TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/30 W251 2207798-1

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Veröffentlicht am 30.12.2019
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Entscheidungsdatum

30.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W251 2207798-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2018, Zl. 1099768409 - 152030634, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführerstellte am 19.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Am 20.12.2015 fand die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. 01.08.2018 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt.

Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass er als Bodyguard für einen einflussreichen Geschäftsmann gearbeitet habe. Die Taliban haben ihn daher bedroht und er habe aus Afghanistan fliehen müssen.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.). Es wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.-V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa geflohen sei, im Falle einer Rückkehr werde er nicht bedroht. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, der somit bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in eine ausweglose Situation geraten würde. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

3. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass die Beweiswürdigung und das Beweisverfahren mangelhaft seien. Die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers sei nicht sicher und auch nicht sicher erreichbar. Die Sicherheitslage in Afghanistan sei weiterhin volatil. Zudem sei die Versorgungslage für Rückkehrer angespannt, dem Beschwerdeführer stehe daher keine zumutbar innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Der Beschwerdeführer sei um Integration bemüht und verrichte gemeinnützige Arbeit, sodass er über ein schützenswertes Privatleben in Österreich verfüge. Er leide zudem an Depressionen und an einer Posttraumatischen Belastungsstörung.

4. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 18.12.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und spricht Dari als Muttersprache (AS 11; AS 142; Verhandlungsprotokoll vom 18.12.2019, OZ .10, S 7).

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Nangarhar in der Stadt Jalalabad geboren und ist dort gemeinsam mit seinen Eltern, seinem Bruder und seinen drei Schwestern aufgewachsen. Der Beschwerdeführer hat keine Schule besucht und keinen Beruf erlernt. Der Beschwerdeführer ist Analphabet (OZ 10, S. 11, S. 8).

Der Beschwerdeführer wurde nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan geheiratet, er hat keine Kinder (OZ 10, S. 7-8).

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Er leidet an depressiven Stimmungen und einer Posttraumatischen Belastungsstörung, abgesehen davon ist er gesund. Er ist nicht in medizinischer Behandlung und nimmt auch keine Medikamente (OZ 10, S. 5, S. 16; AS 140)

1.2. Zum (Privat)Leben der Beschwerdeführer in Österreich:

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und hält sich seit zumindest Dezember 2015 durchgehend in Österreich auf. Er ist in Österreich aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG durchgehend rechtmäßig aufhältig.

Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2016 Deutschkurse auf dem Niveau A1 besucht, er hat keine Deutschprüfung abgelegt (AS 163, AS.165; OZ 10, S. 14f).

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung, er ist am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert und geht keiner Erwerbstätigkeit nach (Beilage ./I; OZ 10, S. 15).

Der Beschwerdeführer hat in seiner Asylunterkunft sowie bei der Gemeinde seit 2016 regelmäßig ehrenamtliche Arbeit verrichtet. Er wird für seinen fleißigen und gewissenhaften Umgang sehr geschätzt (AS 167-183; OZ 10, S. 14; Beilage ./A-./B).

Der Beschwerdeführer konnte in Österreich Freundschaften zu österreichischen Familien knüpfen. Der Beschwerdeführer verfügt jedoch weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen (Ehefrau, Kinder, etc.) in Österreich (OZ 10, S. 15-16.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich wegen Urkundenfälschung von einem Bezirksgericht zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden (Beilage ./I).

1.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1 Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie wurden in Afghanistan jemals von den Taliban oder von anderen Personen aufgesucht oder von diesen bedroht. Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan nicht als Bodyguard gearbeitet.

Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban oder durch andere Personen.

1.2.2. Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan auch nicht wegen seiner Zugehörigkeit zu den Tadschiken bzw. den sunnitischen Muslimen einer Bedrohung ausgesetzt.

1.2.3. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land in Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

1.4. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die Provinz Nangarhar aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Herat oder Mazar-e Sharif sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Herat und Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Herat oder Mazar-e Sharif einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.

Die Eltern, Ehefrau, Schwiegereltern, der Bruder und drei Schwestern des Beschwerdeführers leben noch in Afghanistan. Der Beschwerdeführer hat zu seiner Familie noch regelmäßig Kontakt (OZ 10, S. 12; AS 144-145). Zudem hat der Beschwerdeführer noch zwei Onkel väterlicherseits, vier Tanten mütterlicherseits, drei Onkel väterlicherseits und viele Cousinen und Cousins in Afghanistan (OZ 10, S. 12-13). Die finanzielle Lage der Familie des Beschwerdeführers ist gut, diese haben einige Felder und ein Eigentumshaus. Der Bruder des Beschwerdeführers ist Taxifahrer. Der Beschwerdeführer hat seine Familie in den letzten Jahren finanziell nicht unterstützt (OZ 10, S. 14). Der Beschwerdeführer kann von seiner Familie bei einer Rückkehr nach Afghanistan zumindest vorübergehend finanziell unterstützt werden. Er kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen (OZ 10, S. 15, S. 17).

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Herat oder in der Stadt Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.5. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind. Auf einer Fläche von ca. 632.000 Quadratkilometern leben ca. 32 Millionen Menschen (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 13.11.2019 - LIB 13.11.2019, S. 12).

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil (LIB 13.11.2019, S. 18). Diese ist jedoch regional und sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt sehr unterschiedlich (EASO Country Guidance Afghanistan, Juni 2019, S. 89ff; LIB 13.11.2019, S. 18ff).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die wichtigsten Bevölkerungszentren und Transitrouten sowie Provinzhauptstädte und die meisten Distriktzentren. Die afghanischen Kräfte sichern die Städte und andere Stützpunkte der Regierung. Die Taliban verstärken groß angelegte Angriffe, wodurch eine Vielzahl afghanischer Kräfte in Verteidigungsmissionen eingebunden ist, sodass Engpässe entstehen. Dadurch können manchmal auch Kräfte fehlen um Territorium zu halten. Die Kämpfe waren auch weiterhin auf konstant hohem Niveau (LIB 13.11.2019, S. 19).

