Entscheidungsdatum
21.11.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I416 2194154-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 15.10.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, reiste Ende August 2015 legal auf dem Luftweg von Bagdad nach Istanbul und von dort aus weiter nach Österreich. Er stellte am 17.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er zusammengefasst damit begründete, aufgrund seiner sunnitischen Glaubenszugehörigkeit von einer Gruppe schiitischer Milizen unter Druck gesetzt, von diesen in der Absicht, ihn zu rekrutieren, verfolgt, mit Waffen bedroht und an seiner Arbeit gehindert worden zu sein. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, verfolgt und getötet zu werden.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 21.03.2018, Zl. XXXX, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig ist. Weiters wurde eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers festgelegt.
Die belangte Behörde erachtete das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers als unglaubwürdig und nicht asylrelevant, und sah kein Abschiebungshindernis und keine einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenstehenden privaten Interessen des Beschwerdeführers als gegeben an.
3. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.03.2019, Zl. G304 2194154-1/6E, als unbegründet abgewiesen.
4. Am 05.08.2019 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.
5. Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag erklärte er, seine alten Fluchtgründe seien immer noch aufrecht. Weiters sei er vor einem Jahr und zwei Monaten zum Christentum konvertiert. In seiner Heimat drohe ihm der Tod.
6. Am 23.09.2019 und am 04.10.2019 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen. Im Zuge dieser Einvernahmen erklärte er - auf das Wesentlichste zusammengefasst - vom Christentum überzeugt zu sein und konvertieren zu wollen. Vom islamischen Glauben habe er sich seit seiner Ausreise aus dem Irak entfernt. Im Fall einer Konversion zum Christentum würde er im Irak ermordet werden. Er könne dort nicht in die Kirche gehen, um zu beten. Die Kirchen in Bagdad seien alle bedroht, man sehe das im Fernsehen. Auf die Frage der belangten Behörde, weshalb er diesen Fluchtgrund erst jetzt vorbringe, erklärte er wörtlich: "Es ist nicht der wichtigste Grund in meinem Asylantrag. Man hat mir diesmal gesagt, dass ich einen neuen Fluchtgrund angeben muss." Die Möglichkeit, zu den Länderfeststellungen zum Irak Einsicht und Stellung zu nehmen, lehnte der Beschwerdeführer ab.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.10.2019 wies die belangte Behörde den zweiten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III., erster Spruchteil). Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt III., zweiter Spruchteil). Weiters wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III., dritter Spruchteil). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab und gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.). Außerdem wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).
8. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 11.11.2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte darin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass die belangte Behörde mangelhafte Länderfeststellungen zum Thema Konversion zum Christentum im Irak getroffen habe. Weiters sei die Beweiswürdigung der belangten Behörde qualifiziert mangelhaft. Der Beschwerdeführer habe widerspruchsfreie und detaillierte Angaben zu seinem Fluchtgrund getätigt. Zu Unrecht habe das BFA ihm die Glaubwürdigkeit versagt und sein Vorbringen nicht unter ausreichender Berücksichtigung fallbezogener, aktueller Länderberichte zum Irak gewürdigt. Inhaltlich wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Konversion zum Christentum gegen die im Irak vorherrschenden, gesellschaftlichen, religiös-politischen Konventionen verstoßen habe. Daher werde er wegen seiner oppositionellen religiös-politischen Gesinnung aber auch in seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Konvertiten zum Christentum verfolgt. Somit sei im Falle einer Rückkehr in den Irak eine ernsthafte Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit und des Lebens des Beschwerdeführers gegeben. Im Hinblick auf die erlassene Rückkehrentscheidung wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich während seiner Zeit in Österreich vorbildlich integriert und bereits in erster Instanz zahlreiche Integrationsunterlagen vorgelegt habe. Das verhängte Einreiseverbot sei zu beheben, zumal in der Mittellosigkeit eines Fremden kein Grund erblickt werden könne, diesem eine Gefährdung öffentlicher Interessen zu attestieren. Weiters sei die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Unrecht erfolgt.
9. Mit Schriftsatz vom 13.11.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 15.06.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
1.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Irak und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG. Seine Identität steht fest.
Er gehört der arabischen Volksgruppe an, ist sunnitischer Moslem und stammt aus Bagdad. Nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer zum Christentum konvertiert ist.
Der Beschwerdeführer hält sich seit zumindest 17.09.2015 im Bundegebiet auf.
Der Beschwerdeführer ist jung, arbeitsfähig und leidet an keiner schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheit.
Er hat im Irak 6 Jahre lang die Schule besucht und anschließend bis kurz vor seiner Ausreise in einer Bäckerei gearbeitet.
