TE Bvwg Beschluss 2019/11/21 I414 1242311-3

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Veröffentlicht am 21.11.2019
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Entscheidungsdatum

21.11.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I414 1242311-3/4E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.11.2019, Zl. XXXX, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Fremde reiste illegal ein und stellte am 04.02.2002 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Der Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes Außenstelle Wien vom 11.09.2003, Zl. XXXX, abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.12.2008, Zl. A5 242.311-0/2008/10E, rechtskräftig negativ entschieden.

Am 10.06.2003 wurde der Fremde vom Jugendgerichtshof XXXX, Zl. XXXX, wegen § 27 Abs 1 und Abs 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Am 23.06.2004 wurde der Fremde vom Landesgericht XXXX, Zl. XXXX, wegen §§ 27 Abs 1, Abs 2 Z 2 SMG und §§ 15, 269 Abs 1 und 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Am 27.08.2007 wurde der Fremde vom Landesgericht XXXX, Zl. XXXX, wegen §§ 27 Abs 1 erster und sechster Fall und Abs 2 Z 2 und 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Der Fremde stellte am 28.03.2014 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Am 31.07.2015 wurde der Fremde vom Landesgericht XXXX, Zl. XXXX, wegen §§ 15 und § 269 Abs 1 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

Am 22.05.2017 wurde der Fremde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet oder kurz BFA) niederschriftlich einvernommen.

Mit dem Bescheid vom 22.06.2017, Zl. XXXX, wies das BFA den Antrag des Fremden auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). Zugleich erteilte sie dem Fremden keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt III.). Ferner wurde gegen den Fremden ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

Am 23.11.2018 wurde am Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

Mit mündlich verkündeten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.11.2018, Zl. I415 124311-2/7E, wurde die Beschwerde des Fremden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass das im Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides verhängte Einreiseverbot auf die Dauer von sechs Jahren herabgesetzt wurde.

Am 04.06.2019 wurde der Fremde vom Landesgericht XXXX, Zl. XXXX, wegen § 28a Abs 1 fünfter Fall zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Der Fremde wurde am 11.11.2019 aus der Strafhaft entlassen. In weiterer Folge wurde über den Fremden die Schubhaft verhängt.

Am 11.11.2019 stellte der Fremde aus dem Stande der Schubhaft gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz. Befragt nach seinen Fluchtgründen gab er an, dass er nicht nach Nigeria zurückkehren könne und die Fluchtgründe die er in den vorangegangen Asylverfahren vorbrachte weiterhin bestehen würden. Zudem habe er in Österreich mittlerweile zwei minderjährige Kinder. Bei einer Rückkehr nach Nigeria befürchte er von den nigerianischen Behörden exekutiert zu werden. Die Fluchtgründe seien ihm seit verlassen seines Herkunftsstaats bekannt beziehungsweise seit der Geburt seiner Kinder.

Am 18.11.2019 wurde der Fremde im Beisein seiner Rechtsberatung von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen.

Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.11.2019, Zl. XXXX wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.

Am 19.11.2019 langte der Verwaltungsakt bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zu den Feststellungen erhoben und darüber hinaus folgendes festgestellt:

1.1. Zur Person des Fremden

Der Fremde ist Staatsangehöriger Nigerias und somit Drittstaatsangehöriger gemäß § 2 Abs 1 Z 20b AsylG.

Der Fremde ist volljährig und ledig. Er leidet an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und ist arbeitsfähig.

Die Identität des Fremden steht fest.

Der Fremde reiste illegal ein und stellte am 04.02.2002 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Der Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes Außenstelle Wien vom 11.09.2003, Zl. XXXX, abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.12.2008, Zl. A5 242.311-0/2008/10E, rechtskräftig negativ entschieden.

Der Fremde stellte am 28.03.2014 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Mit dem Bescheid vom 22.06.2017, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Fremden auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). Zugleich erteilte sie dem Fremden keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt III.). Ferner wurde gegen den Fremden ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Mit mündlich verkündeten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.11.2018, Zl. I415 1242311-2/7E, wurde die Beschwerde des Fremden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass das im Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides verhängte Einreiseverbot auf die Dauer von sechs Jahren herabgesetzt wurde.

