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L66206 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Steiermark;Norm
AgrBehG 1950 §5 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidel, über die Beschwerde des F A in V, vertreten durch Dr. Peter C. Sziberth, Rechtsanwalt in Graz, Marburger Kai 47/3, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 1. Oktober 1997, Zl. 711.025/06-OAS/97, betreffend Einräumung eines Bringungsrechts (mitbeteiligte Partei: M W in V, vertreten durch Eisenberger-Herzog-Nierhaus-Forcher & Partner, Rechtsanwälte in Graz, Hilmgasse 10), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 14. November 1993 beantragte die mitbeteiligte Partei (mP) als Eigentümerin der Liegenschaft EZ. 19, KG K., bei der Agrarbezirksbehörde G. (ABB) die Einräumung eines land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechtes zugunsten ihrer der EZ. 19 zugeschriebenen Grundstücke.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurden von der ABB zwei Trassenvarianten erörtert. Variante 1 sieht eine Inanspruchnahme von Grundstücken des Beschwerdeführers vor, Variante 2 hingegen nicht.
Mit Bescheid vom 29. Jänner 1996 räumte die ABB gemäß den §§ 1 bis 5 Abs. 2, 7, 19, 21 und 22 des Steiermärkischen Güter- und Seilwege-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 21/1970 (GSLG 1969) zugunsten der im Eigentum der mP stehenden Liegenschaft EZ. 19 ein Bringungsrecht über die Grundstücke Nr. 225/1, 221/1 sowie 223/1 der EZ. 27 ein. Es handelte sich dabei um die Variante 2 der im Ermittlungsverfahren erörterten Bringungsrechtsvarianten. Die durch diese Variante in Anspruch genommenen Grundstücke stehen im Eigentum der Eltern der mP.
Gegen diesen Bescheid erhob die mP Berufung.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 1996 gab der Landesagrarsenat beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung (LAS) der Berufung Folge und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, daß zugunsten der im Eigentum der mP stehenden Liegenschaft EZ. 19 ein Bringungsrecht über die im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstücke Nr. 221/2 und 221/3 eingeräumt wurde. Dieses Bringungsrecht entspricht der Variante 1 der im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren erörterten Bringungsvarianten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er machte geltend, die mP habe auf Grund eines Vertrages mit ihren Eltern einen Teil der landwirtschaftlichen Liegenschaften derselben übernommen. Sie habe durch diesen Vertrag jene Situation erst geschaffen, die ein Bringungsrecht möglicherweise erfordere. Die mP und ihre Eltern hätten gegen den Grundsatz verstoßen, daß fremdes Eigentum nur in unbedingt notwendigem Ausmaß in Anspruch genommen werden dürfe, weil sie eine Landwirtschaft getrennt und keine Vorsorge getroffen hätten, daß auch entsprechende Wegerechte eingeräumt worden seien. Selbst wenn man aber diesem Argument nicht folge, wäre der Bescheid des LAS trotzdem rechtswidrig. Die ABB habe zutreffend ausgeführt, die über die Grundstücke der Eltern der Beschwerdeführerin führende Variante 2 entspreche auch aus technischer Sicht und ohne Berücksichtigung der Verwandtschaftsverhältnisse dem Gesetz. Der LAS habe seine gegenteilige Auffassung nicht ausreichend begründet.
Die belangte Behörde führte ergänzende Erhebungen durch. Bei einer Verhandlung am 5. August 1997 erklärte der Beschwerdeführer, die Begehung des Servitutsweges, welcher die Liegenschaft der mP derzeit erschließe, habe, was seinen Zustand und seine Ausführung anlange, ergeben, daß dieser Servitutsweg für eine Bewirtschaftung der Liegenschaft der mP ausreichend sei.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshf angefochtenen Bescheid vom 1. Oktober 1997 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.