Für das gesamte Jahr 2018 gab es gegenüber 2017 einen Anstieg in der Gesamtzahl ziviler Opfer und ziviler Todesfälle. Für das erste Halbjahr 2019 wurde eine niedrigere Anzahl ziviler Opfer registrierten, im Juli, August und September lag ein hohes Gewaltniveau vor. Zivilisten, die in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Helmand, Ghazni, und Faryab wohnten, waren 2018 am stärksten vom Konflikt betroffen (LIB 13.11.2019, S. 24).

Sowohl im gesamten Jahr 2018, als auch in den ersten fünf Monaten 2019 führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, insbesondere in der Hauptstadtregion, weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele (High Profile Angiffe - HPA) aus, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen. Diese Angriffe sind jedoch stetig zurückgegangen. Zwischen 1.6.2018 und 30.11.2018 fanden 59 HPAs in Kabul statt, zwischen 1.12.2018 und 15.5.2019 waren es 6 HPAs (LIB 13.11.2019, S. 25).

Regierungsfeindliche Gruppierungen

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv - insbesondere die Grenzregion zu Pakistan bleibt eine Zufluchtsstätte für unterschiedliche Gruppierungen, wie Taliban, Islamischer Staat, al-Qaida, Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e Tayyiba, Tehrik-e Taliban Pakistan, sowie Islamic Movement of Uzbekistan (LIB 13.11.2019, S. 26).

Taliban: Zwischen 1.12.2018 und 31.5.2019 haben die Talibanaufständischen mehr Angriffe ausgeführt, als in der Vergangenheit üblich, trotzdem war die Gesamtzahl effektiver feindlicher Angriffe stark rückläufig. Diese Angriffe hatten hauptsächlich militärische Außenposten und Kontrollpunkte sowie andere schlecht verteidigte ANDSF-Posten zum Ziel - die Taliban beschränken ihre Angriffe weitgehend auf Regierungsziele und afghanische und internationale Sicherheitskräfte (LIB 13.11.2019, S. 26; S. 29).

Die Gesamtstärke der Taliban betrug im Jahr 2017 über 200.000 Personen, darunter ca. 150.000 Kämpfer (rund 60.000 Vollzeitkämpfer mobiler Einheiten, der Rest sein Teil der lokalen Milizen). Die Taliban betreiben Trainingslager in Afghanistan (LIB 13.11.2019, S. 27).

Die Mehrheit der Taliban sind immer noch Paschtunen, obwohl es eine wachsende Minderheit an Tadschiken, Usbeken, Belutschen und sogar mehreren hundert Hazara (einschließlich Schiiten) gibt. In einigen nördlichen Gebieten bestehen die Taliban bereits überwiegend aus Nicht-Paschtunen, da sie innerhalb der lokalen Bevölkerung rekrutieren (LIB 13.11.2019, S. 27).

Nangarhar:

Nangarhar liegt im Osten Afghanistans, an der afghanisch-pakistanischen Grenze. Die Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Paschtunen, gefolgt von Pashai, Arabern und Tadschiken. Die Provinz hat 1.668.481 Einwohner, davon leben 263.312 Einwohner in der Hauptstadt Jalalabad.

Nangarhar ist eine volatile Provinz, in der die Taliban und der ISKP aktiv sind, diese kontrollieren manche Gebiete der Provinz.

Die Anzahl der zivilen Opfer ist seit 2017 stark angestiegen. Die Hauptursachen dafür waren Selbstmord- und komplexe Angriffe, gefolgt von IEDs und Bodengefechten. Die Zahl der zivilen Opfer durch IEDs vervierfachte sich und erreichte zum ersten Mal fast das gleiche Niveau wie Kabul. Immer wieder kommt es auch zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Mitgliedern der Taliban und des ISKP (LIB 13.11.2019, S.195).

Mazar-e Sharif:

Die Provinzhauptstadt von Balkh ist Mazar-e Sharif. Die Provinz Balkh liegt im Norden Afghanistan und ist eine ethnisch vielfältige Provinz, welche von Paschtunen, Usbeken, Hazara, Tadschiken, Turkmenen, Aimaq, Belutschen, Arabern und sunnitischen Hazara (Kawshi) bewohnt wird. Es leben 1.475.649 Personen in der Provinz Balkh, davon geschätzte 469.247 in Mazar-e Sharif (LIB 13.11.2019, S. 61).

Balkh zählt zu den relativ stabilen und ruhigen Provinzen Nordafghanistans, in welcher die Taliban in der Vergangenheit keinen Fuß fassen konnten. In den letzten Monaten versuchten Aufständische der Taliban die Provinz Balkh aus benachbarten Regionen zu infiltrieren (LIB 13.11.2019, S. 62). Im Jahr 2018 227 zivile Opfer (85 Tote und 142 Verletzte) in Balkh dokumentiert. Dies entspricht einer Steigerung von 76% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren Bodenkämpfe, gefolgt von improvisierten Bomben (IEDS; ohne Selbstmordattentate) und gezielten Tötungen (LIB 13.11.2019, S. 63). Das Niveau an willkürlicher Gewalt ist in der Provinz Balkh sowie in der Stadt Mazar-e Sharif so gering, dass für Zivilisten an sich nicht die Gefahr besteht von erheblichen Eingriffen in die psychische oder physische Unversehrtheit betroffen zu sein (EASO - Country Guidance Afghanistan, Juni 2019, S. 89; S. 92f).

Mazar-e Sharif ist ein Import-/Exportdrehkreuz, ein regionales Handelszentrum sowie ein Industriezentrum mit großen Fertigungsbetrieben und einer Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen. Mazar-e Sharif ist über die Autobahn sowie über einen Flughafen (mit nationalen und internationalen Anbindungen) zu erreichen (LIB 13.11.2019, S. 61; S. 336).