Am 11.11.2019 stellte der Fremde aus dem Stande der Schubhaft gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz.

In Österreich verfügt der Fremde über familiäre Bindungen. Seine beiden minderjährigen Kinder leben in Österreich.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Fremden in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint folgende Verurteilung auf:

01) JGH XXXXvom 10.06.2003 RK 10.06.2003

PAR 27 ABS 1 U 2/2 SMG

Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

Vollzugsdatum 29.12.2004

zu JGH XXXX RK 10.06.2003

Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen

LG XXXX vom 23.06.2004

02) LG XXXXvom 23.06.2004 RK 23.06.2004

PAR 27 ABS 1 U 2/2 (1. FALL) SMG

PAR 15 269/1 (1. FALL) PAR 125 StGB

Freiheitsstrafe 7 Monate

Jugendstraftat

Vollzugsdatum 29.12.2004

03) LG XXXX vom 27.08.2007 RK 27.08.2007

PAR 27 ABS 1 (1.6. FALL) U ABS 2/2 (1.FALL) 27/1 (1.2. FALL) SMG

Freiheitsstrafe 8 Monate

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 11.03.2008

zu LG XXXX RK 27.08.2007

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 11.03.2008, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG XXXX vom 12.02.2008

zu LG XXXX RK 27.08.2007

Aus der Freiheitsstrafe entlassen, endgültig

Vollzugsdatum 11.03.2008

LG XXXX vom 16.03.2011

04) LG XXXX vom 31.07.2015 RK 04.08.2015

§ 15 StGB § 269 (1) 1. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 14.05.2015

Freiheitsstrafe 18 Monate, davon Freiheitsstrafe 14 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG XXXX RK 04.08.2015

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 11.05.2016

LG XXXX vom 12.05.2016

zu LG XXXX RK 04.08.2015

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 04.06.2019

05) LG XXXXvom 04.06.2019 RK 04.06.2019

§ 28a (1) 5. Fall SMG

Datum der (letzten) Tat 10.04.2019

Freiheitsstrafe 21 Monate, davon Freiheitsstrafe 14 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG XXXX RK 04.06.2019

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 11.11.2019

LG XXXX vom 12.11.2019

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Fremden

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Fremden in seinem dritten Asylverfahren und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Fremde im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

In Bezug auf den Fremden besteht kein schützenswertes Privatund/oder Familienleben im Bundesgebiet. Der Fremde ist gesund. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Fremden nach Nigeria eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Fremde verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Grundversorgung

Die nigerianische Wirtschaft hat sich 2017 allmählich aus der schlimmsten Rezession seit 25 Jahren erholt, das BIP ist um 0,55 Prozent gestiegen. Mehrere Faktoren haben dazu beigetragen, dass sich die nigerianische Wirtschaft seit Ende 2017 allmählich wieder erholt, unter anderem eine Steigerung der Erdölförderleistung, die Erholung des Erdölpreises und eine verbesserte Leistung von Landwirtschaft und Dienstleistungssektor (GIZ 4.2019c).

Etwa 80 Prozent der Gesamteinnahmen Nigerias stammen aus der Öl- und Gasförderung (AA 10.12.2018). Neben Erdöl verfügt das Land über z.B. Zinn, Eisen-, Blei-, und Zinkerz, Kohle, Kalk, Gesteine, Phosphat - gesamtwirtschaftlich jedoch von geringer Bedeutung (GIZ 4.2019c). Von Bedeutung sind hingegen der (informelle) Handel und die Landwirtschaft, welche dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bieten (AA 10.12.2018). Der Industriesektor (Stahl, Zement, Düngemittel) machte 2016 ca. 20 Prozent des BIP aus. Neben der Verarbeitung von Erdölprodukten werden Nahrungs- und Genussmittel, Farben, Reinigungsmittel, Textilien, Brennstoffe, Metalle und Baumaterial produziert. Industrielle Entwicklung wird durch die unzureichende Infrastruktur (Energie und Transport) behindert (GIZ 4.2019c).

