TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/16 W175 2218876-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.12.2019
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Entscheidungsdatum

16.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §61 Abs1 Z1
FPG §61 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W175 2218880-1/8E

W175 2218882-1/6E

W175 2218883-1/6E

W175 2218876-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann über die Beschwerden 1.) des XXXX , geboren am XXXX , 2.) der XXXX , geboren am XXXX , 3.) des XXXX , geboren am XXXX , und 4.) der XXXX , geboren am XXXX , syrische Staatsangehörige, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2019, Zahlen:

1.) 1180825710-190181163, 2.) 1180827203-190181180, 3.) 1180828004-190181198 und 4.) 1180827900-190181210, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG

2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) sind die Eltern des Dritt- und der Viertbeschwerdeführerin (BF3 und BF4). Am 20.02.2019 stellten die BF die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Laut vorliegenden Eurodac-Treffern suchten die BF bereits im Oktober

2017 in Griechenland um Asyl an (GR1 ... vom 10.10.2017).

Im Zuge der Erstbefragung am 20.02.2019 gaben die BF an, im Juni 2017 gemeinsam über die Türkei nach Griechenland gereist zu sein, wo sie sich bis 16.02.2019 aufgehalten hätten. Sie seien als Flüchtlinge anerkannt worden und hätten entsprechende Aufenthaltstitel erhalten. Dadurch hätten sie problemlos mit dem Flugzeug über Bratislava nach Österreich reisen können. Hier lebe ein weiterer gemeinsamer Sohn des BF1 und der BF2 und sei in Österreich asylberechtigt, ebenso würden Geschwister der BF2 in Österreich leben. Die BF sind im Besitz gültiger syrischer Reisepässe.

Sie seien in Griechenland zur Antragstellung gezwungen worden, obwohl sie nach Österreich gewollt hätten. Es habe dort für den BF1 keine Arbeit gegeben, der BF3 leide an einer Augen- und an einer Muskelerkrankung, die in Griechenland nicht behandelt worden seien, er benötige eine dringende Behandlung in Österreich, die BF4 habe nicht zur Schule gehen können.

Griechenland teilte auf Anfrage mit Schreiben vom 07.03.2019 mit, dass die BF am 10.10.2017 um Asyl angesucht hätten, mit 28.08.2018 sei ihnen der Asylstatus zuerkannt worden, sie hätten Aufenthaltstitel bis 27.08.2021.

Der BF1 legte am 24.04.2019 im Rahmen einer Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Verbesserungsauftrag des Österreichischen Generalkonsulates Istanbul (ÖGK Istanbul) vom 17.04.2017 vor, dem zu entnehmen war, dass die BF am 30.03.2017 Visaanträge gemäß § 35 AsylG eingebracht hatten, und mit dem sie zum persönlichen Erscheinen aufgefordert wurden.

Der BF1 gab an, dass er nicht wisse, welchen Status sein Sohn in Österreich habe. Dieser sei Schüler und werde vom Staat Österreich unterstützt. Weder zu ihm noch zur Familie der BF2 bestünde ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. In Griechenland habe es keine komplette Versicherung gegeben, die BF2 und der BF3 seien manchmal krank und er könne sie nicht behandeln lassen. Die BF4 habe nicht zur Schule gehen können, es habe keine Arbeit gegeben und sie hätten die Miete selbst finanzieren müssen.

Insgesamt seien sie ein Jahr und drei Monate in Griechenland aufhältig gewesen, er habe ein Jahr nach Arbeit gesucht. Eine Hilfsorganisation habe ihnen eine nach zwei Monaten eine Wohnung besorgt, in der sie bis zu ihrer Ausreise gewohnt hätten, die Miete habe diese Organisation bezahlt, von der UNO hätten sie regelmäßig Geld erhalten.

