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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, in der Beschwerdesache des W, vertreten durch Dr. Hans G. Mondel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 28. November 1995, GA 6-95/5024/09, betreffend Einkommensteuer 1988 bis 1993,
Spruch
1. den Beschluß gefaßt:
Soweit die Beschwerde Einkommensteuer 1991 bis 1993 betrifft, wird sie zurückgewiesen.
und
2. zu Recht erkannt:
Soweit der angefochtene Bescheid Einkommensteuer 1988 bis 1990 betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 12.950 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erzielte ua Einkünfte aus der Vermietung zweier Häuser in Wien. Die jährlichen Mieteinnahmen lagen jeweils über 1 Mio. S, in den Jahren 1992 und 1993 über 2 Mio. S.
Das Finanzamt erließ für die Streitjahre Einkommensteuerbescheide. Entgegen der der Erklärung des Beschwerdeführers zugrundeliegenden Aufteilung teilte es dabei für Zwecke der Berechnung der AfA die Anschaffungskosten für das Gebäude A (von 3,6 Mio. S) im Verhältnis 70,7 zu 29,3 und jene für das Gebäude B (von 2,36 Mio. S) im Verhältnis 58,6 zu 41,4 auf Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits auf. Entgegen der Erklärung des Beschwerdeführers berechnete es sodann die AfA mit lediglich 2 % der Anschaffungskosten der Gebäude.
Der Beschwerdeführer berief. Das Finanzamt habe unter Mißachtung vorgelegter Gutachten die Aufteilung der Anschaffungskosten auf Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits nach jenem Verhältnis vorgenommen, das dem Einheitswert der bebauten Grundstücke zugrundeliegt. Die Einheitswerte würden aber aufgrund der historischen Bauwerte errechnet und seien daher für die Aufteilung der Anschaffungskosten ungeeignet. Im übrigen habe das Finanzamt in früher vorgenommenen (vorläufigen) Veranlagungen die AfA mit 5% der relevanten Anschaffungskosten berechnet.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Für die Jahre 1988 bis 1990 legte sie der Einkommensteuerbemessung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zugrunde, die sie ohne Abzug einer Gebäude-AfA ermittelte. Für die Jahre 1991 bis 1992 betrugen die Einkünfte aus der Vermietung der beiden Gebäude in Wien jeweils 0 S, weil der Beschwerdeführer einen steuerfreien Betrag nach § 28 Abs. 5 EStG 1988 in Höhe der Mieteinkünfte gebildet hatte; die Versagung der Gebäude-AfA durch die belangte Behörde fand lediglich in der Höhe des steuerfreien Betrages ihren Niederschlag. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt: Das Gebäude A (Baujahr 1811) habe der Beschwerdeführer im Jahr 1989 um 3,5 Mio. S erworben, die Grundfläche der Liegenschaft weise eine Größe von 977 m2 auf. Der Beschwerdeführer habe 74,3 % der Anschaffungskosten dem Gebäude zugeordnet. Er habe weiters eine Baubeschreibung des Baumeisters S vom 18. April 1988 vorgelegt, in welcher festgestellt werde, daß die Fassaden und das Mauerwerk starke Schäden aufwiesen, wodurch die Feuchtigkeit bis in das Obergeschoß habe dringen können und Fenster- und Türstöcke zu modern begonnen hätten. Ohne eine sofortige Sanierung - so in der Baubeschreibung weiter - werde sich der Zustand des Gebäudes innerhalb der nächsten 10 Jahre derart verschlechtern, daß eine wirtschaftliche Sanierung unmöglich sei. Aufgrund dieser Baubeschreibung gelange die belangte Behörde zur Ansicht, daß ein Gebäudewert von ca. 74 % des Gesamtobjektes überhöht sei. Das Gebäude B (Baujahr 1797) habe der Beschwerdeführer im Jahr 1977 um den Kaufpreis von 2,2 Mio. S erworben, die Grundfläche der Liegenschaft weise eine Größe von 748 m2 auf. Der Beschwerdeführer habe ein Schätzungsgutachten des Architekten Dipl. Ing. S vorgelegt, aus dem sich - ausgehend von einem Quadratmeterpreis von 750 S - ein Bodenwert von 561.000 S und ein Gebäudewert von 3,034.350 S ergebe. Nach Mitteilung der Bewertungsstelle des Finanzamtes seien bei der Ermittlung des Einheitswertes zum 1. Jänner 1983 58,6 % des Gesamtwertes auf den Boden und 41,4 % auf das Gebäude entfallen. Die Bewertungsstelle habe weiters mitgeteilt, daß der