TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/20 W163 1409123-4

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Veröffentlicht am 20.02.2020
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Entscheidungsdatum

20.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §56
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52

Spruch

W163 1409123-4/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel Leitner über die Beschwerde von Herrn XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.04.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und XXXX wird gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 und Z2 und § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF. der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

II. Die Spruchpunkte II., III. und IV. des angefochtenen Bescheides werden gemäß § 28 Abs 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

I.1. Verfahrensgang

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), hat am 13.09.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs 1 Z 12 des Asylgesetzes 2005 (AsylG2005), BGBl. Nr. 100/2005 idgF, gestellt.

1.2. Am 13.09.2009 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung und am 17.09.2009 vor dem Bundesasylamt (im Folgenden BAA) im Asylverfahren die niederschriftlichen Einvernahmen des BF statt.

1.3. Das BAA wies den Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 17.09.2009, Zl. XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF. BGBl. I Nr. 122/2009, (kurz: AsylG 2005) ab (Spruchpunkt I.) und stellte fest, dass dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Indien nicht zukomme (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde der BF gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

1.4. Gegen den unter 1.3. genannten Bescheid des BAA richtete sich die beim BAA fristgerecht eingebrachte Beschwerde an den Asylgerichtshof, welcher die Beschwerde mit Erkenntnis vom 19.07.2010, Zahl C12 XXXX , rechtskräftig zugestellt am 28.07.2010, als unbegründet abwies.

1.5. Am 07.02.2013 und am 25.03.2013 wurde der BF von der Finanzpolizei als unerlaubt beschäftigter Ausländer angetroffen und gegen den Dienstgeber jeweils ein Strafantrag wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetztes beim Magistratischen Bezirksamt XXXX eingebracht.

1.6. Am 15.09.2010 wurde der BF vor der Bundespolizeidirektion Wien zum Gegenstand "Einvernahme - Regelung der Ausreise - Ausfüllung des Formblattes" niederschriftlich einvernommen.

1.7. Am 09.08.2011, 08.09.2011, 13.07.2011, 11.01.2013 und 09.05.2013 wurde der BF von der Bundespolizeidirektion Wien jeweils wegen unrechtmäßigen Aufenthalts nach § 120/1a FPG zur Anzeige gebracht.

1.8. Der BF hat am 10.06.2014 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, gestellt. Am selben Tag fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt.

1.9. In weiterer Folge wurde der BF am 20.04.2016 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen.

1.10. Das BFA hat mit Bescheid vom 05.01.2017, den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.). Der Beschwerde gegen die Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.)

1.11. Die Beschwerde gegen die den Bescheid des BFA vom 05.01.2017 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.07.2017, GZ: W125 XXXX, als unbegründet abgewiesen.

1.12. Am 18.12.2017 stellte der rechtsfreundliche Vertreter des BF den gegenständlichen Antrag gem. § 56 Abs. 1 AsylG auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen.

1.13. Mit Schreiben vom 05.02.2019 wurde der BF aufgefordert, zum Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, binnen zwei Wochen Urkunden vorzulegen und Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs gem. § 37 AVG abzugeben. Der BF wurde darauf hingewiesen, dass bei einer abweisenden Entscheidung eine Rückkehrentscheidung zu treffen sei.

1.14. Mit Schreiben vom 12.12.2017 ersuchte der die rechtsfreundliche Vertreterin des BF um eine Verlängerung der Vorlagefrist bis zum 31.1.2018, weil für die Stellungnahme noch die erforderlichen Unterlagen fehlen würden und die Beschaffung der größtenteils in Indien aufliegenden Unterlagen ca. 6 Wochen dauern würde.

1.15. Mit Schriftsätzen vom 22.02.2019 und 25.02.2019 übermittelte die rechtsfreundliche Vertreterin die Stellungnahme des BF dem BFA, und unter anderem die Kopie einer überbeglaubigten Geburtsurkunde.

1.16. Mit im Spruch angeführten Bescheid, zugestellt am 11.04.2019, wies das BFA den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 56 AsylG ab (Spruchpunkt I.). Gem. § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG FPG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gem. § 46 FPG nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

1.17. Gegen diesen rechtswirksam zugestellten Bescheid richtet sich die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde vom 09.05.2019, welche im Wesentlichen die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt.

