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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1976 geborenen BS in Wien, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Jänner 1997, Zl. 106.971/17-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus der gegenständlichen Beschwerde und den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, daß mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. Jänner 1997 die Berufung des Beschwerdeführers gegen einen, die Aufenthaltsbewilligung versagenden Bescheid des Landeshauptmannes von Wien gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen wurde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein, die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Mit Schreiben vom 9. März 1998 unterrichtete der Beschwerdeführer den Verwaltungsgerichtshof davon, daß ihm mittlerweile eine Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" mit Gültigkeit bis zum 19. Jänner 1999 erteilt wurde; auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes erklärte der Beschwerdeführer schließlich mit Schreiben vom 2. April 1998, er sei durch die Erteilung dieser Niederlassungsbewilligung klaglos gestellt.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.
Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. dazu den Beschluß eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluß vom 9. April 1980, darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. unter vielen den hg. Beschluß vom 23. Februar 1996, Zl. 95/17/0026). Ob in letzerem Sinn das rechtliche Interesse eines Beschwerdeführers weggefallen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nach objektiven Kriterien zu prüfen; er ist nicht an die Erklärung des Beschwerdeführers gebunden, dieser habe das rechtliche Interesse an seiner Beschwerde verloren. Andernfalls wäre es in die Hand einer beschwerdeführenden Partei gegeben, anstelle einer Zurückziehung der Beschwerde auf eine Gegenstandslosigkeitserklärung auszuweichen und damit die Kostenfolgen einer Zurückziehung zu vermeiden (vgl. hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1991, Zl. 88/07/0061).
Im Hinblick auf das geschilderte Verwaltungsgeschehen besteht für den Beschwerdeführer - auch unter Berücksichtigung seiner Erklärung, klaglos gestellt zu sein - kein rechtliches Interesse mehr an einer Sacherledigung des Verwaltungsgerichtshofes in der vorliegenden Beschwerdesache. Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 88/1997 ist bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei einer Beschwerde nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß die Beschwerde abzuweisen gewesen wäre. Nach den unbedenklichen Aktenunterlagen wurde dem Beschwerdeführer ein Touristensichtvermerk von der österreichischen Botschaft in Belgrad mit Gültigkeit vom 4. Februar 1994 bis 15. Mai 1994 erteilt. Anfang des Jahres 1994 (nach den Angaben in der Beschwerde: im Jänner 1994) reiste der Beschwerdeführer nach Österreich ein. Am 3. April 1994 stellte der Beschwerdeführer im Weg über die österreichische Botschaft in Preßburg einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Aus den Verwaltungsakten der Beschwerde geht hervor, daß sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Antragstellung und auch während des Verfahrens im Inland befunden hat. Daß er sich auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Bundesgebiet aufhielt, wird in der Beschwerde nicht bestritten.
Ausgehend von diesem Sachverhalt kann aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt werden. So ist der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann verwirklicht, wenn sich der Beschwerdeführer im für die Entscheidung der Behörde maßgeblichen Zeitpunkt im Anschluß an eine mit einem Touristensichtvermerk erfolgte Einreise weiterhin im Bundesgebiet aufgehalten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0500). Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG ist auch dann gegeben, wenn die Bewilligung nicht nahtlos an den Touristensichtvermerk anschließen soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1997, Zl. 96/19/1301). Die im Anschluß an die Antragstellung erfolgte Ausnützung eines Touristensichtvermerkes würde dem Fremden aus dem Gesichtspunkt des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG nur dann nicht schaden, wenn dieser nach Ablauf des Touristensichtvermerkes ausgereist wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 1997, Zl. 95/19/0978, 0979).
Die belangte Behörde konnte damit zu Recht davon ausgehen, daß im gegenständlichen Fall der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG verwirklicht wurde. Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang auch, daß im Spruch des angefochtenen Bescheides nur die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG und nicht die Verweisungsnorm des § 5 Abs. 1 AufG genannt worden sei, weswegen Rechtswidrigkeit des Bescheides vorliege. Dem ist entgegenzuhalten, daß der Umstand, daß die Bestimmung des § 5 Abs. 1 AufG nicht auch im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführt ist, letzteren deshalb nicht mit Rechtswidrigkeit belastet, da aus der Bescheidbegründung klar hervorgeht, daß sich die belangte Behörde (auch) auf die Verwirklichung dieses Versagungstatbestandes gestützt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 96/19/1305, 1306).
Konnte sich die belangte Behörde aber zu Recht auf das Vorliegen eines Sichtvermerksversagungsgrundes stützen, so kann sich der Beschwerdeführer auch nicht erfolgreich auf die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z. 1 AufG berufen, weil bei Vorliegen eines Versagungsgrundes die Erteilung einer Bewilligung an die in dieser Bestimmung genannten Fremden ausgeschlossen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0715).
Schließlich ist bei einer auf § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gestützten Entscheidung eine Bedachtnahme auf private oder familiäre Interessen des Fremden aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497 genannten Gründen nicht Bedacht zu nehmen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1997, Zl. 96/19/0278).
Aufgrund dieser Erwägungen wäre bei aufrechtem Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen gewesen, sodaß der belangten Behörde gemäß § 58 Abs. 2 VwGG die Verfahrenskosten zuzusprechen waren.
Schlagworte
Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997190692.X00Im RIS seit
02.05.2001