TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/17 W264 2187608-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.01.2020
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Entscheidungsdatum

17.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W264 2187608-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX ) XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Islamische Republik Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Tirol vom 26.1.2018, 15-1098304503/151939251, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der BF reiste unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 4.12.2015 den Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 6.12.2015 wurde er durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seinem Fluchtgrunde erstmals befragt und nannte als bisherig erlangte Bildung und Berufserfahrung "1 Jahr Grundschule in Afghanistan und Teppichknüpfer" und als seine Volksgruppe jene der Hazara sowie die Religionszugehörigkeit "Schiit".

Er begründete die Flucht in der Erstbefragung damit, dass sie in Afghanistan Grundstücke und Felder gehabt hätten und es daher Probleme mit einer Person gegeben habe. Diese habe die Grundstücke für sich beansprucht, weshalb ein heftiger / blutiger Streit zwischen dieser Person und dem Vater des BF entstanden sei. Letztendlich habe sich die gesamte Familie aus diesem Grunde in Pakistan angesiedelt, so der BF.

3. Am 15.1.2018 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA" oder "belangte Behörde") die niederschriftliche Einvernahme statt, an welcher als seine Vertrauensperson Frau XXXX teilnahm und wo er mit dem Argument, es habe trotz Rückübersetzung der Niederschrift über die Erstbefragung Fehler im Protokoll gegeben, etwa seinen Namen, vorbrachte, dass sein Vorname XXXX und sein Familienname XXXX sei. Die Einvernahme wurde in der Sprache Dari durchgeführt.

Der BF legte Dokumente über bisher im Bundesgebiet gesetzte integrative Schritte und von ihm besuchte Kurse vor sowie ein ÖSD-Zertifikat A2 (gut bestanden) vom 19.7.2017 und ein ÖSD-Zertifikat A2 (bestanden) vom 11.12.2017 (siehe Fremdakt in AS 351 bis 391).

Er gab an, dass seine Eltern bereits verstorben seien (jeweils natürlichen Todes) und die Geschwister gemeinsam in einer Mietwohnung in Quetta leben würden. Die Schwestern würden als Hausfrauen leben. Ein Bruder würde als Tagelöhner auf Baustellen arbeiten, der noch sehr junge Bruder helfe in einem Schuhgeschäft. Alle Geschwister seien Analphabeten und beschrieb er die finanzielle Situation der Geschwister derart, dass sie - je nachdem, wieviel die Brüder ins Verdienen bringen - genug zu essen hätten.

Er habe im Alter von 14 Jahren Afghanistan in Richtung Pakistan verlassen. Dies habe der Vater für sie alle entschieden, da der Vater "seit mindestens sechs, sieben Jahren Probleme mit einem Mann namens XXXX gehabt habe, da dieser die Felder des Vaters für sich habe wollen. Der BF gab an, dass alles was er als Fluchtgrund vortrage, vom Vater vom-Hören-Sagen habe. XXXX sei ein Landwirt aus dem Nachbardorf, welcher mit vielen anderen Grundstückstreitigkeiten habe und viele Verwandte habe und einflussreich sei. XXXX Cousins wären laut Aussage seines Vaters Beamte oder hätten gute Kontakte zu der Behörde, so der BF und könne XXXX im Falle von Schlägereien auf diese Verwandten zählen.

Eines Tages habe XXXX in Begleitung von zwei weiteren Männern - Neffen schwesterlicherseits - den Vater auf den Feldern teilweise brutal geschlagen. Einmal habe sein Vater auch diese Männer mit einem Stein angegriffen. Der Vater habe eines Tages Anzeige in Panjab erstatten wollen, aber auf dem Weg dorthin hätten diese Männer den Vater gestoppt und geschlagen (dazu gab er später auf Nachfrage an, zu vermuten, dass die entlang der Strecke lebenden Verwandten des XXXX den XXXX wohl informiert haben könnten und dass sein Vater bedroht worden sei: "wenn du das noch einmal machst, dann bringen wir euch um"). Der Vater sei ratlos zu den Weißbärtigen gegangen. Da XXXX sehr mächtig sei, hätten die Weißbärtigen XXXX verteidigt, so der BF vor dem BFA. Eines Tages habe der BF mit dem Vater gemeinsam die Felder bearbeitet und seien "diese drei Männer" gekommen und hätten den Vater und den BF geschlagen und dabei sogar verletzt (dazu gab er später an, dass der Vater mit einem Stück Holz auf den Kopf und er selbst am Rücken geschlagen worden seien und andere Feldbesitzer die Streitparteien getrennt hätten, um Schlimmeres zu verhindern). Die Familie des XXXX sei zum Elternhaus gegangen und habe die Frau des XXXX die Mutter des BF und dessen Geschwister schlagen wollen, doch habe die Mutter die Türe nicht geöffnet (später gab er dazu an, "beide Ehefrauen" des XXXX und alle Töchter seien zu dem Elternhaus gekommen und hätten die Nachbarn später erzählt, dass man die Mutter geschlagen hätte, wenn sie geöffnet hätte).

XXXX habe zum Vater des BF gesagt, er sei in der Lage alle umzubringen und die Familie zu vernichten, weshalb der Vater den Entschluss gefasst habe, zu fliehen und dies einmal im Kreise der Familie damit begründet habe, dass XXXX zu mächtig und zu gierig sei und sie nie in Ruhe lassen würde.

Er selbst sei selten auf den Feldern gewesen, da er als Schafhirte in den Bergen gearbeitet habe, so der BF auf Nachfrage.

Auf Nachfrage gab der BF an, sein Vater habe "also fünf, sechs Jahre vor der Ausreise aus Afghanistan" Probleme mit XXXX gehabt, aber er wisse nicht, weshalb die Grundstückstreitigkeiten zwischen XXXX und seinem Vater vor "sechs, sieben Jahren" begonnen hätten, so der BF auf Nachfrage.

Auf Nachfrage gab der BF auch an, dass XXXX seinem Vater mit dem Umbringen und der Vernichtung der Familie am selben Tag, als auch der BF geschlagen worden sei, gedroht habe und habe sein Vater ihm gesagt, XXXX habe den Vater "früher auch ähnliche Sachen gesagt".

Auf Nachfrage gab er an, der Vater habe den Streit mit XXXX "satt gehabt" und "sich außerdem große Sorgen um mich und die Zukunft seiner Kinder" gemacht und auch befürchtet, XXXX würde ihnen früher oder später etwas Böses antun.

Der BF vermochte nicht zu sagen, wann sein Vater die Männer mit einem Stein angegriffen hätte, der Vater habe gesagt, diese Männer seien zu dritt gewesen und er habe sich mit dem Steinwurf verteidigt. Laut Vater sei dieser von XXXX immer bedroht worden und habe ihm dieser gesagt, dass der Vater bloß ein alleiniger Mann sei und eines Tages die Felder aufgeben müsse.

Auf Befragen gab er an, die Kinder des XXXX hätten die Geschwister des BF hin und wieder geschlagen ("aber nicht so heftig und brutal", Niederschrift BFA S. 13) und die Eltern hätten nichts unternommen, vor allem, da es sich um Kinder des XXXX handelte. Die Frage, weshalb die Kinder des XXXX den BF selbst jedoch nicht geschlagen hätten, beantwortete er nicht, sondern wich aus ("Sie haben uns als Feind gesehen. Sie wollten uns unter Druck setzen").

