Entscheidungsdatum
05.12.2019Index
L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten WienNorm
WettenG Wr 2016 idF LGBl. 48/2016 §25 Abs1 Z5Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin Mag. Baumgartner über die Beschwerde der Frau A. B. (im Folgenden: Erstbeschwerdeführerin) sowie der C. GmbH (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführerin), vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, vom 24.07.2019, Zl. MA36/..., betreffend eine Übertretung nach dem Wiener Wettengesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.10.2019, zu Recht:
I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass sämtliche Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes (in beiden Spruchteilen) durchwegs in der im Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung des LGBl. Nr. 48/2016 angeführt werden.
II. Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG hat die Erstbeschwerdeführerin, Frau A. B., einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 880,00 (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten. Gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 9 Abs. 7 VStG haftet die Zweitbeschwerdeführerin, die C. GmbH, für diesen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zur ungeteilten Hand.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Verfahrensgang:
1.1. Das zu den Zlen. VGW-002/089/12017/2019 und VGW-002/V/089/12018/2019 protokollierte, angefochtene, gegenüber Frau A. B. und der C. GmbH erlassene Straferkenntnis vom 24.07.2019, Zl. MA36/..., hat folgenden Spruch (Schreibweise im Original):
„I.
1. Datum/Zeit: 23.05.2018, 19:08 Uhr
Ort: Wien, D.-Straße
Firma C. GmbH mit Sitz in E., F.-straße
Sie, Frau A. B., haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin der C. GmbH (FN: ...) mit dem im Tatzeitpunkt aufrechten Sitz in Wien, G.-Straße, und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser Gesellschaft, zu verantworten, dass diese Gesellschaft in der Betriebsstätte in Wien, D.-Straße, Wettlokal mit der äußeren Bezeichnung "H.", in der diese Gesellschaft die Tätigkeit als Wettunternehmerin, nämlich der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, wie z.B. Volleyballspiele (Probewette, gezogen vor Beginn der Amtshandlung am 23.05.2018 um 19:08 Uhr: Wette Weißrussland gegen Kroatien (LIVE Punkte: 1:1 (25:21) (17:25) (5:9); Mi 23.05. 18:01 Anzahl der Punkte im Match (192,5); Gesamtquote: 1,85; Gesamteinsatz: € 2,00; Max. Ausz.: € 3,70), an eine Buchmacherin, nämlich an die H. Co. Ltd., ... Malta (Firmen Registrations Nummer: ... der Malta Financial Services Authority - MFSA), mit mehreren Wettinfoterminals und zwei Wettannahmeschaltern ausgeübt hat, und dabei am 23.05.2018 um 19:08 Uhr und um 19:15 Uhr insofern gegen § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz, LGBI. Nr. 26/2016 idF LGBI. Nr. 48/2016, wonach die Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer während eines laufenden Ereignisses (Livewetten), ausgenommen Livewetten auf Teilergebnisse oder das Endergebnis, verboten ist, verstoßen hat, als diese laut Wettticket vom 23.05.2018 um 19:08 Uhr die Wette 'Weißrussland gegen Kroatien (LIVE Punkte: 1:1 (25:21) (17:25) (5:9); Mi 23.05. 18:01 Anzahl der Punkte im Match (192,5); Gesamtquote: 1,85; Gesamteinsatz: € 2,00; Max. Ausz.: € 3,70“, sohin eine Wette „Wie viele Punkte gibt es insgesamt im Match?“ zugelassen hat.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
1. § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz, LGBI. für Wien Nr. 26/2016 idgF
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
1. € 4.400,00 8 Tagen und 10 Stunden § 24 Abs. 1 Z 16 Wiener Wettengesetz, LGBI. für Wien Nr. 26/2016 idgF iVm § 9 Abs. 1 VStG idgF
II.
Folgende Gegenstände werden gemäß § 17 Abs. 1 VStG in Verbindung mit § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz, LGBI für Wien Nr. 26/2016, idgF, für verfallen erklärt:
1. ) Wettannahmeschalter 1:
technisches Equipment Wettannahmeschalter:
Wettscheindrucker:
Modell/Type: I. Seriennummer: ...
Kartenleser:
Modell/Type: J. Seriennummer: ...
Computer:
Modell/Type: K. Seriennummer: ...
Bildschirm:
Modell/Type: L. Seriennummer: ...
Betrag i. d. Kasse: € *.***,**,--
2. ) Wettannahmeschalter 2:
technisches Equipment Wettannahmeschalter:
Wettscheindrucker:
Modell/Type: I.
Seriennummer: ...
Kartenleser:
Modell/Type: J.
Seriennummer: ...
Computer:
Modell/Type: K.
Seriennummer: ...
Bildschirm:
Modell/Type: M.
Seriennummer: ...
Betrag i. d. Kasse: € 0,--
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 440,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10 für jedes Delikt.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 4.840,00
Die C. GmbH (FN: ...) haftet für die mit diesem Straferkenntnis über die gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 handelsrechtliche Geschäftsführerin, Frau A. B., verhängte Geldstrafe von € 4.400,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 440,00 und für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.“
1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte, gemeinsam eingebrachte Beschwerde der Beschwerdeführerinnen.
1.3. Die belangte Behörde nahm von einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien samt dem bezughabenden Verwatlungsakt mit Schreiben vom 10.09.2019 zur Entscheidung vor.
1.4. Das Verwaltungsgericht Wien führte am 16.10.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher die Erstbeschwerdeführerin sowie die Zeugen N. B., Mag. O. P.,. Mag. Q. R. und OWkm S. T. persönlich einvernommen wurden.
