Norm
§13 (1) Z5 B-GlBGDiskriminierungsgrund
AlterDiskriminierungstatbestand
Beruflicher AufstiegText
Die Gleichbehandlungskommission des Bundes
Senat II
hat in der Sitzung am … über den Antrag von A (=Antragsteller), in einem Gutachten nach § 23a Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG), BGBl. I Nr. 65/2004 i.d.g.F., festzustellen, dass er durch die Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung um die Leitung des Fachbereiches „Strafsachen“ im Finanzamt X auf Grund des Alters gemäß § 13 (1) Z 5 B-GlBG diskriminiert worden sei, folgendes
Gutachten
beschlossen:
Die Bestellung von B zum Leiter des Fachbereiches „Strafsachen“ im Finanzamt X stellt eine Diskriminierung auf Grund des Alters von A gemäß § 13 (1) Z 5 B-GlBG dar.
Begründung
Der Antrag von A (eingebracht von … Rechtsanwalt…) langte am … bei der Bundes-Gleichbehandlungskommission (B-GBK) ein.
Der Sachverhalt wurde wie folgt dargestellt:
Am … habe das Bundesministerium für Finanzen (BMF) die Planstelle
„Leiterin/Leiter Strafsachen“ am Finanzamt (FA) X mit der Arbeitsplatzwertigkeit A1/3 bzw. v1/3 mit folgendem Tätigkeitsprofil ausgeschrieben:
- Organisation und Koordination der Finanzstrafbehörde im Finanzamt
- Selbstständige und eigenverantwortliche Leitung und Führung des Fachbereiches Strafsachen bezüglich Innen- und Außendienst
- Selbstständige und eigenverantwortliche Entscheidungen in organisatorischer, personeller, verfahrens- und materiellrechtlicher Hinsicht und finanzstrafrechtlichen Handlungsabläufen
- Kontraktmanagement mit dem eigenen Team
- Dienst- und Fachaufsicht, Kontroll- und Lenkungsmaßnahmen innerhalb des Fachbereiches
- Finanzanwältin bzw. Finanzanwalt für den Bereich Strafsachen
- Vertretung vor Spruchsenat und Gerichten in Strafsachen
- Auskunftserteilung intern/extern in Strafsachen
- Fachexpertin bzw. Fachexperte für spezielle Bereiche des Abgabenrechtes
- Wissensmanagement (Abhaltung von Schulungen, Mitarbeit Netzwerk Fachbereich)
Die Anforderung sei gewesen: Ein abgeschlossenes rechts- oder sozial- und wirtschaftswissenschaftliches Studium oder ein abgeschlossener Fachhochschul-Masterstudiengang oder Fachhochschuldiplomstudiengang in den Bereichen Recht und Wirtschaft oder der Aufstiegskurs gemäß Ziffer 1.13 der Anlage 1 zum BDG 1979 sowie die abgeschlossene Grundausbildung für die Verwendungsgruppe A1.
Die Gewichtung der „Anforderungsdimensionen“ sei angegeben gewesen mit: Aus-bildung/Berufserfahrung 25%, Fach- und Managementwissen 30%, Lösungs- und Umsetzungskompetenz 20%, persönliche Anforderungen 25%.
Der Antragsteller sei in der Folge sowohl vom Fachvorstand …, als auch von der Vorständin … „angesprochen und ermuntert und ersucht“ worden, sich zu bewerben. Am … habe sich A um die Stelle beworben.
In seiner Bewerbung (dem Antrag angeschlossen) habe er dargestellt, dass er seit … im Finanzdienst stehe, die Prüfung für den höheren Finanzdienst habe er im … abgelegt. Danach sei er der Großbetriebsprüfung … zur Ausbildung dienstzugeteilt worden. Im … sei er interimistisch aufgrund von Personalknappheit mit der Funktion eines Fachbereichsleiters am FA X betraut gewesen. Im … und im … habe er den Fortbildungslehrgang für Betriebsprüfer absolviert. Seit … übe er beim FA … die Funktion eines Fachbereichsleiters bzw. Fachreferenten aus. Als Fachbereichsleiter habe er die Bereiche Körperschaftsteuer, Umgründungssteuergesetz, Energieabgabe, Handels- und Gesellschaftsrecht, Gewerbesteuer, Vermögensteuer und Bewertung, Datenschutzangelegenheiten, Lohnsteuer, Werbeabgaben und Familienbeihilfe zu bearbeiten (gehabt), und er sei für EDV-Angelegenheiten zuständig gewesen. Der Hauptaufgabenbereich seiner bisherigen Tätigkeit habe in der Rechtsmittelbearbeitung, der Aktenkontrolle, der Auskunftserteilung, der Kontaktaufnahme zum bundesweiten Fachbereich und in der Schulung der Kollegen bestanden. Von … bis … sei er als Strafreferent mit der Durchführung von Strafverfahren betraut gewesen. Im Spruchsenatsverfahren habe er als Amtsbeauftragter die Vertretung der Finanzstrafbehörde vor dem Spruchsenat bzw. dem UFS wahrgenommen und im gerichtlichen Finanzstrafverfahren als Privatbeteiligtenvertreter vor dem Landesgericht. Seit … sei er Prüfungskommissär des Prüfungsausschusses für Steuerberater bei der Landesstelle … der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Als Fachbereichsleiter nehme er regelmäßig an Schulungen teil (eine Aufstellung der Fortbildungen war der Bewerbung angeschlossen). Als Instruktor der Bundesfinanzakademie leite er Ausbildungskurse, wobei er begleitende Handouts und Powerpoint-Präsentationen erstelle.
