Entscheidungsdatum
04.03.2020Norm
ASVG §67 Abs10Spruch
W209 2218348-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter in der Beschwerdesache des XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch Concepta Wirtschaftstreuhand GmbH, Lainzer Straße 16/1, 1130 Wien, gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 26.09.2018, GZ: 11-2018-BE-VER10-000LV, betreffend Haftung gemäß § 67 Abs. 10 in Verbindung mit § 83 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) für auf dem Betragskonto der XXXX Gesellschaft m.b.H., XXXX , XXXX , unberichtigt aushaftende Beiträge samt Nebengebühren aus den Vorschreibungen für die Zeiträume Februar 2014 bis Oktober 2014 in Höhe von € 48.457,47 und der ab 26.09.2018 auflaufenden Verzugszinsen in Höhe von 3,38 % p.a. aus € 34.209,32 beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben vom 13.08.2018 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass auf dem Beitragskonto der XXXX Gesellschaft m.b.H. (im Folgenden: Primärschuldnerin) ein Beitragsrückstand in der Höhe von € 48.863,39 zuzüglich der gesetzlichen Verzugszinsen bestehe. Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG würden die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit haften, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten. Da die Beiträge trotz Fälligkeit bisher nicht bezahlt worden seien, werde der Beschwerdeführer ersucht, den eingangs erwähnten Rückstand bis spätestens 17.09.2018 zu begleichen bzw. innerhalb dieser Frist alle Tatsachen vorzubringen, die seiner Ansicht nach gegen ihre Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG sprächen. Dem Schreiben war ein Rückstandsausweis vom selben Tag angeschlossen, in dem die Zusammensetzung des oben angeführten Betrages näher aufgeschlüsselt wurde.
2. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 26.09.2018 wurde der Beschwerdeführer als ehemaliger Geschäftsführer der Primärschuldnerin gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 83 ASVG verpflichtet, der belangten Behörde binnen 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides die auf dem Beitragskonto der Primärschuldnerin unberichtigt aushaftenden Beiträge aus den Vorschreibungen für die Zeiträume Februar 2014 bis Oktober 2014 in Höhe von € 48.457,47 zuzüglich der ab 26.09.2018 auflaufenden Verzugszinsen in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, das seien derzeit 3,38 % p.a. aus €
34.209,32, bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Primärschuldnerin aus den Beiträgen für Februar 2014 bis Oktober 2014 € 48.457,47 und weitere Verzugszinsen schulde. Über das Vermögen der Primärschuldnerin sei am 17.11.2014 die Insolvenz eröffnet worden. Am 16.07.2018 sei der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben worden. Damit stehe die Uneinbringlichkeit der Forderungen gegenüber der Primärschuldnerin fest. Der Beschwerdeführer sei im gegenständlichen Zeitraum als handelsrechtlicher Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen und damit vertretungsbefugtes Organ der Primärschuldnerin gewesen. Gemäß § 67 Abs. 10 und § 58 Abs. 5 ASVG hätten die Vertreter juristischer Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen würden die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen für die von diesen zu entrichtenden Beiträgen insoweit haften, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht hereingebracht werden könnten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Vertreter des Dienstgebers darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Behörde eine schuldhafte Verletzung anzunehmen habe. Dem Beschwerdeführer sei mit Schreiben vom 13.08.2018 Gelegenheit geboten worden darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen sei. Eine Stellungnahme sei nicht eingelangt, weswegen im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Haftung auszusprechen gewesen sei. Dem Bescheid war ein Rückstandsausweis vom selben Tag angeschlossen, in dem die Zusammensetzung des oben angeführten Betrages näher aufgeschlüsselt wurde.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführerin durch seine steuerliche Vertretung binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass der Bescheid am 02.10.2018 beim zuständigen Postamt hinterlegt worden sei. Der Beschwerdeführer halte sich geschäftsbedingt sehr oft im Ausland auf und habe von 01.10.2018 bis 19.10.2018 eine Geschäftsreise in Italien absolviert. Er sei somit verhindert gewesen, den Haftungsbescheid abzuholen, und habe diesen erst am 22.10.2018 beheben können. Demensprechend habe die Beschwerdefrist auch erst am 22.10.2018 zu laufen begonnen. Schließlich wurde um Fristerstreckung zur Nachreichung einer Begründung bis 31.12.2018 ersucht, da es sich um einen äußerst komplexen Sachverhalt handle und entsprechende Unterlagen besorgt werden müssten.
