TE Bvwg Beschluss 2020/1/23 I409 2227724-1

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Veröffentlicht am 23.01.2020
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Entscheidungsdatum

23.01.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I409 2227724-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter in der Verwaltungssache des XXXX, Staatsangehörigkeit Marokko alias Algerien, über die mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17. Jänner 2020, Zl. 535023401/191307548, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes, den Beschluss gefasst:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes war nicht rechtswidrig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führt in der Begründung des zu überprüfenden Bescheides Folgendes aus:

"Sie reisten am 11.11.2010 illegal von Italien kommend nach Österreich ein und gaben bei der fremdenpolizeilichen Vernehmung an, dass Ihre Identitätsdaten M. T., geb. XX.XX.XXXX, STA von Marokko, wären. Anschließend wurden Sie noch am selben Tag wieder nach Italien zurückgeschoben.

Anschließend reisten Sie wieder illegal nach Österreich ein und haben am 09.09.2013 Ihren ersten Asylantrag gestellt, wobei Sie angaben, den Namen M. T. zu führen, aus Marokko zu stammen und am XX.XX.XXXX geboren zu sein. Dieser Antrag wurde, nachdem sich die Schweizer Behörden mit Schreiben vom 13.09.203 gem. Art. 16 (1) der Dublin II VO für zuständig erklärten, mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost, ZI. AIS 13 13.015 - EAST-Ost, vom 18.09.2013, gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005 idgF ohne in die Sache einzutreten als unzulässig zurückgewiesen. Weiters wurden Sie gem. § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 idgF aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Schweiz ausgewiesen.

Mangels Einbringung einer Beschwerde erwuchs dieser Bescheid am 26.09.2013 in Rechtskraft.

Am 16.09.2013 erfolgte die Information an die Schweiz über die Aussetzung der Rückschiebung aufgrund Ihres unbekannten Aufenthaltes. Da Sie zu diesem Zeitpunkt unbekannten Aufenthaltes waren, wurde die Schweiz hiervon in Kenntnis gesetzt und verlängerte sich Ihre Dublinüberstellungsfrist gem. Art. 29 Abs. 2 der Dublin Ill-Verordnung auf 18 Monate.

Am 28.05.2014 haben Sie einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz eingebracht, wobei Sie angaben, den Namen M. T. zu führen, Staatsangehöriger von Marokko und am XX.XX.XXXX geboren zu sein. Nach genauer Prüfung Ihres zweiten Asylantrages stand fest, dass es sich nunmehr um einen Folgeantrag gem. § 12a Abs. 1 AsylG 2005 idgF handelt. Ihr Antrag wurde mit Bescheid vom 10.06.2014 zu Spruchpunkt I gem. § 68 Abs. 1 AVG und wurde zu Spruchpunkt II gem. § 61 As. 1 FPG Ihre Anordnung zur Außerlandesbringung in die Schweiz ausgesprochen und Ihre Abschiebung in die Schweiz für zulässig erklärt. Dieser Bescheid erwuchs mit 18.06.2014 in Rechtskraft.

Am 04.03.2016 stellten Sie einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 15.07.2016 gem. § 3 und 8 AsylG abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde Ihnen nicht erteilt. Gegen Ihre Person wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde Ihnen nicht gewährt. Mit 02.05.2016 haben Sie das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren. Gegen Ihre Person wurde ein befristetes Einreiseverbot für die Dauer von 5 Jahren erlassen.

Die aufschiebende Wirkung wurde im Falle einer Beschwerde aberkannt. Sie brachten gegen diese Entscheidung keine Beschwerde ein. Der angeführte Bescheid erwuchs mit 30.07.2016 in I. Instanz in Rechtskraft.

In diesem Verfahren konnte Ihr Herkunftsstaat nicht festgestellt werden.

In diesem Verfahren gaben Sie rein wirtschaftliche Gründe an.

Mit Schreiben vom 09.05.2017 der marokkanischen Botschaft, wurden Sie als marokkanischer StA. identifiziert.

Am 20.12.2019 wurde über Ihre Person aufgrund illegalen Aufenthalts die Schubhaft verhängt. Aus dem Stande der Schubhaft stellten Sie gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Befragt zu Ihren Fluchtgründen gaben Sie an:

Sie hätten in Ihrer Heimat keine Zukunft. Sie würden einfach nicht in Ihre Heimat zurückkehren wollen."

Mit dem mündlich verkündeten Bescheid vom 17. Jänner 2020 hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz gemäß "§ 12a Absatz 2 AsylG" auf.

Mit Schreiben vom 20. Jänner 2020 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht über die erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und übermittelte zugleich den Verwaltungsakt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Entscheidung über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

A) 1. Feststellungen

A) 1.1. Zu den Feststellungen zur Person des Fremden:

Der in Österreich vorbestrafte Fremde ist volljährig, ledig, kinderlos und moslemischen Glaubens. Er ist Staatsangehöriger von Marokko. Seine Identität steht nach seiner Identifizierung durch die marokkanische Botschaft fest.

