Index
19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1991 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1963 geborenen JO in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Mai 1996, Zl. 117.997/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger Nigerias, reiste am 3. Dezember 1991 in das Bundesgebiet ein und beantragte die Gewährung von Asyl. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. April 1994 rechtskräftig abgewiesen; eine gegen diesen Bescheid erhobene erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis vom 4. Juli 1994, Zl. 94/19/1134, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer stellte daraufhin am 8. November 1994 den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Der Bürgermeister der Stadt als zuständige Aufenthaltsbehörde erster Instanz führte ein Ermittlungsverfahren durch und informierte den Beschwerdeführer davon, daß ihm voraussichtlich keine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden könne.
Mit Schreiben vom 13. Dezember 1995 beantragte der Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidungspflicht über den Antrag an den Bundesminister für Inneres als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Mai 1996 wurde dem Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 1 und 2 AVG stattgegeben. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wurde gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) sowie § 5 Abs. 1 AufG i.V.m. § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen.
Die belangte Behörde stellte fest, daß der Magistrat (gemeint wohl: der Bürgermeister der Stadt) seine Entscheidungspflicht gemäß § 73 Abs. 1 AVG verletzt habe und diese somit auf das Bundesministerium für Inneres übergegangen sei. Der Beschwerdeführer habe bis zur rechtkräftigen Beendigung seines Asylverfahrens die Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich gehabt. Die Regelung bezüglich Verlängerungsanträgen bei Überleitungsfällen des § 13 Abs. 1 AufG sei jedoch schlüssig nicht für die in § 1 Abs. 3 AufG genannten Ansuchen von Fremden heranzuziehen. Der Antrag sei daher als Erstantrag zu kategorisieren und sowohl formell als auch materiell nach den Bestimmungen des AufG zu prüfen gewesen. Es gelte bezüglich der Antragstellung die Vorschrift des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG, wonach der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen sei. Dies werde auch durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes eindeutig bestätigt. Eine Antragstellung aus dem Inland sei nur im Falle des Verlustes (Aberkennung) des Asyls oder in anderen gesetzlich exakt geregelten Fällen zulässig, von welchen keiner anwendbar sei. Darüber hinaus sei im Fall des Beschwerdeführers auch die zeitliche Divergenz zwischen dem Ablauf seines Aufenthaltsrechtes aus dem Asylverfahren und seinem Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz maßgeblich. Er habe sich nämlich vor der Antragstellung nach seinen eigenen Angaben mehrere Monate illegal in Österreich aufgehalten. Durch diesen lang andauernden illegalen Aufenthalt sei ein Ausschließunggrund im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gegeben, welcher durch den § 5 Abs. 1 AufG direkte Anwendung finde. Aus dem angeführten Sachverhalt sei die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausgeschlossen und auf das Vorbringen des Beschwerdeführers - auch im Zusammenhang mit seinen persönlichen Verhältnissen - nicht weiter einzugehen gewesen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 6 Abs. 2 AufG lautete:
"§ 6. ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmweise zulässig: Im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszweckes kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."
Nach den sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in der Beschwerde unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde verblieb der Beschwerdeführer nach der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages im April 1994 weiterhin im Bundesgebiet und hielt sich im Zeitpunkt der Antragstellung, während des Verfahrens und im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Bundesgebiet auf.
Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes (1. Juli 1993) war das Asylverfahren des Beschwerdeführers noch anhängig. Während der Anhängigkeit seines Asylverfahrens kam dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung aufgrund des Asylgesetzes 1991 und damit eine solche im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG zu, weshalb er bis zum rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens keine Aufenthaltsbewilligung benötigte. Nach dessen negativem Abschluß kommt § 6 Abs. 2 erster Satz AufG zur Anwendung, wonach der abgewiesene Asylwerber seinen Antrag betreffend Bewilligung nach dem AufG vor einer weiteren Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen hat.
Nach der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG ist eine Antragstellung im Inland nur in den dort taxativ aufgezählten Fällen ausnahmsweise zulässig. Da § 6 Abs. 2 AufG nach seinem klaren Wortlaut keine Ausnahmebestimmung für Fremde enthält, die nach § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG aufgrund des Asylgesetzes 1991 während der Anhängigkeit ihres Asylverfahrens zum Aufenthalt in Österreich berechtigt waren, sind im Inland gestellte Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung auch in denjenigen Fällen abzuweisen, in denen eine Berechtigung zum vorläufigen Aufenthalt im Sinne des § 7 Asylgesetz 1991 vorgelegen ist. Da § 6 Abs. 2 AufG nur "den Verlust des Asyls" ausdrücklich als Ausnahmetatbestand anführt, fehlt ein Indiz für eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes hinsichtlich der nach § 7 Asylgesetz 1991 vorläufig aufenthaltsberechtigt gewesenen Personen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1997, Zl. 95/19/1421).
Der Beschwerdeführer hätte daher den gegenständlichen Antrag vom Ausland aus zu stellen und die Entscheidung darüber im Ausland abzuwarten gehabt. Da das im § 6 Abs. 2 AufG normierte Erfordernis, einen Bewilligungsantrag vom Ausland aus zu stellen, nicht als bloße Formvorschrift zu werten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010), sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 95/19/0895), hatte die belangte Behörde den unter Mißachtung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG gestellten Antrag auf Aufenthaltsbewilligung abzuweisen. Dieses Ergebnis steht auch im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer ein abgewiesener Asylwerber ist, mit Art. 8 MRK im Einklang. Der Gesetzgeber der Novelle zum AufG, BGBl. Nr. 351/1995, hat im § 6 Abs. 2 AufG bereits auf die während eines berechtigten Aufenthaltes nach dem Asylgesetz 1991 begründeten privaten und familiären Interessen eines Fremden im Inland Bedacht genommen und sich dafür entschieden, die Antragstellung vom Inland aus nur im Falle des Verlustes des Asyls zu erlauben. Eine weitere Bedachtnahme auf Art. 8 MRK durch die Behörde kommt daher nicht in Betracht. Verfassungsmäßige Bedenken dagegen, daß der Gesetzgeber die Antragstellung vom Inland aus auf Fälle des Verlustes von Asyl beschränkt hat, sind beim Verwaltungsgerichtshof auch aus Anlaß des vorliegenden Falles nicht entstanden. Die aus den Erläuterungen zum Aufenthaltsgesetz (vgl. RV 525 BlgNR 18. GP) erkennbare Zielvorstellung des Gesetzgebers, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch die Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutz der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, abgewiesene Asylwerber in Ansehung ihrer privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als Fremde, die erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0371 sowie vom 31. Oktober 1997, Zl. 96/19/1068, 1073). Eine Einschränkung des durch Art. 8 Abs. 1 MRK allenfalls geschützten Rechtes auf Neuzuwanderung zur Wahrung der durch einen Voraufenthalt begründeten persönlichen oder familiären Interessen durch § 6 Abs. 2 AufG ist - aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - durch Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Der Fall des Beschwerdeführers ist auch nicht mit jener Konstellation vergleichbar, die dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148, zugrundelag.
Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, er könne aufgrund der ihm drohenden Verfolgung nicht in seine Heimat zurückkehren, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern:
Einerseits kann der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus jedem Staat außerhalb Österreichs gestellt werden, sodaß der Beschwerdeführer hiezu nicht in seine Heimat zurückkehren müßte, andererseits hätte das Vorliegen solcher Umstände nicht zur Folge, daß dem Beschwerdeführer ungeachtet der Nichteinhaltung der Bestimmung des § 6 Abs.2 erster Satz AufG eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen wäre. Ob ein Antragsteller schließlich im Falle der Abweisung seines Antrages dazu verhalten werden darf, Österreich wieder zu verlassen, ist ausschließlich in einem Verfahren nach dem Fremdengesetz, nicht aber für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides von Belang (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1998, Zl. 96/19/1730).
Der belangten Behörde konnte somit nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den vorliegenden Antrag gemäß § 6 Abs. 2 erster Satz AufG abwies. Es erübrigte sich somit ein Eingehen auf den von der belangten Behörde ebenfalls herangezogenen Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996191822.X00Im RIS seit
02.05.2001