2. Feststellungen
2.1. Die C. GmbH (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführerin) ist und war zum Tatzeitpunkt eine zur Firmenbuchnummer ... ins Firmenbuch eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in der politischen Gemeinde Wien und dem Geschäftszweig „gewerbsmäßige Vermittlung bzw. gewerbsmäßiger Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, demnach das Gewerbe der Buchmacher und Totalisateure“. Die Zweitbeschwerdeführerin wird und wurde bereits zum Tatzeitpunkt von Frau A. B. (im Folgenden: Erstbeschwerdeführerin) als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführerin nach außen vertreten.
2.2. Mit Bescheid vom 23.03.2013, GZ: MA36-..., wurde der Zweitbeschwerdeführerin die Bewilligung zur gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen in der Betriebsstätte in Wien, D.-Straße, auf unbestimmte Dauer erteilt.
2.3. Die Zweitbeschwerdeführerin hat am 09.06.2017 Frau U. V., geb. am ...1967, als verantwortliche Beauftragte für die Einhaltung der Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes in den Standorten W.-straße, Wien, D.-straße, Wien, X.-straße, Wien, Y.-gasse, Wien, Z.-straße, Wien, G.-straße, Wien und AA.-Straße, Wien, bestellt. Ferner hat die Zweitbeschwerdeführerin am 12.02.2018 Frau AB. AC., geb. am ...1994, als verantwortliche Beauftragte für die Einhaltung der Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes in den Standorten W.-straße, Wien, D.-straße, Wien, X.-straße, Wien, Y.-gasse, Wien, Z.-straße, Wien, G.-straße, Wien und AA.-Straße, Wien, bestellt. Bei den beiden zu verantwortlichen Beauftragten bestellten Frauen handelt es sich jeweils um Dienstnehmerinnen der Zweitbeschwerdeführerin, die nicht zur Vertretung der Zweitbeschwerdeführerin nach außen befugt waren bzw. sind. Die Beschwerdeführerinnen haben der belangten Behörde eine schriftliche Mitteilung über die Bestellungen der verantwortlichen Beauftragten samt einem Nachweis der Zustimmung der Bestellten bislang nicht übermittelt.
2.4. Die Erstbeschwerdeführerin hat mehrmals bei der belangten Behörde betreffend die Frage der Zulässigkeit einer Vielzahl von ihr angebotenen Livewetten vorgesprochen. In diesem Zusammenhang hat die Erstbeschwerdeführerin der belangten Behörde eine Liste aller von der Zweitbeschwerdeführerin angebotenen Livewetten vorgezeigt (Beilage ./7). Seitens der belangten Behörde (Mag. R. und Herrn AD.) wurde der Erstbeschwerdeführerin mitgeteilt, dass eine rechtliche Auskunft über die Zulässigkeit der auf dieser Liste angeführten (Live-)Wetten von der belangten Behörde nicht erstattet werden kann, zumal rechtliche Beratungen nicht in den Zuständigkeitsbereich der belangten Behörde fallen. Die Erstbeschwerdeführerin wurde diesbezüglich an ihre rechtsfreundliche Vertretung verwiesen. Die Erstbeschwerdeführerin hat die belangte Behörde nicht dezidiert nach der Zulässigkeit der gegenständlichen Live-Wette (Wie viele Punkte gibt es insgesamt im Match?) gefragt. Seitens der belangten Behörde wurde der Erstbeschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt die Rechtsauskunft erteilt, dass die gegenständliche Live-Wette zulässig wäre.
2.5. Die H. Co. Ltd. hat am 23.05.2018 in der Betriebsstätte in Wien, D.-Straße, Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig abgeschlossen. Die Zweitbeschwerdeführerin hat am 23.05.2018 in der Betriebsstätte in Wien, D.-Straße, Wettlokal mit der äußeren Bezeichnung "H.", die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, an eine Buchmacherin, nämlich an die H. Co. Ltd., ... Malta (Firmen Registrations Nummer: ... der Malta Financial Services Authority - MFSA), mit mehreren Wettinfoterminals und zwei Wettannahmeschaltern ausgeübt.
2.6. Am 23.05.2018 um 19:08 Uhr wurde in der gegenständlichen Betriebsstätte betreffend das Volleyballspiel „Weißrussland gegen Kroatien“ eine Wette mit der Bezeichnung „Wie viele Punkte gibt es insgesamt im Match?“ während des bereits laufenden Volleyballspieles „Weißrussland gegen Kroatien“ platziert bzw. abgeschlossen.
2.7. Am 23.05.2018 um 19.15 Uhr fand eine behördliche Überprüfung des gegenständlichen Wettlokals mit der äußeren Bezeichnung „H.“ in Wien, D.-Straße, durch Organe der Magistratsabteilung 36 statt. Bereits davor haben an unterschiedlichen Standorten der Zweitbeschwerdeführerin in Wien Kontrollen durch Kontrollorgane der MA 36 stattgefunden, bei welchen festgestellt wurde, dass die Zweitbeschwerdeführerin unzulässige Livewetten (sogenannte „Game-Wetten“ im Tennis), angeboten hat. So wurden am 12.04.2018 um 12:05 Uhr in Wien, Y.-gasseb, am 13.04.2018 um 13.35 Uhr in Wien, Z.-straße und am 18.04.2018 um 15:07 Uhr in Wien, G.-Straße Kontrollen durch Kontrollorgane der MA 36 durchgeführt und dabei jeweils festgestellt, dass sogenannte „Game-Wetten“ (Tennis), die keine zulässigen Live-Wetten auf Teil- oder Endergebnisse darstellten, angeboten wurden.
2.8. In dem gegenständlichen Wettlokal befanden sich zum Tatzeitpunkt zwei Wettannahmeschalter und mehrere Wettinfoterminals, welche ans Stromnetz angeschlossen und betriebsbereit waren.