Der Fremde reiste erstmals am 11. November 2010 illegal nach Österreich ein und verfügt hier über keine maßgeblichen privaten oder familiären Beziehungen.

Sein Antrag auf internationalen Schutz vom 4. März 2016 wurde mit Bescheid vom 15. Juli 2016 rechtskräftig als unbegründet abgewiesen. Am 20. Dezember 2019 stellte er einen Folgeantrag.

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Fremden in seinem nunmehr anhängigen Asylverfahren und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Fremde im Fall seiner Rückkehr nach Marokko mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

A) 1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Marokko:

Zur Lage in Marokko werden folgende Feststellungen getroffen:

"Politische Lage

Marokko ist ein zentralistisch geprägter Staat. Das Land ist eine Monarchie mit dem König als weltlichem und geistigem Staatsoberhaupt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und "Anführer der Gläubigen" (AA 6.5.2019a). Laut der Verfassung vom 1.7.2011 ist Marokko eine konstitutionelle, demokratische und soziale Erbmonarchie, mit direkter männlicher Erbfolge und dem Islam als Staatsreligion. Abweichend vom demokratischen Grundprinzip der Gewaltenteilung kontrolliert der König in letzter Instanz die Exekutive, die Judikative und teilweise die Legislative (GIZ 8.2019a; vgl. ÖB 11.2018). Im Zusammenhang mit den Protestbewegungen in Nordafrika im Frühjahr 2011 leitete der König im Jahr 2011 eine Verfassungsreform und vorgezogene Neuwahlen ein. Proteste im Norden des Landes sind vor allem Ausdruck der Unzufriedenheit mit der Umsetzung sozioökonomischer Reformen, die schleppend verlaufen (AA 6.5.2019a). Die Verfassung vom 1.7.2011 brachte im Grundrechtsbereich einen deutlichen Fortschritt für das Land; in Bezug auf die Königsmacht jedoch nur eine Abschwächung der absolutistischen Stellung. Das Parlament wurde als Gesetzgebungsorgan durch die neue Verfassung aufgewertet und es ist eine spürbare Verlagerung des politischen Diskurses in die Volksvertretung hinein erkennbar. Die Judikative wird als unabhängige Staatsgewalt gleichberechtigt neben Legislative und Exekutive gestellt. Das System der checks und balances als Ergänzung zur Gewaltenteilung ist jedoch in der Verfassung vergleichsweise wenig ausgebildet (ÖB 11.2018).

Einige Schlüsselministerien sind in Marokko der Kontrolle des Parlamentes und des Premierministers entzogen. Dies betrifft folgenden vier Ressorts: Inneres, Äußeres, Verteidigung, religiöse Angelegenheiten und Stiftungen. Soziale Reformen während der Regentschaft Mohamed VI sollten mehr Wohlstand für alle bringen - doch faktisch nahm die ohnehin starke Kontrolle der Königsfamilie und ihrer Entourage über die Reichtümer und Ressourcen des Landes weiter zu (GIZ 8.2019a). Hauptakteure der Exekutive sind die Minister, der Regierungschef und der König, der über einen Kreis hochrangiger Fachberater verfügt. Der König ist Vorsitzender des Ministerrates, hat Richtlinienkompetenz und ernennt nach Art. 47 der Verfassung von 2011 den Regierungschef aus der Partei, die bei den Wahlen als Sieger hervorgeht. Marokko verfügt seit der Unabhängigkeit über ein Mehrparteiensystem. Das Wahlrecht macht es schwierig für eine Partei, eine absolute Mehrheit zu erringen; Mehrparteienkoalitionen sind deshalb die Regel (AA 6.5.2019a).

Das marokkanische Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Unterhaus (Chambre des Représentants, Madschliss an-Nuwwab) und dem Oberhaus (Chambre des conseillers, Madschliss al-Mustascharin). Die Abgeordneten des Unterhauses werden alle fünf Jahre in direkten allgemeinen Wahlen neu gewählt. Das Unterhaus besteht aus 395 Abgeordneten. Entsprechend einer gesetzlich festgelegten Quote sind mindestens 12% der Abgeordneten Frauen. Das Oberhaus (Chambre des Conseillers) besteht aus mindestens 90 und maximal 120 Abgeordneten, die in indirekten Wahlen für einen Zeitraum von sechs Jahren bestimmt werden (GIZ 8.2019a).