In der Begründung heißt es, dem Argument des Beschwerdeführers, die mP habe durch Übernahme der Liegenschaft EZ. 19 von ihren Eltern ohne Vorsorge für entsprechende Wegerechte für den Bringungsnotstand selbst gesorgt, sei entgegenzuhalten, daß der Begriff des "selbstverschuldeten Notstandes" dem Güter- und Seilwegerecht fremd und daher von den Agrarbehörden nicht zu berücksichtigen sei, soweit dieser Umstand nicht bei der nach § 3 Abs. 1 GSLG 1969 vorzunehmenden Interessenabwägung zu berücksichtigen sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1977, 2199/75). Die Interessenabwägung spreche jedoch, wie noch darzustellen sein werde, für die vom LAS eingeräumte Bringungsvariante 1.
Was die derzeitige Bringungssituation des Anwesens der mP (EZ. 19) betreffe, so gebe es als einzige rechtlich gesicherte Zufahrt einen Servitutsweg. Diese grundbücherlich gesicherte Wegservitut auf der Grundlage eines gerichtlichen Vergleichs vom 16. Oktober 1956 umfasse das Gehen sowie das Fahren mit Fahrzeugen bis 3,5 t Nutzlast und sei weiters auf eine Breite von 2,3 m eingeschränkt. Die Servitutstrasse "verlaufe ausgehend von der öffentlichen Asphaltstraße Grundstück Nr. 420 über die Liegenschaft des Beschwerdeführers wenige Meter entlang der Servitutstrasse als Wiese mit Obstbäumen, weiter entfernt als Acker" und münde im Bereich der Hofstelle des Beschwerdeführers in den Privatweg Grundstück Nr. 425 ein. Dieser leicht befestigte Spurweg gehöre zur Liegenschaft der mP und erreiche nach ca. 230 m den Hof. In technischer Hinsicht sei die Servitutstrasse ein leicht geschotterter und abschnittsweise mit Ziegelmaterial verfüllter Spurweg mit einer Länge von ca. 200 m, einer Neigung bis zu 15 % sowie teilweise in Tieflage geführt. Auf Grund der Rechtseinschränkung hinsichtlich Breite und Nutzlast sowie auf Grund der Steilheit sei der Servitutsweg - ausgenommen schlechte Witterungsverhältnisse - mit Traktor und allenfalls PKW, eingeschränkt mit Wirtschaftsfuhren und Arbeitsgerät, nicht aber mit gängigem breiterem Gerät, schwerem Traktor oder LKW benützbar. Der Servitutsweg sei zur Erschließung der Liegenschaft und des Hofes der mP unzulänglich, wodurch die Bewirtschaftung erheblich beeinträchtigt sei.
Zur Herstellung einer zulänglichen Wegverbindung bestünde die Möglichkeit der Erschließung im Bereich der alten Servitutstrasse sowie die Bringungsvarianten 1 und 2.
Im Fall einer Erschließung im Bereich der alten Servitutstrasse wären zur Herstellung einer zulänglichen Wegverbindung ein Abgehen von der bestehenden Beschränkung hinsichtlich Breite und Nutzlast, die Abminderung der Neigung, die wegebautechnische Neuanlage im gesamten Verlauf, erforderlichenfalls eine teilweise Neutrassierung sowie Rodungsarbeiten erforderlich. Selbst im Fall einer Straßenlängsneigung von bis zu 12 % und ohne Berücksichtigung allfälliger Böschungen oder Restflächen würden etwa 7 ar Fremdgrund in Anspruch genommen, wovon rund zwei Drittel auf den derzeitigen Servitutsbereich entfielen und zumindest ein Drittel auf zusätzlich benötigte Nutzflächen beidseits des bestehenden Servitutsbereiches.