Die Frage, warum er persönlich sich nicht in einer der im damaligen Zeitpunkt als innerstaatliche Fluchtalternative angesehenen Ort ansiedeln würde, beantwortete er mit "Angst vor Afghanistan" und zum Zweiten damit, dass er gehört habe "dieser Mann" habe sehr viele Verwandte und woher sollte er denn wissen, dass von diesen nicht auch in Mazar-e Sharif oder Herat Verwandte leben.

4. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Afghanistan abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung beträgt.

5. Dagegen wurde mit Schriftsatz des Rechtsberaters das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und darin Anträge gestellt und näher begründet, womit der Bescheid des BFA bekämpft wird.

6. Der Fremdakt langte beim Bundesverwaltungsgericht am 23.2.2018 ein.

7. Am 6.12.2018 legte der BF die Vollmacht seines nunmehrigen Rechtsvertreters Rechtsanwalt Mag. Robert Bitsche, 1050 Wien, vor (Beilage ./B der Verhandlungsschrift).

8. Am 6.12.2018 wurde die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher der BF unter Hinweis auf die Mitwirkungspflicht zu den Fluchtgründen im Beisein des nunmehr vom BF gewillkürten Rechtsvertreters befragt wurde. Die erkennende Richterin wies den BF auf die Mitwirkungspflicht des § 15 AsylG 2015 hin und forderte ihn in der Verhandlung auf, in Ruhe in freier Erzählung nochmals die Gründe, warum das Herkunftsland verlassen wurde und ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß zu erzählen. Er wurde aufgefordert: "Lassen Sie nichts weg! Nehmen Sie sich Zeit und erzählen Sie ganz konkret und mit Details. Falsche Angaben beeinträchtigen die Glaubhaftigkeit Ihres Fluchtberichts". Sie haben nun die Möglichkeit von sich aus alles zu erzählen, ohne auf Fragen von mir warten zu müssen" (Verhandlungsschrift S. 6).

Der BF begann daraufhin die Fluchtgründe zu schildern und wurden ihm dazu Fragen gestellt und wird für die Angaben des BF auf die Verhandlungsschrift verwiesen. Der BF bestätigte auf Nachfrage, den der Sprachen Farsi und Dari mächtigen Dolmetscher Dr. XXXX während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden zu haben (Verhandlungsschrift S. 12).

Die Verhandlungsschrift wurde auf Wunsch des BF diesem nicht rückübersetzt, sondern begehrte er, dass der Rechtsvertreter diese durchlese und gab es gegen die Niederschrift weder Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit, noch wegen behaupteter Unrichtigkeit.

Die erkennende Richterin informierte den BF und dessen Rechtsberater, dass beabsichtigt ist, den Länderbericht in jener Fassung, welche im Zeitpunkt der Entscheidung aktuell ist, der Entscheidung zu Grunde zu legen und wurde wird mitgeteilt, dass für den Fall, dass bis zur Zustellung der Entscheidung eine neue Fassung des Länderberichts der Staatendokumentation herauskommen sollte, eine allfällige Stellungnahme hiezu dem Gericht ohne Aufforderung zu übermitteln ist.

9. Der BF übergab in der mündlichen Verhandlung folgende Beweismittel:

* Bestätigungen der XXXX GmbH und des Stadtamtes XXXX über die Verrichtung gemeinnütziger Tätigkeiten jeweils zur vollsten Zufriedenheit (datiert 3.12.2018 und 23.11.2018)

* Teilnahmebestätigung betreffend Deutschkurs B1 bei XXXX

* Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs am 20.11.2018

* Empfehlungsschreiben von XXXX vom 19.11.2018, wonach der BF sehr lernbereit sei, großes Interesse an den kulturellen Besonderheiten und Werten Österreichs habe und höflich und zuvorkommend sei. Er erscheine immer pünktlich und bringe sich aktiv in die Gruppenarbeiten ein. Er unterstütze schwächere KollegInnen während der Deutschkurse und motiviere seine KollegInnen zur Teilnahme an den Kursen.

* Empfehlungsschreiben des XXXX vom 1.12.2018, welcher den BF beim XXXX kennen lernte und darin seine persönlichen Eindrücke vom BF schildert (ehrenamtliches Engagement des BF bei einer Kleiderspenden-Aktion des XXXX , wo der BF Kleider nähe und ändere, immer sorgsam, freundlich und hilfsbereit auftrete und einen beachtlichen Deutsch-Wortschatz aufgebaut habe. Er sei sehr westlich orientiert und halte auch außerhalb des ehrenamtlichen Engagements Kontakt zu XXXX . Der BF sei nicht nur im Rahmen des XXXX gerne gesehen und voll integriert, so das Empfehlungsschreiben.)

* Teilnahmebestätigung des XXXX über "Basismodul Gesundheit und Soziale Dienste" im Ausmaß von 16 Stunden, 1.12.2018

* Tätigkeitsbestätigung des XXXX über ehrenamtliche Tätigkeiten des BF bei Veranstaltungen und Aktion des XXXX , datiert 1.12.2018 (BF ist gewissenhaft mit großer Perfektion und leistet großartigen Beitrag dazu, auch andere AsylwerberInnen zu motivieren und habe angenehme Umgangsformen)

* Teilnahmebestätigung "Nachhaltiger Konsum", angeboten von Initiative XXXX , datiert 11.6.2018

10. Am 11.3.2019 langten per E-Mail des Rechtsvertreters als Attachment zwei Fotographien von Seite 1 und Seite 2 des Ambulanzberichtes der XXXX , Gastroenterologische-Hepatologische Ambulanz, vom 5.2.2019 über die Untersuchung des BF am 3.1.2019 ein mit der Diagnose "Chronische HBe-Antigen negative HBV-Infektion. Hepatitis A Immunität, Latente Hyperthyreose (cave Kontrastmittel)" mit der Zwischenanamnese "Kommt von Arbeitsmedizinerin zur Arbeitsfreigabe auf Verdacht auf chronische Hepatitis B. Hätte Arbeitsangebot bei XXXX Kliniken zum Bettenschieben. Keine Schmerzen, kein Fieber. Gelegentlich Müdigkeit. Leistungsfähigkeit gut. Kein Nachtschweiß. Gewicht 69 kg konstant. Keine Dauermedikation".

Auf der Fotographie der Seite 2 des Ambulanzberichts steht zu lesen:

"Subjektiv bestehen Wohlbefinden und eine gute Leistungsfähigkeit. Sonographisch und im Fibroscan [Anm: Untersuchung der Leber] befinden sich keine Auffälligkeiten. Es besteht bei aktuell inaktivem Carrier keine Therapieindikation und der Patient ist arbeitsfähig".

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Auf Grundlage des eingebrachten Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung sowie Einvernahme des Beschwerdeführers zunächst durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie Monate später durch des BFA, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der abgegebenen Stellungnahme des Rechtsvertreters in der Verhandlung, der vorgelegten Beweismittel, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt der belangten Behörde, der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, in das Strafregister und das GrundversorgungsInformationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und dieser Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

Die Identität steht mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest.