2.9. Anlässlich der gegenständlichen Kontrolle am 23.05.2018 wurden von den Kontrollorgangen zwei Wettannahmeschalter und das darin befindliche Geld in der Höhe von € *.***,** vorläufig beschlagnahmt und vor Ort die Betriebsschließung angeordnet.
2.10. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.06.2018, GZ: MA36-..., rechtskräftig seit 14.07.2018, wurde die Beschlagnahme folgender, im Eigentum der Zweitbeschwerdeführerin stehender Geräte angeordnet:
1. ) Wettannahmeschalter 1:
technisches Equipment Wettannahmeschalter:
Wettscheindrucker:
Modell/Type: I.
Seriennummer: ...
Kartenleser:
Modell/Type: J.
Seriennummer: ...
Computer:
Modell/Type: K.
Seriennummer: ...
Bildschirm:
Modell/Type: L.
Seriennummer: ...
Betrag i. d. Kasse: € *.***,**,--
2. ) Wettannahmeschalter 2:
technisches Equipment Wettannahmeschalter:
Wettscheindrucker:
Modell/Type: I.
Seriennummer: ...
Kartenleser:
Modell/Type: J.
Seriennummer: ...
Computer:
Modell/Type: K.
Seriennummer: ...
Bildschirm:
Modell/Type: M.
Seriennummer: ...
Betrag i. d. Kasse: € 0,--
2.11. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.06.2018 zur GZ: MA36 – ... wurde die gänzliche Schließung der Betriebsstätte der Zweitbeschwerdeführerin in Wien, D.-Straße, Wettlokal mit der äußeren Bezeichnung „H.“ verfügt. Dieser Bescheid erwuchs am 14.07.2018 in Rechtskraft.
2.12. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17.09.2018 zur GZ: MA36 – ... wurde die Schließung der Betriebsstätte der Zweitbeschwerdeführerin in Wien, D.-Straße, Wettlokal mit der äußeren Bezeichnung „H.“, gemäß § 23 Abs. 5 Wiener Wettengesetz aufgehoben. Dieser Bescheid erwuchs am 17.10.2018 in Rechtskraft. Die faktische Aufhebung der Betriebsschließung erfolgte am 18.09.2018.
2.13. Derzeit sind alle Betriebsstätten der Zweitbeschwerdeführerin in Wien geschlossen.
2.14. Die Erstbeschwerdeführerin verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von € 3.500,00 und ist im Besitz dreier (fremdfinanzierter) Wohnungen. Sie hat Sorgepflichten für ein minderjähriges Kind und ist alleinerziehend.
2.15. Die Erstbeschwerdeführerin weist sieben rechtskräftige Verwaltungsübertretungen, davon zwei Übertretungen nach dem Kraftfahrgesetz, zwei Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und drei Übertretungen nach dem Tabakgesetz, auf. Sie weist keine einschlägigen Verwaltungsübertretungen nach dem Wiener Wettengesetzes auf.
3. Beweiswürdigung
3.1. Das erkennende Gericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Würdigung des Parteienvorbringens sowie der von den Verfahrensparteien vorgelegten Unterlagen und Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin sowie der Zeugen N. B., Mag. O. P., Mag. Q. R. und OWkm S. T. in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.10.2019.
3.2. Die Feststellungen betreffend die Zweitbeschwerdeführerin (Gesellschaftsform, Firmensitz, Geschäftszweig, handelsrechtliche Geschäftsführer) gründen auf einen vom erkennenden Gericht eingeholten, Firmenbuchauszug vom 18.09.2019.
3.3. Dass der Zweitbeschwerdeführerin mit Bescheid vom 23.03.2013 die Bewilligung zur gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen in der Betriebsstätte in Wien, D.-Straße, auf unbestimmte Dauer erteilt wurde, ergibt sich aus dem angefochtenen Straferkenntnis und ist unbestritten.
3.4. Die getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Bestellung zweier verantwortlicher Beauftragter (nämlich der beiden Dienstnehmerinnen U. V. und AB. AC.) für die Einhaltung der Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes in den festgestellten Standorten, gründen zum einen auf den diesbezüglichen glaubwürdigen Angaben der Erstbeschwerdeführerin sowie des Zeugen N. B. anlässlich ihrer gerichtlichen Einvernahme vor dem erkennenden Gericht und zum anderen auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen Bestellungsurkunden (Beilage ./1 und Beilage ./2). Dass die Beschwerdeführerinnen der belangten Behörde eine schriftliche Mitteilung über die Bestellungen der verantwortlichen Beauftragten samt einem Nachweis der Zustimmung der Bestellten bislang nicht übermittelt haben, ergibt sich zum einen aus den glaubwürdigen Angaben der Zeugen N. B., Mag. O. P.,. Mag. Q. R. und OWkm S. T. und zum anderen aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerinnen dem gerichtlichen Auftrag zur Vorlage eines entsprechenden Nachweises über die Übermittlung der Bestellungsurkunden an die MA 36 bislang nicht nachgekommen sind, weshalb davon auszugehen ist, dass ein solcher Nachweis nicht existiert.