1.18. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 06.06.2019 vom BFA vorgelegt.

1.19. Das BVwG führte am 08.01.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der BF und sein rechtsfreundlicher Vertreter persönlich teilnahmen. Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung ebenfalls teil. Eingebracht wurde das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 04.02.2019, Stand 09.08.2019, zur Lage im Herkunftsstaat Indien, hierzu wurde eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme eingeräumt.

1.20. Am Schriftsätzen vom 22.01.2020 und 23.01.2020 wurden eine Wohnrechtsvereinbarung und eine Stellungnahme zur Lage im Herkunftsstaat vorgelegt.

I.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (Sachverhalt)

Das BVwG geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt aus:

a) Zur Person der beschwerdeführenden Partei

1. Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX in der Stadt XXXX , Bezirk XXXX , Bundesstaat Punjab. Der BF ist Staatsangehöriger von Indien.

2. Der BF ist verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von 19 und 16 Jahren, die gemeinsam mit der Mutter des BF im Heimatort des BF leben. Die Mutter des BF erhält eine Pension und die Ehegattin des BF arbeitet als Näherin. Der BF steht in telefonischem Kontakt mit seiner Familie.

3. Der BF hat in Indien zuletzt als Immobilienmakler auf eigene Rechnung gearbeitet.

4. Der BF hat nicht die Absicht oder den Wunsch, nach Indien zurückzukehren und hat sich bislang nicht um die Ausstellung eines Reisedokumentes bei der indischen Botschaft in Wien bemüht.

5. Der BF reiste im September 2009 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und hält sich seither in Österreich auf.

6. Der BF befindet sich seit 11 1/2 Jahren im Bundesgebiet. In dieser Zeit hielt er sich während der Dauer des Verfahrens zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz rund 10 Monate und während der Dauer des Verfahrens zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz drei Jahre und zwei Monate rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Der BF ist nach Abschluss der jeweiligen Verfahren seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet.

7. Der BF wurde fünf Mal wegen unrechtmäßigen Aufenthalts angezeigt. Zweimal wurde der BF von der Finanzpolizei als unerlaubt beschäftigter Ausländer angetroffen.

8. Der BF bestreitet seinen Lebensunterhalt mit fallweiser finanzieller Unterstützung durch seinen im Bundesgebiet aufhältigen Bruder und durch gelegentliches Verteilen von Werbeprospekten. Der BF verfügte über eine Gewerbeberechtigung, die er ruhend gestellt hat und die er mangels eines Aufenthaltsrechts nicht wiederaufleben lassen kann. Der BF betrieb mehrere Jahre ein Kleintransportunternehmen und verdiente zuletzt im Jahr 2017 zwischen 750 und 1.300 Euro pro Monat. Der BF verfügt über kein Vermögen und über keine Ersparnisse.

9. Der BF lebt bei einem Arbeitskollegen, mit dem er sich die Mietkosten teilt und mit dem er eine Wohnrechtsvereinbarung getroffen hat.

10. Der BF verfügt über eine Einstellungszusage als Pizzazusteller sofern dem BF diese Tätigkeit erlaubt ist.

11. Der BF hat im August 2015 das ÖSD-Sprachzertifikat Deutsch A2 gut bestanden. Im Juli 2016 hat der BF das ÖSD Zertifikat Deutsch Österreich B1 bestanden. Er kann Fragen auf einfachen Niveau in deutscher Sprache teilweise verstehen sinnzusammenhängend beantworten.

12. Ein Bruder des BF lebt mit seiner Familie in Wien. Der BF lebt seit ca. 3 Jahren in Salzburg. Der BF steht mit seinem Bruder regelmäßig in telefonischem Kontakt und der BF besucht seinen Bruder an Fest- oder Feiertagen und sonst alle 10 bis 15 Tage.