Bei der Variante 1 verlaufe die projektierte Trasse ausgehend vom öffentlichen Weg Grundstück Nr. 433
(ein Schotterweg) entlang des bereits bestehenden Privatweges des Beschwerdeführers über desen Liegenschaft EZ. 170 (Grundstück Nr. 221/2, entlang des Weges überwiegend Wiese, zum geringen Teil Baumbestand und kultivierte Brombeersträucher) und EZ. 84 (Grundstück Nr. 221/3). Die Variante 1 binde im Bereich des Grundstückes Nr. 221/3 an der gleichen Stelle wie die oben beschriebene Servitutstrasse in den Privatweg Grundstück Nr. 425 (Liegenschaft EZ. 19) ein. Sie führe weder über einen Hofraum noch durch einen Gartenraum. Der erwähnte Privatweg des Beschwerdeführers, dem die Variante 1 folge, sei in technischer Hinsicht ein leicht geschotterter Spurweg mit einer Länge von 80 m und einer Breite von ca. 2 m, der im berufungsgegenständlichen Bereich flach bzw. wenige Prozent geneigt sei, im vorgelagerten Bereich bis ca. 7 %. Der Weg sei für Traktor, PKW, Wirtschaftsfuhren sowie künftig - bei entsprechendem Lichtraum, Profil und Tragfähigkeit - uneingeschränkt für gängige Wirtschaftsfuhren, Geräte und LKW benützbar. Im Fall der Trassenvariante 1 würden insgesamt 439 m2 Fremdgrund in Anspruch genommen; hievon entfielen 145 m2 auf den bereits bestehenden Privatweg (Fahrspuren und bewachsener Mittelstreifen), 193 m3 auf zusätzlich benötigte landwirtschaftliche Flächen beidseits des bestehenden Weges sowie 101 m2 auf Restflächen.
Bei der Variante 2 zweige die projektierte Trasse etwa im Endbereich des öffentlichen Weges Grundstück Nr. 433 scharf ab und verlaufe etwa im rechten Winkel zur bisherigen Wegachse, mit einer Neigung von etwa 8 % rund 70 m über Grundstücke der Eltern der mP. Die projektierte Trasse stoße sodann mit einer scharfen Richtungsänderung, wiederum etwa im rechten Winkel zur bisherigen Wegachse, unmittelbar auf das Grundstück Nr. 196/4 der mP. Die Fortsetzung dieser Trasse verlaufe zur Gänze über Eigengrund der mP (Grundstücke Nr. 196/4, 200/1, 200/2, alle Wiese), münde nach rund 130 m in den bereits mehrfach erwähnten Privatweg, Grundstück Nr. 425, und erreiche nach rund 160 m den Hof der mP.
Die Erschließungsvarianten seien unter dem Aspekt des § 3 Abs. 1 GSLG 1969 zu vergleichen.
Im Fall einer Erschließung im Bereich der Servitutstrasse sei auf Grund der Entfernung, Neigung und Lage der größte technische und finanzielle Aufwand sowie die größte Grundinanspruchnahme gegeben. Hiezu komme eine verkehrstechnisch nachteilige Straßenlängsneigung bis zu 12 %, sofern keine umfangreichere, für die benachbarte landwirtschaftliche Nutzung nachteilige Neutrassierung in Kauf genommen werde. Diese Variante sei bereits auf Grund dieser gravierenden Nachteile von vornherein auszuscheiden. Weitere Nachteile, die im Rahmen der Detailprojektierung zu erwarten seien, wie z.B. eine allfällige Rodungsproblematik, seien nicht in Betracht zu ziehen.
Bei der Variante 1 betrage die gesamte Fremdgrundinanspruchnahme nominell 439 m2. Diese Fremdgrundinanspruchnahme sei aber dem Gesetz entsprechend "unter Berücksichtigung des Verwendungszweckes" zu werten. Effektiv - unter Abzug der in der Natur bereits jetzt in Anspruch genommenen Wegfläche - werde somit bei dieser Variante im Vergleich aller Varianten die wenigste land- und forstwirtschaftliche Nutzfläche in Anspruch genommen, nämlich 294 m2. Diese Variante sei zudem auf Grund der gestreckten Linienführung und der geringsten Straßenlängsneigung in verkehrstechnischer Hinsicht am günstigsten. Bei Variante 1 schließe zudem der Privatweg unmittelbar an die Bringungstrasse an. Es sei somit bereits eine lückenlose Verbindung zur notleidenden Hofstelle gewährleistet. Variante 1 sei aus diesem Grund insgesamt gesehen auch in aufwandsmäßiger Hinsicht am günstigsten. Selbst unter isolierter Betrachtung allein des Bringungsrechtsabschnittes (also ohne Einrechnung der nachgelagerten Erschließungserfordernisse bei Variante 2 auf Eigengrund) sei sie noch immer jenem bei der Variante 2 vergleichbar. Die erforderliche Beseitigung einiger Bäume und Brombeersträucher falle angesichts des geringen Umfangs nicht ins Gewicht.