Über 60 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt, in ländlichen Gebieten über

90 Prozent (AA 9.2018c). Der Agrarsektor wird durch die Regierung Buhari stark gefördert. Dadurch hat etwa der Anteil an Großfarmen zugenommen (GIZ 4.2019c; vgl. AA 9.2018c). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde dadurch kräftig ausgeweitet. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 9.2018c) und das Land ist nicht autark, sondern auf Importe - v.a. von Reis - angewiesen (ÖB 10.2018; vgl. AA 9.2018c). Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt aus Subsistenzbetrieben (AA 9.2018c). Historisch war Lebensmittelknappheit in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent. In einzelnen Gebieten im äußersten Norden (Grenzraum zu Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation allerdings schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen, aber auch wegen der Vertreibungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere die nordöstlichen Bundesstaaten nicht aus. In Ernährungszentren nahe der nördlichen Grenze werden bis zu 25 Prozent der unter fünfjährigen Kinder wegen starker Unterernährung behandelt (ÖB 10.2018).

Die Einkommen sind in Nigeria höchst ungleich verteilt (BS 2018; vgl. GIZ 4.2019b). Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut (BS 2018; vgl. ÖB 10.2018), fast 50 Prozent unter der Armutsgrenze (GIZ 4.2019b).

Die Arbeitslosigkeit ist hoch, bei Jugendlichen wird sie auf über 20 Prozent geschätzt (GIZ 4.2019b). Offizielle Statistiken über Arbeitslosigkeit gibt es aufgrund fehlender sozialer Einrichtungen und Absicherung nicht. Geschätzt wird sie auf 20 bis 45 Prozent - in erster Linie unter 30-jährige - mit großen regionalen Unterschieden (ÖB 10.2018). Der Staat und die Bundesstaaten haben damit begonnen, Programme zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit umzusetzen. Die Resultate sind dürftig (BS 2018). Der Mangel an lohnabhängiger Beschäftigung führt dazu, dass immer mehr Nigerianer in den Großstädten Überlebenschancen im informellen Wirtschaftssektor als "self-employed" suchen. Die Massenverelendung nimmt seit Jahren bedrohliche Ausmaße an (GIZ 4.2019b).

Die Großfamilie unterstützt in der Regel beschäftigungslose Angehörige (ÖB 10.2018). Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen (BS 2018). Allgemein kann festgestellt werden, dass auch eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit findet, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit. Nur eine geringe Anzahl von Nigerianern (2016 ca. fünf Millionen) ist im Pensionssystem (Contributory Pension Scheme) registriert (BS 2018).

Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene als auch auf lokaler Ebene. Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 4.2019c).

Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten. Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist für einen relativ geringen Betrag erhältlich. Hauptsächlich im Norden ist auch der Verkauf von bestimmten Holzstäbchen zur Zahnhygiene eine Möglichkeit, genügend Einkommen zu erlangen. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "mini-farming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten-ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare zur Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Rascher Gewinn und gesicherte Abnahme des gezüchteten Nachwuchses sind gegeben. Schnecken und "grasscutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖB 10.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

-

AA - Auswärtiges Amt (9.2018c): Nigeria - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/-/205790, Zugriff 22.11.2018

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427393/488302_en.pdf, Zugriff 19.11.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019c): Nigeria - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/nigeria/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 11.4.2019

-

ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

Medizinische Versorgung

Insgesamt kann die Gesundheitsversorgung in Nigeria als mangelhaft bezeichnet werden (GIZ 4.2019b). Zwischen Arm und Reich sowie zwischen Nord und Süd besteht ein erhebliches Gefälle: Auf dem Land sind die Verhältnisse schlechter als in der Stadt (GIZ 4.2019b); und im Norden des Landes ist die Gesundheitsversorgung besonders prekär (GIZ 4.2019b; vgl. ÖB 10.2018). Die medizinische Versorgung ist vor allem im ländlichen Bereich vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. In den großen Städten findet man jedoch einige Privatkliniken mit besserem Standard (AA 12.4.2019). Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor (AA 10.12.2018).

Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser (AA 10.12.2018). Krankenhäuser sind bezüglich Ausstattung, Qualifikation des Personals und Hygiene nur in städtischen Zentren vereinzelt mit europäischem Standard vergleichbar. In größeren Städten ist ein Großteil der staatlichen Krankenhäuser mit Röntgengeräten ausgestattet, in ländlichen Gebieten verfügen nur einige wenige Krankenhäuser über moderne Ausstattung. Religiöse Wohltätigkeitseinrichtungen und NGOs bieten kostenfrei medizinische Versorgung (ÖB 10.2018).

In den letzten Jahren hat sich die medizinische Versorgung in den Haupt- und größeren Städten allerdings sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor deutlich verbessert. So ist mittlerweile insbesondere für Privatzahler eine gute medizinische Versorgung für viele Krankheiten und Notfälle erhältlich. Es sind zunehmend Privatpraxen und -kliniken entstanden, die um zahlungskräftige Kunden konkurrieren. Die Ärzte haben oft langjährige Ausbildungen in Europa und Amerika absolviert und den medizinischen Standard angehoben. In privaten Kliniken können die meisten Krankheiten behandelt werden (AA 10.12.2018).

Die Gesundheitsdaten Nigerias gehören zu den schlechtesten in Afrika südlich der Sahara und der Welt (ÖB 10.2018). Mit 29 Todesfällen pro 1.000 Neugeborenen hat Nigeria weltweit die elfthöchste Todesrate bei Neugeborenen (GIZ 2.2019). Die aktuelle Sterberate für Kinder unter fünf Jahren beträgt 109 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten. Die Prozentsätze der Unterernährung (Global Acute Malnutrition) liegen in den nördlichen Staaten konstant über der Alarmschwelle von 10 Prozent. Gemäß Schätzungen von UNICEF unterliegen mehr als 1,3 Millionen Kinder unter fünf Jahren in Nordnigeria einem hohen Risiko von schwerer akuter Unterernährung (ÖB 10.2018).

Psychische bzw. psychiatrische Erkrankungen werden in der großen Mehrheit der Bevölkerung immer noch als spiritueller Natur entspringend angesehen. Dementsprechend werden die entsprechenden Patienten besonders im ländlichen Bereich spirituellen Heilern zugeführt. Betreut werden sie in der Regel in der Familie, wenn vorhanden. Viele psychisch Kranke leben auf der Straße, in abgelegenen Regionen werden als gefährlich angesehene Personen in den Dörfern auch gelegentlich noch angekettet. Für die stationäre Unterbringung gibt es in ganz Nigeria acht staatliche psychiatrische Kliniken, die einen Langzeitbereich haben, außerdem sind zahlreiche psychisch Langzeitkranke in gesonderten Bereichen in Gefängnissen untergebracht. Im Wesentlichen findet dort eine reine Verwahrung unter ausgesprochen ärmlichen Bedingungen statt (WPA o.D.). Es existiert also kein mit westlichen Standards vergleichbares Psychiatriewesen, sondern allenfalls Verwahreinrichtungen auf sehr niedrigem Niveau. Dort werden Menschen mit psychischen Erkrankungen oft gegen ihren Willen untergebracht, können aber nicht adäquat behandelt werden (AA 10.12.2018).

Insgesamt gibt es für die inzwischen annähernd 200 Millionen Einwohner 100 Hospitäler mit psychiatrischer Abteilung (VAÖB 23.1.2019). Laut anderen Angaben gibt es psychiatrische Abteilungen in 15 Universitätskliniken, acht staatlichen psychiatrischen Spitälern und sechs Allgemeinen Spitälern sowie 15 psychiatrischen Privatkrankenhäusern (WPA o.D.). Das in Lagos befindliche Federal Neuro Psychiatric Hospital Yaba bietet sich als erste Anlaufstelle für die Behandlung psychisch kranker Rückkehrer an. Die Kosten für einen Empfang durch ein medizinisches Team direkt am Flughafen belaufen sich auf ca. 195.000 Naira (ca. 570 Euro). Zudem ist an diesem Krankenhaus auch die stationäre Behandlung psychischer Erkrankungen mit entsprechender Medikation möglich (AA 10.12.2018).