Die BF2 gab an, gesund zu sein. Der Sohn lebe in einer zur Verfügung gestellten Wohnung, sie könnten bei ihm wohnen. Er habe sie in Griechenland einmal besucht. Die Geschwister würden ihr manchmal etwas Geld geben. Sie benötige eine Augenoperation, ebenso der BF3. Sie habe bereits in Syrien Kontraktlinsen getragen, auch in Griechenland habe sie welche bekommen, sie seien dort alle untersucht worden. Sie seien auch alle untergebracht gewesen und hätten Geld für Essen bekommen.

Die BF legte Befunde vor, wonach sie an Kurzsichtigkeit, Sehschwäche, einseitigem Schielen und weiteren Augenerkrankungen leide. Eine Operation sei nicht zu empfehlen, da die Gefahr von Doppelbildern gegeben sei.

Der BF3 gab an, der Lagerarzt habe gemeint, er leide an einer Muskelschwäche, habe dies aber nicht genau untersucht. Die Familie sei in Griechenland versorgt und untergebracht worden. Auf die Frage, ob er in Griechenland nach Arbeit gesucht habe gab er an, er habe zu seinen Freunden gesagt, wenn sie Arbeiter benötigten, sollten sie auf ihn zurückkommen. Laut vorgelegter Befunde leider der BF an geröteten Augen und Kurzsichtigkeit. Bezüglich einer Muskelerkrankung wurden keine österreichischen Befunde oder Nachweise für Arztbesuche vorgelegt.

Die BF4 gab an, an gesund zu sein. Sie habe in Griechenland nicht zur Schule gehen können, Freunde des Vaters hätten erzählt, dass sie bei einer Rückkehr auf der Straße stehen würden.

Mit Bescheiden des BFA vom 26.04.2019 wurden unter Spruchpunkt I. die Anträge der BF auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die BF nach Griechenland zurückzubegeben haben. In Spruchpunkt II. wurde den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

Die Feststellungen zur Lage in Griechenland wurden - soweit für Asylberechtigte entscheidungswesentlich - folgendermaßen zusammengefasst:

(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom 20.10.2017).

Schutzberechtigte

2017 erhielten in Griechenland bis Ende August 2017 5.461 Personen in erster Instanz internationalen Schutz, weitere 478 erhielten in erster Instanz subsidiären Schutz (HR 31.8.2017).

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Humanitär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre. Die Aufenthaltserlaubnis wird in der Regel ein bis zwei Monate nach der Entscheidung ausgestellt. In der Zwischenzeit gilt die Asylwerberkarte mit dem Stempel "Pending Residence Permit". Nach fünf Jahren Aufenthalt kommt ein Flüchtling für eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung in Frage, wenn er bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Gemäß Gesetz haben Flüchtlinge in Griechenland dieselben sozialen Rechte wie griechische Staatsbürger, aber bürokratische Hürden, staatliche Handlungsdefizite, mangelnde Umsetzung des Gesetzes und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise können den Genuss dieser Rechte schmälern. Schutzberechtigte haben Zugang zu Unterbringungseinrichtungen für Obdachlose, die jedoch nur begrenzt vorhanden sind. Eigene Unterbringungsplätze für anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte existieren nicht. Es gibt auch keine Unterstützung für die Lebenshaltungskosten. In Athen etwa gibt es vier Asyle für Obdachlose (zugänglich für griechische Staatsbürger und legal aufhältige Drittstaatsangehörige). Aber es ist äußerst schwierig, dort zugelassen zu werden, da sie chronisch überfüllt sind. Personen, die keine Unterkunft haben und nicht das Geld besitzen eine zu mieten, leben oft in überfüllten Wohnungen, verlassenen Häusern oder werden obdachlos. Die Gesetze sehen einen vollständigen und automatischen Zugang zum Arbeitsmarkt für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte vor, ohne Verpflichtung zur Erlangung einer Arbeitserlaubnis. Aber die Krise, hohe Arbeitslosenquoten und weitere Hindernisse stehen der Integration der Schutzberechtigten in den Arbeitsmarkt entgegen. Es gibt keine staatlich organisierten kostenlosen Sprachkurse für Schutzberechtigte. Nur ein paar NGOs unterhalten entsprechende Programme für Flüchtlinge und Immigranten. Kostenloser Zugang zu Krankenversorgung für Schutzberechtigte ist gesetzlich vorgesehen, allerdings erschweren die Auswirkungen der Finanzkrise auf das Gesundheitssystem und strukturelle Mängel (etwa an Kulturmediatoren und Übersetzern) auch für Schutzberechtigte den Zugang zu medizinischer Versorgung (AIDA 3.2017).

