TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/11 G312 2229166-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.03.2020
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Entscheidungsdatum

11.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4

Spruch

G312 2225274-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Albanien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung in 1170 Wien, gegen Spruchpunkte II bis VI des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - Regionaldirektion NÖ - vom 01.02.2020, Zl. IFA XXXX, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer

des Einreiseverbotes auf zwei Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde am XXXX.2020 am XXXX festgenommen, weil er sich vor einem Flug nach London mit einem verfälschten Dokument ausgewiesen hatte. Nach seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde ihm mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Der BF wurde am XXXX.2020 in Schubhaft genommen und kehrte am XXXX.2020 im Rahmen der freiwilligen Rückkehr durch einen Charterflug von Wien nach Albanien zurück.

Gegen die Spruchpunkte II. bis VI. des Bescheids richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben und festzustellen, dass dem BF eine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt hätte werden müssen in eventu, das Einreiseverbot zu verkürzen. Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Antrag vor, den angefochtenen Bescheid zu bestätigen.

Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (XXXX, geb. XXXX) und ist albanischer Staatsangehöriger. Er spricht Albanisch und besuchte in seinem Herkunftsstaat, wo seine Eltern leben, neun Jahre lang die Grundschule und 1 Jahr das Gymnasium, machte aber keine weiterführende Berufsausbildung und ging einer Beschäftigung als Lagerarbeiter nach. Er ist ledig und ohne Unterhaltsverpflichtungen.

Der BF reiste am XXXX.2020 mit einem Bus nach Österreich, um mit einem gefälschten italienischen Personaldokument mittels Flug von XXXX nach London zu reisen. Einen albanischen Reisepass hatte der BF nicht mit. Er hatte sich in Albanien diesen verfälschten italienischen ID-Ausweis besorgt, den er am XXXX.2020 am Flughafen XXXX vor einem Flug nach London bei der Ausreisekontrolle vorwies. Er wollte in das Vereinigte Königreich reisen, um dort mit seiner Freundin gemeinsam ein neues Leben aufzubauen. Bei seiner Festnahme hatte er ungefähr EUR 50 in bar bei sich; weitere finanzielle Mittel können nicht festgestellt werden.

Der BF ist gesund, arbeitsfähig und in strafrechtlicher Hinsicht in Italien aufgrund von Betruges kriminaltechnisch erfasst. Er war vor seiner Ausreise in Albanien als Lagerarbeiter erwerbstätig, dieser Beschäftigung ging er auch in Italien nach. In Österreich hat er keine familiären oder sonstigen sozialen Bindungen. Er hat keine Kenntnisse der deutschen Sprache, ist hier weder beruflich noch gesellschaftlich integriert.

Mit der Strafverfügung der Landespolizeidirektion XXXX vom XXXX.2020 wurde gegen den BF wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalts (§ 120 Abs 1a FPG iVm § 31 Abs 1, 1a FPG) eine Geldstrafe von EUR 500 verhängt; die gemäß § 37a Abs 1 VStG eingehobene vorläufige Sicherheit von EUR 250 wurde darauf angerechnet.

Albanien ist seit 2009 NATO-Mitglied und seit 2014 EU-Beitrittskandidat. Die Todesstrafe ist abgeschafft. In Albanien herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen. Rückgeführte Staatsangehörige werden nicht diskriminiert und haben nicht mit staatlicher Repression zu rechnen. Es sind keine Fälle von Misshandlungen bekannt. Eine Festnahme erfolgt nur, wenn gegen eine Person aufgrund anderer Delikte ermittelt wird. Albanien kommt seinen im Rücknahmeabkommen mit der EU kodifizierten Verpflichtungen nach.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte und des Gerichtsakts des BVwG. Entscheidungswesentliche Widersprüche liegen nicht vor. Die Angaben des BF bei der Einvernahme vor dem BFA waren grundsätzlich schlüssig und können der Entscheidung daher zugrunde gelegt werden.