Bei der Variante 2 betrage die Fremdgrundinanspruchnahme 371 m2. Diese Fremdgrundinanspruchname betreffe jedoch zur Gänze eine landwirtschaftliche Nutzfläche, weil die Trasse im Gegensatz zu den übrigen Varianten keinem in der Natur bestehenden Weg folge. Anzumerken sei, daß in der Folge eine Trassenlücke von ca. 130 lfm auf Eigengrund hin zur notleidenden Hofstelle geschlossen werden müsse. Hinsichtlich des Kostenaufwandes sei die Variante 2 der Variante 1 ebenbürtig, wenn das nachgelagerte Erschließungserfordernis außer acht gelassen werde, ansonsten aber aufwendiger. In verkehrstechnischer Hinsicht sei die Variante 2 nachteilig, weil sie zwei annähernd rechtwinkelige Richtungsänderungen sowie stärkere Neigungen gegenüber der Variante 1 aufweise. Weiters sei anzumerken, daß die Variante 2 den Privatweg des Beschwerdeführers nicht entbehrlich machen würde. Es entstünde eine Umfahrung desselben bzw. eine zusätzliche Erschließung im Nahebereich.
Unter allen drei Möglichkeiten sei die Variante 1 die günstigste zur Herstellung einer zulänglichen Wegverbindung. Dabei überwiege im gegenständlichen Fall der Vorteil der Erschließung der notleidenden Liegenschaft den Nachteil für den Beschwerdeführer. Als solcher Nachteil gelte nämlich auf Grund höchstgerichtlicher Judikatur letztlich allein die Belastung des Grundeigentums des Beschwerdeführers (Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 1995, 93/07/0028, 0045, und vom 23. Mai 1996, 93/07/0027). Der effektive Verlust von 294 m2 an landwirtschaftlicher Nutzfläche im Fall der Variante 1 könne entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers bei seiner Betriebsgröße im Ausmaß von rund 3 ha nicht als existenzgefährdend bezeichnet werden. Dieser Verlust an effektiver Grünfläche beeinträchtige auch nicht maßgeblich die Viehhaltung des Beschwerdeführers. Davon abgesehen erhalte der Beschwerdeführer für die durch die Einräumung des Bringungsrechts verursachten Nachteile eine Entschädigung. In diesem Zusammenhang erweise sich auch der Einwand des Beschwerdeführers, wonach die Variante 2 vorzuziehen wäre, weil sie die viel größere Landwirtschaft der Eltern der mP betreffe und daher auch im Hinblick auf eine Grundinanspruchnahme verträglicher sei, als unmaßgebend. Eine vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Notwendigkeit, landwirtschaftliche Maschinen und Geräte sowie PKWs im Trassenbereich abzustellen, sei nicht begründet, zumal keine beengten Verhältnisse vorlägen und der Hofraum durch die Trasse nicht beeinträchtigt sei. Somit sei bei Variante 1 allen Forderungen des § 3 Abs. 1 GSLG entsprochen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer bringt vor, nach dem vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen G. 1956 abgeschlossenen Vergleich wären die Servitutsberechtigten verpflichtet gewesen, zwei Drittel zur Erhaltung des Servitutsweges beizutragen. Dem seien jedoch die Eltern der mP nicht nachgekommen, weshalb die diesbezügliche Unbrauchbarkeit des Servitutsweges einzig und allein auf ein Verschulden der mP zurückzuführen sei. Bei der Verhandlung im Jahr 1956 sei davon ausgegangen worden, daß mit einer Breite von 2,30 m und einer Nutzlastbegrenzung von 3,5 t für den Servitutsweg das