Entscheidungsdatum
09.03.2020Norm
ASVG §4Spruch
W209 2227513-1/3E
W209 2227513-2/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter in der Beschwerdesache des XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 04.12.2019, GZ: VA-VR 50840144-19/Mag.Ha, betreffend Nichteinbeziehung des Beschwerdeführers in die Vollversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) hinsichtlich seiner Tätigkeit für die XXXX GmbH sowie den Antrag des Beschwerdeführers vom 03.02.2020 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist beschlossen:
A)
I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist wird als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 04.12.2019 sprach die belangte Behörde (im Folgenden ÖGK) mit näherer Begründung aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit für die XXXX GmbH im Zeitraum von 14.04.2013 bis 09.09.2015 nicht der Voll-(Pensions-, Kranken-, Unfall-)versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG (Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977) unterliege.
2. Mit Schreiben vom 09.01.2022 (Poststempel) erhob der Beschwerdeführer gegen den oben angeführten Bescheid Beschwerde.
3. Am 15.01.2020 legte die ÖGK die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
4. Mit Verspätungsvorhalt vom 28.01.2020 teilte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer mit, dass der angefochtene Bescheid laut Rückschein am 09.12.2019 beim zuständigen Postamt hinterlegt und mit Beginn der Abholfrist am 10.12.2019 rechtswirksam zugestellt worden sei, ausgehend davon die vierwöchige Beschwerdefrist mit Ablauf des 07.01.2020 geendet habe und sich damit die am 09.01.2020 postalisch aufgegebene und am 13.01.2020 bei der belangten Behörde einlangte Beschwerde nach der Aktenlage als verspätet erweise.
5. Am 03.02.2020 beantragte der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist. Begründend führte er aus, dass er durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde gehindert gewesen sei. In der Rechtsmittelbelehrung des verfahrensgegenständlichen Bescheids werde auf die Frist von vier Wochen ab Hinterlegung bei der Post bzw. Zustellung für die Beschwerde verwiesen. Im "Volkstum" (gemeint wohl: Volksmund) seien vier Wochen ein Kalendermonat. Darüber hinaus sei er vom 10.12.2018 bis 18.12.2018 stationär im Krankenhaus Rudolfstiftung aufgenommen gewesen. Er habe eine schwere neurologische Erkrankung am rechten Arm und an der rechten Hand, wodurch er nicht schreiben könne und bei der Einbringung von Anträgen auf die Hilfe anderer Personen angewiesen sei. Er müsse momentan schwere Schmerzmedikamente einnehmen, wodurch es zu einer Beeinträchtigung seinerseits komme. Laut Chefarzt sei er noch bis 13.02.2020 im Krankenstand.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt, vorliegend die rechtswirksame Zustellung des Bescheides am 10.12.2019, die postalische Aufgabe der Beschwerde am 09.01.2020 sowie die geltend gemachten Wiedereinsetzungsgründe, ergibt sich aus dem unter Punkt I. dargestellten Verfahrensgang und steht aufgrund der Aktenlage als unstrittig fest.
2. Rechtliche Beurteilung:
Zu A.)
I. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
Der Verwaltungsgerichtshof nimmt bei Versäumung der Frist zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde die Anwendbarkeit des § 33 VwGVG an, wobei das Verwaltungsgericht über einen - wie im vorliegenden Fall - nach Vorlage der Beschwerde gestellten Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden hat (VwGH 26.09.2018, Ra 2017/17/0015).
Dabei geht der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung davon aus, dass die zu § 71 AVG entwickelten Prinzipien grundsätzlich auf § 33 VwGVG übertragbar sind (VwGH 30.05.2017, Ra 2017/19/0113; 26.06.2019, Ra 2019/20/0137).
Dies betrifft auch die Frage, ob iSd § 33 Abs. 1 VwGVG ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, wie es der Beschwerdeführer in seinem Wiedereinsetzungsantrag vorgebracht hat, ohne grobes Verschulden der Partei zur Versäumung geführt hat (VwGH 08.06.2015, Ra 2015/08/0005; 25.11.2015, Ra 2015/06/0113).