Nigeria verfügt über 110 registrierte Psychiater (WPA o.D.); nach anderen Angaben sind es derzeit 130 für 200 Millionen Einwohner (Österreich 2011: 20 Psychiater/100.000 Einwohner). Bei Psychologen ist die Lage noch drastischer, hier kamen im Jahr 2014 auf 100.000 Einwohner 0,02 Psychologen (Österreich 2011: 80 Psychologen/100.000 Einwohner). Aufgrund dieser personellen Situation ist eine regelrechte psychologische/psychiatrische Versorgung für die große Mehrheit nicht möglich, neben einer basalen Medikation werden die stationären Fälle in öffentlichen Einrichtungen im Wesentlichen "aufbewahrt". Die Auswahl an Psychopharmaka ist aufgrund der mangelnden Nachfrage sehr begrenzt (VAÖB 23.1.2019).

Es gibt eine allgemeine Kranken- und Rentenversicherung, die allerdings nur für Beschäftigte im formellen Sektor gilt. Die meisten Nigerianer arbeiten jedoch als Bauern, Landarbeiter oder Tagelöhner im informellen Sektor. Leistungen der Krankenversicherung kommen schätzungsweise nur zehn Prozent der Bevölkerung zugute (AA 10.12.2018). Nur weniger als sieben Millionen der 180 Millionen Einwohner Nigerias sind beim National Health Insurance Scheme leistungsberechtigt (Punch 22.12.2017). Eine Minderheit der erwerbstätigen Bevölkerung ist über das jeweils beschäftigende Unternehmen mittels einer Krankenversicherung abgesichert, die jedoch nicht alle Krankheitsrisiken abdeckt (VAÖB 27.3.2019).

Wer kein Geld hat, bekommt keine medizinische Behandlung (GIZ 4.2019b). Selbst in staatlichen Krankenhäusern muss für Behandlungen bezahlt werden (AA 10.12.2018). Die Kosten medizinischer Betreuung müssen im Regelfall selbst getragen werden. Die staatlichen Gesundheitszentren heben eine Registrierungsgebühr von umgerechnet 10 bis 25 Cent ein: Tests und Medikamente werden unentgeltlich abgegeben, sofern vorhanden (ÖB 10.2018). Eine basale Versorgung wird über die Ambulanzen der staatlichen Krankenhäuser aufrechterhalten, jedoch ist auch dies nicht völlig kostenlos, in jedem Fall sind Kosten für Medikamente und Heil- und Hilfsmittel von den Patienten zu tragen, von wenigen Ausnahmen abgesehen (VAÖB 27.3.2019).

Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet keine kostenfreie Medikamentenversorgung. Jeder Patient - auch im Krankenhaus - muss Medikamente selbst besorgen bzw. dafür selbst aufkommen (AA 10.12.2018). In der Regel gibt es fast alle geläufigen Medikamente in Nigeria in Apotheken zu kaufen, so auch die Antiphlogistika und Schmerzmittel Ibuprofen und Diclofenac sowie die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden (AA 10.12.2018). Medikamente gegen einige weit verbreitete Infektionskrankheiten wie Malaria und HIV/AIDS können teilweise kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben. Schutzimpfaktionen werden von internationalen Organisationen finanziert, stoßen aber auf religiös und kulturell bedingten Widerstand, überwiegend im muslimischen Norden (ÖB 10.2018).

Die Qualität der Produkte auf dem freien Markt ist jedoch zweifelhaft, da viele gefälschte Produkte

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meist aus asiatischer Produktion - vertrieben werden (bis zu 25% aller verkauften Medikamente). Diese wirken aufgrund unzureichender Dosisanteile der Wirkstoffe nur eingeschränkt. Es gibt zudem wenig zuverlässige Kontrollen hinsichtlich der Qualität der auf dem Markt erhältlichen Produkte (AA 10.12.2018). Gegen den grassierenden Schwarzmarkt mit Medikamenten gehen staatliche Stellen kaum vor (ÖB 10.2018).