Auslangen gefunden werden könne. Nach Meinung der belangten Behörde sei diese vereinbarte Trasse nunmehr zu schmal, was ungerechtfertigterweise den Schluß zulassen würde, heutige Maschinen wie Traktoren etc. seien breiter als 2,30 m und häten mehr Gewicht als 3,5 t. Auch sei nicht nachgewiesen, daß die mP ihre Landwirtschaft so nutze, daß dafür andere, insbesondere größere Maschinen in Anspruch genommen werden müßten. Ein land- und forstwirtschaftliches Bringungsrecht dürfe einem Antragsteller nicht eingeräumt werden, der aus eigenem Verschulden seinen ursprünglichen Weg verkommen lasse oder im Zuge des Erwerbes der Liegenschaft es unterlasse, sich um eine entsprechende Zufahrt zu kümmern. Es wäre Aufgabe der Eltern der mP gewesen, dieser die entsprechende Zufahrt zur Verfügung zu stellen.
Das eingeräumte Bringungsrecht verstoße gegen § 2 Abs. 3 GSLG 1969, weil sie Hofraum des Beschwerdeführers in Anspruch nehme.
Bei entsprechender Investition in den Servitutsweg wäre es überhaupt nicht notwendig, in das Eigentum des Beschwerdeführers einzugreifen.
Unzutreffend sei die Auffassung der belangten Behörde, bei Variante 1 müsse nur 294 m2 landwirtschaftliche Nutzfläche in Anspruch genommen werden, weil der Rest ohnehin schon ein Fahrweg sei. Wie das bisherige Verfahrensergebnis gezeigt habe, müßte der Aufbau der Straße im Rahmen der Variante 1, insbesondere im Hofraum des Beschwerdeführers, zur Gänze neu aufgeführt und auch asphaltiert werden. Für den Beschwerdeführer stelle dieser Eingriff in sein Eigentum nur einen Nachteil dar, der durch nichts auszugleichen sei.
Durch die Einräumung des Bringungsrechtes nach Variante 1 würde der Beschwerdeführer bei der Heuernte unverhältnismäßig belastet werden; dies insbesondere deshalb, weil es für ihn nicht einmal möglich wäre, zu seiner Liegenschaft zuzufahren, weil ein Ladewagen 2,20 m breit sei und bei 20 Fuhren täglich, mit denen zu rechnen sei, der Beschwerdeführer erheblich eingeschränkt wäre.
Weiters wäre der Beschwerdeführer bei einem zu erwartenden Viehtrieb, wie er auch derzeit bestehe (ca. 35 Rinder) von der Liegenschaft der Eltern der mP zur mP hin unverhältnismäßig beschwert. Es wäre sogar damit zu rechnen, daß Menschen gefährdet wären; dies insbesondere deswegen, weil die Frau des Beschwerdeführers an Aortenaniorismen leide und daher "nur äußerst bewegungsunfähig" sei.
Der "Privatweg" des Beschwerdeführers stelle einerseits die private Zufahrt zu seinem Haus dar und andererseits sei es insbesondere auch durch die Einfriedung möglich gewesen, daß die Haustiere des Beschwerdeführers dort grasten. Ebenso habe die gegenständliche Fläche der Brombeerkultivierung gedient. Die Meinung der belangten Behörde, daß dieser Weg auch bisher nur als Fahrweg benutzt worden sei und daher bei der in Anspruch zu nehmenden Fläche keine Berücksichtigung finden solle, sei falsch. Wenn der Bringungsweg - wie geplant - angelegt würde, könnten sich in der Nähe des Weges weder die Hühner des Beschwerdeführers aufhalten noch Kühe grasen und es müßte die hochtragende Brombeerkultur vernichtet werden. Dem Variantenvergleich sei daher nicht eine Fremdgrundinanspruchnahme von 294 m2 bei Variante 1, sondern eine solche von 439 m2 zugrunde zu legen gewesen.
Auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Notwendigkeit, landwirtschaftliche Maschinen und Geräte sowie PKW im Trassenbereich abzustellen, habe ihre Berechtigung.
Variante 2 sei auch die erheblich billigere Art für die mP, zu einem Zufahrtsweg zu kommen. Dies deshalb, weil davon auszugehen sei, daß sie von ihren Eltern die notwendigen Grundstücke ohnehin unentgeltlich zur Verfügung gestellt erhalte. Auch hätten sämtliche Berechnungen ergeben, daß die Variante 2 die billigere sei.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mP hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 2 Abs. 1 GSLG 1969 ist auf Antrag der Eigentümer, Nutzungsberechtigten (einschließlich jener nach dem Wald- und Weideservitutenlandesgesetz, LGBl. Nr. 62/1956) oder Bestandnehmer von Grundstücken ein Bringungsrecht unter Beachtung der Bestimmungen des § 3 einzuräumen, wenn
1. die zweckmäßige Bewirtschaftung von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch erheblich beeinträchtigt wird, daß für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit besteht, und
2. dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht, das öffentliche Interessen, insbesondere des Forstwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumplanung, der Wasserwirtschaft, des öffentlichen Verkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung und der Sicherheit des Luftraumes, nicht verletzt und den im § 3 Abs. 1 aufgestellten Erfordernissen entspricht, beseitigt oder gemildert werden kann.
Nach § 2 Abs. 3 zweiter Satz GSLG 1969 darf durch oder über einen Hofraum oder zu einem Wohnhaus gehörigen eingefriedeten Garten ein Bringungsrecht nur mit Zustimmung des Eigentümers oder dann eingeräumt werden, wenn infolge der Geländebeschaffenheit keine andere Bringungsmöglichkeit besteht.
Nach § 3 Abs. 1 leg. cit. sind Art, Inhalt und Umfang der Bringungsrechte so festzusetzen, daß
1. die durch die Einräumung und Ausübung des Bringungsrechtes erreichbaren Vorteile die damit verbundenen Nachteile überwiegen,
2.
weder Menschen noch Sachen gefährdet werden,
3.
fremder Grund unter Berücksichtigung seines Verwendungszweckes in möglichst geringem Ausmaß in Anspruch genommen wird und
4. möglichst geringe Kosten verursacht werden.
Nichts zu gewinnen ist für den Beschwerdeführer aus seiner Argumentation, der Bringungsnotstand sei auf das Verschulden der mP zurückzuführen. Dem Güter- und Seilwegerecht ist der Begriff des "selbstverschuldeten Notstandes" fremd (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, 92/07/0054). Im Beschwerdefall liegt überdies nicht einmal ein selbstverschuldeter Bringungsnotstand der mP vor, da ihr das Verhalten ihrer Eltern - auf welches der Beschwerdeführer den Notstand zurückführt - nicht zugerechnet werden kann.
Erstmals in der Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer, das eingeräumte Bringungsrecht führe über seinen Hofraum. Auf dieses Vorbringen einzugehen, ist dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, da es sich dabei um eine gemäß § 41 VwGG unzulässige Neuerung handelt.
§ 3 Abs. 1 Z. 3 GSLG 1969 stellt nicht auf eine möglichst geringe Inanspruchnahme von Fremdgrund schlechthin ab; vielmehr ist bei einem Vergleich der Fremdgrundinanspruchnahme zweier oder mehrerer in Betracht kommender Bringungsvarianten nicht eine bloße Gegenüberstellung der in Anspruch genommenen Fremdgrundflächen vorzunehmen, sondern es ist auch zu berücksichtigen, in welcher Verwendung diese Flächen stehen.