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine erneuerbare Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Sie haben Zugang zum Arbeitsmarkt, zu medizinischer Behandlung und ihre Kinder können zur Schule gehen. Jedoch stellt der griechische Staat keine Unterbringung zur Verfügung und gewährt auch keine Beihilfen, außer für Behinderte jeglicher Art (HR o.D.a).

Folgendes Diagramm der griechischen Asylbehörde veranschaulicht die Rechte anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Griechenland:

Bild kann nicht dargestellt werden

(HR 2.2017b)

Der rechtzeitige Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung wird von einigen NGOs als eines der größten Probleme für Asylwerber, Migranten und Flüchtlinge in Griechenland betrachtet und stark in Zweifel gezogen. Dies betrifft besonders Personen, die eine orthopädische Operation, Rehabilitation oder Behandlung chronischer physischer oder psychischer Krankheiten benötigen (HRW 18.1.2017; vgl. AIDA 3.2017).

Asylwerber und Asylberechtigte erhalten dieselbe Versorgung mit Medikamenten wie arbeitslose und nicht versicherte griechische Staatsangehörige. Die Ausstellung des Rezeptes erfolgt durch das Krankenhaus oder Ärzte. Anteilsmäßige Gebühren werden je nach Einkommen (20%, 10% oder 0%) verrechnet. Seit einigen Jahren gibt es in Griechenland zusätzlich zu den öffentlichen Apotheken sogenannte "Sozial-Apotheken", die hauptsächlich von Freiwilligen, pensionierten Apothekern oder Ärzten, NGOs usw. betrieben werden. Finanziert und ausgestattet werden diese durch Spenden von Firmen, Apotheken, Pharmafirmen und durch Rückgabe von nicht verbrauchten Medikamenten aus privatem Bestand (dies wird sogar im griechischen TV beworben). Bei diesen Sozial-Apotheken kann jegliche einkommenslose Person (Statement und Nachweis erforderlich) kostenfrei Medikamente erhalten. Die Ausgabe von rezeptpflichtigen Medikamenten wird von einem Arzt überprüft (VB 20.7.2017).

UNHCR arbeitet daran den Zugang der Asylwerber und anerkannten Flüchtlinge zu medizinischer Versorgung zu verbessern und kooperiert hierzu mit staatlichen Stellen (UNHCR 10.2017).

