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E1ENorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, die Hofrätin Dr. Koprivnikar und den Hofrat Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Dr. P S in P, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 18. Oktober 2018, LVwG-411455/22/Gf/RoK, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruches über die verhängte Strafe und die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens sowie des Beschwerdeverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 22. März 2016 wurde der Revisionswerber als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der zweifachen Übertretung des § 9 Abs. 1 VStG iVm § 2 Abs. 1 und 4 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt; es wurden über ihn gemäß "§ 52 Abs. 1 Zi. 1
4. Tatbild GSpG in der Fassung BGBl. Nr. 13/2014" zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 1.000,-- (sowie Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Weiters wurde ihm ein Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens vorgeschrieben. Er habe als Geschäftsführer einer näher genannten Gesellschaft in einem von dieser betriebenen, näher bezeichneten Lokal mit zwei individualisierten Glücksspielgeräten verbotene Ausspielungen veranstaltet.
2 Mit Erkenntnis vom 28. August 2017 hob das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) dieses Straferkenntnis zunächst auf und stellte die Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein.
3 Dieses Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. August 2018, Ra 2017/17/0885, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
4 Mit dem nun angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen (Ersatz)Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der gegen das Straferkenntnis erhobenen Beschwerde insofern statt, als es die verhängten Geldstrafen je auf EUR 750,-- (sowie die Ersatzfreiheitsstrafen) herabsetzte, im Übrigen aber die Beschwerde als unbegründet abwies
(Spruchpunkt I.). Außerdem wurden die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens neu festgesetzt (Spruchpunkt II.). Weiters sprach es gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.). 5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 1. Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 25.9.2018, Ra 2017/17/0968; 14.11.2018, Ra 2018/17/0121).
7 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer
außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 2.2. Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C- 390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17, Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall jedenfalls im Ergebnis nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C- 390/12.
11 Entgegen dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei steht auch das in § 14 Abs. 3 GSpG enthaltene Erfordernis eines inländischen Sitzes für den Erhalt einer Konzession nicht mit Unionsrecht im Widerspruch. Da § 14 Abs. 3 dritter Satz GSpG von diesem Erfordernis eine Ausnahme enthält, werden mit dieser Bestimmung keine der unionsrechtlichen Vorgaben verletzt: Zwar stellt auch die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Nachsicht von der Sitzverpflichtung - nämlich eine vergleichbare Lotterienkonzession und eine vergleichbare staatliche Glücksspielaufsicht in dem Mitgliedstaat (der EU bzw. des EWR), in dem der Konzessionswerber seinen Sitz hat - eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar. Diese Beschränkung in § 14 Abs. 3 GSpG ist jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und genügt den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben (vgl. näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang stellt sich daher vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.
12 Wenn darüber hinaus vorgebracht wird, das angefochtene Erkenntnis beinhalte einen Widerspruch zwischen Spruch und Begründung, weil die Beschwerde trotz Feststellung der Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielgesetzes abgewiesen wurde, ist darauf hinzuweisen, dass in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses abschließend ausgeführt wird, dass zwar der zuständige Einzelrichter des Verwaltungsgerichtes nach wie vor die Rechtsansicht vertrete, dass die in den §§ 3ff GSpG normierte Monopolregelung dem Unionsrecht widerspreche, das Verwaltungsgericht jedoch im vorliegenden Fall - der höchstgerichtlichen Rechtsprechung folgend - von der Unionsrechtskonformität des Glücksspielmonopols ausgehe. Ein insoweit relevanter Widerspruch zwischen Spruch und Begründung wurde im Zulässigkeitsvorbringen der Revision daher nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 7.1.2019, Ra 2018/17/0126).
13 2.3. Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen, soweit es sich gegen den Schuldspruch richtet, keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf, sodass sich die Revision in diesem Umfang als unzulässig erweist. Die Revision war daher in diesem Umfang gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
14 3.1. Die Revision erweist sich hingegen angesichts ihres Vorbringens zur fehlenden Anführung der korrekten Strafsanktionsnorm im Spruch als zulässig und auch als begründet:
15 3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint. Gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. z.B. VwGH 9.3.2018, Ra 2018/17/0005; 1.4.2019, Ra 2018/17/0230, jeweils mwN). Das Verwaltungsgericht hat daher, wenn der Spruch des behördlichen Strafbescheids unvollständig ist, diesen in seinem Abspruch zu ergänzen (s. VwGH 17.7.2019, Ra 2019/17/0045; 29.10.2019, Ra 2019/09/0065, jeweils mwN). 16 Im vorliegenden Fall kommt bei Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG die Strafsanktionsnorm des § 52 Abs. 2 GSpG in Betracht. Im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und somit auch - infolge Bestätigung desselben - des angefochtenen Erkenntnisses wurde als Strafsanktionsnorm lediglich § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG angeführt.
17 Das Verwaltungsgericht hat diese Anführung der Strafsanktionsnorm trotz ihres Fehlens im behördlichen Straferkenntnis im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses nicht nachgeholt.
18 Damit hat das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb das Erkenntnis im Umfang des Ausspruches über die verhängte Strafe sowie des damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden Ausspruches über die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens sowie des Beschwerdeverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war (vgl. VwGH 1.4.2019, Ra 2018/17/0230; wiederum 29.10.2019, Ra 2019/09/0065).
19 3.3. Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 27. März 2020
Gerichtsentscheidung
EuGH 62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018170247.L00Im RIS seit
02.06.2020Zuletzt aktualisiert am
02.06.2020