In Marokko haben am 7.10.2016 Wahlen zum Repräsentantenhaus stattgefunden. Als stärkste Kraft ging die seit 2011 an der Spitze der Regierung stehende Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung ("Parti de la Justice et du Développement") hervor. Am 5.4.2017 ernannte König Mohammed VI Saad-Eddine El Othmani zum Premier-Minister. Größte Oppositionspartei ist die Partei für Authentizität und Modernität (PAM) (AA 6.5.2019a). Sie rangiert an zweiter Stelle mit 102 Sitzen und konnte ihre Stimmengewinne mehr als verdoppeln und gilt daher als heimliche Siegerin. Dahinter gereiht ist mit 46 Sitzen die traditionsreiche Unabhängigkeitspartei (PI - Parti de l'Istiqlal), dahinter andere Parteien (GIZ 8.2019a).

Seit Anfang 2017 ist Marokko wieder offiziell Mitglied der Afrikanischen Union (GIZ 8.2019a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.5.2019a): Marokko - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224120, Zugriff 5.9.2019

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (8.2019a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 5.9.2019

-

ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat (11.2018):

Asylländerbericht Marokko,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2009260/MARO_%C3%96B_Bericht_2018_11.pdf, Zugriff 5.9.2019

Sicherheitslage

Marokko kann grundsätzlich als stabiles Land betrachtet werden (EDA 11.10.2019; vgl. FD 11.10.2019). Das französische Außenministerium rät bis auf einige Regionen zu normaler Aufmerksamkeit im Land, dem einzigen in Nordafrika, das auf diese Weise bewertet wird (FD 11.10.2019). In den Grenzregionen zu Algerien wird zu erhöhter Aufmerksamkeit geraten (AA 11.10.2019; vgl. FD 11.10.2019), bzw. wird von Reisen abgeraten (AA 11.10.2019). Die Westsahara bildet natürlich eine Ausnahme, diese darf nur nach Genehmigung durch die marokkanischen Behörden und nur auf genehmigten Strecken bereist werden (FD 11.10.2019). Zusätzlich besteht für die Grenzregionen zu Mauretanien in der Westsahara eine Reisewarnung (AA 11.10.2019; vgl. FD 11.10.2019). Seitens des BMEIA besteht eine partielle Reisewarnung (Sicherheitsstufe 5) für Reisen in das Landesinnere des völkerrechtlich umstrittenen Territoriums der Westsahara und in entlegene Saharazonen Südmarokkos, insbesondere an der Grenze zu Algerien. Erhöhtes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 2) gilt in den übrigen Landesteilen (BMEIA 11.10.2019). Das Auswärtige Amt rät von Reisen in entlegene Gebiete der Sahara, in die Grenzregionen mit Algerien und Mauretanien und jenseits befestigter Straßen dringend ab (AA 11.10.2019).

Seit dem Anschlag in Marrakesch im April 2011, gab es keine weiteren Attentate (FD 11.10.2019). Trotz erhöhter Sicherheitsmaßnahmen besteht im ganzen Land das Risiko von terroristischen Akten (EDA 11.10.2019; vgl. FD 11.10.2019; BMEIA 11.10.2019). In Teilen der Sahara und des Sahels besteht das Risiko von Entführungen. Bisher waren in Marokko keine Entführungen zu beklagen (EDA 11.10.2019; vgl. BMEIA 11.10.2019).

Demonstrationen und Protestaktionen sind jederzeit im ganzen Land möglich. Vereinzelte gewalttätige Auseinandersetzungen können dabei nicht ausgeschlossen werden (EDA 11.10.2019). Demonstrationen können sich spontan und unerwartet entwickeln. Zuletzt kam es in verschiedenen Städten Marokkos zu nicht genehmigten Demonstrationen und vereinzelt auch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Die Proteste entzünden sich meist an wirtschaftlichen und sozialen Missständen (AA 11.10.2019; vgl. BMEIA 11.10.2019). Aufgrund sozialer und politischer Spannungen kommt es seit Oktober 2016 in der Provinz Al Hoceima vermehrt zu Protestaktionen. Dabei kann es zu Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften kommen (EDA 11.10.2019).

Besondere Vorsicht ist auch in der Region Rif geboten. Die Ost-West-Achse Al Hoceima-Chefchaouen-Tetouan ist ruhig und weniger problematisch (FD 11.10.2019). Es kann zu Übergriffen durch Kriminelle kommen, die in die lokale Drogenproduktion und den Drogenhandel involviert sind (EDA 8.8.2018).

In großen Teilen der Sahara sind bewaffnete Banden und islamistische Terroristen aktiv, die vom Schmuggel und von Entführungen leben. Das Entführungsrisiko ist in einigen Gebieten der Sahara und der Sahelzone hoch und nimmt noch zu (EDA 11.10.2019).

Wegen des Entführungsrisikos wird von nicht dringenden Reisen ins Grenzgebiet zu Algerien abgeraten, bzw. gewarnt. Die Grenze zu Algerien ist geschlossen (AA 11.10.2019; vgl. EDA 11.10.2019; BMEIA 11.10.2019).