In der Stadt Mazar-e Sharif gibt es 10 - 15 - teils öffentliche, teils private - Krankenhäuser. In Mazar-e Sharif existieren mehr private als öffentliche Krankenhäuser. Private Krankenhäuser sind sehr teuer, jede Nacht ist kostenpflichtig. Zusätzlich existieren etwa 30-50 medizinische Gesundheitskliniken die zu 80% öffentlich finanziert sind (LIB 13.11.2019, S. 347).

Während Mazar-e Sharif im Zeitraum Juni 2019 bis September 2019 noch als IPC Stufe 1 "minimal" (IPC - Integrated Phase Classification) klassifiziert wurde, ist Mazar-e Sharif im Zeitraum Oktober 2019 bis Januar 2020 in Phase 2 "stressed" eingestuft. In Phase 1 sind die Haushalte in der Lage, den Bedarf an lebensnotwenigen Nahrungsmitteln und Nicht-Nahrungsmitteln zu decken, ohne atypische und unhaltbare Strategien für den Zugang zu Nahrung und Einkommen zu verfolgen. In Phase 2 weisen Haushalte nur einen gerade noch angemessenen Lebensmittelverbrauch auf und sind nicht in der Lage, sich wesentliche, nicht nahrungsbezogene Güter zu leisten, ohne dabei irreversible Bewältigungsstrategien anzuwenden (ACCORD, Sicherheitslage und sozio-ökonomische Lage in Herat und Mazar-e Sharif vom 02.10.2019, 3.1.).

Herat:

Die Provinz Herat liegt im Westen Afghanistans und ist eine der größten Provinzen Afghanistans. Die Provinzhauptstadt von Herat ist Herat-Stadt (LIB 13.11.2019, S. 105). Die Provinz verfügt über 2.095.117 Einwohner, 556.205 davon in der Provinzhauptstadt. Die wichtigsten ethnischen Gruppen in der Provinz sind Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Usbeken und Aimaqs, wobei Paschtunen in elf Grenzdistrikten die Mehrheit stellen. Umfangreiche Migrationsströme haben die ethnische Zusammensetzung der Stadt verändert, der Anteil an schiitischen Hazara ist seit 2001 durch Iran-Rückkehrer und Binnenvertriebene besonders gestiegen (LIB 13.11.2019, S. 106).

Herat ist durch die Ring-Road sowie durch einen Flughafen mit nationalen und internationalen Anbindungen erreichbar (LIB 13.11.2019, S. 106).

Herat gehört zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen Afghanistans, jedoch sind Taliban-Kämpfer in einigen abgelegenen Distrikten aktiv und versuchen oft terroristische Aktivitäten. Je mehr man sich von Herat-Stadt (die als "sehr sicher" gilt) und den angrenzenden Distrikten Richtung Norden, Westen und Süden entfernt, desto größer wird der Einfluss der Taliban. In der Stadt Herat steigt die Kriminalität und Gesetzlosigkeit (LIB 13.11.2019, S. 106). Im Jahr 2018 gab es mit 259 zivile Opfer (95 Tote und 164 Verletzte) in Herat einen Rückgang von 48% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren improvisierten Sprengkörper (improvised explosive devices, IEDs; ohne Selbstmordanschläge), gefolgt von Kämpfen am Boden und gezielten Tötungen. Der volatilste Distrikt von Herat ist Shindand. Dort kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen rivalisierenden Taliban-Fraktionen, wie auch zwischen den Taliban und regierungsfreundlichen Kräften. Außerdem kommt es in unterschiedlichen Distrikten immer wieder zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften (LIB 13.11.2019, S. 108f). Das Niveau an willkürlicher Gewalt ist in der Stadt Herat so gering, dass für Zivilisten an sich nicht die Gefahr besteht von erheblichen Eingriffen in die psychische oder physische Unversehrtheit betroffen zu sein (EASO - Country Guidance Afghanistan, Juni 2019, S. 89, S. 99f).

Im Vergleich mit anderen Teilen des Landes weist Herat wirtschaftlich und sicherheitstechnisch relativ gute Bedingungen auf. Es gibt Arbeitsmöglichkeiten im Handel, darunter den Import und Export von Waren mit dem benachbarten Iran, wie auch im Bergbau und Produktion. Die Industrie der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) ist insbesondere im Handwerksbereich und in der Seiden- und Teppichproduktion gut entwickelt und beschäftigt Tagelöhner sowie kleine Unternehmer (LIB 13.11.2019, S. 336).

Herat ist im Zeitraum Oktober 2019 bis Januar 2020 als IPC Stufe 2 klassifiziert (IPC - Integrated Phase Classification). In Phase 2, auch "stressed" genannt, weisen Haushalte nur einen gerade noch angemessenen Lebensmittelverbrauch auf und sind nicht in der Lage, sich wesentlich, nicht nahrungsbezogenen Güter zu leisten, ohne dabei irreversible Bewältigungsstrategien anzuwenden (ACCORD, Sicherheitslage und sozio-ökonomische Lage in Herat und Mazar-e Sharif vom 02.10.2019, 3.1.).

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz garantiert interne Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr. Die Regierung schränkt die Bewegung der Bürger gelegentlich aus Sicherheitsgründen ein. Afghanen dürfen sich formell im Land frei bewegen und niederlassen (LIB 13.11.2019, S. 327).

Korruption:

Die Korruption ist in Afghanistan sehr hoch. Es bestehen zwar strafrechtliche Sanktionen gegen Korruption, diese werden jedoch nicht effektiv umgesetzt. Korruption findet in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens statt, unter anderem in der Justiz, bei der Beschaffung von Gütern, bei Staatseinnahmen und bei der Bereitstellung von Leistungen des Staates (LIB 13.11.2019, S. 254f).