13. Der BF unterhält freundschaftliche Kontakte im Bundesgebiet. Aus einer vorgelegten und nicht datierten Unterschriftenliste ergibt sich, dass sich 30 Personen für den Verbleib des BF im Bundesgebiet aussprechen. Der BF war zwei Tage in einer Obdachlosen-Notschlafstelle ehrenamtlich tätig. Der BF ist im Besitz eines österreichischen Führerscheins und hat den dafür erforderlichen Erste-Hilfe-Kurs im März 2017 absolviert. Er ist Mitglied im Sportklub XXXX und spendet für die XXXX .

14. Der BF besucht die Kirche, liest Zeitung, geht spazieren oder betreibt Sport (Yoga, Rasenhockey, Fußball).

13. Die BF ist strafgerichtlich unbescholten.

II. Beweiswürdigung

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:

II.1. Zum Verfahrensgang

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des BVwG.

II.2. Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei

2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum und Herkunft) getroffen wurden, beruhen diese auf den Angaben des BF, die bereit in den Asylverfahren zu seiner Identifikation angenommen wurden und die mit den Daten, die aus der in Kopie vorgelegten und überbeglaubigten Geburtsurkunde ersichtlich sind (AS 119, 120), übereinstimmen.

2.2. Die Feststellungen zu den in Indien lebenden Familienangehörigen sowie zur Berufstätigkeit beruhen auf den Angaben des BF im Verfahren vor dem BFA und in der Beschwerdeverhandlung.

2.3. Die Feststellungen, dass der BF nicht die Absicht oder den Wunsch hat, nach Indien zurückzukehren und er sich nicht mit der indischen Botschaft in Verbindung gesetzt hat, stützen sich auf die Angaben in der Beschwerdeverhandlung.

2.4. Die Feststellungen zum Einreisemonat und Jahr ergeben sich unstrittig aus dem Datum seiner Antragstellung auf internationalen Schutz. Die Feststellungen zur Gesamtdauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet, der jeweiligen Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts sowie zum Umstand, dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung wiederholt nicht nachgekommen ist, stützen sich auf die im Verfahrensgang dargestellten Verfahren auf internationalen Schutz.

2.5. Die Feststellungen zu den fünf Anzeigen wegen unrechtmäßigen Aufenthalts und dem zweimaligen Einschreiten der Finanzpolizei eben jenen in Akt einliegenden Anzeigen und Meldungen.

2.6. Die Feststellungen betreffend die Bestreitung des Lebensunterhaltes des BF stützen sich auf die Angaben in der Beschwerdeverhandlung. Die Feststellung zur Erwerbstätigkeit bis Juli 2017 stützt sich auf die im Verfahren vor dem BFA vorgelegten Kopien von Abrechnungen (AS 137 -173). Die Feststellung zur Haftungserklärung des Bruders des BF stützen sich auf die Kopie der beglaubigten Haftungserklärung. Die Feststellung, dass der BF nicht erlaubt erwerbstätig sein kann, stützt sich auf die im Verfahrensgang dargestellten rechtswirksam abgeschlossenen Verfahren auf internationalen Schutz.

2.7. Die Feststellung zur Wohnsituation stützt sich auf die Angaben in der Beschwerdeverhandlung und die mit Schriftsatz vom 23.01.2020 vorgelegte Kopie der Wohnrechtsvereinbarung.

2.8. Die Feststellung zur Einstellungszusage stützt sich auf die vorgelegte Bestätigung eines Gastronomiebetriebs (AS 179).

2.9. Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen des BF beruhen auf dem in Vorlage gebrachten Deutsch-Zertifikaten in Zusammenhalt mit den in der Beschwerdeverhandlung präsentierten Deutschkenntnissen.

2.10. Die Feststellung zum Kontakt mit seinem Bruder stützt sich auf die Angaben in der Beschwerdeverhandlung.

2.11. Die Feststellung zu den sonstigen sozialen Kontakten stützen sich auf die Angaben in der Beschwerdeverhandlung sowie auf die im Verfahren vorgelegte Unterschriftenliste (AS 187 - 191). Die Feststellungen zur ehrenamtlichen Tätigkeit für zwei Tage, die Mitgliedschaft im Sportklub XXXX , der Spende an die XXXX stützen sich auf die im Verfahren vor dem BFA vorgelegten Kopien.

