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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl,
Dr. Rosenmayr, Dr. Baur und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des (am 10. September 1978 geborenen) J J in Wien, vertreten durch Dr. Werner Stegmüller, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Reitschulgasse 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 3. Oktober 1997, Zl. FR 840/1997, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer, ein vermutlich liberianischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 FrG iVm § 19 FrG ausgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei (nach seinen eigenen Angaben) am 9. Oktober 1996 "illegal" in einem LKW versteckt über einen unbekannten Ort in das Bundesgebiet eingereist. Sein Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. März 1997 abgewiesen worden.
Der Beschwerdeführer halte sich bereits seit seiner "illegalen Einreise" am 9. Oktober 1996 unberechtigt im Bundesgebiet auf, da er über "keinerlei Bewilligung nach dem Asyl-, Fremden- oder Aufenthaltsgesetz" verfüge. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße, die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten.
Da dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Asylgesetz nicht zukomme, stehe gemäß § 9 Abs. 1 Asylgesetz die Asylantragstellung der Anwendung des § 17 FrG nicht entgegen. Anders als bei einem Aufenthaltsverbot nach § 18 FrG sei mit der Ausweisung nicht das Verbot verbunden, das Bundesgebiet - bei Einhaltung der entsprechenden Vorschriften - wieder zu betreten; es bestehe (lediglich) die Verpflichtung, es zu verlassen. Daß der Beschwerdeführer bei einer Abschiebung in seinen Heimatstaat Liberia im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG bedroht sei, stehe der Erlassung einer Ausweisung ebenfalls nicht entgegen; auch brauche die Behörde den Ausgang des Verfahrens nach § 54 FrG nicht abzuwarten. Die rechtliche Zulässigkeit der Ausweisung nach § 17 Abs. 1 FrG sei unabhängig davon, ob der Fremde für die Einreise in ein anderes Land eines Sichtvermerkes bedürfe. Die Ausweisung greife keineswegs in relevanter Weise in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ein; dies werde vom Beschwerdeführer auch in seiner Berufung nicht behauptet. Nach seinen eigenen Angaben sei der Beschwerdeführer ledig, sein Lebensunterhalt im Bundesgebiet werde durch Unterstützungszahlungen seitens der Sozialhilfe gesichert.
Die zeitweilige Ausübung einer Tätigkeit als Kolporteur für die Zeitschrift "M" (im folgenden kurz: Zeitschrift) ändere nichts zu seinen Gunsten, zumal es sich einerseits um eine während seines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet aufgenommene Tätigkeit handle und er rechtens nicht mit einem längeren Aufenthalt in Österreich habe rechnen dürfen. Überdies handle es sich auch nicht um eine derart qualifizierte Tätigkeit, daß diese nicht auch in einem anderen Land ausgeübt werden könnte. Die zeitweilige Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers als Kolporteur für die Zeitschrift sei daher im Sinne des § 19 FrG nicht relevant. Weiters könne sich der Beschwerdeführer nicht, wie dies bereits bei seiner ersten Niederschrift hervorgekommen sei, auf Bindungen zu im Bundesgebiet aufhältigen "Familienangehörigen oder nahen Verwandten" berufen, welche vom Schutzbereich des § 19 FrG umfaßt wären. Der Beschwerdeführer sei im Bundesgebiet weder wirtschaftlich noch sozial integriert. Von der belangten Behörde werde ergänzend festgehalten, daß es während des bloß kurzfristigen, noch dazu unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, welchem niemals ein rechtmäßiger Aufenthalt vorangegangen sei, zu keiner Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gekommen sei.
Da kein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vorliege, erübrige sich grundsätzlich die Prüfung, ob die Erlassung der Ausweisung dringend geboten sei. Aber selbst unter der Annahme eines solchen Eingriffes sei die verfügte Ausweisung gemäß § 19 FrG zulässig. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu (Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1353, sowie vom 28. November 1996, Zlen. 95/18/0553, 95/18/1207, u. a.).
