TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/3 G302 2225948-1

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Veröffentlicht am 03.02.2020
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Entscheidungsdatum

03.02.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs3
FPG §70 Abs3

Spruch

G302 2225948-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Italien, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - Regionaldirektion XXXX - vom 22.10.2019, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde), vom 22.10.2019, Zl. XXXX, wurde gegen XXXX, geb. XXXX, StA. Italien (im Folgenden: BF) gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 18 Abs. 3 VFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Der BF erhob durch seine rechtliche Vertretung fristgerecht Beschwerde und beantragte, die Befristung des Aufenthaltsverbotes angemessen herabzusetzen.

Die gegenständliche Beschwerde wurde mit dem maßgeblichen Verwaltungsakt am 27.11.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und der Gerichtsabteilung G302 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist italienischer Staatsangehöriger. Der BF ist verheiratet und Vater dreier minderjähriger Kinder, welche allesamt in Italien leben. Der BF war zuletzt in XXXXwohnhaft und arbeitete in seinem Herkunftsstaat als Hilfskoch und Sicherheitsmitarbeiter.

Der BF reiste im Jänner 2017 in Österreich ein und beging nur wenige Tage nach seiner Einreise einen Raubüberfall auf eine Bank. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 30.05.2017, Zl. XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt. Er war schuldig, am 11.01.2017 in XXXX im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter durch Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, nämlich indem er einem Bankangestellten einen Faustschlag ins Gesicht versetzte und sein Komplize die Anwesenden mit einer Faustfeuerwaffenattrappe bedrohte, Verfügungsberechtigten der Bankfiliale fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld im Wert von gesamt EUR 31.230,16 mit dem Vorsatz abgenötigt zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Erschwerend wirkte sich das Handeln mit einem Mittäter sowie die Vorstrafenbelastung und darüber hinaus das Vorliegen der Voraussetzungen der Strafschärfung im Rückfall nach § 39 StGB aus. Mildernd war die Sicherstellung eines Großteils der Beute zu berücksichtigen. Der BF zeigte sich im Strafverfahren nicht geständig.

Nach der Straftat reiste der BF über Deutschland nach Frankreich und wurde dort aufgrund eines europäischen Haftbefehls am 13.01.2017 festgenommen und am 26.01.2017 an die Republik Österreich ausgeliefert. Der BF befindet sich derzeit in Strafhaft in der JA XXXX. Das errechnete Entlassungsdatum ist der 13.01.2025.

Der BF hat in Österreich keinen Wohnsitz und verfügt weder über Familienangehörige noch über andere soziale Bindungen im Bundesgebiet. Der BF verfügt über Verwandte in Frankreich.

Der BF weist 8 Eintragungen im italienischen Strafregister auf, wobei 7 Straftaten gegen fremdes Vermögen erfolgten. Darüber hinaus wurde der BF in der Schweiz mit Urteil des Corte di Appello e di Revisione Penale XXXX vom 09.05.2014 wegen zweimaligen versuchten bandenmäßigen Raubes und Raubes unter Mitführung einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten verurteilt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Identität des BF steht aufgrund der vorliegenden Identitätsdokumente (Personalausweis und Führerschein) fest.

Die Feststellungen zu den Verurteilungen des BF ergeben sich aus dem Strafurteil des Landesgerichts XXXX vom 30.05.2017, Zl XXXX.

Die Feststellungen zum Familienstand, bisherigen Wohn- und Aufenthaltsort des BF sowie den mangelnden Anknüpfungspunkten des BF ergeben sich aus dem genannten Strafurteil sowie seiner im Rahmen des Parteiengehörs übermittelten Stellungnahme im behördlichen Verfahren.

Den Angaben des BF, wonach er zur Arbeitssuche nach Österreich gereist sei, werden als unglaubwürdig erachtet. Vielmehr ist der belangten Behörde beizupflichten, dass der BF gerade für die Begehung des Banküberfalls nach Österreich einreiste, als er in seiner Stellungnahme vom 05.08.2019 angab, sich nur drei Tage in Österreich aufgehalten zu haben.

Dass sich der BF im Strafverfahren vor dem Landesgericht XXXX nicht geständig zeigte, ergibt sich aus der ausführlichen Beweiswürdigung und mangels eines entsprechenden Milderungsgrundes im Strafurteil.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gegenständlich wurde in der Beschwerde lediglich beantragt, die Befristung des Aufenthaltsverbotes angemessen herabzusetzen.

Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides wurden somit nicht angefochten und sind in Rechtskraft erwachsen.

3.3. Zu Spruchpunkt A):

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

Für den BF, der aufgrund seiner italienischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, kommt der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 Satz 2 FPG für Unionsbürger zur Anwendung, weil er sich weniger als 10 Jahre durchgehend in Österreich aufhält.

Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet würde. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Gegenständlich wurde der BF vom Landesgericht XXXX wegen des Verbrechens des Raubes zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 8 Jahren verurteilt. Der BF war vor dieser Tat bereits strafvorbelastet und weist 8 Eintragungen im italienischen Strafregister auf, wobei 7 Straftaten gegen fremdes Vermögen erfolgten. Darüber hinaus wurde der BF in der Schweiz im Jahr 2014 wegen zweimaligen versuchten bandenmäßigen Raubes und Raubes unter Mitführung einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten verurteilt.

Diese Taten - insbesondere Gewalt- und Eigentumsdelikte - stellen ohne Zweifel ein die öffentliche Sicherheit und Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens schwer gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar (vgl. VwGH 22.02.2017, Ra 2017/19/0043).