In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen. In Bagdad leben seine Ehegattin mit dem nach seiner Ausreise geborenen gemeinsamen Sohn, seine Eltern, eine Schwester, vier Tanten väterlicherseits und ein Onkel mütterlicherseits. Drei Brüder des Beschwerdeführers leben in der Türkei, in Belgien und in Deutschland. Die finanzielle Lage seiner Verwandten im Herkunftsstaat ist gut und der Beschwerdeführer steht mit ihnen in Kontakt.
Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer hat verschiedene Deutschkurse auf dem Niveau A1 besucht, jedoch keine Prüfung zum Nachweis seiner Deutschkenntnisse abgelegt. Er ist nicht Mitglied eines Vereines oder einer sonstigen integrationsbegründenden Organisation, geht keiner erlaubten Erwerbstätigkeit in Österreich nach, bezog bis zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Der Beschwerdeführer ist im Bundesgebiet strafgerichtlich in Erscheinung getreten.
Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 13.11.2017, Zl. XXXX, wurde er gemäß §§ 288 Abs. 4, 297 Abs. 1 erster Fall StGB zu einer unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
Seit dem 19.09.2019 befindet er sich in Untersuchungshaft.
1.3. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland Irak aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war.
Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann mangels Glaubhaftmachung insbesondere nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer zum Christentum konvertiert ist und deshalb in Gefahr wäre, in Irak wegen seiner Religion verfolgt zu werden. Es kann somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen bzw. eine solche im Falle der Rückkehr zu befürchten habe.
Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht auch nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.
Der Beschwerdeführer wird im Falle seiner Rückkehr in sein Heimatland mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.
1.4. Zu den Feststellungen zur Lage in Irak:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 15.10.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zum Irak auszugsweise zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine entscheidungsmaßgebliche Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
Die wesentlichen Feststellungen lauten:
1. Politische Lage
Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.2.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazat) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).
An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).
Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005).
Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).
Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack 27.9.2018). Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018).
Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018; vgl. IRIS 11.5.2018).
Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).
In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der politischen Führung (LSE 7.2018; vgl. IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).
Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.2.2018).
Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 9.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).
Quellen:
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Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker,
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BBC - British Broadcasting Corporation (3.10.2018): New Iraq President Barham Saleh names Adel Abdul Mahdi as PM, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-45722528, Zugriff 18.10.2018
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CIA - Central Intelligence Agency (17.10.2018): The World Factbook
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Iraq,
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DW - Deutsche Welle (2.10.2018): Iraqi parliament elects Kurdish moderate Barham Salih as new president, https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-elects-kurdish-moderate-barham-salih-as-new-president/a-45733912, Zugriff 18.10.2018
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Der Standard (13.5.2018): Wahlen im Irak: Al-Abadi laut Kreisen in Führung,
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Der Standard (3.10.2018): Neue alte Gesichter für Iraks Topjobs, https://derstandard.at/2000088607743/Neue-alte-Gesichter-fuer-Iraks-Topjobs, Zugriff 19.10.2018
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TA - Tagesanzeiger (12.5.2018): Im Bann des Misstrauens, https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/im-bann-des-misstrauens/story/29434606, Zugriff 18.10.2018
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UNSC - United Nations Security Council (17.1.2018): Report of the Secretary-General pursuant to resolution 2367 (2017), https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1800449.pdf, Zugriff 19.10.2018
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WZ - Wiener Zeitung (12.5.2018): Erste Wahl im Irak nach Sieg gegen IS stößt auf wenig Interesse, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/964399_Erste-Wahl-im-Irak-nach-Sieg-gegen-IS-stoesst-auf-wenig-Interesse.html, Zugriff 23.10.2018
1.1. Parteienlandschaft
Es gibt vier große schiitische politische Gruppierungen im Irak: die Islamische Da'wa-Partei, den Obersten Islamischen Rat im Irak (OIRI) (jetzt durch die Bildung der Hikma-Bewegung zersplittert), die Sadr-Bewegung und die Badr-Organisation. Diese Gruppen sind islamistischer Natur, sie halten die meisten Sitze im Parlament und stehen in Konkurrenz zueinander - eine Konkurrenz, die sich, trotz des gemeinsamen konfessionellen Hintergrunds und der gemeinsamen Geschichte im Kampf gegen Saddam Hussein, bisweilen auch in Gewalt niedergeschlagen hat (KAS 2.5.2018).