3.5. Die Feststellungen betreffend mehrmaliger Vorsprachen der Erstbeschwerdeführerin bei der belangten Behörde bezüglich der Zulässigkeit einer Vielzahl angebotener (Live-)Wetten und die Verweigerung entsprechender Rechtsauskünfte durch die belangte Behörde sowie die Feststellung, dass die Erstbeschwerdeführerin die belangte Behörde nicht dezidiert nach der Zulässigkeit der gegenständlichen Live-Wette (Wie viele Punkte gibt es insgesamt im Match?) gefragt hat und auch seitens der belangten Behörde der Erstbeschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt die Rechtsauskunft erteilt wurde, dass die gegenständliche Live-Wette zulässig wäre, gründen auf den diesbezüglichen glaubwürdigen Angaben der Zeugin Mag. Q. R., die auf das erkennende Gericht einen um Wahrheitsfindung bemühten Eindruck machte. Für das erkennende Gericht liegen keine Anhaltspunkte vor, an den diesbezüglichen Angaben der unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugin Mag. R. zu zweifeln. Darüber hinaus wurden die Angaben der Zeugin Mag. R. auch von der Erstbeschwerdeführerin bestätigt, die aussagte, zu keinem Zeitpunkt eine konkrete Rechtsauskunft von Seiten der belangten Behörde erhalten zu haben. Auch hat die Erstbeschwerdeführerin nicht behauptet, bei der belangten Behörde konkret betreffend die Zulässigkeit der gegenständlichen Live-Wette (Wie viele Punkte gibt es insgesamt im Match?) nachgefragt zu haben. Vielmehr gab die Erstbeschwerdeführerin glaubwürdig an, von der Zulässigkeit dieser Wette ausgegangen zu sein, zumal sie angenommen habe, dass eine rechtliche Prüfung durch die Rechtsvertretung (der Zweitbeschwerdeführerin und der H.) erfolgt sei.
3.6. Die getroffenen Feststellungen hinsichtlich der in der gegenständlichen Betriebsstätte zum Tatzeitpunkt ausgeübten Buchmachertätigkeit der H. Co. Ltd. sowie der Vermittlungstätigkeit der Zweitbeschwerdeführerin gründen zum einen auf den Inhalt des unbedenklichen Verwaltungsakt und dem in der mündlichen Verhandlung übermitteltem Vermittlungsvertrag (Beilage ./3) sowie den ebenfalls in der mündlichen Verhandlung übergebenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Beilage ./4 und Beilage ./5) und zum anderen auf den glaubwürdigen Angaben der Erstbeschwerdeführerin selbst anlässlich ihrer gerichtlichen Einvernahme, die nicht in Zweifel zu ziehen waren.
3.7. Dass am 23.05.2018 um 19:08 Uhr in der gegenständlichen Betriebsstätte eine Wette mit der Bezeichnung „Wie viele Punkte gibt es insgesamt im Match?“ während des bereits laufenden Volleyballspieles „Weißrussland gegen Kroatien“ platziert bzw. abgeschlossen wurde, ergibt sich aus dem Inhalt des unbedenklichen Verwaltungsaktes, insbesondere dem darin befindlichen Aktenvermerk über die durchgeführte Kontrolle am 23.05.2018 samt umfassender Fotodokumentation (insbesondere AS 44) sowie dem im Verwaltungsakt befindlichen Wettschein vom 23.05.2018, 19:08 Uhr (AS 41 und 50) und den diesbezüglichen, glaubwürdigen Angaben der anlässlich der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen N. B., Mag. O. P.,. Mag. Q. R. und OWkm S. T.. Darüber hinaus hat die Erstbeschwerdeführerin anlässlich ihrer gerichtlichen Einvernahme ausdrücklich bestätigt, dass der Abschluss der festgestellten Wette während des bereits laufenden Volleyballspieles möglich war und es einen solchen Wettabschluss auch tatsächlich gegeben hat. Die Beschwerdeführerin bestreitet lediglich, dass es sich bei dieser Wette um eine unzulässige Livewette handelt. Aus Sicht der Erstbeschwerdeführerin ist die gegenständliche Wette eine zulässige Endstandwette.
3.8. Die getroffenen Feststellungen betreffend die behördliche Überprüfung am 23.05.2018 und die anlässlich dieser Kontrolle durchgeführten vorläufigen Beschlagnahmungen von Wettinfoterminals, Wettannahmeschaltern und des darin befindlichen Geldes sowie der angeordneten Betriebsschließung ergeben sich aus dem Inhalt des unbedenklichen Verwaltungsaktes, insbesondere dem darin befindlichen Aktenvermerk über die durchgeführte Kontrolle am 23.05.2018 samt umfassender Fotodokumentation und den diesbezüglichen, glaubwürdigen Angaben der anlässlich der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen N. B., Mag. O. P.,. Mag. Q. R. und OWkm S. T.. Auch die Beschwerdeführerinnen haben zu keinem Zeitpunkt bestritten, dass es zu der festgestellten Kontrolle sowie den festgestellten behördlichen Maßnahmen gekommen ist. Die getroffenen Feststellungen zu den vorherigen behördlichen Kontrollen an unterschiedlichen Standorten der Zweitbeschwerdeführerin gründen auf den unbedenklichen Inhalt des Verwaltungsaktes, insbesondere dem darin befindlichen Aktenvermerk über die durchgeführte Kontrolle am 23.05.2018 (AS 5ff) und den diesbezüglichen Angaben der Zeugen Mag. O. P.,. Mag. Q. R. und OWkm S. T. sowie den Angaben der Erstbeschwerdeführerin selbst.
3.9. Die getroffenen Feststellungen zum weiteren Verfahrensgang (Beschlagnahmebescheid, Bescheid über die Betriebsschließung, bescheidmäßige Aufhebung der Betriebsschließung) gründen auf den Inhalt des unbedenklichen Verwaltungsakt sowie den vom erkennenden Gericht eingeholten Bescheiden der belangten Behörde betreffend die Beschlagnahme, die Betriebsschließung und die Aufhebung der Betriebsschließung.
3.10. Dass derzeit alle Betriebsstätten der Zweitbeschwerdeführerin in Wien geschlossen sind, ergibt sich aus den diesbezüglichen, glaubwürdigen Angaben der Erstbeschwerdeführerin anlässlich ihrer gerichtlichen Einvernahme.
3.11. Die Feststellung zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie den Sorgepflichten der Erstbeschwerdeführerin gründen auf den diesbezüglichen Angaben der Erstbeschwerdeführerin anlässlich ihrer gerichtlichen Einvernahme, an deren Richtigkeit – mangels gegenteiliger Anhaltspunkte – nicht zu zweifeln war.