1.1. Feststellungen zum Beschwerdeführer und zu seinen Fluchtgründen:

1.1.1. Der BF reiste in Umgehung der Grenzkontrollen unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein.

1.1.2. Der BF stellte in Österreich am 4.12.2015 den Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.3. Der BF ist ein in Afghanistan geborener afghanischer Staatsbürger aus der Volksgruppe der Hazara und aus der afghanischen Provinz Bamyian stammend. Der BF wurde in einem von islamischen Werten geprägten familiären Umfeld sozialisiert.

1.1.4. Der BF ist ledig. Der BF verfügt über Berufserfahrung als Teppichknüpfer, als Schneider, als Hirte in den Bergen und als Helfer in der familieneigenen Landwirtschaft.

1.1.5. Der BF gehört der Glaubensgemeinschaft der Schiiten und der Volksgruppe der Hazara an.

1.1.6. Der BF spricht Dari auf muttersprachlichem Niveau. In Österreich hat er Deutschkurse belegt und die deutsche Sprache erlernt. Der BF besuchte einen Englischkurs. Der BF ist der lateinischen Schrift mächtig. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in seiner Muttersprache Analphabet ist. Der BF erlangte vor seiner Einreise Schulbildung.

1.1.7. Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.1.8. Der BF ist nicht lebensbedrohlich krank. Er ist erwerbsfähig.

1.1.9. Der BF bestreitet den Lebensunterhalt in Österreich durch die staatliche Grundversorgung und ist vollwertiges Mitglied im Verein XXXX - Freiwillige Rettung XXXX .

1.1.10. Der BF verfügt nicht über Familienangehörige im Bundesgebiet.

Der BF verfügt über Familienangehörige außerhalb Österreichs.

1.1.11. Der BF konnte eine asylrelevante Verfolgung nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht glaubhaft machen. Zudem droht dem Beschwerdeführer im Falle einer Verbringung in seinen Herkunftsstaat Afghanistan kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK). Es kann nicht festgestellt werden, dass er einer asylrechtlich relevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt war bzw. ihm eine solche Verfolgung bei Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht: Es kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass der BF bei Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder wegen politischen Ansichten von Seiten Dritter bedroht wäre.

Der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit vom Konflikt sowie dessen Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.

1.1.12. Es kann nicht festgestellt werden, dass konkret der BF als Angehöriger der Hazara sowie als Angehöriger der schiitischen Glaubensgemeinschaft bzw dass jeder Mensch des Volksstammes und / oder der Religionsgemeinschaft des BF in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt ist.

1.1.13. Es kann weder festgestellt werden, dass konkret der BF aufgrund der Tatsache, dass er jahrelang in Pakistan gelebt und sich zuletzt in Europa aufgehalten hat, noch, dass jeder afghanische Staatsangehörige, welcher aus Pakistan und / oder aus Europa nach Afghanistan zurückgekehrt, in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt ist. Dem BF droht bei Rückkehr nicht eine Verfolgung aufgrund der Rückkehr aus dem westlichen Ausland.

1.1.14. Die Herkunftsprovinz des BF ist Bamyan.

Die Provinz Bamyan zählt zu den relativ friedlichen Provinzen in Zentralafghanistan (KP 30.6.2018; vgl. TN 28.6.2017). Jedoch wurde im Juli 2018 von einem Angriff der Taliban-Aufständische auf mehrere Polizeikontrollstellen im Distrikt Kahmard berichtet (TN 30.7.2018). Nichtsdestotrotz, hatten die Taliban mit Stand November 2018 keinen Einfluss in Bamyan (RFE/RL 13.11.2018).

Der Linienverkehr zum und vom Flughafen Bamyan ist mit Stand Februar 2019 wieder aufrecht (Lifos 7.2.2019). Bamyan kann von Kabul aus entweder über die Autobahn Kabul-Bamyan, über die Provinz (Maidan) Wardak oder über Parwan erreicht werden (PAJ 26.4.2015). Bamyan soll 2022 über die sogenannte Baghlan-Bamyan (B2B)-Straße mit dem benachbarten Baghlan verbunden werden.

Der BF kann somit seiner Herkunftsprovinz von Österreich aus gefahrlos über die von Frontex zur Außerlandesbringung übliche Flugroute Wien - Kabul erreichen und von dort aus über die Autobahn Kabul - Bamyan heimreisen.

Daher wäre dem BF eine Rückkehr in die Herkunftsprovinz möglich und zumutbar und ist die Herkunftsprovinz ein Ort für die Wiederansiedelung des BF nach seiner Rückkehr.

Allerdings scheidet die Hauptstadt Kabul vor dem Hintergrund des "Auszug aus den UNHCR-Richtlinien zur Beurteilung des internen Schutzbedarfs von Asylsuchenden aus Afghanistan vom 30.8.2018" und dem UNHCR-Bericht aus Dezember 2019 (UNCHR 12/2019 - Bericht zur Verfügbarkeit einer internen Flucht-, Umsiedlungs- oder Schutzalternative zu Kabul") als innerstaatliche Fluchtalternative aus.

1.1.15. Der BF kann sich in Afghanistan aber auch in der innerstaatlichen Fluchtalternative Herat ansiedeln. Laut Länderbericht ist Herat eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Ende Oktober 2017 wurde verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat. Herat verfügt über einen internationalen Flughafen, sodass Herat von Österreich aus gefahrlos über den Luftweg erreichbar ist.

Daher wäre ihm aus obigen Gründen eine Rückkehr nach Herat zumutbar.

1.1.16. Der BF kann sich in Afghanistan aber auch in der innerstaatlichen Fluchtalternative Mazar-e Sharif (Hauptstadt der Provinz Balkh) ansiedeln. Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri, sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Laut Länderbericht wurden im Dezember 2017 verschiedene Abkommen mit Usbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017). Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018). Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017). Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz bloß 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen und ist daher eine gefahrlose Rückkehr von Österreich über den Luftweg möglich.

Daher wäre dem BF aus obigen Gründen eine Rückkehr nach Mazar-e Sharif zumutbar.

1.2. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:

Bezogen auf die Situation des BF sind folgende Länderfeststellungen als relevant zu werten:

Aus dem Länderbericht der Staatendokumentation vom 13.11.2019 idgF:

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil (UNGASC 3.9.2019), nachdem im Frühjahr sowohl die Taliban als auch die afghanische Regierung neue Offensiven verlautbart hatten (USDOD 6.2019). Traditionell markiert die Ankündigung der jährlichen Frühjahrsoffensive der Taliban den Beginn der sogenannten Kampfsaison - was eher als symbolisch gewertet werden kann, da die Taliban und die Regierungskräfte in den vergangenen Jahren auch im Winter gegeneinander kämpften (AJ 12.4.2019). [...]

Kabul

Die Provinz Kabul liegt im Zentrum Afghanistans (PAJ o.D.) und grenzt an Parwan und Kapisa im Norden, Laghman im Osten, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden sowie Wardak im Westen. Provinzhauptstadt ist Kabul-Stadt (NPS o.D.). Die Provinz besteht aus den folgenden Distrikten: Bagrami, Chahar Asyab, Dehsabz, Estalef, Farza, Guldara, Kabul, Kalakan, Khak-e-Jabar, Mir Bacha Kot, Musahi, Paghman, Qara Bagh, Shakar Dara und Surubi/Surobi/Sarobi (CSO 2019; vgl. IEC 2018).