Die derzeitigen Lebensbedingungen von Schutzberechtigten in Griechenland werden von NGOs sehr negativ gesehen, da nicht nur ein Mangel an Integrationsaussichten in die griechische Gesellschaft besteht, sondern oftmals unzureichende Lebensbedingungen, eine prekäre sozioökonomische Situation oder gar Probleme bei der grundlegenden Existenzsicherung bestehen. Finanzielle oder soziale Unterstützung oder gezielte Integrationsmaßnahmen fehlen. Es gibt keine speziell für sie gewidmeten Wohnprojekte. Viele Schutzberechtigte leben in verlassenen Häusern, in überfüllten Mietwohnungen, in Abbruchhäusern, leeren Fabrikhallen, bei Freunden oder auf der Straße. Andere bleiben für mehrere Monate nach ihrer Anerkennung in den Unterbringungslagern oder der UNHCR-Unterbringung oder gar in den Hotspots. Die meisten Schutzberechtigten in Griechenland sind arbeitslos, andere arbeiten für wenig Geld in der Schattenwirtschaft. Der gleichberechtigte Zugang zu sozialen Rechten wie für griechische Staatsangehörige ist in der Praxis durch verschiedene Faktoren erschwert (z.B. mangelnde Sprachkenntnisse, mangelndes Wissen über Rechte von Schutzberechtigten, Mangel an Dokumenten bzw. Probleme beim Zugang zu diesen Dokumenten, Bürokratie, etc.). Viele sind über ihre Rechte und Pflichten nicht informiert. Beim Zugang zu Sozialleistungen und zum Gesundheits- und Bildungssystem bestehen ebenso faktische Einschränkungen (z.B. Sprachbarriere, Unwissenheit beim medizinischen Personal betreffend die Rechte von AW und ein generell unterfinanziertes Gesundheitssystem). Der allgemeine Mangel im System als Folge von erheblichen Einschnitten infolge der Wirtschaftskrise, tut ein Übriges. Im Jänner 2017 lag die Arbeitslosenquote in Griechenland bei 23,5%, bei den Personen unter 24 Jahren sogar bei 48%. Die genaue Zahl der momentan in Griechenland aufhältigen Schutzberechtigten Personen ist unbekannt. Es gibt Berichte über Schutzberechtigte, die aus anderen EU-Ländern nach Griechenland zurückgeschickt wurden und ohne jegliche Versorgung auf sich gestellt und obdachlos waren (PA/RSA 23.6.2017).

Im August haben NGOs gegenüber griechischen Behörden Fragen bezüglich Integrationsmaßnahmen aufgeworfen. Sie äußerten die Besorgnis über das Fehlen eines Unterbringungsprogramms für anerkannte Flüchtlinge in Griechenland. Es wurde auch dazu aufgerufen den Zugang von Antragstellern zu Sozialversicherungsnummer, Steuernummer und Arbeitslosenkarten zu verbessern. Es wurde offiziell verlautbart, dass eine umfassende soziale Integrationspolitik für Flüchtlinge und Migranten zu den Prioritäten der Regierung für Ende 2017 gehört (UNHCR 8.2017; vgl. UNHCR 10.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): GCR - Greek Council for Refugees / ECRE - European Council on Refugees and Exiles:

Country Report Greece,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2016update.pdf, Zugriff 4.4.2017

-

HR - Hellenic Republic (31.8.2017): Statistical Data of the Greek Asylum Service (from 7.6.2013 to 31.8.2017), http://asylo.gov.gr/en/wp-content/uploads/2017/09/Greek_Asylum_Service_Statistical_Data_EN.pdf, Zugriff 2.10.2017

-

HR - Hellenic Republic (2.2017b): Rights of Beneficiaries of International Protection,

http://asylo.gov.gr/en/wp-content/uploads/2017/02/Rights-of-beneficiaries-of-international-protection-2.2017.jpg, Zugriff 2.10.2017

-

HR - Hellenic Republic (o.D.a): Answers to questions regarding the rights of international protection applicants and beneficiaries of international protection,

http://asylo.gov.gr/en/wp-content/uploads/2017/09/-18.2.15-English.pdf, Zugriff 2.10.2017

-

HRW - Human Rights Watch (18.1.2017): Greece. Refugees with Disabilities Overlooked, Underserved - Identify People with Disabilities; Ensure Access to Services, https://www.ecoi.net/local_link/334948/476771_de.html, Zugriff 27.3.2017

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PA/RSA - Pro Asyl / Refugee Support Aegean (23.6.2017): Legal Note. On the living conditions of beneficiaries of international protection in Greece. Rights and effective protection exist only on paper: The precarious existence of beneficiaries of international protection in Greece,

https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2015/12/2017-06-26-Legal-note-RSA-beneficiaries-of-international-protection-in-Greece.pdf, Zugriff 11.10.2017

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UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (8.2017): Europe Monthly Report, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/59081, Zugriff 29.9.2017