Im Beschwerdefall würde bei Verwirklichung der Variante 2 Fremdgrund im Ausmaß von 371 m2 in Anspruch genommen, bei Variante 1 nominell 439 m2. Während aber die 371 m2 der Variante 2 ausschließlich landwirtschaftlich genutzte Fläche sind, die erst in einen Weg umgewandelt werden müßten, wird von den 439 m2 Fremdgrund, die für Variante 1 erforderlich sind, bereits derzeit ein Teil als Weg benutzt; rein landwirtschaftlich genutzte Fläche würde nur noch im Ausmaß von 294 m2 in Anspruch genommen werden. Es entspricht dem § 3 Abs. 1 Z. 3 GSLG 1969, wenn die belangte Behörde die Fremdgrundinanspruchnahme bei Variante 2 als gravierender angesehen hat als bei Variante 1, werden doch bei dieser Variante nur 294 m2 landwirtschaftlich genutzte Fläche in Weg umgewandelt, während die übrige Fläche bereits jetzt Weg ist. Eine Verwendung des bestehenden Weges als Weidefläche für die Haustiere des Beschwerdeführers kommt, wenn überhaupt, nur in minimalem, zu vernachlässigendem Ausmaß in Betracht, ist dieser Weg doch, wie sich aus den Sachverhaltsfeststellungen in erster Instanz ergibt, beschottert und weist lediglich eine Grasnarbe auf. In der Notwendigkeit zur Entfernung von 11 Brombeerstauden ist kein so gravierender Nachteil für den Beschwerdeführer zu erblicken, daß deswegen Variante 2 vorzuziehen wäre.
Die Behauptung des Beschwerdeführers bei Verwirklichung der Variante 1 werde er bei der Heuernte eingeschränkt, stellt eine gemäß § 41 VwGG unzulässige Neuerung dar. Gleiches gilt für die behauptete Gefahr von Menschen, die im übrigen aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht nachvollziehbar ist.
Nicht nachvollziehbar ist, warum der Beschwerdeführer bei Verwirklichung der Variante 1 durch den Viehtrieb beeinträchtigt werden soll, der doch nach dem Vorbringen in der Beschwerde schon jetzt besteht.
Der Beschwerdeführer hat bereits im Verwaltungsverfahren behauptet, die Trasse der Variante 1 diene auch zum Abstellen landwirtschaftlicher Geräte und Maschinen. Dem hat die belangte Behörde entgegengehalten, eine Notwendigkeit, landwirtschaftliche Maschinen und Geräte sowie PKWs im Trassenbereich abzustellen, bestehe nicht, weil keine beengten Verhältnisse vorlägen und der Hofraum des Beschwerdeführers durch die Trasse nicht in Anspruch genommen werde. Der Beschwerdeführer wiederholt zwar in der Beschwerde seine Behauptungen, führt aber nichts aus, was geeignet wäre, die Argumentation der belangten Behörde zu entkräften.
Selbst wenn die Variante 2 die für die mP kostengünstigere Variante wäre, wäre für den Beschwerdeführer daraus nichts zu gewinnen, da er kein subjektives Recht darauf hat, daß die für die mP kostengünstigste Variante verwirklicht und dadurch die mP nur mit den geringstmöglichen Kosten belastet wird. Abgesehen davon, sind nach dem Gutachten des in zweiter Instanz beigezogenen Amtssachverständigen die Kosten beider Varianten gleich.
Nicht ausreichend geklärt ist allerdings die Frage, ob nicht - wie der Beschwerdeführer meint - bei entsprechender Instandsetzung der bestehende Servitutsweg zur Erschließung des Hofes der mP ausreicht.