Während der Tat schreckte der BF auch nicht zurück, Gewalt anzuwenden, indem er einen Bankangestellten einen Faustschlag ins Gesicht versetzte. Darüber hinaus verwendete sein Mittäter eine täuschend echte Waffenattrappe, um die Opfer durch gefährliche Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben das Bargeld abzunötigen. Das gewalttätige und geplante Vorgehen des BF lässt erkennen, dass dieser dazu neigt, Eigeninteressen, insbesondere Bereicherungsinteressen, über die Interessen der Öffentlichkeit sowie einzelner Personen zu stellen und dabei selbst vor Gewaltanwendung nicht zurückzuschrecken. Dies weist jedenfalls auf eine hohe kriminelle Energie sowie eine beachtliche Herabsetzung der inneren Hemmschwelle des BF hin.

Zu beachten ist insbesondere, dass der BF gerade zum Zwecke der unrechtmäßigen Bereicherung, nämlich zur Verübung eines Banküberfalls und somit mit dem Vorsatz, gegen österreichische Strafgesetze zu verstoßen, nach Österreich reiste.

Erschwerend kommt hinzu, dass der BF die Tat mit einem Mittäter beging und zahlreiche (einschlägige) Vorstrafen aufweist. Darüber hinaus erachtete das Landesgericht XXXX die Voraussetzungen der Strafschärfung im Rückfall nach § 39 StGB für gegeben. Mildernd war lediglich die Sicherstellung eines Großteils der Beute zu berücksichtigen.

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zeigt sich somit vorliegend als verhältnismäßig.

Zu beurteilen bleibt schließlich noch die Frage der Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG, welche kumulativ mit der Erheblichkeit und der Tatsächlichkeit vorliegen muss. Der BF wurde - wie bereits erwähnt - wegen Raubes zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt. Aufgrund der einschlägigen Vorstrafen steht die Gefahr im Raum, dass der BF dieses Verhalten wiederholen könnte. Der BF zeigte sich im Strafverfahren auch nicht geständig, sondern führte erst im gegenständlichen Verfahren in seiner Beschwerde aus, sein Verhalten zutiefst zu bereuen. Dies allein lässt insbesondere hinsichtlich der einschlägigen Vorstrafen eine positive Gefährdungsprognose für den BF nicht zu. Im Übrigen konnten auch die vorangegangen rechtskräftigen Verurteilungen den BF nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten.

All diese Umstände lassen den Schluss zu, dass die vom BF ausgehende Gefahr gegenwärtig, erheblich und tatsächlich ist. Dieses Verhalten berührt ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes, an der Hintanhaltung von Delikten gegen fremdes Vermögen.

Im Übrigen ist der Gesinnungswandel eines Straftäters nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich daran zu prüfen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH 25.04.2013, 2013/18/0056).

Daran anknüpfend ist die vom BF ausgehende Gefahr als gravierend anzusehen. Die gesamte Freiheitsstrafe wurde unbedingt verhängt und verbüßt der BF derzeit seine Strafe in der JA XXXX. Errechneter Entlassungstermin ist der 13.01.2025. Da sich der BF nach wie vor noch in Strafhaft befindet, können keine positiven Änderungen im Verhalten des BF erkannt werden (vgl. VwGH 25.04.2013, 2013/18/0056).

Der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF ist verhältnismäßig, zumal er sich nur drei Tage in Österreich aufhielt ehe er eine Straftat beging. Der BF verfügt im Bundesgebiet weder über familiäre noch andere soziale Anknüpfungspunkte und hat hier auch keinen Wohnsitz oder dergleichen. Er hielt sich lediglich zur Verübung der Straftat und nunmehr zur Verbüßung seiner Freiheitsstrafe in Österreich auf. Der BF verbrachte den überwiegenden Teil seines Lebens in Italien, wo er über Familienangehörige und seinen Lebensmittelpunkt verfügt.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen, privaten Interessen des BF. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl. etwa VwGH 20.08.2013, 2013/22/0097).

Die Erlassung des Aufenthaltsverbots erfolgte somit dem Grunde nach zu Recht und wurde dem Grunde nach vom BF auch nicht angefochten.

Auch die Dauer des Aufenthaltsverbotes bewegt sich innerhalb des gesetzlichen Rahmens. So sieht § 67 Abs. 3 Z 1 FPG bei einer Verurteilung zu einer mehr als 5-jährigen Freiheitsstrafe, die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes als zulässig an.

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs. 4 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen.

Gemessen an der Gewaltbereitschaft des BF, der Verhängung einer Freiheitsstrafe von weit mehr als 5 Jahren und der wiederholten Begehung von Straftaten in Zusammenhang mit den fehlenden Anknüpfungspunkten in Österreich, erwies sich der Ausspruch über das unbefristete Aufenthaltsverbot als zulässig.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass, wenn auch aus aktueller Sicht ein Wegfall der Gefährlichkeit des BF nicht prognostiziert werden kann, dem BF nach allfälligem unter Beweisstellens eines - aktuell nicht anzunehmenden - längeren Wohlverhaltens oder Änderung der Sachlage, die Möglichkeit offensteht, eine Aufhebung des gegenständlich erlassenen Aufenthaltsverbotes (siehe § 69 Abs. 2 FPG) zu beantragen.

Sohin war die Beschwerde in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Durchsetzungsaufschub, Gefährdungsprognose,
Interessenabwägung, öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G302.2225948.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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