Der Glaube an die Heilkräfte der traditionellen Medizin ist nach wie vor sehr lebendig. Bei bestimmten Krankheiten werden eher traditionelle Heiler als Schulmediziner konsultiert (GIZ 4.2019b). Gerade im ländlichen Bereich werden "herbalists" und traditionelle Heiler aufgesucht (ÖB 10.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

-

AA - Auswärtiges Amt (12.4.2019): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/ 205788#content_6, Zugriff 12.4.2019

-

ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019

-

Punch (22.12.2017): NHIS: Health insurance still elusive for many Nigerians,

https://punchng.com/nhis-health-insurance-still-elusive-for-many-nigerians/, Zugriff 3.4.2019

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VAÖB - Vertrauensarzt der ÖB Abuja (23.1.2019): medizinische Stellungnahme

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VAÖB - Vertrauensarzt der ÖB Abuja (27.3.2019): medizinische Stellungnahme

-

WPA - World Psychiatric Association (o.D.): Association of Psychiatrists in Nigeria (APN), http:// www.wpanet.org/detail.php?section_id=5&content_id=238, Zugriff 3.4.2019

Behandlung nach Rückkehr

Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 10.12.2018). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation" (ÖB 10.2018). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 10.12.2018).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 10.12.2018). Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2018). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 10.12.2018) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2018) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2018).

Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten (AA 10.12.2018). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets "overstay" angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2018).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen hat im Herbst 2018 in Lagos das Migrationsberatungszentrum der GIZ seinen Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert (AA 10.12.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

-

ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

Aufgrund der Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt, dass der Fremde im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sein wird. Es sind keine Anhaltspunkte dafür, dass der Fremde in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird, hervorgekommen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften, unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des BFA sowie dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Verfahrenszahl 1242311-2.

2.1. Zur Person des Fremden

Die Feststellungen zur Person und der Herkunft des Fremden gründen sich auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde.

Die Identität des Fremden konnte bereits durch die nigerianische Botschaft identifiziert werden, daher steht seine Identität fest.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Fremden ergeben sich aus den Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 18.11.2019 ("LA: Es geht Ihnen gut, Sie können der Einvernahme folgen? VP: Ja LA: Sind Sie zurzeit in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie Medikamente? VP: Nein".)

Die Feststellung, wonach der Fremde illegal in das österreichische Bundegebiet einreiste und am 04.02.2002 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellung, wonach das erste Asylverfahren rechtskräftig negativ entschieden wurde, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellung, wonach der Fremde am 28.03.2014 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz stellte und dieser Antrag vom BFA negativ entschieden wurde und der Fremde dagegen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben hat, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellung, wonach die Beschwerde vom Bundesverwaltungsgericht mit mündlich verkündeten Erkenntnis vom 23.11.2018, Zl. I415 1242311-2/7E mit der Maßgabe als unbegründet abwies, dass das verhängte Einreiseverbot auf die Dauer von sechs Jahren herabgesetzt wurde.

Die Feststellung, wonach der Fremde aus dem Stande der Schubhaft gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz stellte, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellungen zu seinen familiären Bindungen in Österreich ergeben sich aus den Vorverfahren und den Angaben des Fremden in der niederschriftlichen Einvernahme am 18.11.2019.

Die Feststellung, wonach der BF keine maßgeblichen Integrationsmerkmale aufweist, ergibt sich aus den Vorverfahren sowie aus den Angaben des Fremden in der niederschriftlichen Einvernahme am 18.11.2019.

Die strafrechtliche Verurteilung ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 19.11.2019.

2.2. Zu den Fluchtmotiven des Fremden

Im ersten Asylverfahren gab der Fremde hinsichtlich seiner Fluchtgründe zusammengefasst an, dass er Nigeria am 03.03.2002 mit dem Flugzeug verlassen habe und nach Österreich gelangt sei. Vor dem Tod seines Vaters im Jahr 1998 habe dieser einen handwerklichen Auftrag zum Streichen eines Hauses erhalten. Aus diesem Grund seien seine Eltern sowie seine beiden Schwestern durch Anhänger des ausgebotenen Konkurrenten getötet worden. Dabei sei der Fremde angeschossen worden. Er habe anschließend acht Monate im Krankenhaus in Enugu verbracht. In der Folge habe er bei einer Frau verbracht, welche jedoch im Jahr 2002 ebenfalls verstorben sei, weshalb er die Zeit bis zu seiner Ausreise wieder in der Hauptstadt in Lagos verbrachte.