Im Antrag wurde weiter ausgeführt, dass sich neben A die BewerberInnen B und C beworben hätten. Am … sei ein Hearing durchgeführt worden. A sei - nach seinem Wissensstand - mit „hoch geeignet“ beurteilt worden, und da er nach Punkten geführt habe, sei er an erster Stelle des Besetzungsvorschlags gereiht worden.
A erfülle sämtliche Voraussetzungen für die ausgeschriebene Stelle und sei aufgrund seiner umfassenden Erfahrung gerade auch im Bereich des Finanzstrafrechtes, da er auch Autor diverser Publikationen sei, für die Stelle bestgeeignet gewesen.
A sei … geboren und seit … Beamter im Finanzdienst. B sei um 26 Jahre jünger, verfüge kaum über einschlägige Berufserfahrung und habe im Jahr … das Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen.
Am … sei das Bewerbungsergebnis „mündlich verkündet“ worden, wobei die Vorständin des Finanzamtes … A erklärt habe, dass aufgrund eines „´Kulturwandels`“ in dem Sinne, dass Fachkompetenz nicht mehr unbedingt notwendig sei, ein jüngerer Bewerber mit (angeblichen) Managementqualitäten zum Leiter der Strafsachenstelle bestellt werden würde.
A erfülle sowohl die Anforderungen der Ausschreibung in den Bereichen Ausbildung/Berufserfahrung, Fach- und Managementwissen und Lösungs- und Umsetzungskompetenz, als auch die persönlichen Anforderungen bestens, B erfülle die Anforderungen in den Bereichen Ausbildung/Berufserfahrung und Fach- und Managementwissen nicht in diesem hohen Maße. Diese Anforderungen seien aber - laut Ausschreibung - mit 55% gewichtet. Es zeige sich daher, dass nicht der Bewerber mit der besten Eignung zum Leiter der Strafsachenstelle bestellt worden sei, sondern ein jüngerer Bediensteter. Die Bestellung des B zum Leiter Strafsachenstelle stelle daher eine Diskriminierung aufgrund des Alters des Antragstellers gemäß § 13 Abs. 1 Ziffer 5 B-GIBG dar.
Auf Ersuchen der B-GBK übermittelte das BMF am … eine Stellungnahme zum Antrag. Vorweg wurde festgehalten, dass das BMF eine Diskriminierung aufgrund des Alters nicht erkennen könne.
In der Sache wurde Folgendes ausgeführt: Mit dem Erfahrungswert, dass das Interesse an der Funktion nicht groß sei, hätten der Fachvorstand und auch die Vorständin des FA Kolleginnen und Kollegen auf die ausgeschriebene Funktion aufmerksam gemacht, zum einen per Mail (an … Personen), zum anderen durch persönliche Anfragen und Einladungen zu Gesprächen. Am … habe ein Hearing stattgefunden. Die Begutachtungskommission habe B und A als im hohen Ausmaß für die Funktion geeignet erachtet und die Bestellung von A aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung vorgeschlagen. „Die Dienstbehördenleiterin hat B mit der Funktion betraut. Nach Befassung der Dienstbehördenleiterin“ habe diese ihre Entscheidung damit begründet, dass sich die langjährige Berufserfahrung des A ausschließlich auf dessen „fachliche Tätigkeiten als Fachreferent im Team Fachbereich“ und in Bezug auf das Finanzstrafrecht in einer „´Mit-Autorenschaft`“ an einem Kommentar zum Finanzstrafrecht beziehe. Die Funktion eines Leiters der Strafsachenstelle erfordere neben fachlichem Wissen insbesondere auch Führungsqualitäten. Finanzstrafrechtliches Fachwissen sei unerlässlich, wiewohl diese Qualifikation relativ rasch erlernbar sei. „Die Qualifikationserfordernisse einer Führungskraft“ seien „ebenso ein zwingendes Erfordernis an diese Leitungsfunktion“. Das Interesse der beiden Bewerber daran sei unterschiedlich ausgeprägt. A habe in seiner rund 27-jährigen Tätigkeit in der Finanzverwaltung kein einziges Seminar in Bezug auf Führung und Management absolviert. In der in den …- bzw. … Jahren absolvierten Grundausbildung sei Führung und Management noch kein Teil der Ausbildung gewesen, wie es in der Grundausbildung von heute vermittelt werde.
B habe bereits Führungserfahrung in der Privatwirtschaft gesammelt und sei „intensiv“ an Weiterbildungen auf dem Gebiet der Führungs- und Managementkompetenz interessiert. Die Thematik der Führungsfunktion in der Privatwirtschaft habe sich aus Fragestellungen im Hearing zum Lebenslauf von B ergeben, insbesondere zu seiner Tätigkeit von … bis … beim …. B habe erzählt, dass er Leiter eines kleinen … gewesen sei und zu seinem Aufgabenbereich auch die organisatorische Verantwortung in Bezug auf den Lagerbestand, den Einkauf und Verkauf, die Kassenverantwortung und auch die Personalverantwortung gezählt hätten. Auch hätten seine Lösungsansätze auf Fragestellungen während des Hearings, z. B. in Bezug auf Umgang mit schwierigen Mitarbeitern, Entscheidungs- und Führungsqualität gezeigt.
Im Folgenden wurde eine „Analyse in diversen Anforderungen“ dargestellt:
A
B
Führungsausrichtung und Schwerpunktsetzung
Materielles Recht, insb: AV, FB
Materielles Recht, insbes. KöSt, Umgründung, ImmoESt - grundsätzlich aktuelles Wissen, da Dienstprüfung erst vor kurzem abgelegt.