Verkehrswert für Grundstücke in vergleichbarer Lage 10.000 S pro m2 betrage. Der Mindestkaufpreis liege daher bei ca. 9 Mio. S. Der Beschwerdeführer habe in der Berufungsverhandlung die Richtigkeit der von der Bewertungsstelle (aufgrund der Daten aus der Kaufpreissammlung eruierten) Quadratmeterpreise bezweifelt. Er habe jedoch angegeben, daß er einen Grundanteil von 25,7 % für das Gebäude A und einen solchen von 30,8 % für das Gebäude B akzeptieren würde. Die belangte Behörde gelange hinsichtlich des Gebäudes B aufgrund der enormen und auch im Vorhaltswege nicht aufklärbaren Unterschiede bei den Quadratmeterpreisen zwischen den Angaben der Bewertungsstelle und dem Wert, welcher dem Gutachten zugrundeliegt, und hinsichtlich des Gebäudes A aufgrund seines schlechten Bauzustandes zur Entscheidung, daß die AfA mit 0 S anzusetzen sei. Ein Quadratmeterpreis von ca. 1.000 S sei sowohl hinsichtlich des Gebäudes A als auch hinsichtlich des Gebäudes B weitaus zu niedrig. Der äußerst niedrige Kaufpreis entfalle ausschließlich auf Grund und Boden, "sodaß keine AfA für ein Gebäude mehr übrigbleibt".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Einkommensteuer 1991 bis 1993:
Im Spruch des angefochtenen Bescheides, darauf sei zunächst hingewiesen, wird u.a. ausgeführt, die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1992 werde als unbegründet abgewiesen, der Berufung gegen den gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 1992 werde teilweise Folge gegeben. Bei verständiger Würdigung liegt hierin nicht ein doppelter - und unterschiedlicher - Abspruch in derselben Sache, sondern lediglich eine unbeholfene Formulierung, mit welcher die belangte Behörde dem Umstand Ausdruck verleihen wollte, daß das Finanzamt während des Berufungsverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid 1992 aufgrund der Bestimmung des § 295 Abs. 1 BAO einen geänderten Einkommensteuerbescheid 1992 erlassen hat, wobei sich ab diesem Zeitpunkt die Berufung gemäß § 274 Abs. 1 BAO gegen den geänderten Bescheid gerichtet hat.
Für die Jahre 1991 bis 1993 sind die positiven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung jeweils durch die Bildung eines steuerfreien Betrages nach § 28 Abs. 5 EStG 1988 auf 0 S reduziert worden. Die vor dem Verwaltungsgerichtshof strittige Frage der AfA von Gebäuden hat sich lediglich in einer Erhöhung der errechneten steuerfreien Beträge nach § 28 Abs. 5 EStG 1988 ausgewirkt. Ein Abspruch über die Höhe dieser Beträge zählt aber nicht zum normativen Teil des angefochtenen Bescheides.
Eine Beschwerde ist nach § 34 Abs. 1 VwGG wegen fehlender Beschwerdeberechtigung immer dann zurückzuweisen, wenn der Verwaltungsgerichtshof zur Erkenntnis gelangt, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in einem Recht nicht verletzt sein kann. Nur der, dessen Rechtsstellung eine verschiedene ist, je nach dem, ob der Bescheid der Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, kann eine Verletzung seiner Rechte durch diesen Bescheid behaupten und deshalb vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde erheben (vgl. den hg. Beschluß vom 9. April 1997, 94/13/0199, 0210).
Im gegenständlichen Fall kann es hinsichtlich Einkommensteuer 1991 bis 1993 durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die Frage der AfA für die beiden vermieteten Gebäude zu keiner Verbesserung der Rechtsstellung des Beschwerdeführers kommen. In diesem Umfang mangelt es sohin an der Beschwer. Soweit die Beschwerde Einkommensteuer 1991 bis 1993 betrifft, war sie daher mangels Beschwerdelegitimation gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluß zurückzuweisen.
Hinsichtlich des Jahres 1993 sei im übrigen darauf verwiesen, daß, wie sich aus der Aktenlage ergibt, nach Ergehen des angefochtenen Bescheides aufgrund der Bestimmung des § 295 Abs. 1 BAO ein geänderter Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes ausgefertigt worden ist, der - im Falle seiner rechtswirksamen Zustellung - bewirkte, daß der angefochtene Bescheid hinsichtlich Einkommensteuer 1993 nicht mehr dem Rechtsbestand angehörte.