3.12. Die Feststellungen zu den verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen der Erstbeschwerdeführerin, gründen auf einem vom erkennenden Gericht eingeholten Auszug des Magistrats der Stadt Wien betreffend Verwaltungsstrafen vom 09.10.2019 sowie einem Schreiben der Landespolizeidirektion Wien betreffend verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen der Erstbeschwerdeführerin vom 09.10.2019.
4. Rechtliche Beurteilung
4.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten (Wiener Wettengesetz), LGBl. Nr. 26/2016, idF LGBl. Nr. 48/2016, lauten auszugsweise wie folgt:
„I. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
Inhalt
§ 1. Dieses Landesgesetz regelt den gewerbsmäßigen Abschluss (Buchmacherwette) und die gewerbsmäßige Vermittlung (Totalisateurwette) von Wetten aus dem Anlass sportlicher Veranstaltungen sowie die gewerbsmäßige Vermittlung von derartigen Wetten und Wettkundinnen und Wettkunden.
Begriffsbestimmungen
§ 2. Die in diesem Landesgesetz verwendeten Begriffe sind jeweils im Sinne der nachfolgenden Begriffsdefinitionen zu verstehen:
1.
Buchmacherin oder Buchmacher ist, wer Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig abschließt.
2.
Totalisateurin oder Totalisateur ist, wer Wetten zwischen Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig vermittelt.
3.
Vermittlerin oder Vermittler ist, wer Wetten, Wettkundinnen oder Wettkunden persönlich oder durch ihr oder sein Personal oder im Wege von Wettterminals (Z 8) gegen Entrichtung eines Wetteinsatzes zum Abschluss an eine Buchmacherin oder an einen Buchmacher oder andere Personen gewerbsmäßig weiterleitet.
4.
Wettunternehmerin oder Wettunternehmer ist, wer die Tätigkeit als Buchmacherin oder Buchmacher und/oder als Totalisateurin oder Totalisateur und/oder als Vermittlerin oder Vermittler gewerbsmäßig ausübt.
5.
Wettkundin oder Wettkunde ist jede Person, die eine Leistung der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers in Anspruch nimmt.
6.
Wette ist ein Glücksvertrag zwischen der Wettunternehmerin oder dem Wettunternehmer und jenen Personen, die gegen Entrichtung eines gewählten Einsatzbetrages eine Vorhersage über den Ausgang eines zum Zeitpunkt des Wettabschlusses oder der Wettvermittlung in der Zukunft liegenden sportlichen Ereignisses in der Hoffnung rechtsverbindlich bekannt gegeben haben, einen für den Fall des Zutreffens dieser Vorhersage in Aussicht gestellten Gewinn zu erlangen.
7.
Betriebsstätte im Sinne dieses Gesetzes ist jede ortsfeste, öffentlich zugängliche Einrichtung, in der Wetten von einer Buchmacherin oder von einem Buchmacher gewerbsmäßig abgeschlossen und/oder in der Wetten von einer Totalisateurin oder einem Totalisateur vermittelt und/oder in der Wetten oder Wettkundinnen und Wettkunden von einer Vermittlerin oder einem Vermittler gewerbsmäßig vermittelt werden.
8.
Wettterminal im Sinne dieses Gesetzes ist eine technische Einrichtung in einer Betriebsstätte, die über eine Datenleitung einer Person, gegen Entrichtung eines Wetteinsatzes unmittelbar den Abschluss einer Buchmacherwette mit der Bewilligungsinhaberin als Buchmacherin, mit dem Bewilligungsinhaber als Buchmacher oder einer oder eines vom Wettunternehmen angegebenen Buchmacherin oder Buchmachers zu deren oder dessen Bedingungen und Quoten ermöglicht.
9.
Wettreglements sind die allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer.
Strafbestimmungen
§ 24. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - von der Behörde mit einer Geldstrafe bis 22.000 € und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer
[...]
16.
als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer gegen § 25 verstößt oder die Teilnahme an einer verbotenen Wette ermöglicht;
[...]
(2) Wettscheine, elektronische Wettbücher und Wettterminals, und alle an solche angeschlossenen Geräte, sonstige Eingriffsgegenstände oder sonstige technische Hilfsmittel, die entgegen diesem Landesgesetz aufgestellt, betrieben oder verwendet werden, können von der Behörde unabhängig von der Bestrafung nach Abs. 1 samt dem sich in diesen befindenden Geld für verfallen erklärt werden.
(3) Für die Verwaltungsübertretungen nach § 24 Abs. 1 Z 1, 16 und 17 beträgt die Mindeststrafe 2.200 €.
(4) Von der Behörde für verfallen erklärte Gegenstände (ausgenommen Geld) sind nach Rechtskraft des Bescheides binnen Jahresfrist nachweislich zu vernichten.
Verbotene Wetten
§ 25. (1) Verboten ist die Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin und Wettunternehmer
[...]
5.
während eines laufenden Ereignisses (Livewetten), ausgenommen Livewetten auf Teilergebnisse oder das Endergebnis.
(2) Wetten auf Hunderennen und Wetten im Zusammenhang mit sport-ähnlichen Veranstaltungen, die offenkundig vornehmlich zum Abschluss von Wetten ausgetragen werden, sind nicht als Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen zu qualifizieren und somit unzulässig.“
4.2. Die Erläuternden Bemerkungen zur Stammfassung des Wr. WettenG, ErläutRV BlgLT 3/2016, lauten auszugsweise wie folgt:
„Zu § 25:
Im Zusammenhang mit dem Begriff der Wette wird darauf hingewiesen, dass Wetten im Sinne des Wettengesetzes nur aus Anlass einer tatsächlich stattfindenden, künftigen sportlichen Veranstaltung abgeschlossen werden können. Das bedeutet, dass Wetten auf virtuelle oder nur aufgezeichnete Hunde- oder Pferderennen keine Wetten im Sinne des Wettengesetzes darstellen, sondern als Glücksspiele anzusehen sind, die unter das Glücksspielgesetz fallen (vgl. auch VwGH 2009/17/0158).