Begründend wurde dies damit, dass der Beschwerdeführer den Hinweis auf die vierwöchige Beschwerdefrist in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides so verstanden habe, dass er binnen eines Monats Beschwerde erheben müsse, weil man im "Volkstum" (gemeint offenbar: Volksmund) unter vier Wochen im Allgemeinen einen Monat verstehe. Die Unkenntnis der Rechtslage oder ein Rechtsirrtum für sich allein stellt jedoch kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar, das die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bilden könnte (VwGH 21.02.2014, Ro 2014/06/0009, mwN). Darüber hinaus hat es der Beschwerdeführer aber auch unterlassen, sich - im Rahmen der ihm konkret zumutbaren Sorgfaltspflicht - über die möglichen Rechtsmittel und maßgeblichen Fristen bei Rechtskundigen Klarheit zu verschaffen, weswegen von keinem minderen Grad des Versehenes ausgegangen werden kann (VwGH 25.09.1990, 90/07/0012; 09.11.1995, 95/19/0637).
Soweit der Beschwerdeführer gesundheitliche Einschränkungen und insbesondere einen Spitalsaufenthalt in der Zeit von 10.12.2019 bis 18.12.2019 geltend machte, die ihn daran gehindert hätten, die Beschwerde fristgerecht einzubringen, ist ihm entgegenzuhalten, dass eine krankheitsbedingte Säumnis die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann erfüllt, wenn die Krankheit zu einer Dispositionsunfähigkeit des Betroffenen geführt hat oder die Dispositionsfähigkeit so stark beeinträchtigt hat, dass das Unterbleiben der fristwahrenden Handlung in einem milderen Licht - nämlich als bloß minderer Grad des Versehens - zu beurteilen ist (VwGH 22.07.2004, 2004/20/0122, mwN). Für die Wiedereinsetzung reicht es nicht aus, wenn die Partei gehindert war, die fristwahrende Handlung selbst zu setzen. Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt nur vor, wenn die Partei auch gehindert war, der Fristversäumung durch andere geeignete Dispositionen - im Besonderen durch Beauftragung eines Vertreters - entgegen zu wirken (VwGH 29.11.2007, 2007/21/0308) bzw. ihr auch insofern nur ein leicht fahrlässiges Fehlverhalten vorgeworfen werden könnte. Dies ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen, weil den vom Beschwerdeführer übermittelten medizinischen Unterlagen zu entnehmen ist, dass er selbst auf seine Entlassung aus der stationären Pflege am 18.12.2019 gedrängt hat, und daher davon auszugehen ist, dass er (zumindest) ab diesem Zeitpunkt auch in der Lage gewesen wäre, einen Vertreter mit der fristgerechten Einbringung der Beschwerde zu beauftragen.
Damit war der Wiedereinsetzungsantrag im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.
II. Zurückweisung der verspäteten Beschwerde:
Den Feststellungen zufolge wurde der beschwerdegegenständliche Bescheid am 10.12.2019 rechtswirksam zugestellt.
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde beträgt - wie auch in der Rechtsmittelbelehrung des verfahrensgegenständlichen Bescheides richtig angeführt - gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG vier Wochen. Im vorliegenden Fall begann die Frist zur Erhebung einer Beschwerde mit der rechtswirksamen Zustellung des Bescheids am Dienstag, den 10.12.2019 zu laufen und endete gemäß sie § 32 Abs. 2 AVG am Dienstag, den 07.01.2020. Die am 09.01.2020 zur Post gegebene Beschwerde erweist sich somit als verspätet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat vor einer Zurückweisung eines Rechtsmittels wegen Verspätung entweder von Amts wegen überprüft zu werden, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist, oder es ist der Partei die Verspätung ihres Rechtsmittels vorzuhalten (VwGH 11.03.2016, Ra 2015/06/0088).
Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer die Verspätung vorgehalten. In seiner Stellungnahe räumte er ein, die Frist versäumt zu haben.
Somit erweist sich die gegenständliche Beschwerde als nicht fristgerecht eingebracht und ist sie daher als verspätet zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung, ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W209.2227513.2.00Zuletzt aktualisiert am
28.04.2020