2.12. Die Feststellungen zur Freizeitgestaltung stützen sich auf die Angaben in der Beschwerdeverhandlung.

III. Rechtliche Beurteilung:

III.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

1. Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

2. Gemäß § 1 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung (VwGVG) ist das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes durch das VwGVG geregelt.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Im gegenständlichen Verfahren sind daher gemäß § 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung (BFA-VG), dieses sowie weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung (FPG) anzuwenden.

3. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes, BGBl. I Nr. 10/2003 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

III.2. Zu Spruchteil A)

III.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG, der AsylG-DV, des BFA-VG und des FPG lauten:

ASylG:

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1.-dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2.-der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

§ 58. [...]

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1.-das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2.-der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

Arten und Form der Aufenthaltstitel

§ 54. (1) Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen werden Drittstaatsangehörigen erteilt als:

1."Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), berechtigt, [...]

(2) Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 sind für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen. Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 sind nicht verlängerbar.

Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10 [...]

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

[...]

AsylG-DV:

Urkunden und Nachweise für Aufenthaltstitel

§ 8. (1) Folgende Urkunden und Nachweise sind - unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 - im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:

1.-gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);

2.-Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;

3.-Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;

4.-erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde.

[...]

Verfahren

§ 4. (1) Die Behörde kann auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG 2005 zulassen:

1.-im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,

2.-zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder

3.-im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(2) Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 1 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

FPG:

§52 [...]

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

[...]

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

[...]

BFA-VG:

Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

[...]

2.2. Zur Heilung nach § 4 Abs. 1 Z 2 AsylGDV 2005 hat der VwGH ausgesprochen, dass die Bedingung, wonach die Erteilung des Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 MRK erforderlich sein muss, in jenen Konstellationen, in denen von Amts wegen ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen ist, voraussetzungsgemäß erfüllt ist (vgl. E 15. September 2016, Ra 2016/21/0187). Auch im Fall eines Antrags auf Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels gilt, dass die Voraussetzungen für die verfahrensrechtliche Heilung nach § 4 Abs. 1 Z 2 AsylGDV 2005 die gleichen sind wie für die materielle Stattgabe des verfahrenseinleitenden Antrags. Die Prüfung, ob einem Heilungsantrag nach § 4 Abs. 1 Z 2 AsylGDV 2005 stattzugeben ist, unterscheidet sich also inhaltlich nicht von der Beurteilung, ob der Titel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen ist. Daraus folgt auch, dass bei einem Antrag nach § 55 AsylG 2005 in Bezug auf die Heilung nach § 4 Abs. 1 AsylGDV 2005 in erster Linie und vorrangig die Voraussetzungen der Z 2 der genannten Bestimmung zum Tragen kommen und dass es unzulässig ist, den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 trotz Vorliegens der hierfür erforderlichen Voraussetzungen wegen Nichtvorlage von Identitätsdokumenten zurückzuweisen (vgl. B 17. November 2016, Ra 2016/21/0314) (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0168).

2.3.1. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

2.3.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt den persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet - unter Bedachtnahme auf die jeweils im Einzelfall zu beurteilenden Umstände - ein großes Gewicht verleihen (vgl. VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100, mwN). Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach der Judikatur des VwGH regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. zuletzt VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325; auch VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249; 30.08.2011, 2008/21/0605; 14.04.2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032; 30.06.2016, Ra 2016/21/0165).

Nach der Judikatur des VwGH ist aber auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. Es ist daher auch in Fällen eines mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthaltes eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte vorzunehmen, wenn auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer (VwGH 17.10.2016 Ro, 2016/22/0005; 23.02.2017 Ra 2016/21/0340).

Dabei sah es der Verwaltungsgerichtshof etwa als nicht zu beanstanden, wenn der Umstand, dass ein Revisionswerber durch die Nichtvorlage seines Reisepasses die Effektuierung der Ausweisung behindert hat als die Länge der Aufenthaltsdauer relativierend gesehen wurde (vgl. etwa VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0197, Rn. 9, in dem darauf abgestellt wurde, dass die lange Aufenthaltsdauer und das dabei erreichte Maß an Integration auf Grund einer Täuschungshandlung ermöglicht worden ist; bzw. VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0009, Rn. 15, mwN, in dem darauf abgestellt wurde, dass die Beschaffung eines Heimreisezertifikates - dort: durch unrichtige Angaben - erschwert bzw. behindert worden ist; vgl. zuletzt VwGH 29.08.2018, Ra 2018/22/0180).

Ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale können gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels (oder an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden. Dazu zählen das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 10. November 2015, Ro 2015/19/0001; B 3. September 2015, Ra 2015/21/0121; B 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften (zB AuslBG, E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062; B 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), eine zweifache Asylantragstellung (vgl. B 20. Juli 2016, Ra 2016/22/0039; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165), sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften (vgl. E 31. Jänner 2013, 2012/23/0006).

2.3.3. Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190). Auch der Verfassungsgerichtshof verweist darauf, dass ein allein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken könne. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfSlg. 19.086/2010 mwH).

Dem Umstand, dass der Aufenthaltsstatus des Fremden ein unsicherer war, kommt zwar Bedeutung zu, er hat aber nicht zur Konsequenz, dass der während unsicheren Aufenthaltes erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen ist (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 253).

Allerdings ist der Umstand zu berücksichtigen, dass der Inlandsaufenthalt überwiegend unrechtmäßig war (Hinweis E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 11. November 2013, 2013/22/0072, vgl. auch dazu VwGH Ro 2016/22/0005, Rn. 15, mwN). So hat der Verwaltungsgerichtshof hat auch wiederholt ausgesprochen, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in einem Gewicht gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen (vgl. wiederum VwGH Ra 2016/22/0056).

2.3.4. Wird einem Fremden sowohl ein Beherrschen der deutschen Sprache als auch in der Vergangenheit ausgeübte Erwerbstätigkeiten und das Vorhandensein von Einstellungszusagen zugestanden, kann keine Rede davon sein, dass er sich überhaupt nicht integriert hätte; dass insbesondere Einstellungszusagen keine Bedeutung zukommt, trifft in Zusammenhang mit einem langjährigen Aufenthalt nicht zu (Ra 2016/21/0168 vom 26.01.2017; vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165).

2.3.5. Auch ein während eines unsicheren Aufenthaltsstatus entstandenes Familienleben hat vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass diesem überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041; Hinweis E vom 19. Juni 2012, 2012/18/0027, 2012/18/0055).

2.3.6. Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt - auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) - nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erk. des VfGH v. 9.6.2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; hg. Erk. v. 26.1.2006, 2002/20/0423 und Folgejudikatur, etwa die hg. Erk. v. 26.1.2006, 2002/20/0235, vom 8.6.2006, 2003/01/0600, vom 22.8.2006, 2004/01/0220 und vom 9.2.2007, 2005/20/0040); vgl. auch VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479 und VwGH 19.11.2010, 2008/19/0010, u. v.a.).

Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Ein Bruder des BF lebt mit seiner Familie in Wien, der BF lebt seit drei Jahren in Salzburg. Sie stehen in regelmäßigem telefonischen Kontakt und der BF besucht den Bruder und dessen Familie an Feier- und Festtagen und alle 10 bis 15 Tage. Zwar unterstützt der Bruder den BF fallweise finanziell aber es kamen keine Aspekte hervor, die über die übliche Bindung hinausgehend zusätzliche Merkmale einer Abhängigkeit darstellen würden. Zwischen dem BF und seinem Bruder besteht daher kein Familienleben, sodass durch die Rückkehrentscheidung nicht in ein solches eingegriffen wird, allerdings ist dieser regelmäßige soziale Kontakt zu Gunsten des BF zu werten. Dass sich 30 Personen in einer Unterschriftenliste für den Verbleib des BF aussprechen spricht zudem für bestehende soziale Kontakte des BF.

Der lange Aufenthalt des BF in Österreich seit September 2009 - sohin seit mehr als 11 Jahren - verstärkt das persönliche Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich maßgeblich, sodass diesem, weil er schon so lange in Österreich lebt, ein schweres Gewicht zukommt.