Finanzstrafrecht: Mit-Autor eines FinStr-
Kommentars
Finanzstrafrecht: Im Erlernen
Strategische Ausrichtung
Führungsentwicklung: Nicht vorhanden
Führungsentwicklung: starkes Interesse,
Handlungs- und Lösungsansätze diesbezüglich vorhanden,
Führungsfunktion in Privatwirtschaft
Managemententwicklung: Nicht vorhanden
Managemententwicklung: starkes Interesse Handlungs- und Lösungsansätze diesbezüglich vorhanden
Fokus
Finanzstrafrecht
Management
Materielles Recht, insbes. ANV und FB
Führungsarbeit
Materielles Recht, breit gestreut
Anschließend wurde ausgeführt, dass die „Qualifikationsmerkmale“ in Richtung Führung und Management mittlerweile bei Führungskräften innerhalb der Finanzverwaltung von essentieller Bedeutung seien. „Der „´Kultur-Wandel` vom reinen Fachexperten hin zur FÜHRUNGSKRAFT ist tragendes Element der Strategischen Ausrichtung des BMF im Bereich der Personalentwicklung“.
A habe in seiner langjährigen Tätigkeit in der Finanzverwaltung seine Schwerpunkte ausschließlich auf „fachliche“ Qualifikationen gelegt. B lege seine Schwerpunkte sowohl auf „fachliche“ als auch auf „Führungs- und Managementqualifikationen“.
Das „Resümee“ des BMF lautete, B entspreche „in seiner Zielsetzung in Bezug auf die Ausübung der Funktion“ mehr den Erwartungen/Erfordernissen eines Leiters der Strafsachenstelle, welcher auch die …. Führungskraft im Finanzamt verkörpere, insbesondere im Hinblick auf die Vertretung des Vorstandes und Fachvorstandes bei deren Abwesenheit.
Die Entscheidung sei eine Entscheidung im Sinne eines „´Kultur-Wandels` unter dem Aspekt der Anforderung an eine moderne/zeitgemäße Führungskraft ganz im Sinne der Strategischen Ausrichtung des BMF“ gewesen. Die Frage des Alters sei irrelevant (gewesen).
Der im Antrag angeführten „materiellrechtlichen“ Ausbildung von A sei nichts hinzuzufügen bzw. zu entgegnen. Das Anforderungsprofil an eine Führungskraft habe sich jedoch im Laufe der Jahre gewandelt. Nicht mehr in der fachlichen Komponente, sondern in der Führungs- und Managementkompetenz liege der Schwerpunkt. Davon abgesehen sei das Finanzstrafrecht im Vergleich zur gesamten Steuerrechtsmaterie ein überschaubarer Bereich, B könne auf das aktuellere Wissen in den speziellen Steuerbereichen, welche hauptsächlich der strafrechtlichen Beurteilung unterliegen, zurückgreifen (USt, ESt, KöSt).
Die Fortbildung von A habe sich in den letzten Jahren auf seine Arbeitsbereiche, die Allgemeinveranlagung und die Familienbeihilfe, konzentriert – beides Themen die höchst selten in einem Finanzstrafverfahren münden.
In Erläuterung zu der ehemals von A ausgeübten Funktion „Fachbereichsleiter“ werde erwähnt, dass diese Bezeichnung lediglich eine materiellrechtliche Aufgabenstellung „in sich geborgen“ habe, aber keinerlei Leitungskomponente im herkömmlichen Sinne (Personalführung/Organisationskompetenz/Controlling) implementiert habe.
Ergänzend werde nochmals darauf hingewiesen, dass sich der Schwerpunkt bei den Anforderungen an eine Führungskraft gewandelt habe vom reinen Fachexperten hin zum Schwerpunkt Personalmanagement/Organisationsmanagement/Lösungsmanagement/ Umsetzungsmanagement, kurz: von der Fachkraft zur Führungskraft. Diese „´neuen`" Anforderungen an Führungskräfte hätten nichts mit einer Altersfrage zu tun. Dies habe das FA X in letzter Zeit mit der Bestellung eines 58jährigen und einer 50jährigen Bediensteten (… und …) zum …leiter/zur ...leiterin unter Beweis gestellt, wobei beide der bzw. die älteste Bewerber/in gewesen seien, beide hätten Ausbildungen und Qualifikation im „Führungsmanagement" vorgewiesen.
§ 13 Abs 1 B-GIBG besage u. a., dass niemand wegen des Alters beim beruflichen Aufstieg diskriminiert werden dürfe, und das beinhalte, dass niemand wegen seiner „Jugend" benachteiligt werden dürfe.
Der Stellungnahme angeschlossen waren: Die Bewerbungsunterlagen von B, das Protokoll zur Sitzung der Begutachtungskommissionen am …, inkl. Gutachten über die Eignung, sowie der Beurteilungsbogen mit den Punktevergaben jedes Kommissionsmitgliedes für die einzelnen Anforderungsdimensionen.
Bs Bewerbung ist zu entnehmen, dass er - Geburtsjahrgang … - das rechtswissenschaftliche Studium Anfang … abschloss. An Berufserfahrungen gab der Bewerber an:
? … bis … …; tätig im Warensektor verschiedener …; Hauptausgaben: Beratung, Verkauf, Verrechnung und Bestellung;
? … bis … (also großteils während des Studiums) Tätigkeit in der …-/…- und …wirtschaft und Hilfstätigkeiten …
? … bis … Rechtspraktikant am OLG …
? … bis … Rechtspraktikant am FA …
? … bis … Fachreferent am FA …
Die Begutachtungskommission kam zu dem Ergebnis, dass die beiden Bewerber für die Ausübung der Funktion geeignet seien, A erreichte einen Wert von …%, B …%.