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UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (10.2017): Fact Sheet Greece, per E-Mail

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VB des BM.I Griechenland (20.7.2017), Auskunft VB, per E-Mail

Die Behörde führte begründend aus, dass sich aus den Angaben der BF keine stichhaltigen Gründe für die Annahme ergeben, dass die BF tatsächlich konkret Gefahr liefen, in Griechenland Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihnen eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Nachdem bei allen Fremden, die in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz (Asyl oder subsidiären Schutz) genießen und in Österreich einen Asylantrag stellen würden, § 4a AsylG anwendbar sei, treffe dies auch auf die BF zu. Diese hätten in Griechenland einen Flüchtlingsstatus erhalten, was sich aus den Angaben der BF und dem Schreiben der griechischen Behörden ergebe. Mangels Erfüllung der Voraussetzungen sei den BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht zu erteilen. Es liege ein Familienverfahren nach § 34 AsylG vor und würden alle BF dieselbe Entscheidung erhalten. Auch wenn der Sohn des BF1 und der BF2 im österreichischen Bundesgebiet lebe und hier bereits anerkannter Flüchtling sei, sei eine Trennung von diesem - in Hinblick auf die Interessen an der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie am wirtschaftlichen Wohl des Landes - gerechtfertigt. Die BF hätten es unterlassen, eine Einreise auf legalem Weg, etwa im Zuge einer Familienzusammenführung, vorzunehmen. Sie habe auch nicht anders versucht, einen Aufenthaltstitel für Österreich zu erlangen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz würden in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige darstellen, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen, etwa auch zum Zweck der Familienzusammenführung. Die Möglichkeit der Aufrechterhaltung von Kontakten bestehe für die BF auch von Griechenland aus. Da den BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werde und gemäß § 10 Abs. 1 AsylG sowie gemäß § 9 BFA-VG keine Verletzung von Art. 8 EMRK ersichtlich sei, sei diese Entscheidung mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden.

Am 10.05.2019 wurde fristgerecht eine für die BF gleichlautende Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass der Sohn des BF1 und der BF2 als Minderjähriger nach Österreich gekommen und Asyl beantragt habe. Die BF hätten am ÖGK Istanbul Anträge auf Familienzusammenführung gestellt, worauf ein unionsrechtlicher Anspruch bestehe. Sie hätten in Griechenland nicht die notwendige medizinische Versorgung erhalten. Die Versorgung sei allgemein schlecht gewesen, die BF4 habe nicht zur Schule gehen können. Bei einer Rückkehr drohe ihnen Obdachlosigkeit. Die BF2 schiele und benötige Kontaktlinsen und eine Operation, der BF4 leide an Muskelschwäche, und sei in Griechenland nur von einem Arzt zum anderen geschickt worden. Verwiesen wurde auch auf einen Bericht der "Stiftung PRO ASYL" vom 30.08.2018.

Die griechischen Behörden stimmten am 06.06.2019 einer Übernahme der BF zu.

Über Anfrage des BVwG teilte das ÖGK Istanbul mit Mail vom 17.05.2019 mit, dass die Visaverfahren noch nicht abgeschlossen seien, da die BF seit dem Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr erreichbar gewesen wären. Die Aufforderung zur Stellungnahme sei daher nicht zustellbar gewesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF stellten am 10.10.2017 in Griechenland Anträge auf internationalen Schutz, denen am 28.08.2018 stattgegeben wurde. Weiters wurden ihnen Aufenthaltstitel bis 27.08.2021 erteilt. Die BF waren bis zu ihrer Ausreise nach Österreich in der selben Wohnung in Griechenland untergebracht und wurden finanziell und medizinisch unterstützt und versorgt.

Die BF stellten am 30.03.2017 beim ÖGK Istanbul Anträge gemäß § 35 AsylG, warteten das Verfahren jedoch nicht ab.

