehrgang habe er abgebrochen, ebenso eine begonnene Schlosserlehre. Ungefähr 20 Monate habe er als Hilfsarbeiter gearbeitet, ansonsten habe er sich die meiste Zeit im Gefängnis befunden bzw. Arbeitslosengeld und Sozialhilfe bezogen. In Österreich befänden sich seine Eltern, seine 2 Schwestern sowie sein Bruder, wobei seine Schwestern österreichische Staatsbürger seien.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.11.2019 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 02.07.2019 abgewiesen.

8. Am XXXX wurde der BF der türkischen Vertretungsbehörde vorgeführt, wobei nach einem Interview die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF unter der Bedingung zugesagt wurde, dass keine Verfahren den BF betreffend offen sind.

9. Das Bundesamt bereitete am 12.02.2020 die begleitete Abschiebung des BF für den XXXX vor. Am XXXX wurde für den BF ein bis XXXX gültiges Heimreisezertifikat ausgestellt.

10. Bei dem mit dem BF am 29.02.2020 durchgeführten Kontaktgespräch mit einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF sinngemäß an, dass er schon so lange in Österreich lebe und das Recht habe, im Bundesgebiet zu bleiben. Er werde vielleicht in die Türkei fliegen, brauche dazu aber mehr Geld. In weiterer Folge wurde das Zehrgeld von EUR 80,-- auf EUR 300,-- erhöht.

11. Am XXXX bedrohte der BF eine Stewardess im Flugzeug, woraufhin der Kapitän den BF und die diesen begleitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufforderte, das Flugzeug zu verlassen. Der BF wurde wiederum in das Polizeianhaltezentrum eingeliefert.

12. Das Bundesamt führte am 03.05.2019, 31.05.2019 und 28.06.2019 Schubhaftprüfungen durch, das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Erkenntnissen vom 29.07.2019, 22.08.2019, 19.09.2019, 15.10.2019, 11.11.2019, 09.12.2019, 02.01.2020, 28.01.2020 und 24.02.2020 fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

13. Am 02.03.2020 legte das Bundesamt den gegenständlichen Akt neuerlich gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang (I.1. - I.13.)

Der unter Punkt I.1. bis I.13. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des BF und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der BF ist türkischer Staatsangehöriger, seine Identität steht fest. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der BF ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.2. Der BF wird seit 05.04.2019 in Schubhaft angehalten.

2.3. Der BF ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor.

3. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

3.1. Der BF reiste im Dezember 2017 ohne Reisedokument nach Österreich ein und nahm unter Verwendung eines fremden Ausweises Unterkunft in einem Hotel und fälschte die dafür erforderlichen Urkunden. Seiner Meldeverpflichtung nach dem Meldegesetz kam er nicht nach.

3.2. Der BF stellte am 06.06.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem Zeitpunkt lag auf Grund des Bescheides des Bundesamtes vom 10.04.2019 eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor und wurde der BF in Schubhaft angehalten. Die für den 07.06.2019 vorbereitete Abschiebung des BF in die Türkei konnte nicht durchgeführt werden.

3.3. Der BF versuchte durch Hungerstreik seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen. Er befand sich von 05.04.2019 bis 07.04.2019, am 09.04.2019, von 15.04.2019 bis 27.05.2019, von 31.05.2019 bis 10.06.2019, von 21.06.2019 bis 10.07.2019, von 11.07.2019 bis 18.07.2019, von 08.08.2019 bis 11.08.2019 und am 28.01.2020 in Hungerstreik.

3.4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.07.2019 wurde eine den BF betreffende Rückkehrentscheidung erlassen. Diese aufenthaltsbeendende Maßnahme ist nach Abweisung der gegen den genannten Bescheid erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.11.2019 rechtskräftig, durchsetzbar und durchführbar.

3.5. Am XXXX musste der Versuch, den BF begleitet auf dem Luftweg in die Türkei abzuschieben abgebrochen werden, da sich der Kapitän des Flugzeuges weigerte, den BF zu befördern, da dieser Crew-Mitglieder bedroht hat. Damit hat der BF seine Abschiebung vereitelt.

4. Zur familiären und sozialen Komponente

4.1. Der BF wurde in Österreich geboren, hielt sich bis 11.04.2011 in Österreich auf und reiste freiwillig in die Türkei aus. In Österreich leben die Eltern, die beiden Schwestern sowie der Bruder des BF. Von seiner Familie wurde der BF bei seiner unrechtmäßigen Einreise im Dezember 2017 sowie bei seinem unangemeldeten Aufenthalt in Österreich seit Dezember 2017 - vor allem finanziell - unterstützt.

5. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

5.1. Der BF weist nachstehende Verurteilungen in Österreich auf:

5.1.1. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 01.02.1999 wurde der BF wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z. 1 Strafgesetzbuch - StGB sowie wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 2 und 4 StGB zu einer Geldstrafe und im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von 45 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

5.1.2. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 21.07.1999 wurde der BF wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB sowie wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 Suchtmittelgesetz - SMG zu einer Geldstrafe und im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von 35 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

5.1.3. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 06.03.2000 wurde der BF wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 2 vierter Fall, 129 Abs. 1 zweiter Fall, 15 und 12 StGB, wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB sowie wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG unter Bedachtnahme auf das Urteil eines Bezirksgerichtes vom 27.09.1999 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt.

5.1.4. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 26.04.2000 wurde der BF wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 2 und 4, 129 Z. 1 und 2 StGB, wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB, wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 2 StGB und des Vergehens nach § 27 SMG zur einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt.

5.1.5. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 31.11.2000 wurde der BF wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe und im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von 120 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

5.1.6. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 28.05.2001 wurde der BF wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z. 2 StGB und wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG zur einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt.

5.1.7. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 18.09.2002 wegen Vergehen nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer Geldstrafe und im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von 180 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

5.1.8. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 22.11.2002 wurde der BF wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer Geldstrafe und im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von 150 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

5.1.9. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 26.08.2003 wurde der BF wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 SMG, wegen Vergehen nach § 27 Abs. 1 SMG in unbestimmter Anzahl, wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 und 2 StGB sowie wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

5.1.10. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 15.01.2004 wurde der BF wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach den §§ 105, 106 Abs 1 Z. 1 StGB, wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB, wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83, 84 Abs. 2 Z. 4 StGB, wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 5 StGB und wegen des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z. 3 Waffengesetz unter Bedachtnahme auf das Urteil eines Landesgerichtes vom 29.08.2003 zu einer Zusatzstrafe von 7 Monaten verurteilt.

5.1.11. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 05.04.2005 wurde der BF wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB sowie wegen eines Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Wochen verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Taten hat der BF während einer Anhaltung in Strafhaft begangen.

5.1.12. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 12.01.2006 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 StGB zu einer Geldstrafe und im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von 75 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegende Tat hat der BF während einer Anhaltung in Strafhaft begangen.

5.1.13. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 21.11.2006 wurde der BF wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, wegen des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 StGB und wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 und 106 Abs. 1 Z. 1 StGB zur einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.

5.1.14. Mit Urteil eines Landegerichtes vom 22.02.2008 wurde der BF wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt.

5.1.15. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 21.06.2010 wurde der BF wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 Z. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegende Tat hat der BF während einer Anhaltung in Strafhaft begangen.

5.1.16. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 14.06.2018 wurde der BF wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der Beleidigung nach §§ 115 Abs. 1, 117 Abs. 2 StGB, wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 erster Fall StGB, wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grund liegenden Taten hat der BF teilweise zur Verschleierung seines Aufenthaltes in Österreich begangen.

5.2. Die türkische Vertretungsbehörde hat zuletzt am XXXX ein bis XXXX gültiges Ersatzreisedokument für den BF ausgestellt, das Bundesamt bereitet einen neuerlichen Versuch für die Abschiebung des BF innerhalb der Gültigkeitsdauer dieses Heimreisezertifikates vor.

5.3. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 05.04.2019 und seit der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.02.2020, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weiterhin vorliegen, zu Gunsten des BF hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes das Schubhaftverfahren des BF betreffend sowie in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes das fremdenbehördliche sowie das Asylverfahren des BF betreffend, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang, zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das Schubhaftverfahren des BF betreffend, sowie aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das fremdenbehördliche sowie das Asylverfahren des BF betreffend.

1.2. Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf den im Verwaltungsakt einliegenden Kopien des von der Türkei für den BF ausgestellten Ersatzreisedokumenten. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebensowenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des BF. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig abgewiesen, der BF ist daher weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

1.3. Dass der BF seit 05.04.2019 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1.4. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim BF eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Eine Haftunfähigkeit wurde vom BF nicht behauptet. Auch in den Einvernahmen vor dem Bundesamt am 04.04.2019 sowie am 17.06.2019 gab der BF an, gesund zu sein. Zuletzt gab er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 30.08.2019 an, gesund zu sein und lediglich Beruhigungsmittel einzunehmen. Auch dem polizeiamtsärztlichen Gutachten vom 29.02.2020, welches zur Vorbereitung der Abschiebung des BF erstellt wurde, sind keine gesundheitliche Beschwerden des BF zu entnehmen.