Laut dem UNODC Opium Survey 2018 verzeichnete die Provinz Kabul 2018 eine Zunahme der Schlafmohnanbaufläche um 11% gegenüber 2017. Der Schlafmohnanbau beschränkte sich auf das Uzbin-Tal im Distrikt Surubi (UNODC/MCN 11.2018).

Kabul-Stadt - Geographie und Demographie

Kabul-Stadt ist die Hauptstadt Afghanistans und auch ein Distrikt in der Provinz Kabul. Es ist die bevölkerungsreichste Stadt Afghanistans, mit einer geschätzten Einwohnerzahl von 5.029.850 Personen für den Zeitraum 2019-20 (CSO 2019). Die Bevölkerungszahl ist jedoch umstritten. Einige Quellen behaupten, dass sie fast 6 Millionen beträgt (AAN 19.3.2019). Laut einem Bericht, expandierte die Stadt, die vor 2001 zwölf Stadtteile - auch Police Distrikts (USIP 4.2017), PDs oder Nahia genannt (AAN 19.3.2019) - zählte, aufgrund ihres signifikanten demographischen Wachstums und ihrer horizontalen Expansion auf 22 PDs (USIP 4.2017). Die afghanische zentrale Statistikorganisation (Central Statistics Organization, CSO) schätzt die Bevölkerung der Provinz Kabul für den Zeitraum 2019-20 auf 5.029.850 Personen (CSO 2019). Sie besteht aus Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus.

Hauptstraßen verbinden die afghanische Hauptstadt mit dem Rest des Landes (UNOCHA 4.2014). In Kabul-Stadt gibt es einen Flughafen, der mit internationalen und nationalen Passagierflügen bedient wird (BFA Staatendokumentation 25.3.2019).

Die Stadt besteht aus drei konzentrischen Kreisen: Der erste umfasst Shahr-e Kohna, die Altstadt, Shahr-e Naw, die neue Stadt, sowie Shash Darak und Wazir Akbar Khan, wo sich viele ausländische Botschaften, ausländische Organisationen und Büros befinden. Der zweite Kreis besteht aus Stadtvierteln, die zwischen den 1950er und 1980er Jahren für die wachsende städtische Bevölkerung gebaut wurden, wie Taimani, Qala-e Fatullah, Karte Se, Karte Chahar, Karte Naw und die Microraions (sowjetische Wohngebiete). Schließlich wird der dritte Kreis, der nach 2001 entstanden ist, hauptsächlich von den "jüngsten Einwanderern" (USIP 4.2017) (afghanische Einwanderer aus den Provinzen) bevölkert (AAN 19.3.2019), mit Ausnahme einiger hochkarätiger Wohnanlagen für VIPs (USIP 4.2017).

Was die ethnische Verteilung der Stadtbevölkerung betrifft, so ist Kabul Zielort für verschiedene ethnische, sprachliche und religiöse Gruppen, und jede von ihnen hat sich an bestimmten Orten angesiedelt, je nach der geografischen Lage ihrer Heimatprovinzen:

Dies gilt für die Altstadt ebenso wie für weiter entfernte Stadtviertel, und sie wird in den ungeplanten Gebieten immer deutlicher (Noori 11.2010). In den zuletzt besiedelten Gebieten sind die Bewohner vor allem auf Qawmi-Netzwerke angewiesen, um Schutz und Arbeitsplätze zu finden sowie ihre Siedlungsbedingungen gemeinsam zu verbessern. Andererseits ist in den zentralen Bereichen der Stadt die Mobilität der Bewohner höher und Wohnsitzwechsel sind häufiger. Dies hat eine disruptive Wirkung auf die sozialen Netzwerke, die sich in der oft gehörten Beschwerde manifestiert, dass man "seine Nachbarn nicht mehr kenne" (AAN 19.3.2019).

Nichtsdestotrotz, ist in den Stadtvierteln, die von neu eingewanderten Menschen mit gleichem regionalen oder ethnischen Hintergrund dicht besiedelt sind, eine Art "Dorfgesellschaft" entstanden, deren Bewohner sich kennen und direktere Verbindungen zu ihrer Herkunftsregion haben als zum Zentrum Kabuls (USIP 4.2017). Einige Beispiele für die ethnische Verteilung der Kabuler Bevölkerung sind die folgenden: Hazara haben sich hauptsächlich im westlichen Viertel Chandawal in der Innenstadt von Kabul und in Dasht-e-Barchi sowie in Karte Se am Stadtrand niedergelassen;

Tadschiken bevölkern Payan Chawk, Bala Chawk und Ali Mordan in der Altstadt und nördliche Teile der Peripherie wie Khairkhana;

Paschtunen sind vor allem im östlichen Teil der Innenstadt Kabuls, Bala Hisar und weiter östlich und südlich der Peripherie wie in Karte Naw und Binihisar (Noori 11.2010; vgl. USIP 4.2017), aber auch in den westlichen Stadtteilen Kota-e-Sangi und Bazaar-e-Company (auch Company) ansässig (Noori 11.2010); Hindus und Sikhs leben im Herzen der Stadt in der Hindu-Gozar-Straße (Noori 11.2010; vgl. USIP 4.2017).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul. Nichtsdestotrotz, führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, im gesamten Jahr 2018, als auch in den ersten fünf Monaten 2019, insbesondere in der Hauptstadtregion weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele aus, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen (USDOD 6.2019; vgl. USDOD 12.2018).

Aufgrund eben dieser öffentlichkeitswirksamer Angriffe auf Kabul-Stadt kündigte die afghanische Regierung bereits im August 2017 die Entwicklung eines neuen Sicherheitsplans für Kabul an (AAN 25.9.2017). So wurde unter anderem das Green Village errichtet, ein stark gesichertes Gelände im Osten der Stadt, in dem unter anderem, Hilfsorganisationen und internationale Organisationen (RFERL 2.9.2019; vgl. FAZ 2.9.2019) sowie ein Wohngelände für Ausländer untergebracht sind (FAZ 2.9.2019). Die Anlage wird stark von afghanischen Sicherheitskräften und privaten Sicherheitsmännern gesichert (AJ 3.9.2019). Die Green Zone hingegen ist ein separater Teil, der nicht unweit des Green Villages liegt. Die Green Zone ist ein stark gesicherter Teil Kabuls, in dem sich mehrere Botschaften befinden - so z.B. auch die US-amerikanische Botschaft und andere britische Einrichtungen (RFERL 2.9.2019).

In Bezug auf die Anwesenheit von staatlichen Sicherheitskräften liegt die Provinz Kabul mit Ausnahme des Distrikts Surubi im Verantwortungsbereich der 111. ANA Capital Division, die unter der Leitung von türkischen Truppen und mit Kontingenten anderer Nationen der NATO-Mission Train, Advise and Assist Command - Capital (TAAC-C) untersteht. Der Distrikt Surubi fällt in die Zuständigkeit des 201. ANA Corps (USDOD 6.2019). Darüber hinaus wurde eine spezielle Krisenreaktionseinheit (Crisis Response Unit) innerhalb der afghanischen Polizei, um Angriffe zu verhindern und auf Anschläge zu reagieren (LI 5.9.2018).

