TE Vwgh Erkenntnis 1998/4/24 98/21/0024

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Veröffentlicht am 24.04.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §17;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl,

Dr. Rosenmayr, Dr. Baur und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des SK (geboren am 4. Jänner 1965), vertreten durch

Dr. Michael Pacher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Neutorgasse 49, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 29. September 1997, Zl. Fr 757/2ad-1996, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 FrG aus 1992 ausgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Bescheid davon aus, der Beschwerdeführer sei am 8. November 1995 "illegal" aus Ungarn kommend zu Fuß über die grüne Grenze in das Bundesgebiet gelangt. Das über seinen Antrag eingeleitete Asylverfahren sei zwischenzeitlich mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. März 1996 rechtskräftig "negativ zum Abschluß gebracht" und festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention sei.

Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluß vom 31. Dezember 1996 der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung insoferne zuerkannt, als dem Beschwerdeführer danach die Rechtsstellung zukomme, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides gehabt habe.

Dies habe allerdings nicht zur Folge, daß dem Beschwerdeführer für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Aufenthaltsberechtigung zukomme; mangelte es ihm nämlich bis zur Erlassung des obzitierten Beschlusses an einer Aufenthaltsberechtigung, so habe sich an dieser rechtlichen Situation durch die in Rede stehende Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nichts geändert. Der Erlassung einer Ausweisung stehe nicht entgegen, daß der Beschwerdeführer in seinem Heimatland im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG bedroht sein sollte; auch brauche die Behörde den Ausgang eines Verfahrens nach § 54 FrG nicht abzuwarten. Die rechtliche Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 17 Abs. 1 FrG sei unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer für die Einreise in ein anderes Land einen Sichtvermerk benötige oder nicht.

Der Beschwerdeführer halte sich seit 8. November 1995 "illegal" in Österreich auf, zumal er nicht im Besitze eines erforderlichen Sichtvermerkes bzw. einer Aufenthaltsbewilligung für die Republik Österreich sei. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt, vor allem aber auch das weitere Verbleiben eines Fremden im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße, die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stelle die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch die Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte.

Für die belangte Behörde komme es zu keinem Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, da sich die Familie des Beschwerdeführers ebenfalls "illegal" in Österreich aufhalte und gegen diese ein Ausweisungsverfahren eingeleitet worden sei. Unabhängig davon sei aber ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele gerechtfertigt.

Selbst wenn man also dem Beschwerdeführer zubilligen würde, daß durch die Ausweisung im Sinne des § 19 FrG in einer relevanten Weise in sein Privat- oder Familienleben eingegriffen werde, wäre für ihn dadurch nichts gewonnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden und der Antrag gestellt wird, den bekämpften Bescheid aus diesen Gründen kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 17 Abs. 1 FrG aus 1992 stellt allein darauf ab, ob sich der Fremde unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Trifft dies - wie vorliegend - zu, so ist er - vorbehaltlich der Zulässigkeit gemäß § 19 FrG - auszuweisen.

Der Beschwerdeführer rügt in seinem Vorbringen, die belangte Behörde hätte auf § 19 FrG Bedacht nehmen müssen. Seine Ausweisung stelle in jedem Fall einen gravierenden Eingriff in sein Privat- und Familienleben dar, da sich seine Ehegattin und insgesamt vier Kinder in Österreich aufhielten, diese in Österreich die Schule besuchten und die gesamte Familie hier sozial integriert sei. Der Umstand, daß sich die Familie des Beschwerdeführers ebenfalls "illegal" in Österreich aufhalte, rechtfertige nicht, den Beschwerdeführer auszuweisen und damit die Trennung von seinen Familienangehörigen zu bewirken.

Die Interessenabwägung nach § 19 FrG sei von der belangten Behörde unrichtig vorgenommen worden, sie hätte vielmehr näher begründet werden müssen und es hätte nicht nur auf die diesbezüglichen Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden dürfen.

Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde hätte den Ausgang des Verfahrens gemäß § 54 FrG abwarten müssen. Die belangte Behörde lasse unberücksichtigt, daß bei einer Ausweisung gemäß § 17 FrG dem Beschwerdeführer Repressalien durch die staatlichen Behörden seines Heimatlandes bevorstünden und er seine Rechtsposition nicht vertreten könne. Das anhängige Verfahren nach § 54 FrG sei "im Zusammenspiel" mit dem Verfahren auf Asylgewährung zu sehen, dieser Umstand hätte von der belangten Behörde bei ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigt werden müssen. Darüber hinaus habe es die belangte Behörde verabsäumt, weitergehende amtliche Erhebungen anzustellen, insbesondere Zeugeneinvernahmen durchzuführen; sie habe den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt und somit den im Verwaltungsverfahren geltenden Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit sowie der Amtswegigkeit des Verfahrens gemäß § 37 bzw. § 39 AVG mißachtet.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die belangte Behörde hat ohnedies unter dem Gesichtspunkt des § 19 FrG auf die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte private und familiäre Situation Bedacht genommen und die Ausweisung auch im Falle eines damit verbundenen relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers als zulässig angesehen. Zutreffend wies die belangte Behörde auf den hohen Stellenwert hin, der der Einhaltung der den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. März 1996, Zl. 96/21/0341 bis 0343, m.w.N.).

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, daß die Ausweisung wegen für ihn im Grunde des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG bedrohlicher Zustände in seinem Heimatland unzulässig sei. Die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, daß der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt habe. Eine Ausweisung hätte erst dann verfügt werden dürfen, wenn bereits feststünde, daß der Beschwerdeführer keine Möglichkeit mehr auf die Erlangung des Asyls habe.

Damit verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage: Daß er nach seinen Behauptungen im Falle der Abschiebung in sein Heimatland im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG bedroht wäre, hätte zwar die Unzulässigkeit der Abschiebung in diesen Staat zur Folge, steht jedoch der Erlassung der Ausweisung nicht entgegen. Mit der Ausweisung ist nicht die Verpflichtung zur Ausreise (bzw. die allfällige Abschiebung) in einen bestimmten Staat verbunden, sodaß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid als solchen nicht in der von ihm behaupteten Weise gefährdet wird. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist eine Ausweisung gemäß § 17 FrG auch während eines anhängigen Asylverfahrens zulässig, sofern dem Asylbewerber eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 AsylG 1991 nicht zukommt. Daß im Falle des Beschwerdeführers die Voraussetzungen des § 6 Asylgesetz 1991 vorliegen, wurde in der Beschwerde nicht behauptet. Die fristgerechte Stellung eines Asylantrages für sich allein konnte dem Beschwerdeführer keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 verschaffen. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Feststellung im angefochtenen Bescheid, daß er über einen Drittstaat in das Bundesgebiet eingereist sei und ihm weder ein Sichtvermerk noch eine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden sei. Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, daß ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Asylgesetz 1991 erteilt worden sei. Nach dem Beschwerdevorbringen beziehen sich seine Behauptungen hinsichtlich einer Bedrohung im Sinne des § 37 FrG ausschließlich auf seinen Heimatstaat. Nach dem Beschwerdevorbringen und dem Akteninhalt liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, daß der Beschwerdeführer in den Durchreisestaaten verfolgt oder von einer Rückschiebung bedroht gewesen wäre. Demgemäß kann nicht angenommen werden, daß er gemäß § 37 FrG wegen des Vorliegens der dort genannten Gründe nicht in den Staat, aus dem er direkt eingereist ist, zurückgewiesen hätte werden dürfen, und ihm deshalb die Einreise gestattet worden oder zu gestatten gewesen wäre (§ 6 Abs. 2 zweiter Fall des Asylgesetzes 1991; vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1996, Zl. 96/21/0701). Eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Asylgesetz 1991 kommt nur solchen Fremden zu, welchen diese durch behördlichen Bescheid zuerkannt ist. Aus dem Fehlen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ergibt sich aber, daß im Beschwerdefall zufolge des § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 der Anwendung des § 17 FrG kein rechtliches Hindernis entgegenstand, woran auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof betreffend die Asylgewährung nichts zu ändern vermag (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1996, Zl. 96/21/0581).

Soweit der Beschwerdeführer Feststellungs- und Begründungsmängel nach § 37 und § 39 AVG ins Treffen führt, unterläßt er ein konkretes Vorbringen, zu welchen Feststellungen die belangte Behörde hätte gelangen können, die zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis der Sache geführt hätte. Der Verfahrensrüge mangelt daher die Relevanz (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1996, Zlen. 96/21/0341 bis 0343).

Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998210024.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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