Die Identität des BF wird anhand seiner Angaben festgestellt. Seine Sprachkenntnisse (Albanisch) sind aufgrund seiner Herkunft und der in Albanien absolvierten Schulbildung plausibel. Die Feststellungen zu seiner Ausbildung und seinen familiären Anknüpfungen in Albanien basieren auf seiner Darstellung vor dem BFA. Seine Einreise in das Bundesgebiet ergibt sich aus seinen Angaben.

In Bezug auf die Verwendung eines verfälschten italienischen ID-Card, Führerschein und Krankenkarte für die Weiterreise in das Vereinigte Königreich war der BF geständig; die entsprechenden Feststellungen ergeben sich auch aus dem polizeilichen Amtsvermerk vom XXXX.2020. Seine Unbescholtenheit in Österreich geht aus dem Strafregister hervor; seine kriminaltechnische Vormerkung in Italien aufgrund Betruges ergibt sich aus der SIS Abfrage

Die Strafverfügung vom XXXX.2020 liegt vor.

Der BF bezeichnete sich vor dem BFA als gesund; Indizien für gesundheitliche Probleme oder Einschränkungen seiner Erwerbsfähigkeit fehlen. Er erklärte außerdem, ledig zu sein, eine Freundin in London zu haben, mit der er zuvor in Italien 1 1/2 Jahre zusammengelebt hat

Es sind keine Anhaltspunkte für eine Integration des BF in Österreich zutage getreten, zumal er ohnehin am Tag nach seiner Einreise nach London weiterreisen wollte. Da auch der Beschwerde keine weiteren relevanten privaten oder familiären Bindungen des BF in Österreich zu entnehmen sind, ist von deren Fehlen auszugehen.

Bei der Einvernahme gab der BF Barmittel von 50 Euro, Beweisergebnisse für weitere finanzielle Mittel liegen nicht vor, zumal er die Frage nach Vermögen und Ersparnissen verneinte.

Die Feststellungen zur Lage in Albanien beruhen auf den vom BF nicht beanstandeten Länderinformationen, die im angefochtenen Bescheid unter Angabe konkreter Quellen angegeben wurden. Die Behörde hat dabei Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Es wurden im Verfahren keine Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit dieser Informationen Bedenken aufkommen ließen. Auch in der Beschwerde werden weder die Aktualität noch die inhaltliche Richtigkeit dieser Informationen in Zweifel gezogen.

Rechtliche Beurteilung:

Zur Rückkehrentscheidung:

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Der BF begründet seine Beschwerde vor allem damit, dass er sich - abgesehen von seinem unrechtmäßigen Aufenthalt - in Österreich nichts zuschulden kommen ließ. Aufgrund seines geringfügigen Fehlverhaltens sei ein fünfjähriges Einreiseverbot unverhältnismäßig, zumal die belangte Behörde es unterlassen habe, ihn anzuweisen, unverzüglich in das Hoheitsgebiet des anderen Mitgliedstaates iSd Rückführungs-RL zu begeben. Er verfüge in Italien über eine gültige Aufenthaltsberechtigung, lebe dort seit 5 Jahren und gehe einer geregelten Arbeit nach. Der BF habe sich bei der Einvernahme geständig und reumütig gezeigt. Dem Bescheid sei keine Gefährdungsprognose zu entnehmen. Die Behörde sei zu Unrecht vom Primat der freiwilligen Ausreise abgewichen. Die Begründung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, wonach nicht ausgeschlossen werden könne, dass der BF erneut versuchen werde, mit gefälschten Urkunden in ein anderes EU-Land weiterzureisen, überzeuge nicht, weil sein Verhalten kein solches darstelle, das eine sofortige Ausreise gebieten würde. Dem BF hätte - auch aufgrund der Ausführungen des EuGH in der Rechtssache Gnandi (C-181/16) - eine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt werden müssen, was auch für einen allfälligen Antrag auf Aufhebung oder Verkürzung des Einreiseverbots gemäß § 60 Abs 1 FPG, der eine fristgerechte Ausreise voraussetze, relevant sei.

Gemäß Art. 21 SDÜ dürfen Drittausländer, die Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels einer Vertragspartei sind, sich auf Grund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen, soweit sie die in Art. 5 Abs. 1 lit. a, c und e SDÜ genannten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragspartei stehen.