Medizinische Versorgung:

Der afghanischen Verfassung zufolge hat der Staat kostenlos medizinische Vorsorge, ärztliche Behandlung und medizinische Einrichtungen für alle Bürger zur Verfügung zu stellen. Außerdem fördert der Staat die Errichtung und Ausweitung medizinischer Leistungen und Gesundheitszentren. Eine begrenzte Anzahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung an. Alle Staatsbürger haben dort Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Die Verfügbarkeit und Qualität der Grundbehandlung ist durch Mangel an gut ausgebildeten Ärzten, Ärztinnen und Assistenzpersonal (v.a. Hebammen), mangelnde Verfügbarkeit von Medikamenten, schlechtes Management sowie schlechte Infrastruktur begrenzt (LIB 13.11.2019, S. 344).

Die Kosten für Medikamente in staatlichen Krankenhäusern weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. 90% der medizinischen Versorgung in Afghanistan werden nicht direkt vom Staat zur Verfügung gestellt, sondern von nationalen und internationalen NGOs, die über ein Vertragssystem beauftragt werden (LIB 13.11.2019, S. 345).

Psychische Erkrankungen

Innerhalb der afghanischen Bevölkerung leiden viele Menschen an unterschiedlichen psychischen Erkrankungen, rund 50% der Bevölkerung leiden an psychische Symptome wie Depression, Angststörungen oder posttraumatische Belastungsstörung. In der afghanischen Gesellschaft werden Menschen mit körperlichen oder psychischen Behinderungen als schutzbedürftig betrachtet und von der Familie versorgt, von der Gesellschaft werden diese jedoch oftmals stigmatisiert.

Zwar sind psychosoziale Beratungsstellen innerhalb der Gemeindegesundheitszentren vorgesehen, jedoch ist die Versorgung der Bevölkerung mit psychiatrischen oder psychosozialen Diensten aufgrund des Mangels an ausgebildeten Psychiatern, Psychologen, psychiatrisch ausgebildeten Krankenschwestern und Sozialarbeitern schwierig.

Landesweit bieten alle Provinzkrankenhäuser kostenfreie psychologische Beratungen an, die in manchen Fällen sogar online zur Verfügung stehen. Mental erkrankte Menschen können beim Roten Halbmond, in entsprechenden Krankenhäusern und auch von Organisationen behandelt werden (LIB 13.11.2019, S. 350ff).

Wirtschaft

Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt und stark von internationalen Hilfsgeldern abhängig (LIB 13.11.2019, S. 333).

Am Arbeitsmarkt müssten jährlich 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Persönliche Kontakte, Empfehlungen sowie ein Netzwerk sind wichtig um einen Job zu finden. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen, wobei Fähigkeiten, die sich Rückkehrer im Ausland angeeignet haben, eine wichtige Rolle bei der Arbeitsplatzsuche spielen können. Der afghanische Arbeitsmarkt ist durch eine starke Dominanz des Agrarsektors, eine Unterrepräsentation von Frauen und relativ wenigen Möglichkeiten für junge Menschen gekennzeichnet. Ebenso korreliert ein Mangel an Bildung mit Armut, wobei ein niedriges Bildungsniveau und Analphabetismus immer noch weit verbreitet sind. In Afghanistan existiert keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit (LIB 13.11.2019, S. 334f).

Es gibt lokale Webseiten, die offene Stellen im öffentlichen und privaten Sektor annoncieren. Die meisten Afghanen sind unqualifiziert und Teil des informellen, nicht-regulierten Arbeitsmarktes. Der Arbeitsmarkt besteht Großteiles aus manueller Arbeit ohne Anforderungen an eine formelle Ausbildung und spiegelt das niedrige Bildungsniveau wieder. In Kabul gibt es öffentliche Plätze, wo sich Arbeitssuchende und Nachfragende treffen. Viele bewerben sich, nicht jeder wird engagiert. Der Lohn beträgt für Hilfsarbeiter meist USD 4,3 und für angelernte Kräfte bis zu USD 14,5 pro Tag (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III, S. 29 - 30).

In Kabul und im Umland sowie in Städten stehen Häuser und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul-City sind jedoch höher als in den Vororten oder in den anderen Provinzen. Die Lebenshaltungskosten sind für den zentral gelegenen Teil der Stadt Kabul höher als In ländlichen Gebieten (LIB 13.11.2019, S. 359).

Es ist auch möglich an Stelle einer Wohnung ein Zimmer zu mieten, da dies billiger ist. Heimkehrer mit Geld können Grund und Boden erwerben und langfristig ein eigenes Haus bauen. Vertriebene in Kabul, die keine Familienanbindung haben und kein Haus anmieten konnten, landen in Lagern, Zeltsiedlungen und provisorischen Hütten oder besetzen aufgelassene Regierungsgebäude. In Städten gibt es Hotels und Pensionen unterschiedlichster Preiskategorien. Für Tagelöhner, Jugendliche, Fahrer, unverheiratete Männer und andere Personen, ohne permanenten Wohnsitz in der jeweiligen Gegend, gibt es im ganzen Land Angebote geringerer Qualität, sogenannte chai khana (Teehaus). Dabei handelt es sich um einfache große Zimmer in denen Tee und Essen aufgetischt wird. Der Preis für eine Übernachtung beträgt zwischen 0,4 und 1,4 USD. In Kabul und anderen großen Städten gibt es viele solche chai khana und wenn ein derartiges Haus voll ist, lässt sich Kost und Logis leicht anderswo finden. Man muss niemanden kennen um dort eingelassen zu werden (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III, S. 31).

Rückkehrer:

In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 sind insgesamt 63.449 Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt. Im Jahr 2018 kamen 775.000 aus dem Iran und 46.000 aus Pakistan zurück (LIB 13.11.2019, S. 353).

Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, können verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Für Rückkehrer leisten UNHCR und IOM in der ersten Zeit Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung ist die Transition von humanitärer Hilfe hin zu Entwicklungszusammenarbeit nicht immer lückenlos. Wegen der hohen Fluktuation im Land und der notwendigen Zeit der Hilfsorganisationen, sich darauf einzustellen, ist Hilfe nicht immer sofort dort verfügbar, wo Rückkehrer sich niederlassen. Es befinden sich viele Rückkehrer in Gebieten, die für Hilfsorganisationen aufgrund der Sicherheitslage nicht erreichbar sind (LIB 13.11.2019, S. 354).

Soziale, ethnische und familiäre Netzwerke sind für einen Rückkehrer unentbehrlich. Der Großteil der nach Afghanistan zurückkehrenden Personen verfügt über ein familiäres Netzwerk, auf das in der Regel zurückgegriffen wird. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, den ohnehin großen Familienverbänden und individuellen Faktoren ist diese Unterstützung jedoch meistens nur temporär und nicht immer gesichert. Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen beruflichen Netzwerken (Kolleg/innen, Mitstudierende etc.) sowie politische Netzwerke usw. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind manche Rückkehrer auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer dar. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB 13.11.2019, S. 354).

Rückkehrer aus dem Iran und aus Pakistan, die oft über Jahrzehnte in den Nachbarländern gelebt haben und zum Teil dort geboren wurden, sind in der Regel als solche erkennbar. Offensichtlich sind sprachliche Barrieren, von denen vor allem Rückkehrer aus dem Iran betroffen sind, weil sie Farsi (die iranische Landessprache) oder Dari (die afghanische Landessprache) mit iranischem Akzent sprechen. Zudem können fehlende Vertrautheit mit kulturellen Besonderheiten und sozialen Normen die Integration und Existenzgründung erschweren. Das Bestehen sozialer und familiärer Netzwerke am Ankunftsort nimmt auch hierbei eine zentrale Rolle ein. Über diese können die genannten Integrationshemmnisse abgefedert werden, indem die erforderlichen Fähigkeiten etwa im Umgang mit lokalen Behörden sowie sozial erwünschtes Verhalten vermittelt werden und für die Vertrauenswürdigkeit der Rückkehrer gebürgt wird. Es gibt jedoch nicht viele Fälle von Diskriminierung afghanischer Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan aufgrund ihres Status als Rückkehrer. Fast ein Viertel der afghanischen Bevölkerung besteht aus Rückkehrern. Diskriminierung beruht in Afghanistan großteils auf ethnischen und religiösen Faktoren sowie auf dem Konflikt (LIB 13.11.2019, S. 355).

Rückkehrer aus Europa oder dem westlichen Ausland werden von der afghanischen Gesellschaft häufig misstrauisch wahrgenommen. Es sind jedoch keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer nachweislich aufgrund ihres Aufenthalts in Europa Opfer von Gewalttaten wurden. Wenn ein Rückkehrer mit im Ausland erlangten Fähigkeiten und Kenntnissen zurückkommt, stehen ihm mehr Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung als den übrigen Afghanen, was bei der hohen Arbeitslosigkeit zu Spannungen innerhalb der Gemeinschaft führen kann (LIB 13.11.2019, S. 355).

Der Mangel an Arbeitsplätzen stellt für den Großteil der Rückkehrer die größte Schwierigkeit dar. Der Zugang zum Arbeitsmarkt hängt maßgeblich von lokalen Netzwerken ab. Die afghanische Regierung kooperiert mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Für Afghanen, die im Iran geboren oder aufgewachsen sind und keine Familie in Afghanistan haben, ist die Situation problematisch (LIB 13.11.2019, S. 355).

Viele Rückkehrer leben in informellen Siedlungen, selbstgebauten Unterkünften oder gemieteten Wohnungen. Die meisten Rückkehrer im Osten des Landes leben in überbelegten Unterkünften und sind von fehlenden Möglichkeiten zum Bestreiten des Lebensunterhaltes betroffen (LIB 13.11.2019, S. 356).

Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Rückkehrer erhalten Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Es gibt keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer. Der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer aus Europa kehrt direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück (LIB 13.11.2019, S. 356).

Die "Reception Assistance" umfasst sofortige Unterstützung oder Hilfe bei der Ankunft am Flughafen: IOM trifft die freiwilligen Rückkehrer vor der Einwanderungslinie bzw. im internationalen Bereich des Flughafens, begleitet sie zum Einwanderungsschalter und unterstützt bei den Formalitäten, der Gepäckabholung, der Zollabfertigung, usw. Darüber hinaus arrangiert IOM den Weitertransport zum Endziel der Rückkehrer innerhalb des Herkunftslandes und bietet auch grundlegende medizinische Unterstützung am Flughafen an. 1.279 Rückkehrer erhielten Unterstützung bei der Weiterreise in ihre Heimatprovinz. Für die Provinzen, die über einen Flughafen und Flugverbindungen verfügen, werden Flüge zur Verfügung gestellt. Der Rückkehrer erhält ein Flugticket und Unterstützung bezüglich des Flughafen-Transfers. Der Transport nach Herat findet in der Regel auf dem Luftweg statt (LIB 13.11.2019, S. 358).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB 13.11.2019, S. 362).

Ethnische Minderheiten:

In Afghanistan leben zwischen 32-35 Millionen Menschen. Es sind ca. 40-42% Pashtunen, rund 27-30% Tadschiken, ca. 9-10% Hazara und 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt. Soziale Gruppen werden in Afghanistan nicht ausgeschlossen und kein Gesetz verhindert die Teilnahme von Minderheiten am politischen Leben (LIB 13.11.2019, S. 287f).

Die Volksgruppe der Tadschiken ist die zweitgrößte Volksgruppe in Afghanistan, sie macht etwa 27-30% der afghanischen Gesellschaft aus und hat deutlichen politischen Einfluss im Land. In der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit. Tadschiken sind in zahlreichen politischen Organisationen und Parteien vertreten, sie sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (LIB 13.11.2019, S. 289f).