Das völkerrechtlich umstrittene Gebiet der Westsahara, erstreckt sich südlich der marokkanischen Stadt Tarfaya bis zur mauretanischen Grenze. Seither wird es sowohl von Marokko als auch von der Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario beansprucht. Die United Nations Mission for the Referendum in Western Sahara MINURSO überwacht den Waffenstillstand zwischen den beiden Parteien. Auf beiden Seiten der Demarkationslinie (Sandwall) sind diverse Minenfelder vorhanden (EDA 11.10.2019; vgl. FD 11.10.2019). Das Risiko von Entführungen kann nicht ausgeschlossen werden (EDA 11.10.2019). Von Fahrten in und durch das völkerrechtlich umstrittene Gebiet der Westsahara wird dringend abgeraten (AA 11.10.2019; vgl. EDA 11.10.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (11.10.2019): Marokko - Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080, Zugriff 11.10.2019

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (11.10.2019): Reiseinformation Marokko, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/, Zugriff 11.10.2019

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EDA - Eidgenössisches Departemenet für auswärtige Angelegenheiten (11.10.2019): Reisehinweise für Marokko, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/marokko/reisehinweise-marokko.html, Zugriff 11.10.2019

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FD - France Diplomatie (11.10.2019): Conseils aux Voyageurs - Maroc - Sécurité,

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https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/maroc/#derniere_nopush, Zugriff 11.10.2019

Westsahara

Der Konflikt in und um die Westsahara schwelt seit Jahrzehnten. Als sich nach dem Tod des Diktators Franco die Spanier 1975 aus ihrer damaligen Kolonie zurückzogen, marschierte Marokko im Rahmen des sogenannten Grünen Marsches in das Nachbarland ein. Seitdem hält Marokko große Teile des Territoriums besetzt und betrachtet das Gebiet seit der Annexion 1976 als Bestandteil seines Landes. Dagegen wehrt sich die Bewegung Frente Polisario, welche die Unabhängigkeit der Westsahara anstrebt. Ein rund 2.500 Kilometer langer Sandwall, dessen Baubeginn 1981 war, und der von der mauretanisch-marokkanischen Grenze durch die Sahara bis zum marokkanisch-algerisch-sahrauischen Dreiländereck verläuft, spaltet heute die Westsahara (GIZ 8.2019a). Auf der einen Seite liegt der von Marokko kontrollierte, größere Teil; er umfasst rund 75% des Territoriums. Die UNO erkennt Marokko jedoch nicht als Verwaltungsmacht für die Westsahara an. Seit 1991 überwacht sie den Waffenstillstand zwischen Marokko und der Frente Polisario und seit Dezember 2018 wurden die Verhandlungen über den Status des Territoriums wieder aufgenommen (CIA 2.10.2019). 1991 endeten die Kampfhandlungen zwischen der Frente Polisario und Marokko. Die UNO installierte an mehreren Orten in der Westsahara zur Friedenssicherung die MINURSO (CIA 9.10.2019; vgl. GIZ 8.2019a; AA 6.5.2017b), und verlängerte zuletzt am 30.4.2019 das Mandat um sechs Monate (GIZ 6.5.2019). Die Frente Polisario hatte im Februar 1976 eine Exilregierung in Algerien, in der Nähe von Tindouf, gebildet, die bis zu seinem Tod im Mai 2016 von Präsident Mohamed Abdelaziz geführt wurde. Sein Nachfolger Brahim Ghali wurde im Juli 2016 gewählt (GIZ 8.2019a). Für Marokko ist die Sicherung der Zugehörigkeit der Westsahara zu Marokko Staatsräson und zentrales Anliegen der marokkanischen Politik (AA 6.5.2019b).

Seit dem Ende der Kampfhandlungen im Jahr 1991 gelang es nicht, ein Referendum bzgl. des Status der Westsahara durchzuführen bzw. scheiterten Anläufe für neue Gespräche zwischen Marokko und der Polisario immer wieder. Seit November 2010 gab es mehrere Anläufe für neue Gespräche zwischen Marokko und der Polisario, doch eine Lösung des Konfliktes ist zurzeit nicht in Sicht. Die Zahl der Staaten, die die sahrauische Exilregierung anerkennen, ist von 80 auf gut die Hälfte gesunken (GIZ 8.2019a). Im Dezember 2018 wurden die Verhandlungen über den Status des Territoriums wieder aufgenommen (CIA 2.10.2019).