Zu Bs Fach- und Managementwissen hielt die Begutachtungskommission fest, dass er zwar noch nicht über eine langjährige Erfahrung in der Finanzverwaltung verfüge, aber bereits in der Privatwirtschaft Berufserfahrung gesammelt habe. Überdies sei er durch die erst unlängst abgelegte Dienstprüfung auf einem hohen und aktuellen Wissensstand der abgabenrechtlichen Vorschriften. Im Rahmen der Vorstellung habe er durch seine Aussagen und seine Darstellung durchaus den Eindruck erweckt, dass er an einer fachlichen wie auch die Rolle einer Führungskraft betreffenden Weiterbildung höchst interessiert sei.
Zur Lösungs- und Umsetzungskompetenz des Bewerbers wurde ausgeführt, dass er im Hearing davon überzeugen habe können, dass die Erfüllung der Ziele ein „Höchstmaß seiner Aufmerksamkeit“ darstellen werde. Zur Umsetzung habe er sowohl eine Organisation des Teams wie auch eine entsprechende Arbeitsumsetzung plausibel dargelegt. Durch ein angenehmes, aber auch bestimmendes Auftreten habe er den Eindruck erweckt, den anstehenden Aufgaben, also insbesondere dem Aufbau eines „jungen“ Teams, wie auch der Bewältigung der Arbeitsanforderungen, gewachsen zu sein. Dies selbst unter der erschwerenden Voraussetzung einer doch noch relativ kurzen Erfahrung im Bereich der Finanzverwaltung.
Betreffend As Fach- und Managementwissen hielt die Begutachtungskommission fest, dass er aufgrund seiner langjährigen, verschiedene Bereiche umfassenden Tätigkeit in der Finanzverwaltung über ein entsprechendes fundiertes Fachwissen verfüge. Zu seiner Lösungs- und Umsetzungskompetenz wurde ausgeführt, dass er klare Vorstellungen über die Anforderungen an die Teammitglieder habe, er habe die Erfüllung der Ziele vor Augen, ohne auf deren nötige Einbindung zu verzichten. Auch hinsichtlich der Unterstützung der Mitglieder der „Produktionsteams“ habe er sehr klare Vorstellungen präsentiert.
Zu den persönlichen Anforderungen wurde festgehalten, dass sowohl die schriftliche Bewerbung als auch die mündlichen Ausführungen zu den Fragestellungen ein hohes Maß an Innovationsfähigkeit sowie Kunden- und Serviceorientierung gezeigt hätten.
In ihrem Gutachten hielt die Begutachtungskommission fest, dass die Bewertung für beide Bewerber das gleiche Kalkül ergeben habe, wobei A insbesondere aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung der Vorzug gegeben werde.
In der Sitzung des Senates II der B-GBK (im Folgenden kurz Senat) am … führte A aus, er erachte sich aufgrund des Alters diskriminiert, weil er bereits jahrelang in der Finanzverwaltung tätig sei und darüber hinaus einen Finanzstrafgesetz-Kommentar verfasst habe, und ihm ein sehr viel jüngerer Kollege, welcher sich noch in Ausbildung befunden habe und noch nie im Bereich Strafsachen tätig gewesen sei, vorgezogen worden sei.
Auf die Frage, ob es zutreffe, dass er seit dem Jahr … Fachbereichsleiter sei, antwortete der Antragsteller, die Funktion Fachbereichsleiter sei im Zuge einer Reform aufgelöst worden, nunmehr heiße es „im Fachbereich tätig“.
Auf die Frage, ob er finanziell bessergestellt wäre, wenn er die Stelle bekommen hätte, antwortete der Antragsteller, sein Arbeitsplatz habe die Wertigkeit A1/1, die Strafsachenleitung sei mit A1/3 bewertet.
Auf den Vorhalt, dass er laut der Stellungnahme des BMF in all den Jahren kein Interesse an Führungs- und Managementqualifikationen gezeigt und keine Seminare zu diesen Themen besucht habe, replizierte A, er hätte selbstverständlich Interesse gehabt, allerdings seien, als er jung gewesen sei, Seminare zu diesen Themen noch nicht angeboten worden. Später habe er vom Vorstand gehört, „so was“ brauche man nicht. Sein unmittelbarer Vorgesetzter sei rein fachlich orientiert und der Ansicht, dass, wenn jemand nicht mit anderen kommunizieren könne, er/sie ohnedies nicht für eine Führungsfunktion geeignet sei. In seinem Arbeitsbereich müsse er mit Anwälten, Steuerberatern und Mitarbeitern kommunizieren, denn man arbeite entweder für mehrere Teams oder für ein spezielles Team. Jetzt würden neue Führungspersönlichkeitsentwicklungsseminare angeboten, er habe sich jedoch nicht mehr angemeldet, weil er dafür zu alt sei. Er habe auch nicht mehr damit gerechnet, dass eine für ihn relevant Funktion ausgeschrieben werden würde.
Angesprochen auf seine umfangreiche Seminarliste, bemerkte A, dass er nicht nur Fachseminare, sondern auch soft-skill-Seminare besucht habe. Er habe Zeitmanagement-, Rhetorik-, Speedreadingseminare usw. gemacht. Eine Zeit lang seien die Vorstände relativ „freigiebig“ mit Fortbildungen gewesen, da habe man natürlich „alles mitgenommen“, was man „bekommen“ habe, aber irgendwann sei das nicht mehr bezahlt worden.