Zu diesen Einreisevoraussetzungen gehören, neben dem Besitz allenfalls nötiger weiterer Dokumente, ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts, oder die Fähigkeit, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben. Die Person darf außerdem keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, nationale Sicherheit oder internationalen Beziehungen einer Vertragspartei sein.

Im vorliegenden Fall verfügt der Beschwerdeführer als Inhaber eines gültigen italienischen Aufenthaltstitels zwar über einen Aufenthaltstitel eines Vertragsstaates und könnte sich somit grundsätzlich gemäß Art 21 SDÜ bis zu drei Monate frei im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates bewegen.

Der Beschwerdeführer stellt jedoch aufgrund der Verwendung gefälschter italienischer Dokumente zwecks Reise von Österreich nach Großbritannien eine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar.

Damit erweist sich der gegenwärtige Aufenthalt des Beschwerdeführers als von Beginn an unrechtmäßig, weil die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 SDÜ, konkret lit e), nicht vorlagen.

§ 52 Abs. 6 FPG enthält eine Sonderbestimmung für nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige Drittstaatsangehörige im Besitz eines Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedsstaates: "Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen."

Das BFA hat die getroffene Rückkehrentscheidung somit zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Aufenthaltsberechtigung von Italien (zur Ausübung einer Beschäftigung) ist nicht geeignet, eine Rechtsungültigkeit der Rückkehrentscheidung aufzuzeigen. Seiner Ausreiseverpflichtung ist der BF mittlerweile am 06.02.2020 mittels freiwilliger Rückkehr im Rahmen eines Charterfluges nachgekommen.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauerunzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

Gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

Art. 8 EMRK lautet wie folgt:

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07-9; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Fall Sisojeva ua., Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Im gegenständlichen Fall führt der Beschwerdeführer kein Familienleben in Österreich und hat ein solches auch nicht behauptet.

Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der kurzen Dauer des neuerlichen Inlandsaufenthaltes von nur wenigen Tagen davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privatlebens überwiegt.

Es liegen auch keine Aspekte einer Integration des Beschwerdeführers vor und wurden solche auch nicht behauptet; der Beschwerdeführer ging in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Beschäftigung nach. Er spricht kein Deutsch und es liegen auch sonst keinerlei Indizien für eine nachhaltige Aufenthaltsverfestigung vor.

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt aber nicht vor; beim Beschwerdeführer sind keine besonderen Vulnerabilitäten gegeben, zumal er gesund und somit auch erwerbsfähig ist. Da der erwachsene Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zu diesem bestehen. Es kann daher nicht gesagt werden, dass er seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zu Recht finden würde. Zudem hat der Beschwerdeführer in Albanien noch familiäre Anknüpfungspunkte.

Eine gegen den Beschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung sowie dessen Abschiebung nach Albanien hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Gültigkeit seines italienischen Aufenthaltstitels und es steht dem Beschwerdeführer frei, nach erfolgter Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien zurückzukehren.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

Die Beschwerde war daher hinsichtlich des Spruchpunktes II. spruchgemäß abzuweisen.

Zum Einreiseverbot:

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(...)

Gemäß der angeführten § 53 Abs. 1 und 2 FPG kann das BFA gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung bei einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein Einreiseverbot erlassen, also die Anweisung an einen Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist demnach z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.

Ein Einreiseverbot ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des oder der Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl. auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

In Bezug auf die für ein Einreiseverbot zu treffende Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Revisionswerbers - darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen (VwGH 16.05.2019, Ra 2019/21/0104).

Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 20.12.2011, 2011/23/0256; 22.1.2013, 2012/18/0143).

Bei der Bemessung des Einreiseverbotes, kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

Zu den Voraussetzungen für den visumfreien Aufenthalt des BF im Schengengebiet gehört gemäß Art 6 Abs 1 lit a, c, d und e der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex [SGK]; vgl. § 2 Abs 4 Z 22a FPG) und Art 5 Abs 1 lit a, c, d und e Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ; vgl. § 2 Abs 4 Z 6 FPG) unter anderem, dass er den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen kann, über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben, und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt.