Im Distrikt Surubi wird von der Präsenz von Taliban-Kämpfern berichtet (TN 26.3.2019; vgl. SAS 26.3.2019). Aufgrund seiner Nähe zur Stadt Kabul und zum Salang-Pass hat der Distrikt große strategische Bedeutung (WOR 10.9.2018).

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 1.866 zivile Opfer (596 Tote und 1.270 Verletzte) in der Provinz Kabul. Dies entspricht einer Zunahme von 2% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren Selbstmord- und komplexe Angriffe, gefolgt von improvisierten Sprengkörpern (improvised explosive devices, IEDs) und gezielten Tötungen (UNAMA 24.2.2019).

Die afghanischen Sicherheitskräfte führten insbesondere im Distrikt Surubi militärische Operationen aus der Luft und am Boden durch, bei denen Aufständische getötet wurden (KP 27.3.2019; vgl. TN 26.3.2019, SAS 26.3.2019, TN 23.10.2018,. KP 23.10.2018, KP 9.7.2018). Dabei kam es unter anderem zu zivilen Opfern (TN 26.3.2019; vgl. SAS 26.3.2019). Außerdem führten NDS-Einheiten Operationen in und um Kabul-Stadt durch (TN 7.8.2019; vgl. PAJ 7.7.2019, TN 9.6.2019, PAJ 28.5.2019). Dabei wurden unter anderem Aufständische getötet (TN 7.8.2019) und verhaftet (TN 7.8.2019; PAJ 7.7.2019; vgl TN 9.6.2019, PAJ 28.5.2019), sowie Waffen und Sprengsätze konfisziert (TN 9.6.2019; vgl. PAJ 28.5.2019).

IDPs - Binnenvertriebene

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 35 konfliktbedingt aus dem Distrikt Surubi vertriebene Personen, die alle in der Provinz Logar Zuflucht fanden (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA keine durch gewaltsamen Konflikt aus der Provinz Kabul vertriebene Personen (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 9.422 Vertriebene, welche in die Provinz Kabul kamen, die meisten davon in den Distrikt Kabul (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 2.580 Vertriebene in die Provinz Kabul, alle in den Distrikt Kabul. Sie stammten aus Kapisa, Kunar, Nangarhar wie auch Logar, Ghazni, Baghlan und Wardak (UNOCHA 18.8.2019).

Bis zu zwei Drittel aller Afghanen, die außerhalb ihrer Provinz vertrieben wurden, bewegen sich in Richtung der fünf Regionalhauptstädte (NRC 30.1.2019) und Kabuls Wachstum war besonders umfangreich. Die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen in Kabul ist nicht bekannt. Die Bewegung in und innerhalb der Stadt fluktuiert und viele kehren regelmäßig in friedlicheren Zeiten in ihr Herkunftsgebiet zurück (Metcalfe et al. 6.2012; vgl. AAN 19.3.2019). Im September 2018 schätzte der afghanische Minister für Flüchtlinge und Repatriierung die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen in Kabul auf 70.000 bis 80.000 Menschen (TN 21.9.2018).

Bamyan

Die Provinz Bamyan grenzt im Norden an Samangan, im Osten an Baghlan, Parwan und (Maidan) Wardak, im Süden an Ghazni und Daykundi und im Westen an Sar-e Pul und Ghor (UNOCHA 4.2014). Sie ist in sieben Distrikte unterteilt: Bamyan, Kahmard, Panjab, Saighan, Shebar, Waras und Yakawlang. Darüber hinaus existiert noch der "temporäre" Distrikt Yakawlang zwei (CSO 2019; vgl. IEC 2018). Temporäre Distrikte sind Distrikte, die nach Inkrafttreten der Verfassung im Jahr 2004 vom Präsidenten aus Sicherheits- oder anderen Gründen genehmigt, jedoch (noch) nicht vom Parlament bestätigt wurden (AAN 16.8.2018). Die Provinzhauptstadt ist Bamyan-Stadt (CSO 2019).

Nach Schätzung der zentralen Statistikorganisation Afghanistans (CSO) für den Zeitraum 2019-20 leben 486.928 Personen in Bamyan (CSO 2019). Bamyan gilt als die "inoffizielle Hazara-Hauptstadt" Afghanistans (AJ 27.6.2016) und ist Teil des sogenannten Hazarajat (DFAT 18.9.2017). Nach den Hazara sind Tadschiken und Paschtunen die zweit- und drittgrößte ethnische Gruppe in Bamyan (PAJ o.D.). Etwa 90% der Bewohner von Bamyan sind Schiiten (PAJ o.D.).

Der Linienverkehr zum und vom Flughafen Bamyan wurde im Januar 2018 eingestellt, nachdem die einzige Fluggesellschaft, die diese Strecke anfliegt, bei einem Angriff auf ein Hotel in Kabul mehrere Mitarbeiter verloren hat (PAJ 19.3.2018). Mit Stand Februar 2019 war der Betrieb wieder aufrecht (Lifos 7.2.2019). Bamyan kann von Kabul aus entweder über die Autobahn Kabul-Bamyan, über die Provinz (Maidan) Wardak oder über Parwan erreicht werden (PAJ 26.4.2015). Bamyan soll 2022 über die sogenannte Baghlan-Bamyan (B2B)-Straße mit dem benachbarten Baghlan verbunden werden (WB o.D.). Ein chinesisches Unternehmen hat 2017 einen Vertrag über den Bau einer Straße unterzeichnet, die den Distrikt Yakawlang mit dem Distrikt Dare-e-Sof in Samangan verbinden soll. Dies ist Teil des National North-South Corridor Projekts, das Mazar-e Sharif in Balkh mit Kandahar im Süden verbinden soll (XI 9.1.2017).

Gemäß dem UNODC Opium Survey des Jahres 2018 war Bamyan auch in diesem Jahr die einzige schlafmohnfreie Provinz in der Nordregion Afghanistans (UNODC/MCN 11.2018).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Die Provinz Bamyan zählt zu den relativ friedlichen Provinzen in Zentralafghanistan (KP 30.6.2018; vgl. TN 28.6.2017). Jedoch wurde im Juli 2018 von einem Angriff der Taliban-Aufständische auf mehrere Polizeikontrollstellen im Distrikt Kahmard berichtet (TN 30.7.2018). Nichtsdestotrotz, hatten die Taliban mit Stand November 2018 keinen Einfluss in Bamyan (RFE/RL 13.11.2018).

Aufseiten der Regierungstruppen liegt Bamyan im Verantwortungsbereich des 203. ANA Tandar Corps, das der Task Force Southeast untersteht, welche von US-amerikanischen Streitkräften geleitet wird (USDOD 6.2019). Im November 2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani die Bildung einer neuen militärischen Einheit mit mindestens 443 Sicherheitskräften in der Provinz an (KP 10.11.2018).