Als 1982 die Demokratische Arabische Republik Sahara (DARS) als offizielles Mitglied in die Organisation der Afrikanischen Union aufgenommen wurde, verließ Marokko diese als Reaktion darauf im Jahr 1984. Aufgrund des Westsahara-Konfliktes war Marokkos politische Position jedoch über Jahrzehnte schwach. In der Afrikanischen Union war Marokko mehr als 30 Jahre nicht Mitglied. In den vergangenen Jahren hat Marokko seine Beziehungen und Aktivitäten in Afrika jedoch intensiviert. In Westafrika gewinnt Marokko wirtschaftlich an Einfluss. Seit Anfang 2017 ist Marokko wieder offiziell Mitglied der Afrikanischen Union (GIZ 8.2019a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.5.2019b): Marokko - Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224118, Zugriff 11.10.2019

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CIA - Central Intelligence Agency (2.10.2019): The World Factbook

-

Morocco,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mo.html, Zugriff 11.10.2019

-

CIA - Central Intelligence Agency (9.10.2019): The World Factbook

-

Western Sahara,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/wi.html, Zugriff 11.10.2019

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (8.2019a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 11.10.2019

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (6.5.2019), LIPortal - Marokko - Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224118, Zugriff 14.10.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Justiz ist laut Verfassung unabhängig (USDOS 13.3.2019). In der Praxis wird diese Unabhängigkeit jedoch durch endemische Korruption (USDOS 13.3.2019; vgl. ÖB 11.2018; AA 14.2.2018) und außergerichtliche Einflüsse unterlaufen. Behörden respektieren Anordnungen der Gerichte fallweise nicht (USDOS 13.3.2019). Rechtsstaatlichkeit ist vorhanden, aber noch nicht ausreichend entwickelt. Unabhängigkeit der Justiz, Verfassungsgerichtsbarkeit, Transparenz durch Digitalisierung, Modernisierung der Justizverwaltung befinden sich noch im Entwicklungsprozess, der, teils von der Verfassung gefordert, teils von der Justizverwaltung angestoßen wurde. Mit dem in der Verfassung vorgesehenen und im April 2017 eingesetzten Conseil supérieur du pouvoir judiciaire (Oberster Rat der Rechtssprechenden Gewalt) wurden Richter- und Staatsanwaltschaft aus dem Verantwortungsbereich des Justizministeriums herausgelöst und verwalten sich nun selbst. Der Rat agiert als unabhängige Behörde. Mit der Herauslösung der Staatsanwaltschaft wurde formal die Unabhängigkeit der Ermittlungsbehörden von der Politik gestärkt. Es gibt jedoch Stimmen, die eine direkte Einflussnahme des Palastes befürchten, da sich Richterschaft und Staatsanwaltschaft nunmehr jeder demokratisch legitimierten Kontrolle entziehen (AA 14.2.2018).

Formal besteht Gleichheit vor dem Gesetz. Das extreme Gefälle in Bildung und Einkommen, die materielle Unterentwicklung ländlicher Gebiete und der allgegenwärtige gesellschaftliche Klientelismus behindern allerdings die Umsetzung des Gleichheitsgrundsatzes (AA 14.2.2018). Gesetzlich gilt die Unschuldsvermutung. Der Rechtsweg ist formal sichergestellt. Angeklagte haben das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, auf rechtzeitigen Zugang zu ihrem Anwalt und das Recht, Berufung einzulegen. Das marokkanische Recht sieht Pflichtverteidiger für mittellose Angeklagte vor. Der Zugang zu juristischem Beistand ist in der Praxis noch immer unzulänglich (AA 14.2.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). NGOs kritisieren, dass die Beschuldigten zu Geständnissen gedrängt werden. Das Strafprozessrecht erlaubt der Polizei, einen Verdächtigen bis zu 48 Stunden in Gewahrsam ("garde à vue") zu nehmen. Der Staatsanwalt kann diese Frist zweimal verlängern. Der Entwurf für ein neues Strafprozessgesetz sieht verbesserten Zugang zu Anwälten bereits im Gewahrsam vor. Das Gesetz ist noch nicht verabschiedet (AA 14.2.2018).

Im Bereich der Strafzumessung wird häufig kritisiert, dass bestehende Möglichkeiten zur Vermeidung von Haft bei minder schweren Delikten (z.B. Geldstrafen, Sozialstunden) nicht genutzt werden. Auch die Möglichkeit der Entlassung auf Bewährung (libération conditionnelle) wird kaum genutzt (AA 14.2.2018).