Die meisten politischen Parteien verfügen über einen bewaffneten Flügel oder werden einer Miliz zugeordnet (Niqash 7.7.2016; vgl. BP 17.12.2017) obwohl dies gemäß dem Parteiengesetz von 2015 verboten ist (Niqash 7.7.2016; vgl. WI 12.10.2015). Milizen streben jedoch danach, politische Parteien zu gründen (CGP 4.2018) und haben sich zu einer einflussreichen politischen Kraft entwickelt (Niqash 5.4.2018; vgl. Guardian 12.5.2018).
Die sunnitische politische Szene im Irak ist durch anhaltende Fragmentierung und Konflikt gekennzeichnet, zwischen Kräften, die auf Provinz-Ebene agieren, und solchen, die auf Bundesebene agieren. Lokale sunnitische Kräfte haben sich als langlebiger erwiesen als nationale (KAS 2.5.2018)
Die politische Landschaft der Autonomen Region Kurdistan ist historisch von zwei großen Parteien geprägt: der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Dazu kommen Gorran ("Wandel"), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert, sowie eine Reihe kleinere islamistische Parteien (KAS 2.5.2018).
Abgesehen von den großen konfessionell bzw. ethnisch dominierten Parteien des Irak, gibt es auch nennenswerte überkonfessionelle politische Gruppierungen. Unter diesen ist vor allem die Iraqiyya/Wataniyya Bewegung des Ayad Allawi von Bedeutung (KAS 2.5.2018).
Die folgende Grafik veranschaulicht die Sitzverteilung im neu gewählten irakischen Parlament. Sairoon, unter der Führung des schiitischen Geistlichen Muqtada al-Sadrs, ist mit 54 Sitzen die größte im Parlament vertretene Gruppe, gefolgt von der Fath-Bewegung des Milizenführers Hadi al-Amiri und Haider al-Abadi's Nasr ("Victory")-Allianz (LSE 7.2018).
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Quelle: LSE - London School of Economics and Political Science (7.2018): The 2018 Iraqi Federal Elections, http://eprints.lse.ac.uk/89698/7/MEC_Iraqi-elections_Report_2018.pdf, Zugriff 2.11.2018
Die Wahl im Mai 2018 war von Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten und Wahlbetrug begleitet (Al-Monitor 23.8.2018; vgl. Reuters 24.5.2018, Al Jazeera 6.6.2018). Eine manuelle Nachzählung der Stimmen, die daraufhin angeordnet wurde, ergab jedoch fast keinen Unterschied zu den zunächst verlautbarten Ergebnissen und bestätigte den Sieg von Muqtada al-Sadr (WSJ 9.8.2018; vgl. Reuters 10.8.2018). Die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament ist neu und jung (WZ 9.10.2018). Im Prozess zur Designierung des neuen Parlamentssprechers, des Präsidenten und des Premierministers stimmten die Abgeordneten zum ersten Mal individuell und nicht in Blöcken - eine Entwicklung, die einen Bruch mit den üblichen, schwer zu durchbrechenden Loyalitäten entlang parteipolitischer, konfessioneller und ethnischer Linien, darstellt (Arab Weekly 7.10.2018).
Quellen:
-
Al Jazeera (6.6.2018): Iraq orders recount of all 11 million votes from May 12 election,
https://www.aljazeera.com/news/2018/06/iraq-orders-recount-11-million-votes-12-election-180606163950024.html, Zugriff 23.10.2018
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Al-Monitor (23.8.2018): Many Iraqi legislators call for canceling election results,
https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2018/05/iraq-election-fraud.html, Zugriff 23.10.2018
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The Arab Weekly (7.10.2018): Room for optimism in Iraq under new leadership,
https://thearabweekly.com/room-optimism-iraq-under-new-leadership, Zugriff 23.10.2018
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https://www.thebaghdadpost.com/en/Story/21086/All-Shia-political-parties-have-armed-militias-Nujaba, Zugriff 22.10.2018
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Reuters (19.5.2018): Cleric Moqtada al-Sadr's bloc wins Iraq election,
https://www.reuters.com/article/us-iraq-election-results/cleric-moqtada-al-sadrs-bloc-wins-iraq-election-idUSKCN1IJ2X0, Zugriff 19.10.2018
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Reuters (24.5.2018): Iraqi PM Abadi says election fraud allegations to be investigated, https://www.reuters.com/article/us-iraq-election-fraud/iraqi-pm-abadi-says-election-fraud-allegations-to-be-investigated-idUSKCN1IP2Z2, Zugriff 23.10.2018
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Reuters (10.8.2018): Recount shows Iraq's Sadr retains election victory, no major changes,