Religionen:

Etwa 99% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon 80-89,7% Sunniten. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (LIB 13.11.2019, S. 277).

Sunniten sind allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit in Afghanistan weder psychischen noch physischen Bedrohungen ausgesetzt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./VI und ./A bis ./B (Konvolut ZMR, GVS, Strafregister Beilage ./I; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 13.11.2019, Beilage ./II;

Bericht EASO, Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III;

ACCORD, Sicherheitslage und sozio-ökonomische Lage in Herat und Mazar-e Sharif vom 26.11.2019, Beilage ./IV; Bericht Landinfo, Afghanistan, der Nachrichtendienst der Taliban und die Einschüchterungskampagne, 23.08.2017; Beilage ./V; Bericht Landinfo, Rekrutierung durch die Taliban vom 29.06.2017, Beilage ./VI;

Unterstützungsschreiben vom 09.12.2019, Beilage ./A; Konvolut an Integrationsfotos, Beilage ./B).

Dem Erkenntnis werden die EASO Country Guidance Afghanistan aus Juni 2019 sowie die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 zugrunde gelegt.

Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre Situation in Afghanistan, seine fehlende Schul- und Berufsausbildung) sowie zu den Eigentumsverhältnissen seiner Familie gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Dass der Beschwerdeführer mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut ist, ergibt sich daraus, dass er in Afghanistan mit seiner afghanischen Familie aufgewachsen ist.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung (AS 140; OZ 10, S. 16, S. 5). Aus einer ärztlichen Bestätigung aus Juli 2018 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer an Depressionen und einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Da der Beschwerdeführer aber vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung angab gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen, wurden festgestellt, dass der Beschwerdeführer darüber hinaus gesund ist.

2.2. Zu den Feststellungen zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere zur Aufenthaltsdauer, seinen Deutschkenntnissen, seinen fehlenden sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich und seiner Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem), auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Beilage ./I).

2.3. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, ihm drohe Lebensgefahr durch die Taliban, weil er für einen einflussreichen Geschäftsmann als Bodyguard gearbeitet habe, kommt seinem Vorbringen aus nachfolgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

Der Beschwerdeführer konnte zu Beginn der Verhandlung keine Unrichtigkeiten bzw. Fehler in den Protokollen nennen, die behauptete Unrichtigkeit bezog der Beschwerdeführer nicht auf den Inhalt der Protokolle, sondern auf die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (OZ 10, S. 6-7). Das Protokoll des Bundesamtes wurde dem Beschwerdeführer rückübersetzt, ebenso wie das Protokoll der Erstbefragung (AS 141). Die Protokolle werden daher der Entscheidung zugrunde gelegt.

2.3.1. Zunächst ist festzuhalten, dass das Gericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund des persönlichen Eindrucks über den Beschwerdeführer davon ausgeht, dass ihm hinsichtlich seines Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen vollständig und detailliert zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht geworden. Der Beschwerdeführer präsentierte vor Gericht eine bloße Rahmengeschichte, die er selbst auf mehrfaches Nachfragen kaum mit Details ergänzen konnte. Die Angaben des Beschwerdeführers blieben gänzlich detaillos und vage. Der Beschwerdeführer gab auch ausweichende Antworten. Es ergaben sich viele Unplausibilitäten und Widersprüche, die seine Angaben unglaubhaft scheinen lassen.

Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität. Die erzählte Geschichte erweckte für das Gericht daher den Eindruck, dass es sich lediglich um eine auswendig gelernte konstruierte Geschichte handelt.

So gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung in der freien Erzählung, nach der Aufforderung seine Fluchtgründe umfassend und detailliert anzugeben, folgendes an:

"Der Grund ist, dass ich in Afghanistan getötet worden wäre, wenn ich Afghanistan nicht verlassen hätte, weil ich ein Bodyguard war. Ich war einmal bei meinem Chef und meine Mutter hat mich angerufen und hat mir gesagt, dass ich nicht nach Haus gehen soll, weil dort werde ich getötet und meine Mutter hat mich gebeten, bei meinem Chef zu bleiben. Ich war dann 10 Tage lang bei meinem Chef aufhältig. Danach bin ich durch einen Schlepper hierher geflüchtet. Ich bin hierhergekommen und bin davon ausgegangen, hier in Sicherheit leben zu dürfen." (OZ 10, S. 17)

Bereits diese Angaben wirken wie eine grobe Rahmengeschichte ohne lebensnahen Details.

Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer den Angriff von mehreren bewaffneten Talibankämpfern auf das Haus der Familie in der freien Erzählung vor dem Gericht nicht angegeben hat. Gerade ein Angriff der Taliban auf das Haus der Familie müsste besonders einprägsam sein und jedenfalls in Erinnerung bleiben.

2.3.2. Zudem machte der Beschwerdeführer auch zu seiner Ausbildung und Tätigkeit als Bodyguard unplausible und widersprüchliche Angaben:

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er eine Blitzausbildung in der Dauer von eineinhalb Wochen erhalten habe (AS 149). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass seine Ausbildung einen Monat lang gedauert habe (OZ 10, S. 8, S. 10).

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er während der eineinhalb Wochen eine Ausbildung für die Kontrolle des Autos nach Autobomben, die Beobachtung von Leuten, Ausspähen von Verdächtigen, Wachdienst, Aufmerksamkeit, Waffenhandhabung und Funkausbildung erhalten habe (AS 149). In der mündlichen Verhandlung machte der Beschwerdeführer zu seiner Ausbildung nachstehende Angaben:

"R: Haben Sie einen Beruf gelernt?

BF: Ja, ich war Bodyguard und habe eine Ausbildung dazu gemacht.

R: Was war das für eine Ausbildung?

BF: Ich war als Security tätig und wenn mich jemand gebraucht hat, dann konnte ich hingehen und ihn begleiten.

