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L0015 LVerwaltungsgerichtNorm
B-VG Art7 Abs1Leitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht betreffend die Ruhestandsversetzung eines Richters des Verwaltungsgerichtes Wien wegen einjähriger Dienstunfähigkeit; keine Anwendbarkeit der Jahresfrist für Richter des VGW; Notwendigkeit einer Prognoseentscheidung betreffend die Dauer der DienstunfähigkeitRechtssatz
Da §15 Abs4 Z3 VGW-DRG betreffend die Amtsenthebung und Versetzung in den Ruhestand von Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes Wien (VGW - LVwG) nur auf §68a Abs1 Z1 Wr DO 1994 Bezug nimmt, nicht aber auf Abs2 leg cit, sind Mitglieder des VGW von Amts wegen in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie dauernd dienstunfähig sind. Die nähere Definition in §68a Abs2 Wr DO 1994, wonach dauernde Dienstunfähigkeit ua dann vorliegt, wenn der Beamte länger als ein Jahr dienstunfähig war, ist jedoch - wie sich aus §15 Abs4 VGW-DRG ausdrücklich ergibt - nicht auf Mitglieder des VGW anzuwenden. Auf Grund der Bestimmung des Art88 Abs2 B-VG, der gemäß Art134 Abs7 B-VG auch auf Verwaltungsrichter anzuwenden ist, ist eine Versetzung in den Ruhestand eines Richters nur in den vom Gesetz vorgeschriebenen Fällen und Formen möglich. Dieses Erfordernis ist betreffend die Annahme, dass dauernde Dienstunfähigkeit bei Mitgliedern des VGW schon dann vorliegt, wenn diese gemäß §68a Abs2 Wr DO 1994 ein Jahr dienstunfähig waren, nicht gegeben.
Das VGW hat demgegenüber angenommen, dass §68a Abs2 Wr DO 1994 auch auf Mitglieder des VGW anzuwenden ist, und deshalb wegen der über ein Jahr andauernden Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers ausgesprochen, dass dieser auf Grund dauernder Dienstunfähigkeit amtswegig seines Amtes zu entheben und in den Ruhestand zu versetzen ist.
Da §68a Abs2 Wr DO 1994 jedoch nicht auf Mitglieder des VGW anzuwenden ist, muss hinsichtlich der dauernden Dienstunfähigkeit von Mitgliedern des VGW geprüft werden, ob die Kriterien für das Vorliegen einer dauernden Dienstunfähigkeit gegeben sind. Nach der stRsp des VwGH liegt dauernde Dienstunfähigkeit - sofern der Gesetzgeber keine bestimmte Zeitspanne als maßgebliches Kriterium heranzieht - insbesondere dann vor, wenn sie für einen nicht absehbaren Zeitraum vorliegt. Für die Beurteilung ist daher durch einen medizinischen Sachverständigen eine Prognose zu erstellen. Anhand der dem Gutachten zugrunde gelegten Tatsachen hat die Dienstbehörde bzw das Verwaltungsgericht in der Folge die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen sowie nachvollziehbar darzulegen, ob der Beamte auf Grund seines gesundheitlichen Zustandes (künftig) in der Lage ist, seine dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. Die Dauerhaftigkeit ist nur dann zu verneinen, wenn in den Prognosen der medizinischen Gutachter auch jener absehbare Zeitraum umschrieben wird, innerhalb dessen mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit am aktuellen Arbeitsplatz erwartet werden kann. Um diese Prognoseentscheidung fällen zu können, hätte das VGW durch den erkennenden Senat selbst ergänzende Ermittlungen sowie ein aktuelles medizinisches Gutachten einzuholen gehabt.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Dienstrecht, Landesverwaltungsgericht, Richter, RuhestandsversetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E3442.2019Zuletzt aktualisiert am
25.08.2021