Seit Juli 2015 ist die Militärgerichtsbarkeit in Verfahren gegen Zivilisten nicht mehr zuständig. Im Juli 2016 wurden durch das Revisionsgericht die Urteile eines Militärgerichts gegen 23 sahrauische Aktivisten im Zusammenhang mit dem Tod von Sicherheitskräften bei der Räumung des Protestlagers Gdim Izik aufgehoben. Von der ordentlichen Gerichtsbarkeit wurden die Angeklagten 2017 zu Haftstrafen zwischen zwei Jahren und lebenslänglich verurteilt (AA 14.2.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 5.9.2019

-

ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat (11.2018):

Asylländerbericht Marokko,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2009260/MARO_%C3%96B_Bericht_2018_11.pdf, Zugriff 5.9.2019

-

USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Morocco, https://www.ecoi.net/en/document/2004244.html, Zugriff 5.9.2019

Sicherheitsbehörden

Der Sicherheitsapparat verfügt über einige Polizei- und paramilitärische Organisationen, deren Zuständigkeitsbereiche sich teilweise überlappen. Die DGSN "Direction Générale de la Sûreté Nationale" (Nationalpolizei) ist für die Umsetzung der Gesetze zuständig und untersteht dem Innenministerium. Bei den "Forces auxiliaires" handelt es sich um paramilitärische Hilfskräfte, die dem Innenministerium unterstellt sind und die Arbeit der regulären Sicherheitskräfte unterstützen. Die Gendarmerie Royale ist zuständig für die Sicherheit in ländlichen Gegenden und patrouilliert auf Autobahnen. Sie untersteht dem Verteidigungsministerium (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 14.2.2018). Es gibt zwei Nachrichtendienste: den Auslandsdienst DGED ("Direction Générale des Etudes et de Documentation") und den Inlandsdienst DGST ("Direction Générale de la Surveillance du Territoire") (AA 14.2.2018; vgl. ÖB 11.2018). Im April 2015 wurde zusätzlich das "Bureau central d'investigations judiciaires" (BCIJ) geschaffen. Es untersteht dem Inlandsdienst DGST. Von der Funktion entspricht es etwa dem deutschen Bundeskriminalamt mit originären Zuständigkeiten und Ermittlungskompetenzen im Bereich von Staatsschutzdelikten sowie Rauschgift- und Finanzdelikten im Rahmen von Verfahren der Organisierten Kriminalität (AA 14.2.2018).

Die zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte ist gemäß USDOS wirksam (USDOS 13.3.2019), gemäß auswärtigem Amt hingegen sind die Sicherheitskräfte weitgehend der zivilen Kontrolle durch Parlament und Öffentlichkeit entzogen (AA 14.2.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 9.10.2019

-

ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (11.2018): Asylländerbericht Marokko,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2009260/MARO_%C3%96B_Bericht_2018_11.pdf, Zugriff 9.10.2019

-

USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004244.html, Zugriff 9.10.2019

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung gewährleistet die Grundrechte und verbietet Folter und unmenschliche Behandlung oder Bestrafung. Die Sicherheitsbehörden unterliegen der effektiven Kontrolle der zivilen Behörden. Für das Jahr 2018 lagen dem U.S. Department of State keine Berichte über willkürliche oder ungesetzliche Tötungen oder systematische Misshandlung oder Folter durch den Staat vor (BAMF 3.6.2019). Die Regierung bestreitet, dass sie die Anwendung von Folter erlaubt (USDOS 13.3.2019).

Folter ist gemäß Verfassung unter Strafe gestellt (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 14.2.2018). Marokko ist Vertragsstaat der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen und hat auch das Zusatzprotokoll unterzeichnet. Der CNDH soll künftig die Rolle des nationalen Präventionsmechanismus gegen Folter übernehmen. Im Mai 2017 wurde ein entsprechender Entwurf in das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet. Das Gesetz ist noch nicht verabschiedet (AA 14.2.2018). Ein nationaler Präventionsmechanismus zum Schutz vor Folter wurde mit Ende 2018 eingerichtet (AI 26.2.2019). Die marokkanische Regierung lehnt den Einsatz von Folter ab und bemüht sich um aktive Prävention. Systematische Folter findet nicht statt. Gleichwohl berichten NGOs über Fälle von nicht gesetzeskonformer Gewaltanwendung gegenüber Inhaftierten durch Sicherheitskräfte. Betroffen sind laut Bericht des UN-Menschenrechtsausschusses vom Oktober 2016 vor allem Terrorverdächtige und Personen, die Straftaten verdächtig sind, welche die Sicherheit oder die territoriale Integrität des Staats gefährden. Ein Einsatz von systematischer, staatlich angeordneter Folter wird auch von NGOs nicht bestätigt. Die marokkanische Menschenrechtsorganisation OMDH ("Organisation Marocaine des Droits de l'Homme") geht vom Fehlverhalten einzelner Personen aus (AA 14.2.2018).

