TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/25 LVwG 30.36-612/2019

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Veröffentlicht am 25.02.2020
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Entscheidungsdatum

25.02.2020

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §5 Abs2
StVO 1960 §99 Abs1 litb

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. Leber über die Beschwerde des A B, geb. xx, vertreten durch Mag. C D, Rechtsanwalt, E, F, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark vom 22.01.2019, GZ: VStV/918300397451/2018,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.   Gemäß § 50 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde

stattgegeben,

das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

II.  Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Straferkenntnis vom 22.01.2019 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe sich am 15.01.2018, um 9:58 Uhr, in F, Straße, geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl der Verdacht bestanden habe, dass er in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug am 15.01.2018 zwischen 6.30 Uhr und 6.40 Uhr gelenkt habe. Wegen Verletzung der §§ 99 Abs. 1 lit. b iVb 5 Abs. 2 StVO wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.600,00 verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat Folgendes erwogen:

I.       Festgestellter Sachverhalt:

Am 15.01.2018 hatte der Beschwerdeführer an seinem Arbeitsplatz einen Unfall. Er war zu diesem Zeitpunkt alkoholisiert. Die Polizei wurde gerufen und ein Alkoholvortest durchgeführt. Dieser ergab einen Wert von 1,79 mg/Liter. Nachdem der Beschwerdeführer von der Rettung in das Unfallkrankenhaus verbracht wurde, wurden die vor Ort erhebenden Beamten Insp. G und RI H von einem Arbeitskollegen des Beschwerdeführers darüber informiert, dass der Beschwerdeführer zwischen 6.30 Uhr und 6.40 Uhr ein Fahrzeug gelenkt habe. Die erhebenden Beamten informierten daraufhin die Kollegen der Stadt F. Es erging ein entsprechendes Erhebungsersuchen am 15.01.2018 das wie folgt lautete:

„Ersuchen um Alkoholtest

Mit dem Ersuchen um Durchführung eines Alkotests mit A B, der sich bei einem Arbeitsunfall am 15.01.2018 um 09.58 bei der Firma I in J bei F verletzte und anschließend vom Österreichischen Roten Kreuz ins UKH Graz eingeliefert wurde.“

Daraufhin begaben sich die Polizeibeamten GI K und B L ins UKH und trafen dort den Beschwerdeführer in einem Rollstuhl sitzend mit Kopfverband an. Der Beschwerdeführer war deutlich alkoholisiert. Er wurde von GI K zum Alkoholtest nach einem Arbeitsunfall aufgefordert. GI K war zu diesem Zeitpunkt nicht darüber informiert, dass der Verdacht bestand, dass der Beschwerdeführer in einem von Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt hat. Dementsprechend nahm er auch keine Aufforderung zur Alkoholkontrolle aus diesem Grund vor, weshalb er den Beschwerdeführer im Vorhinein auch nicht über die Konsequenzen einer Weigerung aufklärte. GI K war auch nicht davon überzeugt, dass der Beschwerdeführer die Aufforderung verstanden hatte.

II.      Beweiswürdigung:

Die Feststellungen stützen sich auf den unbedenklichen Akteninhalt sowie insbesondere die Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 20.02.2020. Die Zeugen GI K und B L gaben beide glaubwürdig an, dass ihnen im Zeitpunkt der Aufforderung zur Alkoholkontrolle nicht bewusst war, dass der Beschwerdeführer im Verdacht stand, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben.

III.    Rechtliche Beurteilung:

§ 5 StVO

Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol

(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und – soweit es sich nicht um Organe der Bundespolizei handelt – von der Behörde hierzu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen,

1.

die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

§ 99 StVO

Strafbestimmungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

b)

wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,

§ 45 StVO

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

2.

der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

Gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und – soweit es sich nicht um Organe der Bundespolizei handelt – von der Behörde hierzu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen auf Alkoholgehalt untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt zu untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Wie unter I. festgestellt, erfolgte im konkreten Fall keine Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt im Sinne des § 5 Abs 2 Z 1 StVO, da die Polizeibeamten nicht in Kenntnis darüber waren, dass der Beschwerdeführer im Verdacht stand, ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Diese Aufforderung erfolgte lediglich infolge des vermeintlichen Arbeitsunfalles. In logischer Konsequenz hat der Beschwerdeführer auch keine Atemluft-Alkoholuntersuchung gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 StVO verweigert.

Da der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung somit nicht begangen hat, ist das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren gemäß § 44 Absatz 1Z2 VStG einzustellen.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Alkoholtest, Atemluftuntersuchung, Arbeitsunfall, kein Verdacht, Belehrung, Rechtsfolgen einer Verweigerung, Aufforderung ohne Verdacht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2020:LVwG.30.36.612.2019

Zuletzt aktualisiert am

22.04.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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