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA in Bamyan sieben zivile Opfer (ein Todesopfer, sechs Verletzte). Dies entspricht einer Steigerung von 75% gegenüber 2017. Hauptursache waren nicht explodierte Kampfmittel (unexploded ordnances, UXOs) bzw. Landminen, gefolgt von Kämpfen und Drohungen bzw. Einschüchterungen und Belästigungen (UNAMA 24.2.2019).

IDPs - Binnenvertriebe

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 acht in der Provinz Bamyan vertriebene Personen, die aus der Provinz selbst stammten (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA keine durch gewaltsamen Konflikt vertriebene Personen aus oder in die Provinz Bamyan (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 3.091 Vertriebene in die Provinz Bamyan, die hauptsächlich aus anderen Provinzen stammten (UNOCHA 28.1.2019).

Herat

Die Provinz Herat liegt im Westen Afghanistans und teilt eine internationale Grenze mit dem Iran im Westen und Turkmenistan im Norden. Weiters grenzt Herat an die Provinzen Badghis im Nordosten, Ghor im Osten und Farah im Süden (UNOCHA 4.2014). Herat ist in 16 Distrikte unterteilt: Adraskan, Chishti Sharif, Fersi, Ghoryan, Gulran, Guzera (Nizam-i-Shahid), Herat, Enjil, Karrukh, Kohsan, Kushk (Rubat-i-Sangi), Kushk-i-Kohna, Obe/Awba/Obah/Obeh (AAN 9.12.2018; vgl. PAJ o.D., PAJ 13.6.2019), Pashtun Zarghun, Shindand, Zendahjan. Zudem bestehen vier weitere "temporäre" Distrikte - Poshtko, Koh-e-Zore (Koh-e Zawar), Zawol und Zerko (CSO 2019; vgl. IEC 2018) -, die zum Zweck einer zielgerichteteren Mittelverteilung aus dem Distrikt Shindand herausgelöst wurden (AAN 3.7.2015; vgl. PAJ 1.3.2015). Die Provinzhauptstadt von Herat ist Herat-Stadt (CSO 2019). Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans (PAJ o.D.).

Die CSO schätzt die Bevölkerung der Provinz für den Zeitraum 2019-20 auf 2.095.117 Einwohner, 556.205 davon in der Provinzhauptstadt (CSO 2019). Die wichtigsten ethnischen Gruppen in der Provinz sind Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Usbeken und Aimaqs, wobei Paschtunen in elf Grenzdistrikten die Mehrheit stellen (PAJ o.D.). Herat-Stadt war historisch gesehen eine tadschikisch dominierte Enklave in einer paschtunischen Mehrheits-Provinz, die beträchtliche Hazara- und Aimaq-Minderheiten umfasst (USIP 2015). Umfangreiche Migrationsströme haben die ethnische Zusammensetzung der Stadt verändert. Der Anteil an schiitischen Hazara ist seit 2001 besonders gestiegen, da viele aus dem Iran rückgeführt oder aus den Provinzen Zentralafghanistans vertrieben wurden (AAN 3.2.2019). Der Grad an ethnischer Segregation ist in Herat heute ausgeprägt (USIP 2015; vgl. BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Die Provinz ist durch die Ring Road mit anderen Großstädten verbunden (TD 5.12.2017). Eine Hauptstraße führt von Herat ostwärts nach Ghor und Bamyan und weiter nach Kabul. Andere Autobahn verbinden die Provinzhauptstadt mit dem afghanisch-turkmenischen Grenzübergang bei Torghundi sowie mit der afghanisch-iranischen Grenzüberquerung bei Islam Qala (iMMAP 19.9.2017). Ein Flughafen mit Linienflugbetrieb zu internationalen und nationalen Destinationen liegt in der unmittelbaren Nachbarschaft von Herat-Stadt (BFA Staatendokumentation 25.3.2019).

Laut UNODC Opium Survey 2018 gehörte Herat 2018 nicht zu den zehn wichtigsten Schlafmohn anbauenden Provinzen Afghanistans. 2018 sank der Schlafmohnanbau in Herat im Vergleich zu 2017 um 46%. Die wichtigsten Anbaugebiete für Schlafmohn waren im Jahr 2018 die Distrikte Kushk und Shindand (UNODC/MCN 11.2018).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Herat gehört zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen Afghanistans, jedoch sind Taliban-Kämpfer in einigen abgelegenen Distrikten aktiv und versuchen oft terroristische Aktivitäten durchzuführen (KP 19.5.2019; vgl. KP 17.12.2018). Je mehr man sich von Herat-Stadt (die als "sehr sicher" gilt) und den angrenzenden Distrikten Richtung Norden, Westen und Süden entfernt, desto größer wird der Einfluss der Taliban (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Auch im Vergleich zu Kabul gilt Herat-Stadt einem Mitarbeiter von IOM-Kabul zufolge zwar als sicherere Stadt, doch gleichzeitig wird ein Anstieg der Gesetzlosigkeit und Kriminalität verzeichnet:

Raubüberfälle nahmen zu und ein Mitarbeiter der Vereinten Nationen wurde beispielsweise überfallen und ausgeraubt. Entführungen finden gelegentlich statt, wenn auch in Herat nicht in solch einem Ausmaß wie in Kabul (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Der Distrikt mit den meisten sicherheitsrelevanten Vorfällen ist der an Farah angrenzende Distrikt Shindand, wo die Taliban zahlreiche Gebiete kontrollieren. Wegen der großen US-Basis, die in Shindand noch immer operativ ist, kontrollieren die Taliban jedoch nicht den gesamten Distrikt. Aufgrund der ganz Afghanistan betreffenden territorialen Expansion der Taliban in den vergangenen Jahren sah sich jedoch auch die Provinz Herat zunehmend von Kampfhandlungen betroffen.

Dennoch ist das Ausmaß der Gewalt im Vergleich zu einigen Gebieten des Ostens, Südostens, Südens und Nordens Afghanistans deutlich niedriger (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Innerhalb der Taliban kam es nach der Bekanntmachung des Todes von Taliban-Führer Mullah Omar im Jahr 2015 zu Friktionen (AAN 11.1.2017; vgl. RUSI 16.3.2016; SAS 2.11.2018). Mullah Rasoul, der eine versöhnlichere Haltung gegenüber der Regierung in Kabul einnahm, spaltete sich zusammen mit rund 1.000 Kämpfern von der Taliban-Hauptgruppe ab. Die Regierungstruppen kämpfen in Herat angeblich nicht gegen die Rasoul-Gruppe, die sich für Friedensgespräche und den Schutz eines großen Pipeline-Projekts der Regierung in der Region einsetzt (SAS 2.11.2018). Innerhalb der Taliban-Hauptfraktion wurde der Schattengouverneur von Herat nach dem Waffenstillstand mit den Regierungstruppen zum Eid al-Fitr-Fest im Juni 2018 durch einen als Hardliner bekannten Taliban aus Kandahar ersetzt (UNSC 13.6.2019).

2017 und 2018 hat der IS bzw. ISKP Berichten zufolge drei Selbstmordanschläge in Herat-Stadt durchgeführt (taz 3.8.2017; Reuters 25.3.2018).

Aufseiten der Regierung ist das 207. Zafar-Corps der ANA für die Sicherheit in der Provinz Herat verantwortlich (USDOD 6.2019; vgl. PAJ 2.1.2019), das der NATO-Mission Train, Advise, and Assist Command - West (TAAC-W) untersteht, welche von italienischen Streitkräften geleitet wird (USDOD 6.2019; vgl. KP 16.12.2018).