https://www.reuters.com/article/us-iraq-election/recount-shows-iraqs-sadr-retains-election-victory-no-major-changes-idUSKBN1KV041, Zugriff 19.10.2018
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Der Standard (29.10.2017): Kurdenpräsident Barzani hinterlässt einen Trümmerhaufen,
https://derstandard.at/2000066849335/Kurdenpraesident-Barzani-hinterlaesst-einen-Truemmerhaufen, Zugriff 22.10.2018
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SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (8.2016): Die "Volksmobilisierung" im Irak,
https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2016A52_sbg.pdf, Zugriff 22.10.2018
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SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Die Badr-Organisation: Irans wichtigstes politisch-militärisches Instrument im Irak,
https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A27_sbg.pdf, Zugriff 22.10.2018
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WI - al-Waqa'i'a al-iraqiyya (12.10.2015): Law No. 36 of 2015 on Political Parties,
https://www.ilo.org/dyn/natlex/docs/ELECTRONIC/102986/124758/F1240401810/4383.pdf, Zugriff 22.10.2018
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WoR - War on the Rocks (25.8.2017): Iraq's competing security forces after the battle for Mosul, https://warontherocks.com/2017/08/iraqs-competing-security-forces-after-the-battle-for-mosul/, Zugriff 22.10.2018
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WSJ - Wall Street Journal (9.8.2018): Iraq Election Results Unchanged After Recount on Fraud Allegations, https://www.wsj.com/articles/iraq-election-results-unchanged-after-recount-on-fraud-allegations-1533852653, Zugriff 23.10.2018
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WZ - Wiener Zeitung (9.10.2018): Schlüsselland Irak, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/994916_Schluesselland-Irak.html, Zugriff 15.10.2018
1.2. Protestbewegung
Die Protestbewegung, die es schon seit 2014 gibt, gewinnt derzeit an Bedeutung. Zumeist junge Leute gehen in Scharen auf die Straße, fordern bessere Lebensbedingungen, Arbeitsplätze, Reformen, einen effektiven Kampf gegen Korruption und die Abkehr vom religiösen Fundamentalismus (WZ 9.10.2018). Im Juli 2018 brachen im Süden des Landes, in Basra, nahe den Ölfeldern West Qurna und Zubayr Proteste aus. Diese eskalierten, nachdem die Polizei in West Qurna auf Demonstranten schoss (ICG 31.7.2018). Reich an Ölvorkommen, liefert die Provinz Basra 80 Prozent der Staatseinnahmen des Irak. Unter den Einwohnern der Provinz wächst jedoch das Bewusstsein des Gegensatzes zwischen dem enormem Reichtum und ihrer eigenen täglichen Realität von Armut, Vernachlässigung, einer maroden Infrastruktur, Strom- und Trinkwasserknappheit (Carnegie 19.9.2018; vgl. NPR 27.9.2018).
Die Proteste im Juli weiteten sich schnell auf andere Städte und Provinzen im Süd- und Zentralirak aus (DW 15.7.2018; vgl. Presse 15.7.2018, CNN 17.7.2018, Daily Star 19.7.2018). So gingen tausende Menschen in Dhi Qar, Maysan, Najaf und Karbala auf die Straße, um gegen steigende Arbeitslosigkeit, Korruption und eine schlechte Regierungsführung, sowie die iranische Einmischung in die irakische Politik zu protestieren (Al Jazeera 22.7.2018). Die Proteste erreichten auch die Hauptstadt Bagdad (Joel Wing 25.7.2018; vgl. Joel Wing 17.7.2018). Am 20.7. wurden Proteste in 10 Provinzen verzeichnet (Joel Wing 21.7.2018). Demonstranten setzten die Bürogebäude der Da'wa-Partei, der Badr-Organisation und des Obersten Islamischen Rats in Brand; praktisch jede politische Partei wurde angegriffen (Al Jazeera 22.7.2018). Es kam zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, sowie zu Todesfällen (Kurier 15.7.2018; vgl. CNN 17.7.2018, HRW 24.7.2018). Ende August war ein Nachlassen der Demonstrationen zu verzeichnen (Al Jazeera 3.8.2018). Im September flammten die Demonstrationen wieder auf. Dabei wurden in Basra Regierungsgebäude, die staatliche Fernsehstation, das iranische Konsulat, sowie die Hauptquartiere fast aller Milizen, die vom Iran unterstützt werden, angegriffen. Mindestens 12 Demonstranten wurden getötet (Vox 8.9.2018; vgl. NPR 27.9.2018).
Quellen:
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Al Jazeera (22.7.2018): Iraq protests: What you should know, https://www.aljazeera.com/indepth/features/iraq-protests-180717074846746.html, Zugriff 23.10.2018
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