Das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei durch den Beschwerdeführer noch zusätzlich dadurch verletzt worden, daß er sich bei der Einreise der Hilfe eines Schleppers bedient habe (zum gewichtigen öffentlichen Interesse an der Bekämpfung des Schlepperunwesens zitiert die belangte Behörde das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0213). Weiters sei zu bemerken, daß gegen den Beschwerdeführer am 19. Juni 1997 eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien wegen Verstoßes gegen § 12 Abs. 1 bis 3, § 14a Suchtgiftgesetz erfolgt sei, was zudem geeignet sei, das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet noch zu verstärken.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesem Grunde kostenpflichtig aufzuheben.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er unter Umgehung der Grenzkontrolle über ein Drittland in das Bundesgebiet eingereist ist und ihm im Bundesgebiet keine Aufenthaltsberechtigung zukommt. Im wesentlichen bringt er vor, die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht, durch die Ausweisung werde nicht in sein Privat- und Familienleben eingegriffen, sei unrichtig. Weiters gehe aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor, inwieweit der Aufenthalt des Beschwerdeführers im hohen Maße die öffentliche Ordnung gefährde.
Der Beschwerdeführer halte sich seit 18 Monaten (unbestrittenermaßen unrechtmäßig) im Bundesgebiet auf und bestreite einen beträchtlichen Teil seines Lebensunterhaltes durch die Tätigkeit als Kolporteur für die Zeitschrift. Es könne daher davon ausgegangen werden, daß er im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integriert sei.
Überdies sei die Ausweisung des Beschwerdeführers auch deshalb unzulässig, weil über seinen Antrag nach § 54 FrG noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit der Beschwerdeführer - wie schon im Verwaltungsverfahren - neuerlich gegen die Zulässigkeit der Ausweisung vorbringt, er sei in seinem Heimatstaat verfolgt, und sich dabei auf § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG bezieht, geht dieser Einwand deshalb fehl, weil Gegenstand des angefochtenen Bescheides nicht die Frage der Zulässigkeit/Unzulässigkeit seiner Abschiebung bzw. Zurückweisung oder Zurückschiebung aus den dort genannten Gründen in einen bestimmten Staat, sondern allein die Ausweisung des Beschwerdeführers nach § 17 FrG ist. Mit dem vorliegenden Bescheid wird nicht darüber abgesprochen, daß der Beschwerdeführer in ein bestimmtes Land auszureisen habe bzw. (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1998, Zl. 97/21/0681, mwN). Der Umstand, daß über den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 54 FrG noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, steht der Ausweisung nicht entgegen. Der Abschiebungsschutz gemäß § 54 Abs. 4 FrG hinsichtlich des vom Beschwerdeführer bezeichneten Staates kommt ihm ohnehin bis zum rechtskräftigen Abschluß des von ihm bereits eingeleiteten Verfahrens gemäß § 54 FrG zu.
§ 17 Abs. 1 FrG stellt allein darauf ab, ob sich der Fremde unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Trifft dies - wie vorliegend - zu, so ist er - vorbehaltlich der Zulässigkeit gemäß § 19 FrG - auszuweisen. Aus welchen Gründen sich der Fremde unerlaubt in Österreich aufhält, ist nach § 17 FrG rechtlich unerheblich. Der Beschwerdeführer hat im Bundesgebiet keine familiären und keine nennenswerten privaten Interessen, die einer Ausweisung entgegenstünden. Ungeachtet seiner Tätigkeit als Kolporteur für die Zeitschrift verfügt der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge nicht über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel, sodaß sein Vorbringen, er sei wirtschaftlich und sozial integriert, nicht überzeugend ist.
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die
- eventualiter angestellte - Abwägung nach § 19 FrG sei von der belangten Behörde unrichtig vorgenommen worden, ist auf die hg. Rechtsprechung hinzuweisen, der zufolge den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1998, Zl. 97/21/0841, mwN). Der Beschwerdeführer hat dieses maßgebliche öffentliche Interesse durch seine gesetzwidrige Einreise und seinen unberechtigten Aufenthalt gravierend beeinträchtigt.
Die Auffassung der belangten Behörde, daß im gegenständlichen Fall die Ausweisung selbst unter der Annahme eines relevanten Eingriffes gemäß § 19 FrG zulässig sei, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998210110.X00Im RIS seit
20.11.2000