4. Mit Schreiben vom 07.12.2018 ersuchte die belangte Behörde die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers, die behauptete Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers mittels geeigneter Unterlagen nachzuweisen.
5. Mit Schriftsatz vom 20.12.2018 teilte die Schulyok Ungar & Partner Rechtsanwälte OG unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid mit, dass der Kanzlei vom Beschwerdeführer Vollmacht erteilt wurde und der Antrag gestellt werde, die Vollstreckbarkeit des verfahrensgegenständlichen Haftungsbescheids aufzuheben. Begründet wurde dies damit, dass dem Beschwerdeführer die Exekutionsbewilligung des BG Hietzing zu 13 E 2077/18f vom 16.11.2018 zugestellt worden sei. Der Exekutionsbewilligung liege ein Haftungsbescheid der belangten Behörde vom 26.09.2018 (Bezugszeichen 11-2018-BE-VER10-000LV) zugrunde, dessen Vollstreckbarkeit am 08.11.2018 bestätigt worden sei. Der Haftungsbescheid sei dem Beschwerdeführer am 01.10.2018 durch Hinterlegung zugestellt worden. Im Zeitpunkt der Zustellung habe sich der Beschwerdeführer jedoch auf Dienstreise in Italien befunden, sodass eine wirksame Zustellung nicht erfolgen habe können. Der Beschwerdeführer sei erst am 19.10.2018 an seine Abgabestelle zurückgekehrt. Am ersten Werktag nach seiner Rückkehr, am 22.10.2018, habe er den Bescheid behoben. Die vierwöchige Beschwerdefrist gegen den Haftungsbescheid sei daher zum Zeitpunkt der Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung noch nicht abgelaufen gewesen und die Bestätigung der Vollstreckbarkeit irrtümlich erfolgt. Zum Beweis wurde die Bestätigung eines italienischen Geschäftspartners des Beschwerdeführers vom 13.12.2018 beigeschlossen, der zufolge sich der Beschwerdeführer von 01.10.2018 bis 19.10.2018 in Italien aufgehalten habe.
6. Am 03.05.2019 einlangend legte die belangte Behörde die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Dabei teilte sie mit, dass die Beschwerde erst nach Ablauf der Beschwerdefrist eingelangt sei und der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgebracht habe, dass er den Bescheid infolge einer Geschäftsreise nach Italien nicht rechtzeitig beheben habe könne. Weiters teilte sie mit, dass in der übermittelten Beschwerde angeführt worden sei, dass die Begründung nachgereicht werden würde. Dies sei bis dato nicht erfolgt. Die Rechtmittelbelehrung des Bescheides weise auf das Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages hin. Das Fehlen eines begründeten Beschwerdeantrages stelle einen nicht verbesserbaren inhaltlichen Mangel der Berufung dar (vgl. u.a. VwGH 94/06/0226, 97/10/0028).
7. Mit sowohl an die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers als auch an die einschreitende Rechtsanwaltskanzlei adressiertem Schreiben vom 12.12.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer die o.a. Stellungnahme der belangten Behörde mit der Möglichkeit, sich hierzu binnen 24 Tagen schriftlich zu äußern.
8. Am 20.12.2019 langte per Post ein Schreiben der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers vom 19.12.2019 bei Gericht ein, in dem aufgrund des bevorstehenden Betriebsurlaubes und des herrschenden Personalmangels bedingt durch Krankenstände um Fristerstreckung bis 31.01.2020 ersucht wurde.
9. Schließlich langte am 17.01.2020 per Post ein Schreiben der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers vom 15.01.2020 bei Gericht ein, demzufolge der Beschwerdeführer gewillt sei, gemeinsam mit der belangten Behörde eine gütliche und außergerichtliche Lösung der Streitigkeit zu finden, wobei um Information ersucht wurde, ob die direkte Kontaktaufnahme durch den Beschwerdeführer mit der belangten Behörde zwecks Terminvereinbarung zur Streitbeilegung gestattet sei.
10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.01.2020 erging an die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers unter Hinweis auf die in § 21 Abs. 6 BVwGG normierte Verpflichtung der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr und die vorgesehene Rechtsfolge, wonach ein Verstoß gegen diese Verpflichtung wie ein Formmangel zu behandeln sei, gemäß § 13 Abs. 3 AVG der Auftrag zur Verbesserung der Anbringen vom 19.12.2019 und 15.01.2020. Dem Auftrag wurde bis dato nicht entsprochen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:
Der verfahrensgegenständliche Bescheid wurde per RSb-Brief an den Beschwerdeführer versandt und nach einem Zustellversuch am 01.10.2019 beim zuständigen Postamt hinterlegt, wo er ab 02.10.2019 zur Abholung bereitgehalten wurde.