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 259 zivile Opfer (95 Tote und 164 Verletzte) in Herat. Dies entspricht einem Rückgang von 48% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren improvisierten Sprengkörper (improvised explosive devices, IEDs; ohne Selbstmordanschläge), gefolgt von Kämpfen am Boden und gezielten Tötungen (UNAMA 24.2.2019).

In der Provinz Herat kommt es regelmäßig zu militärischen Operationen (KP 16.6.2019; vgl. KP 28.9.2019, KP 29.6.2019, KP 17.6.2019, 21.5.2019). Unter anderem kam es dabei auch zu Luftangriffen durch die afghanischen Sicherheitskräfte (KP 16.6.2019; vgl. AN 23.6.2019). In manchen Fällen wurden bei Drohnenangriffen Talibanaufständische und ihre Führer getötet (AN 23.6.2019; vgl. KP 17.12.2018; KP 25.12.2018). Der volatilste Distrikt von Herat ist Shindand. Dort kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen rivalisierenden Taliban-Fraktionen, wie auch zwischen den Taliban und regierungsfreundlichen Kräften (NYTM 12.12.2018; AJ 7.12.2018; AN 30.11.2018; KP 28.4.2018; VoA 13.4.2018). Regierungskräfte führten beispielsweise im Dezember 2018 (KP 17.12.2018) und Januar 2019 Operationen in Shindand durch (KP 26.1.2019). Obe ist neben Shindand ein weiterer unsicherer Distrikt in Herat (TN 8.9.2018). Im Dezember 2018 wurde berichtet, dass die Kontrolle über Obe derzeit nicht statisch ist, sondern sich täglich ändert und sich in einer Pattsituation befindet (AAN 9.12.2018). Im Juni 2019 griffen die Aufständischen beispielsweise mehrere Posten der Polizei im Distrikt an (AT 2.6.2019; vgl. PAJ 13.6.2019) und die Sicherheitskräfte führten zum Beispiel Anfang Juli 2019 in Obe Operationen durch (XI 11.7.2019). Außerdem kommt es in unterschiedlichen Distrikten immer wieder zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften (KP 5.7.2019; vgl. PAJ 30.6.2019) wie z.B in den Distrikten Adraskan, Fersi, Kushk-i-Kohna, Obe, Rabat Sangi, Shindand und Zawol (PAJ 30.6.2019).

Auf der Autobahn zwischen Kabul und Herat sowie Herat und Farah werden Reisende immer wieder von Taliban angehalten; diese fordern von Händlern und anderen Reisenden Schutzgelder (ST 14.12.2018).

IDPs - Binnenvertriebene

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 609 konfliktbedingt aus der Provinz Herat vertriebene Personen, von denen die meisten in der Provinz selbst Zuflucht fanden (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum vom 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 586 aus der Provinz Herat vertriebene Personen (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum vom 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 5.482 Vertriebene in die Provinz Herat, von denen die meisten (2.755) aus Ghor stammten (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 6.459 konfliktbedingt Vertriebene in die Provinz Herat, von denen die meisten (4.769) aus Badghis stammten (UNOCHA 18.8.2019).

Anmerkung: Weitere Informationen zu Herat - u.a. zur Sicherheitslage - können der Analyse der Staatendokumentation "Afghanistan - Informationen zu sozioökonomischen Faktoren in der Provinz Herat" vom 13.6.2019 entnommen werden (BFA 13.6.2019).

Ad Herat aus Kapitel 22 "Grundversorgung" aus dem Länderbericht idgF

Der Einschätzung einer in Afghanistan tätigen internationalen NGO zufolge gehört Herat zu den "bessergestellten" und "sichereren Provinzen" Afghanistans und weist historisch im Vergleich mit anderen Teilen des Landes wirtschaftlich und sicherheitstechnisch relativ gute Bedingungen auf (BFA 13.6.2019). Aufgrund der sehr jungen Bevölkerung ist der Anteil der Personen im erwerbsfähigen Alter in Herat - wie auch in anderen afghanischen Städten - vergleichsweise klein. Erwerbstätige müssen also eine große Anzahl an von ihnen abhängigen Personen versorgen. Hinzu kommt, dass die Hälfte der arbeitstätigen Bevölkerung in Herat Tagelöhner sind, welche Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt in besonderem Ausmaß ausgesetzt sind (USIP 2.4.2015).

Die Herater Wirtschaft bietet seit langem Arbeitsmöglichkeiten im Handel, darunter den Import und Export von Waren mit dem benachbarten Iran (GOIRA 2015; vgl. EASO 4.2019, WB/NSIA 9.2018), wie auch Bergbau und Produktion (EASO 4.2019). Die Industrie der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) ist insbesondere im Handwerksbereich und in der Seiden- und Teppichproduktion gut entwickelt (GOIRA 2015; vgl. EASO 4.2019). Manche alten Handwerksberufe (Teppichknüpfereien, Glasbläsereien, die Herstellung von Stickereien) haben es geschafft zu überleben, während sich auch bestimmte moderne Industrien entwickelt haben (z.B. Lebensmittelverarbeitung und Verpackung) (EASO 4.2019). Die meisten der in KMUs Beschäftigten sind entweder Tagelöhner oder kleine Unternehmer (GOIRA 2015). Die Arbeitsplätze sind allerdings von der volatilen Sicherheitslage bedroht (insbesondere Entführungen von Geschäftsleuten oder deren Angehörigen durch kriminelle Netzwerke, im stillen Einverständnis mit der Polizei). Als weitere Probleme werden Stromknappheit, bzw. -ausfälle, Schwierigkeiten, mit iranischen oder anderen ausländischen Importen zu konkurrieren und eine steigende Arbeitslosigkeit genannt (EASO 4.2019).

Mazar-e Sharif (in Balkh)

Nach Schätzung der zentralen Statistikorganisation Afghanistan (CSO) für den Zeitraum 2019-20 leben 1.475.649 Personen in der Provinz Balkh, davon geschätzte 469.247 in der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif (CSO 2019). Balkh ist eine ethnisch vielfältige Provinz, welche von Paschtunen, Usbeken, Hazara, Tadschiken, Turkmenen, Aimaq, Belutschen, Arabern und sunnitischen Hazara (Kawshi) bewohnt wird (PAJ o.D.; vgl. NPS o.D.).

Balkh bzw. die Hauptstadt Mazar-e Sharif ist ein Import-/Exportdrehkreuz sowie ein regionales Handelszentrum (SH 16.1.2017). Die Autobahn, welche zum usbekischen Grenzübergang Hairatan-Termiz führt, zweigt ca. 40 km östlich von Mazar-e Sharif von der Ringstraße ab. (TD 5.12.2017). In Mazar-e Sharif gibt es einen Flughafen mit Linienverkehr zu nationalen und internationalen Zielen (BFA Staatendokumentation 25.3.2019). Im Januar 2019 wurde ein Luftkorridor für Warentransporte eröffnet, der Mazar-e Sharif und Europa über die Türkei verbindet (PAJ 9.1.2019).