Der Fremde gab als Fluchtgrund im Folgeverfahren an, dass er wegen seiner Tochter in Österreich bleiben möchte.

In der Erstbefragung seines dritten Asylantrages am 11.11.2019 gab der Fremde als Fluchtgrund an, dass die Fluchtgründe die er bereits im ersten und zweiten Verfahren vorbrachte noch bestehen würden. In der niederschriftlichen Einvernahme gab er nunmehr an, dass er sich vor ca. drei Monaten an alles wieder erinnern könne. Im Jahr 1998 in Nigeria sei auf ihn, seinen Vater und seinen Schwestern geschossen worden. In der Folge habe er sein Gedächtnis verloren. Im Gefängnis in Österreich habe er seine Familie in Nigeria "gesehen" und seither könne er sich an die Ereignisse wieder erinnern. Dementgegen gab er in der niederschriftlichen Einvernahme am 22.05.2017 an, dass sein Vater vor seiner Geburt verstorben sei. Des Weiteren gab er an, dass seine Familie von "bösartigen" Politikern ermordet worden seien. Am 22.05.2017 gab er an, dass seine Mutter Probleme mit den nigerianischen Behörden gehabt habe. Am 11.11.2019 gab er an, dass sein Vater in Nigeria Politiker gewesen sei und die Familie deshalb Probleme gehabt habe. Des Weiteren gab er an, dass er persönlich keine Probleme mit Behörden, Polizei oder dem Militär gehabt habe. Im Widerspruch dazu gab er später an, dass er befürchte auch umgebracht zu werden. Es ist nicht plausibel, dass der Fremde seit 21 Jahren an Gedächtnisverlust leide und ihm erst vor 3 Monaten die wahren Ereignisse "erschienen" seien. Zudem gab er an, dass der Gedächtnisverlust Schuld an seiner Delinquenz sei. Da er sich nunmehr wieder an alles Erinnern könne, sei es ihm in Zukunft unmöglich straffällig zu werden.

Der Fremde brachte im Folgeverfahren keinen asylrelevanten Sachverhalt vor, welcher nach Rechtskraft seiner Vorverfahren, zuletzt am 23.11.2019 entstanden ist.

Es scheint vielmehr, dass er diesen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz nur stellte, um seine bevorstehende Abschiebung zu vereiteln. Diese Vermutung erhärtet sich auch durch den Umstand, dass der Fremde der ausgesprochenen Ausreiseverpflichtungen nicht nachgekommen ist.

Vor diesem Hintergrund ist auch diesem neuen Vorbringen des Fremden die Glaubwürdigkeit abzusprechen.

2.3. Zum Herkunftsstaat

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Zu den zur Feststellung ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

§ 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben, und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) ...

Entscheidungen

§ 22. ...

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

...".

2. § 22 BFA-Verfahrensgesetz, lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Zunächst ist festzuhalten, dass der Fremde einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs 1 Z 23 AsylG 2005 gestellt hat und dass kein Fall des § 12a Abs 1 AsylG 2005 vorliegt.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12 a Abs. 2 Z 1-3 AsylG 2005 liegen vor:

Der erste und zweite Antrag des Fremden auf internationalen Schutz wurde (rechtskräftig) als unbegründet abgewiesen. Dem Fremden droht demzufolge in Nigeria keine asylrelevante Verfolgung. Ebenfalls wurde der Folgeantrag des Fremden als unbegründet abgewiesen.

Auch dafür, dass dem Fremden im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, zumal der Fremde grundsätzlich gesund und daher erwerbsfähig ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht wieder bestreiten können sollte. Außerdem besteht ganz allgemein in Nigeria keine solch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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