Zum Zeitpunkt des Zustellversuchs am 01.10.2019 war der Beschwerdeführer aufgrund einer Geschäftsreise nach Italien nicht an der Abgabestelle anwesend. Er kehrte erst am 19.10.2018 an die Abgabestelle zurück und behob den Bescheid am 22.10.2019.
Die gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid von der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers am 14.11.2019 eingebrachte Beschwerde enthält keinen begründeten Beschwerdeantrag.
2. Beweiswürdigung:
Die Hinterlegung am 01.10.2018 sowie der Beginn der Abholfrist ergeben sich aus dem in den Verwaltungsakten aufliegenden Rückschein.
Die vorübergehende Abwesenheit von der Abgabestelle im o.a. Zeitraum ergeht aus der vom Beschwerdeführer im Beschwerdevorverfahren vorgelegten Bestätigung eines italienischen Geschäftspartners, der zufolge der Beschwerdeführer sich den gesamten Zeitraum hindurch in Italien aufgehalten habe.
Die Feststellung, dass der angefochtene Bescheid am 22.10.2019 vom Beschwerdeführer behoben wurde, gründet auf dessen Angaben im Beschwerdevorverfahren.
Das Einlangen der Beschwerde am 14.11.2019 bei der belangten Behörde steht als unstrittig fest.
Das Fehlen eines begründeten Beschwerdeantrags ergeht aus dem Beschwerdeschriftsatz vom 12.11.2018, in dem um Fristerstreckung zur Nachreichung einer Begründung bis 21.12.2018 ersucht wird, und dem Umstand, dass eine solche nach der Aktenlage bis dato nicht bei Gericht eingelangt ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.
Da über eine Sache nach § 410 Abs. 1 Z 4 (Haftung für Beitragsschulden gemäß § 67 ASVG) zu entscheiden und auch nicht eine Angelegenheit gemäß § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG als Vorfrage zu beurteilen ist, liegt im gegenständlichen Beschwerdeverfahren Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:
Gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG) ist ein Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen (Abs. 2 leg.cit.).
Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte (Abs. 3 leg.cit.).
Die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung wird nach § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustG nicht durch Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (vgl. VwGH 15.07.1998, Zl. 97/13/0104).
"Rechtzeitig" im Sinne dieser Bestimmung ist dahin zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung stand, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden (vgl. dazu ausführlich VwGH 09.07.1992, Zl. 91/16/0091; siehe daran anknüpfend auch VwGH 09.11.2004, Zl. 2004/05/0078). In anderen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wurde darauf abgestellt, ob der Partei nach den Verhältnissen des Einzelfalles noch ein angemessener Zeitraum für die Einbringung des Rechtsmittels verblieb (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 24.02.2000, Zl. 2000/02/0027, und vom 18.03.2004, Zl. 2001/03/0284). In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde beispielsweise noch keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist bei einer Rückkehr einen Tag nach dem Beginn der Abholfrist (vgl. erneut VwGH 15.07.1998, Zlen. 97/13/0104, 0168, mwN, und VwGH 19.04.2001, Zl. 99/06/0049) und bei einer Behebung drei Tage nach der Hinterlegung (vgl. VwGH 27.09.1999, Zl. 99/17/0303) sowie bei einer verbleibenden Dauer zur Ausführung des Rechtsmittels von zehn Tagen angenommen (siehe erneut VwGH 24.02.2000, Zl. 2000/02/0027, und 18.03. 2004, Zl. 2001/03/0284). Erfolgt die Rückkehr an die Abgabestelle erst sieben Tage nach dem Beginn der Abholfrist kann jedenfalls nicht mehr gesagt werden, die Partei habe noch "rechtzeitig" im Sinn des § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustG vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt (vgl. VwGH 26.05.1998, Zl. 98/07/0032).
Ausgehend von der Kenntniserlangung des Beschwerdeführers vom verfahrensgegenständlichen Bescheid durch Behebung desselben am 22.10.2019, somit rund drei Wochen nach Beginn der Abholfrist, ist daher nicht davon auszugehen, dass die Zustellung des Bescheides mit der Hinterlegung wirksam geworden ist.