Laut dem Opium Survey von UNODC für das Jahr 2018 belegt Balkh den

7. Platz unter den zehn größten Schlafmohn produzierenden Provinzen Afghanistans. Aufgrund der Dürre sank der Mohnanbau in der Provinz 2018 um 30% gegenüber 2017 (UNODC/MCN 11.2018).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Balkh zählt zu den relativ stabilen (TN 1.9.2019) und ruhigen Provinzen Nordafghanistans, in welcher die Taliban in der Vergangenheit keinen Fuß fassen konnten (AN 6.5.2019). Die vergleichsweise ruhige Sicherheitslage war vor allem auf das Machtmonopol des ehemaligen Kriegsherrn und späteren Gouverneurs von Balkh, Atta Mohammed Noor, zurückzuführen (RFE/RL o.D.; RFE/RL 23.3.2018). In den letzten Monaten versuchen Aufständische der Taliban die nördliche Provinz Balkh aus benachbarten Regionen zu infiltrieren. Drei Schlüsseldistrikte, Zari, Sholagara und Chahar Kant, zählen zu jenen Distrikten, die in den letzten Monaten von Sicherheitsbedrohungen betroffen waren. Die Taliban überrannten keines dieser Gebiete (TN 22.8.2019). Einem UN-Bericht zufolge, gibt es eine Gruppe von rund 50 Kämpfern in der Provinz Balkh, welche mit dem Islamischen Staat (IS) sympathisiert (UNSC 1.2.2019). Bei einer Militäroperation im Februar 2019 wurden unter anderem in Balkh IS-Kämpfer getötet (BAMF 11.2.2019).

Das Hauptquartier des 209. ANA Shaheen Corps befindet sich im Distrikt Dehdadi (TN 22.4.2018). Es ist für die Sicherheit in den Provinzen Balkh, Jawzjan, Faryab, Sar-e-Pul und Samangan zuständig und untersteht der NATO-Mission Train, Advise, and Assist Command - North (TAAC-N), welche von deutschen Streitkräften geleitet wird (USDOD 6.2019). Deutsche Bundeswehrsoldaten sind in Camp Marmal in Mazar-e Sharif stationiert (TS 22.9.2018).

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 227 zivile Opfer (85 Tote und 142 Verletzte) in Balkh. Dies entspricht einer Steigerung von 76% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren Bodenkämpfe, gefolgt von improvisierten Bomben (IEDS; ohne Selbstmordattentate) und gezielten Tötungen. UNAMA verzeichnete für das Jahr 2018 insgesamt 99 zivile Opfer durch Bodenkämpfe in der Provinz (UNAMA 24.2.2019). Hinsichtlich der nördlichen Region, zu denen UNAMA auch die Provinz Balkh zählt, konnte in den ersten 6 Monaten ein allgemeiner Anstieg ziviler Opfer verzeichnet werden (UNAMA 30.7.2019).

Im Winter 2018/2019 (UNGASC 28.2.2019) und Frühjahr 2019 wurden ANDSF-Operationen in der Provinz Balkh durchgeführt (UNGASC 14.6.2019). Die ANDSF führen auch weiterhin regelmäig Operationen in der Provinz (RFERL 22.9.2019; vgl KP 29.8.2019, KP 31.8.2019, KP 9.9.2019) unter anderem mit Unterstützung der US-amerikanischen Luftwaffe durch (BAMF 14.1.2019; vgl. KP 9.9.2019). Taliban-Kämpfer griffen Einheiten der ALP, Mitglieder regierungsfreundlicher Milizen und Sicherheitsposten beispielsweise in den Distrikten Chahrbulak (TN 9.1.2019; vgl. TN 10.1.2019), Chemtal (TN 11.9.2018; vgl. TN 6.7.2018), Dawlatabad (PAJ 3.9.2018; vgl. RFE/RL 4.9.2018) und Nahri Shahi (ACCORD 30.4.2019) an.

Berichten zufolge, errichten die Taliban auf wichtigen Verbindungsstraßen, die unterschiedliche Provinzen miteinander verbinden, immer wieder Kontrollpunkte. Dadurch wird das Pendeln für Regierungsangestellte erschwert (TN 22.8.2019; vgl. 10.8.2019). Insbesondere der Abschnitt zwischen den Provinzen Balkh und Jawjzan ist von dieser Unsicherheit betroffen (TN 10.8.2019).

IDPs - Binnenvertriebene

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 1.218 aus der Provinz Balkh vertriebene Personen, die hauptsächlich in der Provinz selbst in den Distrikten Nahri Shahi und Kishindeh Zuflucht fanden (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 4.361 konfliktbedingt Vertriebene aus Balkh, die allesamt in der Provinz selbst verblieben (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 15.313 Vertriebene in die Provinz Balkh, darunter

1.218 aus der Provinz selbst, 10.749 aus Faryab und 1.610 aus Sar-e-Pul (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 14.301 Vertriebene nach Mazar-e-Sharif und Nahri Shahi, die aus der Provinz Faryab, sowie aus Balkh, Jawzjan, Samangan und Sar-e-Pul stammten (UNOCHA 18.8.2019).

Ad Mazar-e Sharif (in Balkh) aus Kapitel 22 "Grundversorgung" aus dem Länderbericht idgF

Mazar-e Sharif ist ein regionales Handelszentrum für Nordafghanistan, wie auch ein Industriezentrum mit großen Fertigungsbetrieben und einer Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen, welche Kunsthandwerk und Teppiche anbieten (GOIRA 2015).

Balkh

Balkh liegt im Norden Afghanistans und grenzt im Norden an Usbekistan, im Nordosten an Tadschikistan, im Osten an Kunduz und Baghlan, im Südosten an Samangan, im Südwesten an Sar- e Pul, im Westen an Jawzjan und im Nordwesten an Turkmenistan (UNOCHA 13.4.2014; vgl. GADM 2018). Die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz ist in die folgenden Distrikte unterteilt:

Balkh, Char Bolak, Char Kent, Chimtal, Dawlat Abad, Dehdadi, Kaldar, Kishindeh, Khulm, Marmul, Mazar-e Sharif, Nahri Shahi, Sholgara, Shortepa und Zari (CSO 2019; vgl. IEC 2018).

Nach Schätzung der zentralen Statistikorganisation Afghanistan (CSO) für den Zeitraum 2019-20 leben 1.475.649 Personen in der Provinz Balkh, davon geschätzte 469.247 in der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif (CSO 2019). Balkh ist eine ethnisch vielfältige Provinz, welche von Paschtunen, Usbeken, Hazara, Tadschiken, Turkmenen, Aimaq, Belutschen, Arabern und sunnitischen Hazara (Kawshi) bewohnt wird (PAJ o.D.; vgl. NPS o.D.).

Balkh bzw. die Hauptstadt Mazar-e Sharif ist ein Import-/Exportdrehkreuz sowie ein regionales Handelszentrum (SH 16.1.2017). Die Autobahn, welche zum usbekischen Grenzübergang Hairatan-Termiz führt, zweigt ca. 40 km östlich von Mazar-e Sharif von der Ringstraße ab. (TD 5.12.2017). In Mazar-e Sharif gibt es einen Flughafen mit Linienverkehr zu nationalen und internationalen Zielen (BFA

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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