In der Folge reisten die BF nach Österreich weiter und stellten hier am 19.02.2019 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Situation von Schutzberechtigten im Mitgliedstaat Griechenland an. Hiezu wird insbesondere festgehalten, dass - trotz bestehender Mängel - anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte einen vollständigen und automatischen Zugang zum Arbeitsmarkt sowie einen kostenlosen Zugang zur Krankenversorgung haben. Diesbezüglich arbeitet UNHCR daran, den Zugang zu medizinischer Versorgung zu verbessern und kooperiert hierzu mit staatlichen Stellen. Die Kinder von international Schutzberechtigten können zur Schule gehen. Nach den Länderfeststellungen haben die BF demnach Zugang zum Arbeitsmarkt und Zugang zu medizinischer Versorgung. Die BF4 hat die Möglichkeit die Schule zu besuchen. Der in der Beschwerde vorgelegte Bericht von PRO ASYL liefert keine neuen Informationen welche speziell auf Familien ausgerichtet sind und ist konzentriert sich nach eigene Angaben auf die Lage in Athen, stelle somit keine umfassende Schilderung dar. Ausschlaggebend sind vor allem die Angaben der BF, die einen systemischen, umfassenden und bedrohlichen Mangel an Versorgung, Unterbringung und Zugängen zu Bildung und Arbeit eben nicht glaubhaft machen können.

Die BF leiden an keinen Krankheiten, die einer Überstellung nach Griechenland entgegenstehen würden.

In Österreich lebt der mittlerweile volljährige asylberechtigte Sohn des BF1 und der BF2 sowie Geschwister der BF2. Es bestehen keine finanziellen oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnisse.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen über die Einreise der BF, die Asylantragstellung und den Status in Griechenland ergeben sich aus den diesbezüglichen Eurodac-Treffermeldungen in Zusammenschau mit dem eigenen Vorbringen der BF und der Informationen der griechischen Behörden.

Die Gesamtsituation von subsidiär Schutzberechtigten und anerkannten Flüchtlingen in Griechenland resultiert aus den eigene Angaben der BF sowie aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Gesundheits- und Sozialversorgung auch Feststellungen zur Lage bezüglich Unterbringung und Arbeitsmarktsituation von Personen mit Schutzstatus getroffen.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF ergeben sich aus der Aktenlage. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten persönlichen Verhältnisse der BF ergeben sich im Speziellen aus den eigenen Angaben der BF sowie der vorliegenden Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

"§ 4a (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.

...

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

...

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

...

§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

..."

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

"§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

....

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

(5) Eine Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung ist binnen einer Woche einzubringen."

Der Verwaltungsgerichtshof (Ra 2016/18/0049, 03.05.2016) hat festgehalten, dass nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung zurückzuweisen ist, darauf abzustellen ist, ob dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Dass der Fremde dort zudem über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen muss, lässt sich dem § 4a AsylG nicht entnehmen. Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut der soeben zitierten Bestimmung, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG - im Gegensatz zu jener nach § 4 AsylG - keine Prognoseentscheidung zu treffen ist. Während nämlich gemäß § 4 AsylG eine Prognose dahingehend zu treffen ist, ob der Fremde in dem in Frage kommenden Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann (Hinweis E vom 6. Oktober 2010, 2008/19/0483; vgl. auch ErlRV 952 BlgNR 22. GP 33), stellt § 4a AsylG unmissverständlich darauf ab, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde. Ob der Fremde bei Rückkehr in den nach Ansicht Österreichs zuständigen Staat eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung erlangen würde können oder ihm etwa die Aberkennung seines in der Vergangenheit zuerkannten Schutzstatus drohen könne, ist daher gemäß § 4a AsylG nicht zu prüfen.

Bei einer Zurückweisung nach § 4a AsylG handelt es sich um eine Entscheidung außerhalb des Anwendungsbereichs der Dublin III-VO (VwGH Ra 2016/19/0072, 30.06.2016 mit Hinweis auf Ra 2016/18/0049, 03.05.2016).