Darüber hinaus wäre die Zustellung aber auch nur dann wirksam geworden, wenn der Tag der Rückkehr innerhalb der Abholfrist gelegen wäre (vgl. VwGH 12.10.1984, 84/02/0210). Da die Abholfrist in der Regel mit 14 Tagen bemessen wird und diese somit bereits am 22.10.2019 geendet hätte, wäre die Zustellung auch aus diesem Grund nicht bewirkt worden.
Gemäß § 7 ZustG gilt jedoch die Zustellung, wenn im Verfahren der Zustellung Mängel unterlaufen, als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Den Feststellungen folgend hat der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Bescheid am 22.10.2019 behoben. Damit gilt die Zustellung gemäß § 7 ZustG als in diesem Zeitpunkt bewirkt und erweist sich daher die am 14.11.2019 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde als rechtzeitig.
Mangelnde Beschwerdebegründung:
Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde nicht nur den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, sondern unter anderem auch die Gründe auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (Z 3) und ein Begehren (Z 4) zu enthalten.
Auf diese Inhalterfordernisse einer Beschwerde wurde in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich hingewiesen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss eine Beschwerde, um den gesetzlichen Erfordernissen zu entsprechen, erkennen lassen, was die Partei anstrebt (Behebung oder Abänderung des angefochtenen Bescheides) und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. VwGH 23.05.2012, 2012/11/0077). Lässt eine Beschwerde einzelne Inhaltserfordernisse im Sinne des § 9 Abs. 1 VwGVG vermissen, so hat das Verwaltungsgericht nach § 13 Abs. 3 AVG ein Mängelbehebungsverfahren durchzuführen.
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen nicht zur Zurückweisung. Vielmehr ist von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung aufzutragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. Im Falle der Nichtbehebung des Mangels ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 9 VwGVG; VwGH 17.02.2015, Ro 2014/01/0036).
Die verfahrensgegenständliche Beschwerde wurde zwar fristgerecht eingebracht, enthält jedoch keinerlei Begehren oder Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt. Der Beschwerdeführer ist nicht unvertreten, sondern wurde die Beschwerde von seiner steuerlichen Vertretung erhoben. Der Rechtsschutzcharakter des § 9 VwGVG im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 AVG hat zwar nichts am Telos des § 13 Abs. 3 AVG geändert, jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass für die Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG ausnahmsweise dann kein Raum ist, wenn die Partei den Mangel erkennbar bewusst herbeigeführt hat, insbesondere um auf diesem Umweg eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erlangen (vgl. VwGH 17.02.2015, Ro 2014/01/0036). Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt darauf hingewiesen, dass der Hinweis allein, eine ausführliche Begründung nachzureichen, noch keinen Rechtsmissbrauch bei einer unvertretenen Partei darstellt. Da im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer nicht unvertreten ist, kann aber nur davon ausgegangen werden, dass die Beschwerde, somit der Schriftsatz wissentlich so verfasst wurde, dass er sich mit keinem Wort inhaltlich gegen den Spruch oder die Begründung des angefochtenen Bescheides richtet und somit bewusst und rechtsmissbräuchlich als leere Beschwerde eingebracht wurde. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Wortlaut des Schriftsatzes,
insbesondere aus dem dortigen Satz " ... ersuchen wir für die
Nachreichung der Begründung um Fristerstreckung bis zum 31.12.2018" eindeutig, dass der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers sehr wohl bewusst war, dass die nach österreichischer Rechtslage erforderliche Begründung fehlt und sie sich durch diese Vorgangsweise offensichtlich einen Rechtsvorteil in Gestalt einer Verlängerung der Beschwerdefrist zu verschaffen erhoffte.
§ 13 Abs. 3 AVG dient dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder in Folge eines Versehens mangelhaft sind. Da hier bei einem berufsmäßigen Parteienvertreter weder von einer Unkenntnis der Rechtslage noch von einem Versehen ausgegangen werden kann und die Partei sich die Handlungen ihres Vertreters zurechnen lassen muss, ist die Partei daher auch nicht schützenswert und ist für die Erteilung eines Verbesserungsauftrages kein Raum (vgl. VwGH 25.02.2005, 2004/05/0115 u.a.).
Dementsprechend war die Beschwerde im vorliegenden Fall auch ohne vorherigen Auftrag zur Nachreihung der Beschwerdegründe zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Begründungsmangel, Ortsabwesenheit, Zurückweisung, ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W209.2218348.1.00Zuletzt aktualisiert am
23.04.2020