Der Staatsminister für Menschenrechte räumte weiterhin ein, dass Folter immer noch in Einzelfällen auftritt, aber es sich nicht mehr um eine systematische Praxis handeln würde und dass die Regierung daran arbeite, diese auszurotten. Es besteht kein systematischer Mechanismus, Menschenrechtsverletzungen und Korruption wirksam zu untersuchen und zu bestrafen, was Straffreiheit bei Vergehen durch die Sicherheitskräfte begünstigt (USDOS 13.3.2019). Inhaftierte Islamisten werfen dem Sicherheitsapparat, insbesondere dem Inlandsgeheimdienst DGST, vor, Methoden anzuwenden, die rechtsstaatlichen Maßstäben nicht immer genügen (z.B. lange U-Haft unter schlechten Bedingungen, kein Anwaltszugang). Die zivilgesellschaftlichen Organisationen und Medien dokumentieren diese Vorwürfe nur bruchstückhaft (AA 14.2.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 9.10.2019

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AI - Amnesty International (4.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Morocco/Western Sahara, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003693/MDE2998912019ENGLISH.pdf, Zugriff 9.10.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (3.6.2019): Länderreport 11 - Algerien, Marokko, Tunesien - Menschenrechtslage - Im Fokus: Vulnerable Personen,

https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Herkunftslaenderinformationen/algerien-marokko-tunesien-laenderreport-11.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff am 10.10.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (11.2018): Asylländerbericht Marokko,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2009260/MARO_%C3%96B_Bericht_2018_11.pdf, Zugriff 9.10.2019

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USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004244.html, Zugriff 9.10.2019

Korruption

Das Gesetz sieht für behördliche Korruption Strafen vor, doch setzt die Regierung die gesetzlichen Regelungen nicht effektiv um. Staatsbedienstete sind häufig in Korruptionsfälle verwickelt und gehen straffrei aus. Korruption stellt bei der Exekutive, inklusive der Polizei, bei der Legislative und in der Justiz ein ernstes Problem dar. Es gibt Berichte von Korruption im Bereich der Regierung, und von deren Untersuchung in einigen Fällen, aber mangelnder strafrechtlicher Verfolgung. Die Antikorruptionsbehörde The National Authority for Probity, Prevention, and Fighting Corruption (INPPLC) ist für den Kampf gegen die Korruption zuständig. Sie wird nur in wenigen Fällen tätig, vor allem in mittleren und höheren Ebenen der Verwaltung werden kaum Ermittlungen durchgeführt. Neben dem INPPLC sind das Justizministerium und die Hohe Rechnungskontrollbehörde (Government Accountability Court) für Korruptionsfragen zuständig. Im August veröffentlichte das Oberste Rechnungskontrollorgan einen öffentlichen Bericht, in dem der Missbrauch öffentlicher Mittel in einigen Ministerien sowie mangelnde Fairness und Transparenz bei öffentlichen Ausschreibungen, die strafrechtlich verfolgt werden mussten, hervorgehoben wurden. Nach Angaben des Justizministeriums wurden sechs Untersuchungen eingeleitet und ein Fall wurde dem Gericht als Ergebnis des diesjährigen Prüfungsberichts vorgelegt (USDOS 13.3.2019).

Zudem wurde vom Justizministerium eine öffentliche Hotline eingerichtet, um Korruptionsfälle zu melden. Zwischen dem 25.6.2018 und dem 30.9.2018 kam es in 31 Fällen zu Haftstrafen. Im Februar 2018 bestätigte der Regierungschef Saadeddine El Othmani, dass auch Staatsbeamte wegen Korruption und Veruntreuung verhaftet worden seien (USDOS 13.3.2019).

Die Bekämpfung der Korruption wird in Marokko unter anderem durch eine langsame Justiz, Zentralismus und die Verflechtung von Politik und Wirtschaft erschwert. Im Alltag ist Korruption allgegenwärtig. Ob im Krankenhaus, in der Schule, an der Universität oder bei der KFZ-Zulassung - fast überall in Marokko werden Extrazahlungen fällig, wenn man eine Dienstleistung braucht. Da das Steuersystem wenig entwickelt und die öffentliche Hand dementsprechend finanziell schwach ist, betrachten viele Marokkaner - einschließlich der verantwortlichen Politiker - die Bestechungsgelder als eine Art Steuerersatz. Als korruptionsanfällig gilt auch die Armee (GIZ 8.2019a).

Marokko belegt im Korruptionswahrnehmungsindex 2018 den 73. von insgesamt 180 Plätzen (TI 2018).

Quellen:

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (8.2019a): LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 9.10.2019

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TI - Transparency International (2018): Corruptions Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/country/MAR, Zugriff 9.10.2019

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USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004244.html, Zugriff 9.10.2019

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Es gibt in Marokko eine lebendige und aktive Zivilgesellschaft mit nationalen und internationalen NGOs, die im Prinzip unbehelligt agieren kann. Verbote gegen einzelne Veranstaltungen und Einschränkungen für NGOs und Menschenrechtsorganisationen kommen jedoch vor. Ein NGO-Gesetz gibt es nicht. Für NGOs gilt das Vereinsrecht. Sie müssen sich beim Innenministerium registrieren lassen. Es kommt vor, dass die Registrierungsanzeigen nicht fristgemäß mit einer Eingangsbestätigung beantwortet werden (AA 14.2.2018).