Bei der Länge der Aufenthaltsdauer ist aber auch zu beachten, dass der Aufenthalt des BF schon ab negativem Abschluss seines ersten Asylverfahrens im Juli 2010 unrechtmäßig war. Durch die - unberechtigte - Folgeantragstellung im Juni 2014 legalisierte der BF seinen Aufenthalt bis zum negativen Abschluss des zweiten Verfahrens im Juli 2017. Den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung brachte der BF im Dezember 2017 ein. Das BFA stützt die abweisende Entscheidung wesentlich auf den beharrlichen Verbleib des BF im Bundesgebiet und den Umstand, dass der BF einen Folgeantrag gestellt hat und sein Aufenthalt nach den Entscheidungen unrechtmäßig war. Der VwGH hat ausgeführt, dass diese Gesichtspunkte - in mehr oder weniger großem Ausmaß - typischerweise auf Personen zutreffen, die nach negativer Erledigung ihres Antrages auf internationalen Schutz einen mehr als zehnjährigen inländischen und zuletzt jedenfalls unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet aufweisen und diese Umstände per se nicht gegen die regelmäßig überwiegenden persönlichen Unteressen bei einem mehr als 10jährigen Aufenthalt sprechen (siehe zuletzt VwGH vom 23.01.2020, Ra 2019/21/0378, 0388-6, Rn 16).

Es ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren betreffend den Folgeantrag ohne Verschulden des BF mehr als drei Jahre und im Lichte der Judikatur nicht mehr "angemessen" lange gedauert hat, was unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG dem BF zu Gute gehalten werden muss (siehe VwGH vom 23.01.2020, Ra 2019/21/0378).

Zu Gunsten des BF ist zu werten, dass dieser während des rechtmäßigen Aufenthalts im Asylverfahren - wie in den Feststellungen und der Beweiswürdigung dargestellt - als Kleintransportunternehmer erwerbstätig war. Er bezog in den vergangenen 11 Jahren keine Leistungen aus der Grundversorgung. Der Beschwerdeführer hat daher nach Ansicht des erkennenden Gerichts seinen Aufenthalt in Österreich intensiv zur Integration am österreichischen Arbeitsmarkt genutzt und dadurch das Bestreben nach Selbsterhaltungsfähigkeit glaubhaft gemacht.

Der BF lebt seit September 2009 durchgehend im Bundesgebiet und war aufrecht gemeldet und hat melderechtliche Vorschriften nicht missachtet.

Der BF kann sich auf Deutsch gut verständigen und hat ein Sprachzertifikat auf Niveau A2 und B1 erworben.

Auch wenn der Beschwerdeführer noch familiäre Anknüpfungspunkte in der Heimat hat, hat sich nach Ansicht des erkennenden Gerichts der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers nach Österreich verlagert.

Wie in den Feststellungen und der Beweiswürdigung dargestellt, verfügt der BF über eine Einstellungszusage und kommt dieser in Entsprechung der oben angeführten höchstgerichtlichen Judikatur im Zusammenhang mit dem mehr als 10jährigen Aufenthalt Bedeutung zu.

Es kann somit nicht behauptet werden, dass der Beschwerdeführer seinen bisherigen, mehr als 11 Jahre dauernden Aufenthalt überhaupt nicht genutzt hat um sich sozial und beruflich zu integrieren.

Der BF ist nicht straffällig geworden, wobei dieser Aspekt neutral bewertet wird, zumal davon auszugehen ist, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Zu Lasten des BF werden die Anzeigen wegen unrechtmäßigen Aufenthalts gewichtet. Zu Lasten des BF wird gewichtet, dass der BF als unerlaubt beschäftigter Ausländer von der Finanzpolizei angetroffen wurde. Es ist in diesem Zusammenhang zu Gunsten des BF zu berücksichtigen, dass dies sieben Jahre zurückliegt.