2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

2.1. Dass der BF im Dezember 2017 ohne Reisedokument nach Österreich eingereist ist, räumte er selbst in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 04.04.2019 ein. Dass er sich nach den Bestimmungen des Meldegesetzes nicht in Österreich gemeldet hat, ergib sich aus dem zentralen Melderegister. Dass er unter Verwendung eines fremden Ausweises in einem Hotel Unterkunft genommen und die dafür erforderlichen Urkunden gefälscht hat, ergibt sich aus der im Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das fremdenbehördliche Verfahren des BF betreffend einliegenden Urteilsausfertigung vom 14.06.2018.

2.2. Die Feststellungen zum Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 06.06.2019 und insbesondere dazu, dass er zu diesem Zeitpunkt in Schubhaft angehalten wurde und eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorlag, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und der darin einliegenden Bescheidausferigung vom 10.04.2019, mit der eine Rückkehrentscheidung gegen den BF getroffen und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt wurde. Dass der dagegen erhobenen Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem diesbezüglichen Beschwerdeakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.3. Die Feststellung, dass der BF mehrmals in den Hungerstreik trat, beruht auf den diesbezüglichen Eintragungen in der Anhaltedatei.

2.4. Die Feststellung zu der mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.07.2019 erlassenen Rückkehrentscheidung beruht auf einer Einsichtnahme in den diesbezüglichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde gegen diesen Bescheid betreffend.

2.5. Dass der BF am XXXX seine Abschiebung vereitelt hat ergibt sich aus dem diesbezüglichen Bericht einer Landespolizeidirektion vom selben Tag.

3. Zur familiären und sozialen Komponente

3.1. Die Feststellungen zum Aufwachsen des BF in Österreich und dass er 2011 freiwillig Österreich verlassen hat ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Die Feststellungen zu den in Österreich lebenden Familienangehörigen des BF und deren finanzielle Unterstützung ergeben sich aus den vom BF vor dem Bundesamt und dem Bundesverwaltungsgericht gemachten Angaben. Dass ihn seine Familie auch bei seiner unrechtmäßigen Einreise unterstützt hat, ergibt sich aus den Angaben des BF in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 04.04.2019, in der er angab, dass ihn sein Vater aus der Schweiz abgeholt und nach Österreich gebracht habe.

4. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

4.1. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des BF gründen sich auf die Einsichtnahme in das Strafregister sowie in die im Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das fremdenbehördliche Verfahren des BF betreffend einliegenden Urteilsausfertigungen.

4.2. Die Feststellungen zu dem zuletzt für den BF ausgestellten Ersatzreisedokument beruhen auf der im Verwaltungsakt einliegenden Kopie dieses Dokumentes. Dass das Bundesamt einen neuerlichen Abschiebetermin innerhalb der Gültigkeitsdauer des Heimreisezertifikates vorbereitet, ergibt sich aus der Stellungnahme vom 02.03.2020, welche im Rahmen der Aktenvorlage abgegeben wurde.

4.3. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 05.04.2019 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Fluchtgefahr, Sicherungsbedarf und Verhältnismäßigkeit - möglich ist.

3.1.4. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Dabei ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits entzogen hat. Der BF reiste ohne Reisedokument und daher unrechtmäßig nach Österreich ein. Seinem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme hat er sich nach seiner Einreise insofern entzogen, als er unangemeldet Unterkunft genommen hat und darüber hinaus unter Verwendung eines fremden Reisepasses seine wahre Identität verschleiert hat. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.07.2019 wurde eine - in Rechtskraft erwachsene - Rückkehrentscheidung gegen den BF erlassen, weshalb eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt. Der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG ist daher erfüllt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 5 FPG ist bei der Beurteilung der Fluchtgefahr zu berücksichtigen, ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz eine aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand. Der BF stellte am 06.06.2019 einen Asylantrag. Zu diesem Zeitpunkt war die mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.04.2019 erlassene Rückkehrentscheidung durchsetzbar - die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde vom Bundesamt aberkannt und mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.06.2019 nicht zuerkannt - und wurde der BF in Schubhaft angehalten. Es ist daher im vorliegenden Fall auch der Tatbestand der Z. 5 des § 76 Abs. 3 FPG erfüllt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG ist bei der Beurteilung der Fluchtgefahr auch zu berücksichtigen, ob der Fremde die Abschiebung umgeht oder behindert. Der BF hat durch sein Verhalten die Abschiebung am XXXX vereitelt. Damit hat er auch den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Im Bundesgebiet leben zwar die Eltern des BF sowie seine Geschwister, die ihn bisher finanziell unterstützt haben und ihn auch weiterhin finanziell unterstützen könnten. Dass dadurch die Fluchtgefahr vermindert werde oder auszuschließen sei wird jedoch dadurch relativiert, dass der BF sowohl bei seiner unrechtmäßigen Einreise nach Österreich im Dezember 2017 sowie bei seinem darauffolgenden illegalen Aufenthalt von seiner Familie unterstützt wurde. Daraus zeigt sich, dass der BF trotz familiärer Anknüpfungspunkte seine fremdenrechtlichen Verpflichtungen nicht einhält und insgesamt nicht zu rechtskonformem Verhalten bereit ist, was sich insbesondere daran zeigt, dass er auch während seines unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich gerichtlich strafbare Taten begangen hat und darüber hinaus seine tatsächliche Identität durch Urkundenfälschung und den Gebrauch eines fremden Reisepasses verschleiert hat. Es liegen daher insgesamt keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der BF in Österreich so integriert ist, dass eine Fluchtgefahr auszuschließen wäre. Es ist daher auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG erfüllt.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, 5 und 9 FPG vor.