Die Vorsitzende ersuchte die Vertreterin des BMF, die Leiterin des FA X, …, die Führungsqualitäten des B und seine Ausbildung im Hinblick auf die Funktion darzulegen.
Die Dienstgebervertreterin führte aus, ihr sei das Gutachten der Begutachtungskommission mit dem Kommentar „Ergebnis offen“ übergeben worden. Die Kommission habe A wegen seiner langen Tätigkeit in einem Finanzamt vorgereiht, weil eine Reihung vorzunehmen sei. Im fachlichen Bereich sei der Antragsteller sicher im Vorteil, er habe vor langer Zeit in der Strafsachenstelle gearbeitet und habe dadurch Erfahrung in der Erledigung von Rechtsmitteln. Nun sei er speziell für die Allgemeinveranlagung und für Familienbeihilfen zuständig.
An dieser Stelle warf der Antragsteller ein, dass das nicht ganz richtig sei.
Die Dienstgebervertreterin führte weiter aus, das laut Ausschreibung sowohl die fachliche als auch die Führungskomponente wesentlich seien. Auf letztere werde viel Wert gelegt. Dass A in den letzten Jahren keine diesbezüglichen Seminare besucht habe, sei irritierend, die erwähnten soft-skill-Seminare habe er im Jahr … absolviert. B sei erst seit kurzer Zeit in der Finanzverwaltung tätig gewesen. Im Jahr … habe es für den Fachbereich noch keine Funktionsausbildung gegeben, die Funktionsausbildung für den Fachbereich im akademischen Bereich sei erst mit Jahresende … eingeführt worden. Zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung sei somit die Ausbildung von B abgeschlossen gewesen. Er sei im Hearing „sehr interessiert“ gewesen und seine Lösungsansätze hätten auf Führungsqualitäten „hingedeutet“. Vor seiner Tätigkeit im Finanzdienst sei er in der Privatwirtschaft, im …, in einem kleinen … für die organisatorischen Entscheidungen zuständig gewesen, für den Wareneinsatz und die Kalkulationen, und zwischendurch auch für das Personal. Seine Lösungsansätze seien entscheidend für die Auswahlentscheidung gewesen.
Auf die Frage, ob im Hearing tatsächlich glaubwürdig und nachvollziehbar herausgekommen sei, dass B ein … geleitet habe, denn laut seinem Lebenslauf sei er nach der Matura und dem Präsenzdienst ins … gekommen, also mit erst … Jahren, und in seiner Bewerbung habe er geschrieben, dass er im Warensektor für Beratung, Verkauf, Verrechnung und Bestellung zuständig gewesen sei, und dem Dienstzeugnis sei nicht ansatzweise zu entnehmen, dass er Leiter gewesen wäre, antwortete die Dienstgebervertreterin, am Land handle es sich um sehr kleine …. Offenbar habe der … B „das“ überantwortet und ihm „das“ zugetraut, so gehe das auch aus der Bestätigung des Arbeitgebers hervor.
Die Vorsitzende erwiderte, dass dem eben nicht so sei, worauf die Dienstgebervertreterin fortfuhr, B habe ab und zu ein bis zwei Personen zu führen gehabt, das habe er jedoch nur im Hearing erwähnt.
Auf die Frage, ob diesbezüglich beim Dienstgeber nachgefragt worden sei, antwortete die Dienstgebervertreterin, die Präsentation von B sei sehr glaubhaft „rübergekommen“, und man habe ihn auch gefragt, warum er das in seiner Bewerbung nicht erwähnt habe. Er habe geantwortet, dass es sich nicht um „Dauerangestellte“ gehandelt habe.
Die Vorsitzende führte aus, dass B aber lediglich ein Jahr im … gewesen sei, während A langjährige Berufserfahrung habe. Dass der Präsentation von B dennoch so viel Bedeutung zugemessen worden sei, sei nicht verständlich.
Die Dienstgebervertreterin entgegnete, dass ja nicht nur die Aussagen zur MitarbeiterInnenführung ausschlaggebend gewesen seien. Die organisatorischen Fähigkeiten sowie die Lösungs- und Handlungsansätze von B seien im Hearing sehr überzeugend hervorgekommen. Die fachliche Komponente stelle eine Seite dar, auf der anderen Seite sei sehr wohl wichtig, wie man ein Team führe, denn der Leiter der Strafsachenstelle müsse Entscheidungskompetenz und gute Ansätze vorweisen können. Bei Abwesenheit des Vorstandes sei der Leiter der Strafsachenstelle immerhin der zweite Stellvertreter. Wenn man da aber keine Lösungsansätze biete, die auf diese Fähigkeit hindeuten, sei es „schwierig“. Sie habe die Vor- und Nachteile der Kandidaten abgewogen und geschaut, wo die Schwerpunkte liegen. Die Schwerpunkte des Antragstellers habe sie mehr oder weniger ausschließlich im fachlichen Bereich gesehen. Dieser habe vorher selbst erwähnt, dass er keine Management- und Führungsausbildungen mehr angestrebt habe. Es gebe im FA X auch auf der …leiterebene durchaus ältere KollegInnen, die „das“ anstreben und gerne noch etwas Anderes machen wollen. Die zwei letzten …leiter seien die ältesten unter den BewerberInnen gewesen, sie hätten trotzdem vorher Interesse gezeigt und Führungsseminare besucht. Sie und die Kommission hätten bei A dieses Interesse und die „Zielrichtung“ nicht erkennen können.
Die Vorsitzende wies an dieser Stelle darauf hin, dass die Begutachtungskommission darüber offenbar eine andere Meinung gehabt habe, denn unter Lösungs- und Umsetzungskompetenz sowie unter den persönlichen Anforderungen sei vermerkt, dass A klare Vorstellungen bezüglich der Anforderungen an die Teammitglieder habe und auch klare Vorstellungen präsentiert habe. Außerdem sei ihm attestiert worden, ein hohes Maß an Innovationsfähigkeit bezüglich Kunden- und Serviceorientierung gezeigt zu haben. Es sei somit nicht zu erkennen, dass für die Begutachtungskommission B eindeutig „die Nase vorne“ gehabt habe.
Auf die Frage, ob B Nachweise für Ausbildungen - außer seinem Studium - vorgelegt habe, antwortete die Dienstgebervertreterin, das Studium sei „sehr vielseitig“.
Auf die Frage, inwiefern sich B fortgebildet habe, führte die Dienstgebervertreterin aus, wenn man sich die Zeitspannen ansehe, werde deutlich, ob jemand die Zeit genutzt habe oder nicht. Beim Antragsteller habe sie feststellen müssen, dass er sie offensichtlich nicht genutzt habe, obwohl er während seiner langjährigen Tätigkeit genug Spielraum gehabt hätte. Jemand wie B, der erst vor kurzem die Ausbildung absolviert habe und nicht sehr lange im Finanzressort tätig sei, habe dazu klarerweise noch nicht die Möglichkeiten gehabt. Der Titel seiner Diplomarbeit habe gelautet: „…“. Allein aus dieser Themenstellung lasse sich ableiten, dass B offen sei, denn das sei kein rein rechtliches Thema gewesen. Wie es dann wirklich laufe, wisse man immer erst nachher.
Auf die Anmerkung, dass den Prüfungsnoten nach Finanzrecht nicht Bs Lieblingsfach gewesen sei, bemerkte die Dienstgebervertreterin, es wisse wohl jeder, dass Noten nicht das ausschlaggebende Kriterium seien.
Seitens des Senates wurde die Frage gestellt, wie B, der im … seine Tätigkeit in der Finanzverwaltung begonnen habe, im … die Grundausbildung abgeschlossen haben könne, die gesetzlich festgelegt sei und die demnach in einem Jahr nicht absolviert werden könne. Die Dienstgebervertreterin antwortete, die Ausbildungsmodule, die „damals notwendig“ gewesen seien, habe B sehr wohl abgeschlossen, der praktische Teil sei noch nicht erfüllt gewesen. Die Funktionsausbildung habe es - wie gesagt - zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben.
Auf die Frage, inwiefern „das Ergebnis“ des Auswahlverfahrens „offen“ gewesen sei (wie die Dienstgebervertreterin eingangs bemerkte), nachdem die Begutachtungskommission aufgrund As Berufserfahrung seine Bestellung vorgeschlagen habe, replizierte die Dienstgebervertreterin, das Gutachten sei ihr vom Vorsitzenden der Begutachtungskommission mit dem mündlichen Kommentar, dass das Ergebnis offen sei, übergeben worden. Der Antragsteller sei lediglich aufgrund seiner langen beruflichen Tätigkeit vorgereiht worden.
Auf die Frage, inwiefern B die Anforderung der „mehrjährigen einschlägigen Berufserfahrung“ erfüllt habe, antwortete die Dienstgebervertreterin, der Antragsteller habe eine langjährige Berufserfahrung, die könne B noch nicht haben.
Auf die Frage, ob sie nachgefragt habe, weshalb die Begutachtungskommission B für dieses Kriterium überhaupt Punkte vergeben habe, antwortete die Dienstgebervertreterin, diese Abstimmung in der Kommission sei geheim, sie sei nicht dabei gewesen. Sie habe das Ergebnis so hingenommen. Es seien ihr ein paar Ungereimtheiten aufgefallen, aber es sei eine geheime Abstimmung gewesen und sie könne da nicht nachfragen, warum die Punkte so und nicht anders vergeben worden seien.
Seitens des Senates wurde darauf hingewiesen, dass für Entscheidungsträger/innen das Ergebnis der Begutachtungskommission schlüssig sein müsse.
Auf die Frage, was nun konkret für den Bewerber B gesprochen habe, antwortete die Dienstgebervertreterin, es gehe um die Führungsausrichtung, Schwerpunktsetzung und auf den Fokus des Bewerbers. Im Fachwissen sei der Antragsteller überlegen, in den anderen Bereichen B. Management und Ansätze, die man nicht messen könne, seien ausschlaggebend gewesen, sowie die Präsentation im Hearing. Beiden Kandidaten seien nach ihrer Präsentation Fragen gestellt worden, und im Zuge dieser Fragestellungen habe sich gezeigt, dass der Schwerpunkt des Antragstellers eindeutig auf der Aktenführung liege. Das seien wichtige Dinge, aber zu den anderen Bereichen, nämlich dem Umgang mit schwierigen MitarbeiterInnen, den Lösungsansätzen, die über das Team „Strafsachen“ hinausgehen, den Weiterentwicklungszielen sei von B einfach mehr gekommen.
Auf die Frage, wie viele MitarbeiterInnen dieser Fachbereich habe, antwortete die Dienstgebervertreterin, vier.
Wenn sie und der Vorstand abwesend seien, müsse der Fachbereichsleiter handeln, auch bei kritischen Fällen und gröberen Summen müsse er Entscheidungen treffen.
A bemerkte abschließend, er wisse, wie ein Finanzamt „tickt“ und er sei vom Fachvorstand … ermuntert worden sich zu bewerben. Er habe einen Leitfaden „…“ erstellt, mit einem Kollegen habe er vor JungunternehmerInnen Vorträge darüber gehalten, wie man Ärger mit dem Finanzamt vermeide. Das seien seiner Meinung nach auch Managementtätigkeiten.
Die Gleichbehandlungsbeauftragte … führte aus, dass ein Finanzamtsvorstand bzw. eine -vorständin nicht an den Vorschlag der Begutachtungskommission gebunden sei, unabhängig davon, wie die Punkte verteilt worden seien. Sie selbst sei … Jahre Finanzstrafbehördenleiterin gewesen und leite nunmehr die entsprechende Abteilung im BMF. Die fachliche Komponente sei sehr wichtig. Es sei irritierend, dass in der Stellungnahme des BMF stehe, dass es sich um einen „überschaubaren Bereich“ handle, den man sich „ziemlich schnell aneignen“ könne. Sie selbst sei in diesem Bereich seit 30 Jahren tätig und könne sagen, dass das nicht zutreffe. Außerdem gehe es um recht sensible Bereiche, auch um Eingriffe in die Grundrechte. Grundsätzlich sei es gut, wenn junge KollegInnen gefördert würden, aber bei der Leitung einer Strafsachenstelle seien Management und MitarbeiterInnenführung nicht der Schwerpunkt. Im Vordergrund stehe die fachliche Komponente, denn es gehe teilweise um Grundrechte, darum ob jemand inhaftiert werde oder nicht, und um viel Geld. Rechtlich gesehen kenne sie keine Bestimmung, die ausschließe, dass jemand in der Ausbildungsphase eine Führungsposition bekomme.
Die B-GBK hat erwogen:
Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG liegt vor, wenn jemand im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis auf Grund des Alters beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen) unmittelbar oder mittelbar diskriminiert wird.
Gemäß § 25 Abs. 2 B-GlBG hat die Vertreterin oder der Vertreter des Dienstgebers darzulegen, dass bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein anderes von ihr oder ihm glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war. Von der B-GBK war also die Begründung des BMF für die gegenständliche Personalentscheidung im Hinblick auf die Sachlichkeit zu prüfen.
Die Ausschreibung enthielt fachliche und persönliche „Anforderungsdimensionen“, nämlich „Ausbildung/Berufserfahrung“, „Fach- und Managementwissen“, „Lösungs- und Umsetzungskompetenz“ und soziale Kompetenzen. Die fachliche Eignung der Bewerber war an den Erfordernissen „mehrjährige einschlägige Berufserfahrung insbesondere im (Finanz)Strafrecht“ sowie „Berufserfahrung in der (Finanz)Verwaltung oder der Privatwirtschaft“ und „Kenntnisse des (Finanz-)Strafrechtes“ (und der Nebengesetze) zu messen.
Die Eignungsbeurteilung erfolgte, indem jedes Mitglied der Begutachtungskommission in einem Beurteilungsbogen für jedes Eignungskriterium Punkte (0 bis 4) vergab. A erzielte insgesamt … Punkte (…%), B … Punkte (…%). Dementsprechend hielt die Begutachtungskommission in ihrem Gutachten fest (Seite 7), dass A – insbesondere aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung – der Vorzug gegeben werde, und die Formulierung in der Stellungnahme des BMF lautete, die Begutachtungskommission habe die Bestellung von A vorgeschlagen. Die Dienstgebervertreterin bezeichnete das Ergebnis der Begutachtungskommission als „offen“, so hätte sich der Vorsitzende der Begutachtungskommission ihr gegenüber mündlich ausgedrückt. Vermutlich wollte die Dienstgebervertreterin damit den allfällig entstandenen Eindruck, sie hätte sich über das Gutachten der Begutachtungskommissionen einfach hinweggesetzt, zerstreuen, wozu lediglich zu sagen ist, dass Ergebnisse der Begutachtungskommissionen ohnehin nicht bindend sind.
Das Gesamtergebnis der Begutachtungskommission ist für den Senat aufgrund der Berufslaufbahnen nachvollziehbar, wenn auch die Beurteilung einzelner Kriterien teilweise fragwürdig erscheint. So ist etwa nicht nachvollziehbar, dass B für das Kriterium „mehrjährige einschlägige Berufserfahrung insbesondere im (Finanz)Strafrecht“ … Punkte erhielt, denn er war zum Zeitpunkt seiner Bewerbung erst 1½ Jahre an einem FA beschäftigt (der Begriff „mehrjährig“ wird im Duden mit „einen Zeitraum von mehreren Jahren umfassend“ erklärt), und die Materie Finanzstrafrecht gehörte auch nicht zu seinem Aufgabenbereich, laut der „Analyse in diversen Anforderungen“ (in der Stellungnahme des BMF, vgl. Seite 4) befand sich B im „Finanzstrafrecht: Im Erlernen“.
Ebensowenig nachvollziehbar ist, auf welcher Grundlage die Begutachtungskommission zu dem Ergebnis kam, die „Kenntnisse des (Finanz)Strafrechtes, Einbringungs- und Verfahrensrechtes sowie angrenzender Fachgebiete“ des vor 1½ Jahren in den Finanzdienst eingetretenen B und des seit beinahe 30 Jahren im Finanzdienst stehenden A wären gleich zu (be)werten, nämlich jeweils mit insgesamt … Punkten.
Die Aussage in der Stellungnahme des BMF, nämlich B könne auf das aktuellere Wissen in den speziellen Steuerbereichen - welche hauptsächlich der strafrechtlichen Beurteilung unterliegen - zurückgreifen (USt, ESt, KöSt), ist angesichts einer Tätigkeit von 1½ Jahren und ohne jeden Nachweis für eine allfällige eingehende Beschäftigung mit diesen Materien schon bemerkenswert. Es erstaunt, wenn im Zusammenhang mit einer Besetzung einer Leitungsfunktion mit dem im Rahmen der Grundausbildung erworbenen und bei einer Dienstprüfung bewiesenen Wissen (vgl. „Analyse“ Seite 4) argumentiert werden muss. Dass es sich beim Finanzstrafrecht im Vergleich zur gesamten Steuerrechtsmaterie um einen überschaubaren Bereich handeln solle, der also schnell erlernt werden könne, wurde von der Gleichbehandlungsbeauftragten …, einer Expertin im Finanzstrafrecht, entschieden bestritten. Abgesehen davon ist es nicht überzeugend, wenn im Zusammenhang mit der Leitung eines Fachbereiches die Beherrschung der Materie quasi als Kleinigkeit dargestellt wird.
Zum Vorbringen, dass bei Leitungsfunktionen der Schwerpunkt ohnehin nicht im fachlichen Bereich liege, sondern im Personal-, Organisations-, Lösungs- und Umsetzungsmanagement (Näheres vgl. Seite 5, 6), und kurz gesagt ein „Kultur-Wandel“ von der Fachkraft zur Führungskraft stattgefunden habe, ist Folgendes festzuhalten: In der Ausschreibung wurde Führungserfahrung nicht explizit gefordert, und im Protokoll der Begutachtungskommission war davon auch nicht die Rede, die Kommission hielt fest, dass der Bewerber „Berufserfahrung“ in der Privatwirtschaft gesammelt habe (vgl. Seite 7). In der Stellungnahme des BMF hieß es allerdings, B habe bereits „Führungserfahrung“ in der Privatwirtschaft gesammelt (vgl. Seite 4), und die Dienstgebervertreterin gab dazu in der Senatssitzung an, dies wäre im Hearing hervorgekommen, B habe auf Nachfrage berichtet, in einem … Personal geleitet zu haben. Seiner Bewerbung ist dies allerdings nicht zu entnehmen, B gab als „Hauptaufgaben“ an: „Beratung, Verkauf, Verrechnung und Bestellung“ in verschiedenen(!) … zwischen … und …(!). Es wäre doch ziemlich erstaunlich, in einer Bewerbung um eine Leitungsfunktion eine in der Vergangenheit wahrgenommene leitende Tätigkeit nicht zu erwähnen. Auch das B vom … im … ausgestellte Zeugnis enthielt keinerlei Hinweis auf die Wahrnehmung von leitenden Aufgaben. Doch auch bei fallweise wahrgenommenen (an)leitenden Tätigkeiten (laut der Dienstgebervertreterin gegenüber ein bis zwei Bediensteten), kann daraus keinesfalls auf die Kompetenz zur Leitung einer Organisationseinheit eines Finanzamtes geschlossen werden, denn die Tätigkeit im … liegt zehn Jahren zurück und sie wurde im Alter von … Jahren (B wurde … geboren) in einem kleinen … in einem Zeitraum von weniger als einem Jahr wahrgenommen.
Eine noch größere Rolle bei der Entscheidungsfindung sollen laut der Dienstgebervertreterin die auf „Fragestellungen“ im Hearing von B gezeigten „Lösungsansätze“, z. B. in Bezug auf Umgang mit schwierigen Mitarbeitern und Entscheidungs- und Führungsqualität, gespielt haben. Konkrete Inhalte dieser Ausführungen im Hearing wurden nicht wiedergegeben, auch nicht zusammenfassend. Kurz gesagt sind die B betreffenden Ausführungen in der Stellungnahme des BMF und jene der Dienstgebervertreterin in der Senatssitzung diffus. Hauptsächlich wurde B Interesse attestiert - Interesse an der Führungsentwicklung und an der Managemententwicklung (Seite 5). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass B die vielzitierten Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Hinblick auf eine Führungskraft eben noch nicht wahrnahm (auch nicht wahrnehmen konnte). Der Senat konnte nicht herausfinden, welche konkreten Kenntnisse und Fähigkeiten der Bewerber B dem Bewerber A voraus haben sollte, und es ist doch davon auszugehen, dass für die Besetzung von Leitungsfunktionen bereits vorhandene Qualifikationen relevant sind und nicht Prognosen über (Führungs)Qualitäten. So sah das auch die Begutachtungskommission, die - wie ausgeführt - A an erster Stelle des Besetzungsvorschlages reihte.
Zusammengefasst sind die verbalen Ausführungen nicht geeignet, die Sachlichkeit und Objektivität der Auswahlentscheidung darzulegen bzw. zu belegen. Der Senat kommt daher zu dem Ergebnis, dass für die Bestellung von B zum Leiter der Strafsachenstelle am FA X das Merkmal Alter maßgebend war und stellt daher eine Diskriminierung von A auf Grund des Alters gemäß § 13 (1) Z 5 B-GlBG fest.
Auf die schadenersatzrechtlichen Ansprüche des § 18a B-GlBG wird verwiesen.
Empfehlungen:
Dem BMF wird empfohlen, die Besetzungsvorschläge der jeweiligen Vorgesetzten bzw. Amtsleiter/innen im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit zu prüfen.
Wien, Oktober 2019
Zuletzt aktualisiert am
22.04.2020