Livewetten weisen ein besonderes Suchtpotential auf. Hinsichtlich des Suchtpotentials gilt (sowohl für Glücksspiele als auch für Wetten) ganz allgemein, dass die schnelle Abfolge von einzelnen Spielen mit schneller Entscheidung über Gewinn und Verlust ein erhöhtes Spielsuchtpotential in sich birgt. Beim traditionellen Wettangebot endet die Möglichkeit zur Abgabe der Wette in der Regel mit dem Beginn des Wettereignisses (z.B. mit Beginn des Fußballspiels). Die Entscheidung über Gewinn und Verlust fällt in der Regel am Ende des Wettereignisses. Somit liegt zwischen der Wettabgabe und der Gewinn- oder Verlustentscheidung ein gewisser Zeitraum. Bei sogenannten Livewetten wird dieser – im Hinblick auf das Suchtpotential – bedeutende Zeitraum maßgeblich verkleinert. Bei Livewetten kann noch während des laufenden Spiels auf viele verschiedene Ereignisse gewettet werden, etwa welche Fußballmannschaft das erste Tor schießt, welcher Spieler als erster die gelbe Karte sieht, welche Mannschaft die nächste Ecke tritt, u.dgl. Der Reiz für die wettende Person liegt in der schnellen Abfolge der Wettmöglichkeiten und der vermeintlich besseren Einschätzbarkeit des Ereignisses anhand des gesehenen Ablaufs. Neben dem besonderen Suchtpotential können Livewetten auch die Manipulation von Spielen und somit den Wettbetrug erleichtern (z.B. Bestechung von Fußballspielern, Schiedsrichtern usw.). Vor diesem Hintergrund werden Livewetten – wie beispielsweise auch in Deutschland (siehe § 21 Abs. 2 Glücksspielstaatsvertrag) – künftig verboten. Ausgenommen sind lediglich Livewetten auf Teilergebnisse (z.B. Halbzeit im Fußball, Drittel im Eishockey, Satz im Tennis udgl.) sowie auf das Endergebnis.
In Abs. 2 wird klargestellt, dass Wetten auf Hunderennen (gemeint sind sowohl virtuelle, als auch reale Hunderennen) und Wetten im Zusammenhang mit sport-ähnlichen Veranstaltungen, die offenkundig vornehmlich zum Abschluss von Wetten ausgetragen werden, nicht als Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen zu qualifizieren sind.
Mit Pferderennen sind stets „Galopprennen“ gemeint, bei der Reiter eine Reitsportart ausüben. Bei Pferderennen, bei denen sich keine Person auf dem Pferd befindet, handelt es sich jedoch um Veranstaltungen, die offenkundig v
ornehmlich zum Abschuss von Wetten ausgetragen werden. Da sich auf dem Pferd kein Mensch befindet, handelt es sich bei einem derartigen Rennen um keine sportliche Veranstaltung. Nicht davon betroffen sind die klassischen Trabrennen. Werden Pferde von einem Wagen aus gelenkt, handelt es sich nicht um Pferderennen, sondern um Trabrennveranstaltungen oder um Gespann-Fahrveranstaltungen, auf welche nach wie vor gewettet werden kann.“
4.3. Zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit von Frau B. A. (Erstbeschwerdeführerin):
Grundsätzlich ist gemäß § 9 Abs. 1 VStG – sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte nach § 9 Abs. 2 VStG bestellt sind – für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Gemäß § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG können für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens andere (nicht dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen angehörige) Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Die Bestellung verantwortlicher Beauftragter führt nach Maßgabe ihres sachlichen Umfangs und ihrer zeitlichen Dauer zu einer entsprechenden Änderung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit. Ist die Bestellung – aus welchen Gründen immer – unwirksam, so hat sie die Änderung in der Verantwortlichkeit nicht bewirkt und es bleibt bei der Verantwortlichkeit der nach außen Vertretungsbefugten. Die Bestellung muss sich innerhalb der juristischen Person auf bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Unternehmensbereiche beziehen.
Nach den getroffenen Feststellungen hat die Zweitbeschwerdeführerin am 09.06.2017 und am 12.02.2018 jeweils eine Dienstnehmerin als verantwortliche Beauftragte für den exakt gleichen Zuständigkeitsbereich (Einhaltung der Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes in den Standorten W.-straße, Wien; D.-straße, Wien; X.-straße, Wien; Y.-gasse, Wien; Z.-straße, Wien; G.-straße, Wien und AA.-Straße, Wien) bestellt. Damit waren zum Tatzeitpunkt für die angeführten Standorte, darunter auch der verfahrensgegenständliche Standort, sowohl Frau U. V. als auch Frau AB. AC. als verantwortliche Beauftragte bestellt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für jeden Bereich jeweils nur eine von vornherein feststehende Person zu bestellen (VwGH 07.04.1995, 94/02/0470; 19.03.2013, 2011/02/0238). Überlappende Zuständigkeitsbereiche von verantwortlichen Beauftragten sind im Bereich des § 9 Abs. 2 VStG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig und führen zur Unwirksamkeit aller diesbezüglichen Bestellungen (VwSlg 14.236 A/1995; VwGH 09.02.1999, 97/11/0044; VwGH 2011/17/0201 ÖBA 2016/198 = ZFR 2015/269); stattdessen gilt das davor bestehende Verantwortlichkeitsregime.