3.1.5. Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen erheblichen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Der BF hat nach unrechtmäßiger Einreise seinen Aufenthalt in Österreich unter Begehung von gerichtlich strafbaren Taten verschleiert. Bemerkenswert ist dabei, dass er nicht einmal durch das in der Vergangenheit verspürte Haftübel von der Begehung weiterer gerichtlich strafbarer Handlungen abgehalten werden konnte. Auch in der Schubhaft verhielt sich der BF unkooperativ, da er bereits mehrfach versucht hat, durch Hungerstreik seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen.

In Österreich lebt zwar die Kernfamilie des BF, die ihn auch finanziell unterstützt, doch wurde ihm gerade durch seine Familie seine illegale Einreise nach und sein unrechtmäßiger Aufenthalt in Österreich ermöglicht.

Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

In Österreich leben die Eltern und die Geschwister des BF. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht er in Österreich nicht nach.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der BF weist insgesamt 16 Vorstrafen auf, wobei er unter anderem mehrfach nach dem Suchtmittelgesetz, mehrfach wegen teils schweren Diebstahls, mehrfach wegen teils schwerer Sachbeschädigung, mehrfach wegen teils schwerer Nötigung, wegen gefährlicher Drohung, mehrfach wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt sowie wegen des Verbrechens der Vergewaltigung bestraft wurde. Es besteht nicht nur auf Grund der Schwere und der besonderen Häufung der begangenen Taten ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Abschiebung des BF, sondern insbesondere auch deshalb, da der BF durch bereits verbüßte Strafhaften nicht von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werden konnte und sogar noch während seiner Anhaltung in Strafhaft Straftaten begangen hat. Der Aufenthalt des BF gefährdet die öffentliche Ordnung und Sicherheit in hohem Maße und es besteht ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des BF, welches insbesondere noch dadurch erhöht wird, dass er auch nicht davor zurückgeschreckt ist, zur Verschleierung seines illegalen Aufenthaltes in Österreich gerichtlich strafbare Taten zu begehen.

Die bisherige Dauer der Schubhaft erscheint ebenfalls nicht unverhältnismäßig, da das Bundesamt die Abschiebung des BF bereits für den 07.06.2019 organisiert hatte, die Abschiebung jedoch durch den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 06.06.2019 nicht durchgeführt werden konnte. Nach rechtskräftigem Abschluss dieses Verfahrens erwirkte das Bundesamt die neuerliche Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der türkischen Vertretungsbehörde und organisierte die Abschiebung des BF für den XXXX . Dass die Schubhaft zum Entscheidungszeitpunkt noch andauert, ist ausschließlich dem BF selbst zuzurechnen, da er durch sein unkooperatives Verhalten den Abbruch des Abschiebeversuches erzwungen hat. Derzeit wird vom Bundesamt ein neuerlicher Abschiebeversuch vorbereitet.

Den persönlichen Interessen des BF kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der BF bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändert.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

3.1.7. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Dem BF fehlt auf Grund seiner massiven Straffälligkeit und seinem bisherigen Verhalten die erforderliche Vertrauenswürdigkeit in einem solchen Ausmaß, dass die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht in Betracht kommt. Auch angesichts der Möglichkeit, dass er bei seinen Familienangehörigen Unterkunft nehmen und von diesen finanziell unterstützt werden könnte kann durch die Anordnung eines gelinderen Mittels dem Sicherungsbedarf nicht entsprochen werden, da der Aufenthalt des BF im Verborgenen durch seine Familie aktiv unterstützt wurde.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.1.8. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.1.9. Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

3.1.10. Der BF wurde in Österreich geboren und hat ausschließlich hier seine Schulbildung erhalten. Die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 30.08.2019 konnte ob der ausreichenden Deutschkenntnisse des BF ohne Dolmetscher durchgeführt werden, weder der BF noch sein Rechtsvertreter erhoben dagegen einen Einwand. Es konnte daher von einer Übersetzung von Spruch und Rechtsmittelbelehrung in die türkische Sprache abgesehen werden.

3.2. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung, Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Fortsetzung der
Schubhaft, öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Überprüfung,
Vereitelung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W250.2218884.11.00

Zuletzt aktualisiert am

28.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten