Entscheidungsdatum
16.03.2020Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art. 89 Abs2Text
Das Verwaltungsgericht Wien stellt durch sein Mitglied Dr. Andreas Lehner im Verfahren über die Beschwerde der Frau A. B., vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 58, vom 30.9.2019, Zl. MA58/..., gemäß Art. 89 Abs. 2 iVm Art. 135 Abs. 4 B-VG den
ANTRAG
Der Verfassungsgerichtshof möge gemäß Art. 139 Abs. 1 Z 1 B-VG
Die Wortfolge „und Jesuitenwiese“ in der am 12.10.2018 in Kraft getretenen Verordnung des Magistrats der Stadt Wien mit der gemäß § 6 Absatz 1 und 2 des Tierhaltegesetzes für die mit Tafeln kundgemachten, in dem beiliegenden Plan ausgewiesenen Bereichen der im Prater gelegenen Arenawiese und Jesuitenwiese ein Hundeverbot verordnet wird, Zl. MA 42 – 2/542103/2018, als gesetzwidrig aufheben,
in eventu
die am 12.10.2018 in Kraft getretene Verordnung des Magistrats der Stadt Wien mit der gemäß § 6 Absatz 1 und 2 des Tierhaltegesetzes für die mit Tafeln kundgemachten, in dem beiliegenden Plan ausgewiesenen Bereichen der im Prater gelegenen Arenawiese und Jesuitenwiese ein Hundeverbot verordnet wird, Zl. MA 42 – 2/542103/2018, zur Gänze als gesetzwidrig aufheben
BEGRÜNDUNG
I. Anlassfall
Mit Strafverkenntnis vom 30.9.2019, Zl MA58/... wurde die Beschwerdeführerin zur Leistung einer Geldstrafe von EUR 180,- im Falle der Uneinbringlichkeit zur Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Stunden verpflichtet, weil sie am 19.10.2018 um 13:00 Uhr den von ihr verwahrten Hund in Wien, Jesuitenwiesen, Nähe Baum 7090, in der ordnungsgemäß durch Tafeln im Sinne des § 6 Abs. 2 Wiener Tierhaltegesetz kundgemachten Hundeverbotszone geführt hat.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien, in der sie der Tatanlastung entgegentritt und unter anderem ins Treffen führt, dass sie sich mit ihrem Hund auf einem Fußweg aufgehalten habe, der außerhalb der durch Schilder markierten Hundeverbotszone gelegen sei und dass der genauer Verlauf der Grenze dieser Hundeverbotszone nicht bestimmbar sei.
Mit Schreiben vom 27.11.2019 forderte das Verwaltungsgericht Wien den Magistrat der Stadt Wien zur Vorlage des Aktes betreffend die Verordnung einer Hundeverbotszone auf der Jesuitenwiese auf. Mit Schreiben vom 9.12.2019 legte die Magistratsabteilung 58 den entsprechenden Akt vor. Um sicherzustellen, dass es sich dabei um den vollständigen Akt handelte, ersuchte das Verwaltungsgericht Wien mit Schreiben vom 17.12.2019 die Magistratsabteilung 42 (Wiener Stadtgärten) als die für die Verordnung zuständige Magistratsabteilung erneut um Vorlage des Verordnungsaktes. Mit E-Mail vom 27.12.2019 wurde in der Folge die Kopie eines Aktes, bestehend aus einem Aktenvermerk vom 9.10.2018, zwei weitgehend identen Detailplänen auf denen der westliche Teil der Jesuitenwiesen nicht abgebildet ist, einem Übersichtsplan und einer Anwesenheitsliste betreffend eine Besprechung vom 25.7.2018 vorgelegt.
Am 11.2.2020 fand eine Ortsaugenscheinverhandlung auf jenem Teil der Jesuitenwiesen statt, auf dem sich der angelastete Tatort befindet. Dabei wurde die genaue Position der Tafeln betreffend die Hundeverbotszone begutachtet und mit entsprechenden Bildern dokumentiert.
II. Zur Rechtslage
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Tierhaltegesetzes LGBl. 39/1987 idF LGBl. 18/2018 lauten:
Auslauf von Hunden
§ 6.
(1) Der Magistrat kann nach Anhörung der Grundeigentümerin oder des Grundeigentümers, der Landespolizeidirektion Wien, der Tierschutzombudsperson und der örtlich zuständigen Bezirksvorsteherin oder des Bezirksvorstehers unter Berücksichtigung des Bedürfnisses nach solchen Anlagen und Flächen, ihrer Größe und Lage, aber auch der berechtigten Ansprüche sonstiger Benützerinnen oder Benützer, insbesondere von Kindern, auf Schutz vor von Hunden ausgehenden Belästigungen und Gefahren, oder aus sonstigen Gründen der ordnungsgemäßen Benützung durch Verordnung sowohl Teile von öffentlich zugänglichen Parkanlagen zu „Hundezonen“ oder andere geeignete Grünflächen (zB Lagerwiesen) zu „Hundeauslaufplätzen“ erklären und vom Geltungsbereich der Gebote des § 5 Abs. 1 und 2 ausnehmen als auch ein Verbot der Mitnahme von Hunden („Hundeverbot“) in diese Anlagen (Lagerwiesen) oder in Teile davon verfügen. Erforderlichenfalls können für derartige Verfügungen zeitliche Begrenzungen oder im Einzelfall begründete Ausnahmen festgelegt werden.
(2) Die im Abs. 1 bezeichneten Verordnungen sind durch Tafeln (Anlage 1) gegebenenfalls bei zeitlichen Beschränkungen durch Zusatztafeln, kundzumachen und treten mit der Anbringung dieser Zeichen in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des § 8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk zu gestatten. Die Tafeln sind als Schilder aus festem Material in einer solchen Art und Größe herzustellen und an den Zugängen, Eintrittsstellen usw. so anzubringen, dass sie leicht erkannt werden können. Die Zusatztafeln sind unter den im ersten Satz genannten Zeichen in Form von rechteckigen, weißen Tafeln anzubringen und dürfen die darüber befindliche Tafel seitlich nicht überragen.
(3) Für die Einhaltung der auf Abs. 1 gegründeten Verordnungen hat die Verwahrerin oder der Verwahrer des Hundes zu sorgen. Wird die Verwahrung einer strafunmündigen Person anvertraut, so treffen diese Verpflichtungen die Halterin oder den Halter des Tieres.
[…]
Strafbestimmungen
§ 13. (1) […]
(2) Wer
1.-8. […]
9. einer auf § 6 Abs. 1 gegründeten Verordnung zuwiderhandelt.
10-15 […]
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 20 000 Euro zu bestrafen.
(3) […]
(4) […]
Die VO, MA 42-2/542103/2018, des Magistrats der Stadt Wien hat den folgenden Inhalt:
(Anwesenheitsliste nicht pseudonymisierbar)
III. Zur Zulässigkeit
1. Verordnungscharakter
Gemäß Art. 139 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag eines Gerichtes. Nach Art. 89 Abs. 2 B-VG hat ein ordentliches Gericht, wenn es gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit Bedenken hat, den Antrag auf Aufhebung dieser Verordnung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Gemäß Art. 135 Abs. 4 B-VG ist Art. 89 B-VG auf die Verwaltungsgerichte und den Verwaltungsgerichtshof sinngemäß anzuwenden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe etwa VfSlg. 12.286/1990 mwN) versteht man unter einer Verordnung die von einer Verwaltungsbehörde erlassene generelle Rechtsnorm; das bedeutet, dass sich der Akt an eine allgemein bestimmte Vielzahl von Personen richten und für diese unmittelbar rechtsverbindlich sein muss.
Das als „Aktenvermerk über die am 25. 07. 2018 abgehaltene Ortsverhandlung“ bezeichnete Dokument enthält die folgende von einer Behörde stammende Anordnung:
„Gemäß § 6 Absatz 1 und 2 des Weiner Tierhaltegesetzes in der geltenden Fassung wird für die mit Tafeln kundgemachten, in dem beiliegenden Plan ausgewiesenen Bereiche der im Prater gelegenen Arenawiese und Jesuitenwiese ein Hundeverbot verordnet. Der Stadtwanderweg Nr. 9, sowie die Wegverbindung zur Endstelle der Straßenbahnlinie 1 liegen außerhalb der Hundeverbotszone.
Die Hinweiszeichen sind in der Anlage 1 des Tierhaltegesetzes kundgemacht. Die Hinweistafeln werden bei den jeweiligen Eingängen, sowie im weiteren Verlauf der Hundeverbotszonen aufgestellt. Die Verordnung tritt mit der Montage der Tafeln am 12. 10. 2018 in Kraft.
Die bestehenden Hundeverbote aus den Jahren 1991 (MA42 – II-200/91) und 1994 (MA 42 – II-65/94) werden hiermit aufgehoben.“
Damit trifft die Behörde eine ganze Reihe imperativer Anordnungen gegenüber einem allgemeinen Adressatenkreis.
Damit ein Verwaltungsakt also Verordnung Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung wird, ist es zudem unerlässlich, dass einem Mindestmaß an Publizität Genüge getan wird (vgl. etwa VfSlg. 8351/1978 mwN)
Im vorliegenden Fall wurde die Anordnung einer Hundeverbotszone durch Aufstellung der dafür in § 6 Abs. 2 iVm Anlage 1 Wr. Tierhaltegesetz vorgesehenen Tafeln kundgemacht, wie sich aus dem Aktenvermerk selbst und der Begutachtung dieser Tafeln im Zuge des Ortsaugenscheins ergab.
Da der „Aktenvermerk“ also eine imperative Anordnung an einen allgemeinen Adressantenkreis enthält, die auch ein Mindestmaß an Publizität aufweist, handelt es sich dabei um eine Verordnung, die einer Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof zugänglich ist.
2. Zur Präjudizialität und den Auswirkungen auf die Rechtssache
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist ein Antrag iSd Art. 139 Abs. 1 Z 1 B-VG bzw. des Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückzuweisen, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. zuletzt VfGH 12.12.2018, V 16/2018 mwN).
Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg. 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden. Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg. 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen –beseitigt werden kann (VfSlg.16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014). Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg. 16.279/2001, 19.413/2011;VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg. 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl. zB VfSlg. 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg. 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).
Der Beschwerdeführerin wird in dem beim Verwaltungsgericht angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt, ihren Hund entgegen der gesetzlichen Anordnung in jener Hundeverbotszone geführt zu haben, die mit dem nunmehr angefochtenen Rechtsakt verordnet wurde. Die Verordnung ist daher im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht anzuwenden. Sollte die Verordnung oder die angefochtenen Teile aufgehoben werden, könnte der Beschwerdeführerin nicht mehr zur Last gelegt werden ihren Hund in einer Hundeverbotszone geführt zu haben. Das angefochtene Straferkenntnis wäre daher zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes enthält die angefochtene Verordnung insoweit trennbare Teile, als für zwei voneinander getrennte Flächen, nämlich die Jesuitenwiesen und die Arenawiese, Hundeverbotszonen angeordnet werden. Da sich das anhängige Beschwerdeverfahren nur auf den Bereich der Jesuitenwiese bezieht und daher nur diesbezüglich die notwendige Präjudizialität vorliegt, richtete sich der Hauptantrag nur auf die Aufhebung der Wortfolge „und Jesuitenwiese“.
Sollte dieser Antrag allerdings zurückgewiesen werden, etwa weil der Verfassungsgerichtshof zu der Ansicht gelangt, dass durch die Aufhebung der angefochtenen Wortfolge aufgrund der Verweise auf die der Verordnung beiliegenden Pläne die Gesetzwidrigkeit nicht beseitigt werden kann, wird der (Eventual-)Antrag gestellt, die gesamte Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben.
IV. Bedenken
1. Örtlicher Geltungsbereich
Der Verfassungsgerichtshof hat in Zusammenhang mit Verordnungen im Straßenverkehr wiederholt ausgesprochen, dass der Verordnungsgeber verpflichtet ist, den örtlichen Geltungsbereich einer verkehrsbeschränkenden Maßnahme möglichst genau zu umschreiben (vgl. zuletzt VfGH 24.9.2019, V67/2018). Den örtlichen Geltungsbereich nur in groben Zügen anzuführen, ist daher unzulässig (VfSlg 20.251/2018). Die Verordnung muss so bestimmt sein, dass für den Normunterworfenen bereits anhand des Verordnungstextes selbst – und einer allenfalls von der Verordnung mitumfassten planlichen Darstellung oder dergleichen (vgl auch VfSlg 7072/1973, 10.469/1985, 18.840/2009) – zweifelsfrei zum Ausdruck kommt, für welche Bereiche bzw welche Strecke diese Anordnung bzw Verkehrsbeschränkung gilt, sodass er sich danach richten kann (VfSlg 8658/1979).
Diese Rechtsprechung ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes auf den vorliegenden Fall übertragbar. Auch der örtlichen Geltungsbereich einer Verordnung, mit der eine Hundeverbotszone erlassen wird, muss sich mit hinreichender Klarheit aus der Verordnung selbst, allenfalls unter Zuhilfenahme entsprechend klarer planlicher Darstellungen, ergeben. Vergleichbar mit der Situation im Straßenverkehr stellt das Zuwiderhandeln einer Hundeverbotszone gemäß § 13 Abs. 2 Z 9 Wr. Tierhaltegesetz eine Verwaltungsübertretung dar. Daraus ergibt sich in besonderem Maße die Notwendigkeit, dass der örtliche Geltungsbereich für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zweifelsfrei erkennbar ist, sodass sie ihr Verhalten entsprechend anpassen können.
Die Umschreibung des örtlichen Geltungsbereiches erfolgt in der angefochtenen Verordnung auf zweifache Weise: Die Hundeverbotszone wird nämlich für jene Bereiche der Arenawiese und der Jesuitenwiese verordnet die erstens mit den entsprechenden Tafeln versehen werden und zweitens in einem beiliegenden Plan ausgewiesen sind.
Das erste Kriterium für die Umschreibung des örtlichen Geltungsbereiches, nämlich der Verweis auf die anzubringenden Hinweistafeln ist schon deshalb gesetzwidrig, da sich damit der örtliche Geltungsbereich nicht aus der Verordnung selbst ergibt. Es entspricht, wie oben ausgeführt, nicht den gesetzlichen Anforderungen, wenn der Inhalt der Verordnung erst durch das tatsächliche Anbringen der Hinweistafeln determiniert wird. Vielmehr dienen die entsprechenden Tafeln gemäß § 6 Abs. 2 Wr. Tierschutzgesetz nur der Kundmachung dessen, was gemäß § 6 Abs. 1 Wr. Tierschutzgesetz verordnet wurde.
Das zweite Kriterium für die Umschreibung des örtlichen Geltungsbereiches, nämlich die Darstellung in einem beiliegenden Plan, ist grundsätzlich geeignet den örtlichen Geltungsbereich der Verordnung zu bestimmen, wenn die Darstellung auf dem Plan hinreichend genau ist. Dies ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts vorliegend aber nicht der Fall. Der angefochtenen Verordnung sind zwei Pläne angeschlossen. Der erste Plan ist im Maßstab 1:2500 gehalten und enthält eine Detailansicht der Arenawiese und eines Teils der Jesuitenwiese. Der westliche Teil der Jesuitenwiese ist darauf aber nicht abgebildet, sodass dieser Plan keine Bestimmung des Verlaufs der Hundeverbotszone im westlichen Teil der Jesuitenwiese zulässt.
Beim zweiten Plan handelt es sich um einen Auszug aus dem Grundstücksinformationssystem im Maßstab 1:5000. Auf diesem Plan sind mit freier Hand die Hundeverbotszonen und die Hundeauslaufzonen auf und rund um die Jesuitenwiese und die Arenawiese eingezeichnet. Die Umrandung der verschiedenen Zonen hat eine Linienstärke von etwa 1,5 mm und verläuft zum Teil entlang von Grundstücksgrenzen zum Teil mehr oder weniger von diesen abweichend. Eine Strecke von 1,5 mm auf einem Plan im Maßstab 1:5000 entspricht einer Distanz von 7,5 m in der Realität. Würde man die mit freier Hand auf dem Plan angezeichnete Linie also in die Realität übertragen, würde sich rund um die Hundeverbotszone ein Streifen von etwa 7,5 m Breite ergeben, der die im Plan eingezeichnete Grenze ausmachen würde und von dem nicht klar wäre, ob er sich innerhalb oder außerhalb der Hundeverbotszone befindet. Dies ist deshalb auch von besonderer praktischer Relevanz, als in diesem Streifen parallel zur Rustenschacherallee zwischen Wittelsbachstraße und Friedensstraße ein schmaler Fußweg verläuft, der – wie auch im anhängigen Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht – häufig von Hundebesitzern benutzt wird, um die im hinteren Bereich der Arenawiese gelegene Hundeauslaufzone zu erreichen (siehe Abbildung).
Auf diesem Bild sind die Rustenschacherallee und in Blau die Grundstücksgrenze zur Jesuitenwiese als Linie erkennbar. Erkennbar ist auch der schmale Fußweg der parallel zur Grundstücksgrenze verläuft. Zur besseren Veranschaulichung der Dimensionen wurde in der Bildmitte in Grün eine Stecke mit der Distanz von 7m von der Grundstücksgrenze eingezeichnet. Damit ist nachvollziehbar, dass der Fußweg über weite Teile innerhalb eines Abstandes von 7,5m ab der Grundstücksgrenze auf der Jesuitenwiese verläuft.
Da die Verordnung also insbesondere hinsichtlich des westlichen Teils der Jesuitenwiesen keine genaue Abgrenzung hinsichtlich ihres örtlichen Geltungsbereichs vornimmt, ist die Verordnung gesetzwidrig.
2. Fehlerhafte Kundmachung
Der zuletzt beschriebene zweite Plan („Übersicht“) könnte hinsichtlich des westlichen Teils der Jesuitenwiese auch so interpretiert werden, dass mit der Freihandmarkierung nur die Grundstücksgrenze entlang der Rustenschacherallee und der Rotundenallee als Grenze für die Hundeverbotszone markiert werden soll. Versteht man die Skizze so, dann verläuft die Grenze der Hundeverbotszone entlang der Rustenschacherallee im Abschnitt zwischen Lukschgasse und Wittelsbachstraße entlang der Grundstücksgrenze. Folgt man dieser Auslegungsvariante, so erweist sich die Verordnung wegen fehlerhafter Kundmachung als gesetzwidrig.
Gemäß § 6 Abs. 2 Wr. Tierhaltegesetz sind die Tafeln, mit denen u.a. Hundeverbotszonen gemäß § 6 Abs. 1 Wr. Tierhaltegesetz kundgemacht werden als Schilder aus festem Material in einer solchen Art und Größe herzustellen und an den Zugängen, Eintrittsstellen usw. so anzubringen, dass sie leicht erkannt werden können. Die Verordnung selbst legt fest, dass die Hinweistafeln bei den jeweiligen Eingängen, sowie im weiteren Verlauf der Hundeverbotszonen aufgestellt werden.
Der Vorschrift des § 6 Abs. 2 Wr. Tierhaltegesetz ist immanent, dass die bezüglichen Tafeln zumindest an den Zugängen und Eintrittsstellen angebracht sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet (vlg. zu § 44 Abs 1 StVO zuletzt VfGH 11.6.2019, V 61/2018, mwN). Dies ist aber zumindest im westlichen Teil der Jesuitenwiese nicht der Fall.
Auf dem Weg, der in der Verlängerung der Friedensgasse auf die Jesuitenwiese führt, befindet sich das Schild unmittelbar nach der Einmündung des schon oben beschriebenen schmalen Fußwegs, der parallel zur Rustenschacherallee verläuft (siehe Bild unten) und damit etwa 12m nach der Grundstücksgrenze und dem sich daraus ergebenden Eingang in die die Hundeverbotszone
Dieses Bild wurde von der Rustenschacherallee aufgenommen und zeigt den breiten Fußweg der in der Verlängerung der Friedensgasse auf die Jesuitenwiese führt. Links und rechts am unteren Bildrand sieht man die Einmündung des breite Fußweges, der parallel zur Rustenschacherallee verläuft. Hier befindet sich etwa die Grundstücksgrenze, wie sie auch im „Übersichtsplan“, der der VO beigelegt ist eingezeichnet ist. Etwas weiter hinten ist die Einmündung des schmalen Fußweges zu erkennen, der parallel zur Rustenschacherallee verläuft. Dahinter ist das Hundeverbotsschild zu erkennen.
Auf diesem Bild ist die Distanz zwischen der Grundstücksgrenze (in Blau) und dem Ort an dem das Schild aufgestellt ist in Grün eingezeichnet: Sie beträgt 12m
Auch beim ganz westlichen Zugang zur Jesuitenwiesen, von der Ecke Rustenschacherallee/Rotundenallee befindet sich die Kundmachungstafel einige Meter hinter dem Zugang zur Hundeverbotszone innerhalb der Jesuitenwiese. Auch hier zweigt der schmale Fußweg parallel zur Rustenschacherallee rechts ab, bevor die Kundmachungstafel auf die Hundeverbotszone hinweist (siehe Bild unten).
Dieses Bild zeigt den Weg auf die Jesuitenwiese von der Ecke Rustenschacherallee/Rotundenallee. Ganz rechts ist die Rustenschacherallee zu erkennen, parallel dazu ein breiter Fußweg und parallel dazu ein schmaler Fußweg. Der schmale Fußweg mündet vor den beiden Hundeverbotstafeln in den breiten Weg, der durch die Bildmitte führt.
Zwischen den soeben beschriebenen Tafeln (Verlängerung Friedensgasse und Ecke Rustenschacherallee/Rotundenallee) befinden sich entlang der Rustenschacherallee keine weiteren Hinweistafeln. Zieht man zwischen diesen beiden Tafeln eine direkte Linie, so befindet sich ein breiter Streifen der Jesuitenwiese entlang der Rustenschacherallee außerhalb dieser Linie (siehe Bild unten).
Dieses Bild zeigt den westlichen an die Rustenschacherallee angrenzenden Teil der Jesuitenwiese. Die Grundstückstrenzen sind in Blau eingezeichnet. Eine schwarze Line markiert die direkte Verbindung zwischen den beiden in diesem Abschnitt aufgestellten Hundeverbotstafeln.
Die Schilder sind damit so aufgestellt, dass etwa Personen (wie die Beschwerdeführerin im Anlassfall), die von der Ecke Rustenschacherallee/Rotundenallee die Jesuitenwiese (und damit die Hundeverbotszone) betreten und sich in weitere Folge auf dem schmalen Fußweg entlang der Rustenschacherallee auf der Jesuitenwiese nach Südwesten bewegen nie ein Hundeverbotsschild passieren müssen.
Ist der Plan also so zu verstehen, dass die Grundstücksgrenze die Grenze der Hundezone bildet, sind die entsprechenden Tafeln nicht an den Zugängen, Eintrittsstellen usw. so angebracht worden, dass sie leicht erkannt werden können. Die Kundmachung entspricht damit nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 6 Abs. 2 Wiener Tierhaltegesetz. Es ist aus der Aufstellung der Tafeln nicht in ausreichendem Maß erkennbar, wo der örtliche Geltungsbereich der Hundeverbotszone beginnt bzw. endet.
Schlagworte
Normprüfungsantrag; Gesetzwidrigkeit; Verordnung; Hundeverbot; örtlicher Geltungsbereich; fehlerhafte KundmachungAnmerkung
VfGH v. 24.11.2020, V 397/2020; Aufhebung der VOEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.001.022.14976.2019.18Zuletzt aktualisiert am
18.12.2020