Aufgrund der gegenständlichen Bestellung zweier verantwortlicher Beauftragter für ein und denselben Verantwortungsbereich, sind die beiden Bestellungen unwirksam, weshalb die Erstbeschwerdeführerin als handelsrechtliche Alleingeschäftsführerin der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 9 Abs. 1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Zweitbeschwerdeführerin strafrechtlich verantwortlich bleibt. Ungeachtet dessen, haben es die Beschwerdeführerinnen auch gemäß § 24 Abs. 5 Wiener Wettengesetz unterlassen, der belangten Behörde eine schriftliche Mitteilung über die Bestellungen samt einem Nachweis der Zustimmung der Bestellten zu übermitteln.
4.4. Zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes:
4.4.1. Nach den getroffenen Feststellungen hat die H. Co. Ltd. zum Tatzeitpunkt Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig abgeschlossen. Sie ist daher als Buchmacherin iSd § 2 Z 1 Wiener Wettengesetz idF LGBl. Nr. 48/2016 zu qualifizieren. Die Zweitbeschwerdeführerin hat Wetten, Wettkundinnen oder Wettkunden persönlich bzw. durch ihr Personal gegen Entrichtung eines Wetteinsatzes zum Abschluss an die Buchmacherin (H. Co Ltd.) gewerbsmäßig weitergeleitet. Sie ist daher als Vermittlerin iSd § 2 Z 3 Wiener Wettengesetz idF LGBl. Nr. 48/2016 zu qualifizieren. Damit ist sie auch als Wettunternehmerin iSd § 2 Z 4 Wiener Wettengesetz idF LGBl. Nr. 48/2016 anzusehen.
4.4.2. Zunächst ist festzuhalten, dass den Beschwerdeführerinnen keine Übertretung nach § 13 Abs. 2 Wiener Wettengesetz idF LGBl. Nr. 48/2016 zur Last gelegt wird, sondern eine Übertretung nach § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz idF LGBl. Nr. 48/2016. Damit geht das Beschwerdevorbringen, nach § 13 Abs. 2 Wiener Wettengesetz idF LGBl. Nr. 48/2016 wäre lediglich der Abschluss und die Vermittlung von unzulässigen Livewetten mittels Wettterminals verboten, ins Leere. Vielmehr war nach der zum Tatzeitpunkt geltenden Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz idF LGBl. Nr. 48/2016 die Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin und Wettunternehmer während eines laufenden Ereignisses (Livewetten) - ausgenommen Livewetten auf Teilergebnisse oder das Endergebnis – allgemein verboten. Auf die Form der Wettvermittlung (Wettannahmeschalter oder Wettterminal) kam es dabei nicht an. Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz nicht im IV. Abschnitt des Wiener Wettengesetzes (Bestimmungen betreffend Wettterminals, Beschaffenheit und Nutzungsbedingungen) geregelt wurde, sondern in einem eigenen VI. Abschnitt (Behördliche Bestimmungen, Zuständigkeiten).
4.4.3. Zum Günstigkeitsvergleich:
Nach § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre. Auch die Verwaltungsgerichte haben im Beschwerdefall gegebenenfalls die neue Rechtslage anzuwenden (VwGH 21.11.2014, Ra 2014/02/0051). Sind das zur Tatzeit und das zum Bestrafungszeitpunkt geltende Strafrecht gleich streng, so bleibt es nach VStG bei der Anwendung von Tatzeitrecht (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 (2017) § 1 Rz 11). § 1 Abs. 2 VStG stellt für den Günstigkeitsvergleich auf das jeweils „geltende Recht“ ab. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll es allerdings verengend bloß auf die Gesamtauswirkungen der tatbestandlich vorgesehenen Strafe für den Täter ankommen. Die höchstgerichtliche Judikatur stellt dabei auf Strafart und Strafhöhe ab und lässt sonstige – durchaus auch sanktionsrelevante – Gesichtspunkte unberücksichtigt (VwGH 24.04.1995, 94/10/0154; Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 (2017) § 1 Rz 17).
Zum gegenständlichen Tatzeitpunkt am 23.05.2018 stand das Wiener Wettengesetz in der Fassung des LGBl. Nr. 48/2016 in Kraft. Mit LGBl. Nr. 40/2018 wurde das Wiener Wettengesetz novelliert. Diese Gesetzesnovelle wurde am 06.07.2018 kundgemacht. Mit LGBl. Nr. 71/2018, kundgemacht am 27.12.2018, und LGBl. Nr. 43/2019, kundgemacht am 06.08.2019, erfolgten jeweils weitere Novellierungen des Wiener Wettengesetzes.
Zum Tatzeitpunkt am 23.05.2018 lautete die gegenständlich relevante Bestimmung des § 25 Wiener Wettengesetz in der Fassung LGBl. Nr. 48/2016 wie folgt:
„Verbotene Wetten
§ 25. (1) Verboten ist die Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin und Wettunternehmer
1.
ohne Bewilligung gemäß § 6;
2.
mit Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben;
3.
auf Ereignisse, die die Tötung oder Verletzung von Menschen oder Tieren zum Inhalt haben;
4.
auf Ereignisse, durch die Menschen insbesondere auf Grund ihres Geschlechts, ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrer Religion sowie Weltanschauung, ihrer sexuellen Orientierung oder einer Behinderung herabgesetzt werden oder
5.
während eines laufenden Ereignisses (Livewetten), ausgenommen Livewetten auf Teilergebnisse oder das Endergebnis.