R: Was haben Sie in der Ausbildung gelernt?

BF: Bei meiner Ausbildung haben sie mir gezeigt, dass wenn ich jemanden begleite und ich Auto fahre, dann muss ich auf meine Umgebung aufpassen und schauen, was in der Umgebung passiert. Danach war ich jedes Mal woanders tätig.

R: Was haben Sie noch in der Ausbildung gelernt?

BF: Die Ausbildung dort, ist nicht dieselbe Ausbildung wie hier in Österreich. Mein Auftraggeber hatte ein großes Restaurant und er hat mir meine Aufgaben gezeigt. Ich musste ab und zu auf die Gäste aufpassen oder wenn er mir einen Auftrag gegeben hat, dann habe ich diesen erfüllt." (OZ 10, S. 8)

Während der Beschwerdeführer in der Verhandlung eine Tätigkeit im Restaurant angab, sprach er beim Bundesamt von einer Funkausbildung und dem Ausspähen von Verdächtigen. Die Angaben sind nicht in Einklang zu bringen. Zudem sind die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung sehr vage und detaillos. Das Gericht verkennt nicht, dass der Beschwerdeführer Analphabet ist und die Ausbildung jedenfalls eher kurz gewesen wäre, es wäre jedoch die einzige Ausbildung gewesen, die der Beschwerdeführer erhalten hätte, sodass diese jedenfalls einprägsam sein müsste.

Der Beschwerdeführer konnte auch keine nachvollziehbaren Angaben zum Inhalt seiner Tätigkeit als Bodyguard machen. Er machte in der Verhandlung nachstehende Angaben zum Inhalt seiner Tätigkeit:

R: Was genau haben Sie als Personenschützer gemacht?

BF: Ich war immer sein Begleiter.

R: Bitte beschreiben Sie mir ganz detailliert was Ihre Aufgabe war?

BF: Ich war sowie ein Bodyguard und ich musst auf alles aufpassen. Ich musste auf seine Sicherheit, auf die Autosicherheit und auch auf meine Sicherheit aufpassen.

R: Können Sie das genauer bezeichnen?

BF: Was soll ich sagen?

R: Was Sie gemacht haben und dass detailliert bitte!

BF: Ich war Bodyguard. Was soll ich gemacht haben? Ich musste überall hingehen und ihn begleiten. (OZ 10, S. 9-10)

Auch diese Angaben sind vage und detaillos und machen nicht den Eindruck, als hätte der Beschwerdeführer jemals als Bodyguard gearbeitet.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er 20.000 Afghani und zusätzlich 300-400 USD pro Monat erhalten habe, wobei die USD Trinkgelder gewesen seien, die er von der Verwandtschaft seines Chefs erhalten habe (AS 143). Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung an, dass immer nur in Dollar bezahlt worden sei, er habe jeden Monat 400 Dollar Grundgehalt bekommen und von anderen Kommandanten habe er dann ungefähr 300 USD Trinkgeld erhalten, sodass er insgesamt auf 700 USD gekommen sei (OZ 10, S. 9). Da der Beschwerdeführer diese Tätigkeit über zwei Jahre ausgeübt haben will und dies die einzige Einkommensquelle des Beschwerdeführers gewesen wäre, müsste dem Beschwerdeführer jedenfalls bekannt sei, wie und in welcher Höhe er bezahlt worden wäre.

Der Beschwerdeführer legte zwar Fotos und Unterlagen aus Afghanistan vor, diese sind jedoch in Anbetracht der Vielzahl an Widersprüchen und Unplausibilitäten in der mündlichen Verhandlung nicht geeignet eine Tätigkeit des Beschwerdeführers als Bodyguard nachzuweisen. Zudem ist den Urkunden entgegen zu halten, dass der Korruptionsindex in Afghanistan sehr hoch ist und daher auch Zugang zu gefälschten Dokumenten besteht. Der Beschwerdeführer wurde auch wegen des Gebrauchens eines gefälschten afghanischen Führerscheins im Rechtsverkehr gemäß § 223 Abs 2 StGB in Österreich von einem Strafgericht verurteilt.

Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer tatsächlich nicht als Bodyguard tätig war, sondern einer anderen beruflichen Tätigkeit nachging.

2.3.3. Zudem sind in den Angaben des Beschwerdeführers erhebliche Widersprüche enthalten, die sein Fluchtvorbringen gänzlich unglaubhaft scheinen lassen.

Der Beschwerdeführer gab vor dem Bundesamt an, dass die Taliban das Haus der Familie angegriffen und durchsucht hätten, sein Bruder habe ihm am nächsten Tag angerufen und informiert (AS 146). In der Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass er am nächsten Tag von seiner Mutter erfahren habe, dass das Haus von den Taliban aufgesucht worden wäre (OZ 10, S. 18). Die Nachricht, dass die Taliban das Haus durchsucht und nach dem Beschwerdeführer gesucht hätten, müsste jedenfalls einprägsam sein und in Erinnerung bleiben. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich unterschiedliche Angaben gemacht hat, hätte sich eine Bedrohung durch die Taliban tatsächlich ereignet.

Es ist zudem nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan bedroht werden würde und er deshalb Afghanistan verlassen müsse und der Geschäftsmann weiterhin in Afghanistan leben könne. Es ist auch nicht plausibel, dass die Taliban den Beschwerdeführer ins Visier nehmen sollten und nicht den Geschäftsmann, der tatsächlich für die Regierung arbeiten würde.

Auch die Angaben des Beschwerdeführers, wonach er eine Gefahr für seinen Chef sei (AS 150), sind nicht nachvollziehbar. Würde der Chef des Beschwerdeführers für die Regierung arbeiten, so kann dies den Grund für eine Gefährdung durch die Taliban darstellen. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund eine Anstellung des Beschwerdeführers für seinen Chef eine Gefährdung für den Chef darstellen sollte.