Die belangte Behörde geht davon aus, die bestehende Servitutstrasse stelle in ihrem derzeitigen Zustand eine unzulängliche Wegverbindung dar; eine Adaptierung dieser Servitutstrasse sei die aufwendigste aller in Betracht kommenden Bringungsvarianten. Beide Annahmen finden in den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens keine Deckung. Bei der mündlichen Verhandlung vor der ABB am 14. Dezember 1993 beschränkte sich der wegbautechnische Amtssachverständige auf die Aussage, der Servitutsweg sei als zeitgemäße Hofzufahrt so wie er sich derzeit darstelle, ungeeignet und könne nur mit sehr großem Aufwand und unter Aufreißen eines geschlossenen Waldbestandes verbessert werden. Eine nähere Begründung fehlt. Eine Aussage des Inhalts, ein bestehender Weg sei als "zeitgemäße Hofzufahrt" ungeeignet, reicht zur Begründung des für das Vorliegen eines Bringungsnotstandes nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1993, 91/07/0157, in welchem der Verwaltungsgerichtshof die Aussage, eine bereits bestehende Zufahrt entspreche nicht den "derzeitigen Anforderungen" nicht als ausreichend für die Begründung eines Bringungsnotstandes erachtet hat). Auch der im zweitinstanzlichen Verfahren beigezogene Amtssachverständige hat lediglich die Servitutstrasse als unzulänglich bezeichnet, ohne hiefür eine im Hinblick auf die gegenteiligen Behauptungen des Beschwerdeführers erforderliche Begründung zu geben.
Der Beschwerdeführer hat auch im Verfahren vor der belangten Behörde ausdrücklich behauptet, der bestehende Servitutsweg sei ausreichend. Die belangte Behörde hat sich zwar im angefochtenen Bescheid mit einer Erschließung der Liegenschaft der mP über den bestehenden Servitutsweg auseinandergesetzt und hat diese Variante verworfen, geht dabei aber von Voraussetzungen aus, die in den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens keine Deckung finden. Es ist auch nicht ersichtlich, daß dem Beschwerdeführer zu diesen Sachverhaltsannahmen Gelegenheit zur Stellungnahme geboten wurde, was auch dann erforderlich gewesen wäre, wenn die belangte Behörde auf Grund der Fachkunde ihrer Mitglieder zu den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Sachverhaltsannahmen gekommen sein sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1996, 95/07/0165). Es ist nämlich nicht zu ersehen, worauf sich die Auffassung der belangten Behörde gründet, eine Verwendung der bestehenden Servitutstrasse zu Bringungszwecken erforderte ein Abgehen von der bestehenden Beschränkung hinsichtlich Breite und Nutzlast - eine Annahme, mit der der Großteil der von der belangten Behörde gesehenen Nachteile einer solchen Variante untrennbar verbunden ist. Zu Recht macht der Beschwerdeführer geltend, es sei nicht nachgewiesen, daß die im Jahre 1956 im Wege eines Vergleiches festgelegte Servitutstrasse hinsichtlich ihrer Breiten- und Gewichtsdimension nicht mehr ausreiche. Die belangte Behörde verweist in ihrer Gegenschrift darauf, es sei bei selbständiger Bewirtschaftung der Liegenschaft der mP erforderlich, die Hofstelle mit einem LKW-befahrbaren Weg zu erschließen. Diese Tatsache sei dem Beschwerdeführer seit der Verhandlung der ABB vom 14. Dezember 1993 bekannt (Seite 3 des Verhandlungsprotokolls).
Im Zuge des Verwaltungsverfahrens wurde zwar festgestellt, daß der Servitutsweg sich in seiner derzeitigen Beschaffenheit für eine Zufahrt mit LKW nicht eigne; es findet sich aber keine Begründung dafür, warum eine Zufahrt mit LKW zum Anwesen der mP überhaupt erforderlich ist. Daß eine Zufahrt mit LKW erforderlich ist, kann nicht von vornherein angenommen werden; ein solches Erfordernis ist vielmehr jeweils im Einzelfall zu prüfen und zu begründen. Eine solche Begründung fehlt aber im Beschwerdefall (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1993, 91/07/0157).
Der Sachverhalt reicht daher derzeit noch nicht aus, um beurteilen zu können, ob nicht der bestehende Servitutsweg - sei es in seiner derzeitigen Form oder sei es nach entsprechender Adaptierung - die Bringungsbedürfnisse der Liegenschaft der mP ausreichend befriedigt.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997070214.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
08.01.2013