Zur Frage der Unzulässigkeit der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz ist davon auszugehen, dass das BFA zu Recht eine Zurückweisung nach § 4a AsylG vorgenommen hat.

3.2.1. Die seit dem 01.01.2014 anwendbare Dublin III-VO geht, wie sich aus der Legaldefinition in ihrem Art. 2 lit. f ergibt, nunmehr von einem einheitlichen Status für Begünstigte internationalen Schutzes aus, welcher gleichermaßen Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte umfasst. Auf Personen, denen bereits in einem Mitgliedstaat Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde und deren Asylverfahren zu beiden Fragen rechtskräftig abgeschlossen ist, findet die Dublin III-VO im Fall eines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedstaat keine Anwendung. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die BF in Griechenland bereits als Begünstigte internationalen Schutzes anerkannt wurden. Aus diesem Grund kommt zweifelsfrei § 4a AsylG zur Anwendung.

3.2.2. Die BF reisten im Februar 2019 ins österreichische Bundesgebiet ein, ihr Aufenthalt war nicht geduldet. Sie waren nicht Zeugen oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch keine Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Im vorliegenden Verfahren ist es nicht zur Anwendung von § 8 Abs. 3a AsylG gekommen und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

3.3.1. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:

Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Jedoch kann die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr rechnen muss, im Zielstaat einer dem Art. 3 widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 30; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 124-125).

Es ist auch ständige Rechtsprechung des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ; es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers, etc. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, für welche die Behörden verantwortlich gemacht werden können (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 29; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 134).

Die Kritik der BF an der Unterbringungs- und Versorgungslage in Griechenland ist letztlich nicht geeignet, um eine Rückkehr dorthin als unzulässig erscheinen zu lassen. So kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein Drittstaatsangehöriger im Fall einer Überstellung nach Griechenland konkret Gefahr liefe, dort einer gegen das Folterverbot des Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung unterworfen zu werden.

Wie in den angefochtenen Bescheiden dargelegt wurde, gewährleistet Griechenland grundsätzlich ausreichend Schutz für Flüchtlinge. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben Anspruch auf die gleichen sozialstaatlichen Möglichkeiten wie griechische Staatsangehörige. Sie erhalten eine erneuerbare Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre und haben Zugang zum Arbeitsmarkt, zu medizinischer Behandlung und ihre Kinder können zur Schule gehen. Zwar ist der gleichberechtigte Zugang zu sozialen Rechten wie für griechische Staatsangehörige in der Praxis durch verschiedene Faktoren erschwert, doch ergibt sich aus den Länderberichten auch, dass Schutzberechtigte in Bezug auf ihre Unterbringung und Versorgung etwa auch auf Hilfsangebote von NGOs zurückgreifen können.

Dass in diesem Land möglicherweise weniger Integrationsangebote bestehen, als in anderen europäischen Ländern, verletzt die BF nicht in ihren Grundrechten. Insbesondere besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die BF in diesem Staat keinerlei Existenzgrundlage vorfänden. So ist zu bedenken, dass grundsätzlich anerkannte Flüchtlinge beziehungsweise Personen mit einem Aufenthaltsrecht nach einer Übergangsphase der Unterstützung gehalten sind, ihre Existenz - so wie auch alle anderen Staatsbürger eines Landes - selbst zu erwirtschaften. Aus den Angaben des BF1 und des BF3 geht nicht hervor, dass sie die Arbeitssuche mit einiger Intensität betrieben hätten. Die bloße Behauptung "es gäbe keine Arbeit" ist nicht ausreichend. Auch die Angaben der BF4, sie habe nicht in die Schule gehen können, ist wenig aussagekräftig. Beide Angaben relativieren sich in ihrer Glaubhaftigkeit, wenn die BF einerseits behaupten, keine Unterkunft und keine medizinische Unterstützung bekommen zu haben und andererseits ebendiese an anderer Stelle detailliert schildern.