(2) Wetten auf Hunderennen und Wetten im Zusammenhang mit sport-ähnlichen Veranstaltungen, die offenkundig vornehmlich zum Abschluss von Wetten ausgetragen werden, sind nicht als Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen zu qualifizieren und somit unzulässig.“
Mit LGBl. Nr. 40/2018 wurde die gegenständlich relevante Bestimmung des § 25 Wiener Wettengesetz novelliert und wurde auch durch die beiden letzten Novellen nicht mehr verändert. Die gegenständlich relevante Bestimmung des § 25 Wiener Wettengesetz in der derzeit geltenden Fassung lautet auszugsweise wie folgt:
„Verbotene Wetten
§ 25. (1) Verboten ist die Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin und Wettunternehmer
1.
mit Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben;
2.
auf Ereignisse, die die Tötung oder Verletzung von Menschen oder Tieren zum Inhalt haben;
3.
auf Ereignisse, durch die Menschen insbesondere auf Grund ihres Geschlechts, ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrer Religion sowie Weltanschauung, ihrer sexuellen Orientierung oder einer Behinderung herabgesetzt werden oder
4.
während eines laufenden Ereignisses (Livewetten), ausgenommen Livewetten auf Teilergebnisse oder das Endergebnis.
(2) Wetten auf Hunderennen und Wetten im Zusammenhang mit sport-ähnlichen Veranstaltungen, die offenkundig vornehmlich zum Abschluss von Wetten ausgetragen werden, sind nicht als Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen zu qualifizieren und somit unzulässig. „
Mit der Novelle LGBl. Nr. 40/2018 wurde die bis 06.07.2018 in seiner Stammfassung in Kraft sehende Bestimmung des § 25 Wiener Wettengesetztes lediglich dahingehend geändert, dass dessen Abs. 1 Z 1 entfiel und die übrigen Ziffern mit 1 beginnend neu durchnummeriert wurden (die ehemalige Z 5 entspricht damit der jetzigen Z 4). Daraus folgt, dass sowohl nach der Rechtslage zum Tatzeitpunkt als auch nach der derzeit geltenden Rechtslage gemäß § 25 Abs. 1 die Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin während eines laufenden Ereignisses (Livewetten), ausgenommen Livewetten auf Teilergebnisse oder das Endergebnis, verboten war/ist.
§ 24 Abs. 1 Z 16 Wiener Wettengesetz, idF LGBl. Nr. 48/2016 sowie in der derzeit geltenden Fassung sah bzw. sieht für eine Verletzung des § 25 Wiener Wettengesetzes, jeweils die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von bis zu € 22.000,00 und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu 6 Wochen vor.
Nach § 24 Abs. 3 Wiener Wettengesetz idF LGBl. Nr. 48/2016 sowie in der derzeit geltenden Fassung war bzw. ist für Verwaltungsübertretungen nach § 24 Abs. 1 Z 1, 16 und 17 Wiener Wettengesetz, jeweils eine Mindeststrafe von € 2.200,00 vorgesehen.
Da das Verhalten der Beschwerdeführerinnen sowohl eine Verletzung des § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz in der Fassung LGBl. Nr. 48/2016, als auch eine Verletzung des § 25 Abs. 1 Z 4 Wiener Wettengesetz iddgF LGBl. Nr. 43/2019, darstellt und die in § 24 Wiener Wettengesetz vorgesehenen Strafen betreffend beide genannten Fassungen des Wiener Wettengesetzes ident sind, sohin das zur Tatzeit und das zum Bestrafungszeitpunkt geltende Recht gleich streng ist, bleibt es nach dem VStG bei der Anwendung des Tatzeitrechts, sohin des § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz in der Fassung LGBl. Nr. 48/2016. Das Günstigkeitsprinzip gemäß § 1 Abs. 2 VStG kommt gegenständlich sohin nicht zur Anwendung.
4.4.4. Nach dem festgestellten Sachverhalt wurde am 23.05.2018 um 19:08 Uhr in der gegenständlichen Betriebsstätte eine Wette mit der Bezeichnung „Wie viele Punkte gibt es insgesamt im Match?“ während des bereits laufenden Volleyballspieles „Weißrussland gegen Kroatien“ platziert bzw. abgeschlossen.
Da die Zweitbeschwerdeführerin ihre Tätigkeit als Wettunternehmerin sohin während eines laufenden Volleyballmatches ausübte, bot diese zum Tatzeitpunkt auch den Abschluss von Livewetten an. Es stellt sich sohin die Frage, ob es sich bei dieser Livewette um eine zulässige Livewette (auf ein Teilergebnisse oder das Endergebnis) handelt oder nicht.
Nach dem restriktiven Wortlaut des § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz idF LGBl. Nr. 48/2016 (bzw. nunmehr § 25 Abs. 1 Z 4 Wiener Wettengesetz) sind als Ausnahme einer verbotenen Wette Livewetten auf "Teilergebnisse oder das Endergebnis" zulässig.
Was unter "Teilergebnissen" oder "dem Endergebnis" generell und unabhängig von der sportlichen Disziplin zu verstehen ist, wird im Wiener Wettengesetz nicht näher definiert. Der Begriff der „Wette“ wird in § 2 Z 6 Wiener Wettengesetz näher definiert. Demnach versteht man unter einer „Wette“ einen Glücksvertrag zwischen der Wettunternehmerin oder dem Wettunternehmer und jenen Personen, die gegen Entrichtung eines gewählten Einsatzbetrages eine Vorhersage über den Ausgang eines zum Zeitpunkt des Wettabschlusses oder der Wettvermittlung in der Zukunft liegenden sportlichen Ereignisses in der Hoffnung rechtsverbindlich bekannt gegeben haben, einen für den Fall des Zutreffens dieser Vorhersage in Aussicht gestellten Gewinn zu erlangen.
Der Wortlaut der Ausnahme für Livewetten in § 25 Abs. 1 Wiener Wettengesetz ("Teilergebnis" oder "Endergebnis") legt ein engeres Verständnis nahe als die allgemeine ge