Menschenrechtsorganisationen publizieren Berichte über Menschenrechtsfälle. Die Einstellung der Regierung gegenüber lokalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen variiert jedoch, abhängig von der politischen Orientierung der Organisation und der Sensitivität der jeweiligen Angelegenheit. Lokale und internationale NGOs sind immer wieder Einschränkungen bei ihren Aktivitäten ausgesetzt (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 14.2.2018). Die Regierung trifft sich gelegentlich mit Vertretern von NGOs und beantwortet Anfragen und Empfehlungen seitens der NGOs (USDOS 13.3.2019).

Der Bereich NGOs/Menschenrechtsverteidiger stellt sich als breit gefächerte Landschaft (ca. 90.000 Vereinigungen) dar, mit einer aktiven und sich artikulierenden Menschenrechts-Verteidigerszene, die mit dem CNDH (Nationaler Rat für Menschenrechte) korreliert und dessen Arbeit ergänzt oder diesem sogar voraneilt. Sichtbarste und mit Veranstaltungen und Berichten hervortretende Protagonisten der Menschenrechtsszene sind die OMDH (Organisation Marocaine des Droits Humains) und die AMDH (Association Marocaine des Droits Humains). Die Zivilcourage der einzelnen Aktivisten verdient Anerkennung, weil nicht nur Gefahr besteht, mit staatlicher Repression in Konflikt zu geraten, sondern auch an die Grenzen des von der Gesellschaft Tolerierten zu stoßen (ÖB 11.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 9.10.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (11.2018): Asylländerbericht Marokko,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2009260/MARO_%C3%96B_Bericht_2018_11.pdf, Zugriff 9.10.2019

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USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004244.html, Zugriff 9.10.2019

Ombudsmann

Zur Kontrolle der Gewährleistung grundlegender Menschenrechte wurde nach der Verabschiedung der neuen Verfassung im Jahr 2011 ein "Nationaler Menschenrechtsrat" (Conseil National des droits de l'homme - CNDH) als besondere Verfassungsinstanz eingerichtet. Seine kritischen Bestandsaufnahmen und Empfehlungen zu Gesetzesentwürfen haben Gewicht und beeinflussen die Politik (AA 14.2.2018; vgl. ÖB 9.2015). Der CNDH ist sichtbar, aktiv und produktiv (Berichte über psychiatrische Anstalten, Strafvollzug, Jugendwohlfahrtseinrichtungen, Situation von Asylsuchenden und Migranten). Er legt jährlich einen Bericht vor, der dem König und dem Parlament zur Kenntnis gebracht wird und nimmt auch zu Individualfällen Stellung, bis hin zur Intervention (ÖB 11.2018). Menschenrechtsangelegenheiten werden somit durch den CNDH, die interministerielle Abordnung über Menschenrechte (DIDH), und die Institution des Médiateur (Ombudsmann) wahrgenommen (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 9.10.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (11.2018): Asylländerbericht Marokko,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2009260/MARO_%C3%96B_Bericht_2018_11.pdf, Zugriff 9.10.2019

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USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004244.html, Zugriff 9.10.2019

Wehrdienst und Rekrutierungen

1966 hatte Marokko den Militärdienst eingeführt, 2006 war er abgeschafft worden, nun soll er wieder Pflicht werde. Bereits im Sommer 2018 hatte das marokkanische Parlament einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschiedet. Am 26.12.2018 hat das Repräsentantenhaus in Rabat das Gesetz beschlossen (GIZ 8.2019a), und am 25.1.2019 trat das Gesetz in Kraft (DIS 7.2019). Das Gesetz sieht die Wiedereinführung der Wehrpflicht für Marokkaner im Alter von 19 bis 25 Jahren vor. Insgesamt zwölf Monate sollen Männer und Frauen dienen, bis zum Alter von 25 Jahren (CIA 2.10.2019; vgl. DIS 7.2019; GIZ 8.2019a). Laut Medien hat König Mohammed VI. für 2019 festgelegt, dass die Regierung 10.000 Marokkaner rekrutieren soll, und dass die Anzahl bis Ende 2020 auf 15.000 erhöht werden soll. Wenn eine Person, die eingezogen wurde, der Vorladung ohne berechtigten Grund nicht nachkommt, wird sie mit einer Freiheitsstrafe zwischen einem und drei Monaten und eine Geldstrafe von 2.000 bis 5.000 DH bestraft (DIS 7.2019).

Quellen:

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CIA - Central Intelligence Agency (2.10.2019): The World Factbook

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Morocco,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mo.html, Zugriff 10.10.2019

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DIS - Danish Immigration Service (7.2019): Morocco; Military service, Juli 2019

https://www.ecoi.net/en/file/local/2016126/brief+COI+report_military+service+in+Morocco_July+2019_final.pdf, Zugriff 10.10.2019

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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