2. Einkommensteuer 1988 bis 1990:
Die belangte Behörde ist im gegenständlichen Fall davon ausgegangen, daß die für die bebauten Grundstück A und B aufgewendeten Anschaffungskosten jeweils ausschließlich auf den Grund und Boden und nicht auf Gebäude entfallen seien, weshalb keine AfA-Bemessungsgrundlage gegeben sei. Sie stützt diese Annahme - abgesehen vom schlechten Bauzustand des Gebäudes A - offenkundig auf den Umstand, daß der von ihr angenommene jeweilige Bodenwert die Anschaffungskosten des jeweiligen Gesamtobjektes übersteige.
Das Gebäude A stellt ein "langgestrecktes Biedermeierhaus" (vgl. OZ 1/9) dar. Der in der Baubeschreibung des Baumeisters S angeführte schlechte Bauzustand wird - genauso wie die voraussichtliche Nutzungsdauer - bei Ermittlung des Verkehrswertes des Gebäudes Berücksichtigung finden müssen. Allerdings sind, wie sich aus der Aktenlage ergibt, aus der Vermietung des Objektes beispielsweise im Jahr 1991 713.400 S, im Jahr 1992 892.200 S und im Jahr 1993 992.389 S an Mieteinnahmen erzielt worden. Zu Recht verweist die Beschwerde darauf, daß bei dieser Sachlage die Annahme der belangten Behörde, vom Gesamtkaufpreis für die Liegenschaft sei kein Anteil auf das Gebäude entfallen, keinesfalls in einer der Schlüssigkeitsprüfung des Verwaltungsgerichtshofes standhaltenden Weise bloß auf die Sanierungsbedürftigkeit des Gebäudes gestützt werden konnte. Ein Fall, wie er dem hg Erkenntnis vom 30. März 1962, 2108/61, zugrundelag, liegt jedenfalls nicht vor.
Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift dem Beschwerdeführer in bezug auf die Gebäude das Wort "Bruchbuden" in den Mund legt, unterläßt sie einen Hinweis darauf, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ausdrücklich bestritten hat (vgl. OZ 1/4 verso), seine Gebäude jemals mit einem solchen Ausdruck beschrieben zu haben.
Mit der Überlegung, vom Gesamtbetrag der Anschaffungskosten sei der Betrag des Verkehrswertes des Bodens in Abzug zu bringen, die Anschaffungskosten des Gebäudes errechneten sich als Restgröße, setzt sich die belangte Behörde in Widerspruch zu der ständigen hg. Rechtsprechung. Zur Aufteilung des Kaufpreises einer Liegenschaft erkennt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, daß die Differenzrechnung - Gebäudeanschaffungskosten als Differenz zwischen Gesamtkaufpreis und Bodenwert - nur dann ausnahmsweise geeignet ist, wenn der Gesamtkaufpreis der Summe aus Bodenwert und Gebäudewert entspricht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 31. Mai 1994, 91/14/0098, vom 15. Februar 1994, 93/14/0175, vom 7. September 1990, 86/14/0084, und vom 14. Jänner 1986, 84/14/0019, sowie Doralt, EStG3, § 7 Tz 23). Die sachgerechte Aufteilung hat nach der Verhältnisrechnung zu erfolgen: Es sind - etwa nach der Methode, wie sie die belangte Behörde in den den hg. Erkenntnissen 86/14/0084 und 91/14/0098 zugrundeliegenden Fällen angewandt hat - der Verkehrswert des Bodens einerseits und jener des Gebäudes andererseits zu ermitteln. Im Verhältnis dieser Verkehrswerte sind die auf die Gesamtliegenschaft entfallenden tatsächlichen Anschaffungskosten auf Boden und auf Gebäude zu verteilen (siehe hiezu mit einem leicht nachvollziehbaren Beispiel zur vergleichbaren Konstellation der Veräußerung eines Betriebes samt einer Liegenschaft das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1987, 86/14/0195, Seite 8).
Die belangte Behörde ist unter relevanter Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Feststellung gelangt, auf die in Rede stehenden Gebäude entfielen keine Anschaffungskosten. Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er Einkommensteuer 1988 bis 1990 betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996150063.X00Im RIS seit
20.11.2000