Der Beschwerdeführer gab an, dass nur Personen, die außerhalb der Stadt Jalalabad Probleme mit den Taliban gehabt haben, innerhalb der Stadt Jalalabad seien die Personen, die für den Geschäftsmann gearbeitet habe, in Sicherheit gewesen (OZ 10, S. 10). Den Länderberichten ist zu entnehmen, dass es auch in der Stadt Jalalabad zu Übergriffen durch die Taliban kommt. Die Angaben des Beschwerdeführers sind daher auch in diesem Punkt nicht nachvollziehbar.

Der Beschwerdeführer gab zudem in der Erstbefragung an, dass er von den Taliban unter Druck gesetzt worden wäre mit Ihnen zusammen zu arbeiten und den Geschäftsmann zu eliminieren. Er habe dies auch zugesagt, bis es brenzlig geworden sei und er in Lebensgefahr geraten sei (AS 21). Der Beschwerdeführer gab jedoch im weiteren Verfahren an, dass es nur einen einzigen Kontakt zu den Taliban über ein Telefonat gegeben habe, bei diesem sei seine Arbeit für seinen Chef in Frage gestellt und ihm angedroht worden ihn und seinen Chef umzubringen. Dass vom Beschwerdeführer verlangt worden sei seinen Chef zu eliminieren oder, dass er dies sogar zugesagt habe, ist den weiteren Angaben des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen. Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen machen einen sehr inkonsistenten Eindruck.

Aufgrund der insgesamt nicht glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers geht das Gericht davon aus, dass der Beschwerdeführer noch nie von den Taliban bedroht wurde und er von diesen in Afghanistan auch nicht gesucht wird. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die Taliban oder durch andere Personen.

2.3.4. Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er wegen seiner Volksgruppen- und Religionsgruppenzugehörigkeit keine Probleme in Afghanistan gehabt habe (AS 151). In der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er - abgesehen von der Verfolgung durch die Taliban, die jedoch nicht glaubhaft ist - bei einer Rückkehr keine sonstigen Probleme haben würde (OZ 10, S. 18). Es konnten daher keine anderen Verfolgungsrisiken erkannt werden.

2.3.5. Es ist auch keine Gefahr zu erkenne, wonach der Beschwerdeführer als "verwestlicht" angesehen werden würde. Aufgrund der Kürze seines Aufenthalts ist in Zusammenhang mit dem von ihm in der Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck nach Ansicht des Gerichts nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine westliche Lebenseinstellung in einer ihn in Afghanistan exponierenden Intensität übernommen hätte. Es ist auch nicht erkennbar, warum gerade der Beschwerdeführer gegenüber hunderttausend anderen Rückkehrern in eine derart exponierte Lage geraten soll, dass er auf Grund seines Lebensstils oder auf Grund seines Aufenthaltes in einem westlichen Land psychischer oder physischer Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt wäre.

Es ist weder den Angaben des Beschwerdeführers noch den beigezogenen Länderberichten zu entnehmen, dass Rückkehrer aus Europa in besondere Form von Gewalt und Bedrohung betroffen wären, sodass auch eine generelle (Gruppen-)Verfolgung von Rückkehrern aus Europa nicht festgestellt werden konnte.

2.4. Zu den Feststellungen zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zu den Folgen einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz Nangarhar ergeben sich aus den o.a. Länderberichten. Daraus geht unter anderem hervor, dass die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers volatil ist.

Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in außerhalb seiner Herkunftsprovinz gelegenen Landesteilen, insbesondere in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif, ergeben sich - unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan - aus den o.a. Länderberichten und aus den Angaben des Beschwerdeführers.

In den Städten Herat und Mazar-e Sharif finden überwiegend High-Profile-Angriffe in Regierungs- und Botschaftsnähe, also mit möglichst hoher medialer Reichweite, statt. Dabei kam es immer wieder zu zivilen Opfern. Die Regierung ist jedoch in der Lage hier die Sicherheit abseits dieser High-Profile Attentate zu gewährleisten. Das Gericht geht daher davon aus, dass es in der Stadt Herat und Mazar-e Sharif zu Anschlägen kommt, jedoch nicht in allen Stadtteilen.

Dass die Wohnraum- und Versorgungslage angespannt ist, ergibt sich aus den Länderberichten, wonach in größeren Städten zwar an sich Wohnraum zur Verfügung steht, es jedoch eine erhebliche Anzahl an Rückkehrern gibt, sodass die Lage angespannt ist. Auch gibt es nicht genügend Arbeitsplätze.

Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich anpassungsfähig ist, ergibt sich daraus, dass er in Österreich einer ehrenamtlichen Tätigkeit nachgeht und er sich in Österreich an sich zurechtfindet. Es sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, die gegen eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit des Beschwerdeführers sprechen.

Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich arbeitsfähig ist, ergibt sich daraus, dass er selber angab, einer Arbeit nachgehen zu wollen und auch jede Arbeit ausüben zu könne. Es sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen sind, die gegen eine Arbeitsfähigkeit sprechen.

Der Beschwerdeführer ist mit der afghanischen Kultur und den afghanischen Gepflogenheiten sozialisiert. Er kann sich daher in den Städten Herat und Mazar-e Sharif zurechtfinden. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich in der Lage sich schnell zu Recht zu finden und sich an neue Situationen anzupassen, er kann auch innerhalb kurzer Zeit Ortskenntnisse erwerben. Ihm sind städtische Strukturen zudem durch sein Aufwachsen in der Stadt Jalalabad bekannt.

Der Beschwerdeführer ist zudem im erwerbsfähigen Alter, gesund, volljährig und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer hat zwar Sorgepflichten für seine Ehefrau, diese musste er jedoch in den letzten Jahren nicht finanziell unterstützen. Diese wird von seinem Vater und Bruder unterhalten.

Der Beschwerdeführer kann von seiner Familie finanziell unterstüt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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