In einer Gesamtabwägung kommt das erkennende Gericht damit zum Schluss, dass dem Inlandsaufenthalt des BF aufgrund der langen Dauer ein sehr schweres Gewicht zukommt und seine Interessen am Verbleib damit maßgeblich verstärkt. Dazu setzte er in dieser Zeit unstrittig Integrationsschritte auf sozialer und wirtschaftlicher und sprachlicher Ebene, die zudem zu seinen Gunsten gewichtet werden. Die lange Aufenthaltsdauer ist zwar insbesondere durch die langjährige Unrechtmäßigkeit und das Bewusstsein über die Unsicherheit des Aufenthalts relativiert, und wird die zweifache Asylantragstellung und die oben dargestellten, gegen seinen Verbleib sprechenden Aspekte, insgesamt weniger gewichtig als die Interessen des BF am Verbleib in Österreich. Es stehen dem persönlichen Interesse des BF am Verbleib insgesamt keine so wesentlichen Umstände entgegen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse so sehr verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland so relativieren würden, dass dies dem Interesse des BF am Verbleib überwiegen würde.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG überwiegt daher das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet dem öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet (bzw. dem Nicht-Ausstellen eines Aufenthaltstitels).

Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 55 Abs. 1 AsylG von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat-und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß Abs. 2 eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

§ 7 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017 idgF, lautet:

(1) Die Integrationsvereinbarung dient der Integration rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassener Drittstaatsangehöriger (§ 3 Z 3) und zielt darauf ab, sie zur Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich zu befähigen. Im Rahmen dieser Vereinbarung sind Drittstaatsangehörige verpflichtet, Kenntnisse der deutschen Sprache sowie der demokratischen Ordnung und der daraus ableitbaren Grundprinzipien zu erwerben. Der Bund gewährt nach Maßgabe des Gesetzes (§ 14) eine Kostenbeteiligung.

(2) Die Integrationsvereinbarung besteht aus zwei aufeinander aufbauenden Modulen:

1. das Modul 1 dient dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache zur vertieften elementaren Sprachverwendung auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und der Vermittlung der grundlegenden Werte der Rechts-und Gesellschaftsordnung;

2. das Modul 2 dient dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache zur selbständigen Sprachverwendung auf dem Sprachniveau B1 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und der vertieften Vermittlung der grundlegenden Werte der Rechts-und Gesellschaftsordnung.

(3) Die näheren Bestimmungen zu den Inhalten der Module 1 und 2 der Integrationsvereinbarung hat der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres durch Verordnung festzulegen.

§ 9 IntG lautet:

(1) -(3) ...

(4) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,

2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,

4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot -Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder

5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung -Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1.

(5) ...

(6) Die Behörde kann von Amts wegen mit Bescheid feststellen, dass der Drittstaatsangehörige trotz Vorliegen eines Nachweises gemäß Abs. 4 Z 1 oder 2 das Modul 1 der Integrationsvereinbarung mangels erforderlicher Kenntnisse gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 nicht erfüllt hat.

(7) ...

§ 11 Abs. 2 Integrationsgesetz lautet:

" (2) Die Prüfung umfasst Sprach-und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts-und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach-sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig."

Die Übergangsbestimmung gemäß § 81 Abs. 36 NAG lautet:

"(36) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren."

Der Beschwerdeführer hat die A2-Prüfung am 24.08.2015 absolviert und hat damit gemäß der zitierten Übergangsbestimmung das Modul 1 der Integrationsvereinbarung vor Inkrafttreten des Integrationsgesetzes absolviert. Der Antragsteller erfüllt somit auch mangels Vorlage eines Nachweises über die Absolvierung eines Wertekurses über die Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts-und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich und nur mittels Vorlage eines Zertifikates über Deutschkenntnisse des Niveaus A2 die Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005. Aufgrund dieser Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden und dem Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen.

Das BFA hat dem Beschwerdeführer den Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG auszufolgen. Der Beschwerdeführer hat hierbei gemäß § 58 Abs. 11 AsylG mitzuwirken. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum.

III. 3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkte II., III. und IV. des angefochtenen Bescheids:

Nach dem zuvor dargestellten Ergebnis liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer Rückkehrentscheidung, die Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung, sowie die Setzung einer Frist für die freiwillige Ausreise mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht mehr vor, weshalb gleichzeitig die betreffenden Spruchpunkte ersatzlos zu beheben waren.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich z

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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