Gemäß Art 6 Abs 4 SGK werden die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem betreffenden Mitgliedstaat nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden. Die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts kann anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und - im Falle des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen bei einem Gastgeber - Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.

Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309).

Die Einschätzung des BFA, der BF habe das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts nicht nachgewiesen, ist nicht zu beanstanden, zumal er bei der Festnahme nur über finanzielle Mittel von ca. EUR 50 verfügte und keine weiteren Mittel nachwies. Da der BF volljährig und als selbsterhaltungsfähig anzusehen ist, besteht kein Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern oder andere Angehörige. Er hat daher keinen Rechtsanspruch auf eine finanzielle Unterstützung durch sie. Außerdem hatte er gar nicht vor, nach Albanien zurückzukehren, sondern wollte ohne eine entsprechende Erlaubnis nach London weiterreisen und dort arbeiten, sodass EUR 50 für die Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung während der beabsichtigten Aufenthaltsdauer und für die Rückreise nach Albanien nicht als ausreichend anzusehen sind, zumal er keine Möglichkeit hatte, weitere Unterhaltsmittel auf legalem Weg zu erwerben.

Aus der Mittellosigkeit des BF resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs 2 FPG gerechtfertigt ist (siehe VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309). Da dem BF neben dem Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel auch zur Last fällt, dass er durch die Verwendung gefälschter Dokumente eine Straftat (Fälschung besonders geschützter Urkunden, §§ 223 f StGB) beging und so versuchte, eine unrichtige Identität als EWR-Bürger vorzutäuschen, um unbehelligt in das Vereinigte Königreich weiterzureisen, geht von ihm eine signifikante Gefährdung öffentlicher Interessen aus. Dem BFA ist vor diesem Hintergrund darin beizupflichten, dass für ihn keine günstige Zukunftsprognose erstellt werden kann und Wiederholungsgefahr besteht.

Mangels entgegenstehender familiärer oder privater Interessen des BF sind die Voraussetzungen für die Erlassung eines maximal fünfjährigen Einreiseverbots erfüllt. Dessen Dauer ist aber - in teilweiser Stattgebung der Beschwerde - auf zwei Jahre zu reduzieren, was dem Fehlverhalten des strafgerichtlich (noch) unbescholtenen BF entspricht, zumal nur ein Tatbestand des § 53 Abs 2 FPG erfüllt ist. Dadurch bleibt auch eine Steigerung der Sanktion bei einem neuerlichen, allenfalls schwerwiegenderen Fehlverhalten möglich.

Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Gemäß § 55 Abs 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Da sich der BF einen gefälschten ID Ausweis, Führerschein und Krankenkarte beschaffte und ihn dazu verwenden wollte, um ohne ausreichende finanzielle Mittel über Österreich in das Vereinigte Königreich, weiterzureisen, um dort ein neues Leben zu beginnen, ist die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG unabhängig davon auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG liegen nicht vor. Daran anknüpfend ist gemäß § 55 Abs 4 FPG von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen; dies gilt unabhängig von einem später allenfalls geplanten Antrag auf Aufhebung oder Verkürzung des Einreiseverbots. Daher ist Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids zu bestätigen, zumal die in der Beschwerde angesprochenen Überlegungen im Urteil EuGH 19.6.2018, Gnandi, C-181/16, bei der hier vorliegenden Rückkehrentscheidung "außerhalb asylrechtlichen Kontextes" nach § 10 Abs 2 AsylG bzw. § 52 Abs 1 FPG und der Anwendung von § 18 Abs 2 BFA-VG von vornherein nicht zum Tragen kommen (siehe VwGH 07.03.2019, Ro 2019/21/0001).

Zum Entfall einer Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, unterbleibt eine Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG, zumal davon keine weitere Klärung der Angelegenheit zu erwarten ist.

Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zu zulassen, weil das BVwG keine qualifizierte Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte und sich an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte. Die Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots können jeweils nur im Einzelfall vorgenommen werden (siehe VwGH 17.09.2019, Ra 2019/18/0358).

Schlagworte

Einreiseverbot, Herabsetzung, Interessenabwägung, Milderungsgründe,
öffentliche Interessen, Unbescholtenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G312.2229166.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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