Die BF haben vorgebracht, eineinhalb Jahre in Griechenland bis zu ihrer Ausreise nach Österreich in derselben Wohnung gelebt zu haben, die Kosten dafür seien ebenso übernommen worden, wie Lebenshaltungskosten. Es ist demnach nicht ersichtlich, dass die BF während ihres damaligen Aufenthaltes in Griechenland in eine existenzbedrohende Lage geraten wären. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb die BF nach einer Rückkehr der Obdachlosigkeit ausgesetzt sein würden. Entsprechende Vorbringen sind rein spekulativ, der in der Beschwerde vorgelegte Bericht setzt sich nicht mit der Lage von Familien auseinander.

Der bloße Einwand, dass in Griechenland die Lebensbedingungen für international Schutzberechtigte schlecht sind, ist nicht dazu geeignet, eine konkret drohende Verletzung von Art. 3 EMRK aufzuzeigen. In diesem Kontext ist hervorzuheben, dass es auch unerheblich ist, ob der Standard der griechischen Unterbringungseinrichtungen möglicherweise nicht dem österreichischen Standard entspricht, solange grundlegende Versorgungsgarantien gewährleistet sind. Dass dies in Griechenland der Fall ist, lässt sich aus den in den bekämpften Bescheiden herangezogenen Länderfeststellungen unzweifelhaft entnehmen.

Aus der die Situation in Griechenland betreffenden Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Sache M.S.S. ist ebenfalls nicht ableitbar, dass eine Überstellung der BF zu einer Verletzung ihrer Rechte nach Art. 3 EMRK führen würde, da sich der ihr zugrundeliegende Sachverhalt maßgeblich vom vorliegenden unterscheidet. Aus dem Akteninhalt ist zudem ersichtlich, dass das Verfahren auch zügig geführt wurde.

Jedenfalls hätten die BF die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen ihrer Rechte, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Griechenland und letztlich beim EGMR geltend zu machen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR im Zusammenhang mit der Abschiebung von kranken Personen können von einer Ausweisung betroffene Ausländer grundsätzlich kein Bleiberecht in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates beanspruchen, um weiterhin in den Genuss von dessen medizinischer, sozialer oder sonstiger Unterstützung oder Dienstleistungen zu kommen. Die Tatsache, dass die Lebensverhältnisse einer Person einschließlich ihrer Lebenserwartung im Fall ihrer Abschiebung deutlich reduziert würden, reicht allein nicht aus, um zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK zu führen. Die Entscheidung, einen an einer schweren psychischen oder physischen Krankheit leidenden Ausländer in ein Land rückzuführen, in dem die Einrichtungen für die Behandlung dieser Krankheit schlechter als im Vertragsstaat sind, kann ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen, aber nur in einem ganz außergewöhnlichen Fall, in dem die gegen die Rückführung sprechenden humanitären Gründe zwingend sind ("a very exceptional case, where the humanitarian grounds against the removal are compelling"). Diese "anderen ganz außergewöhnlichen Fälle" hat der EGMR in seiner Rechtsprechung im Fall Paposhvili (EGMR, Große Kammer, 13.12.2016, 41738/10, Rn. 183-192) nunmehr präzisiert.

Akut existenzbedrohende Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung des Gesundheitszustandes der BF im Falle einer Überstellung nach Griechenland sind der Aktenlage nicht zu entnehmen.

Die BF2 und der BF3 haben Augenprobleme (Fehlsichtigkeit, Sehschwäche, Schielen), eine lebensbedrohliche Erkrankung oder etwa eine drohende Erblindung liegen nicht vor, von der behaupteten notwendigen Operation wurde seitens der behandelnden Ärzte sogar abgeraten. Die angegebene Muskelschwäche des BF3 wurde weder ärztlich belegt, noch liegen Unterlagen vor, dass der BF3 in Österreich deshalb überhaupt einen Arzt aufgesucht habe. Anzeichen für eine akute bedrohliche Erkrankung liegen somit nicht vor.

Es gibt demnach keine Hinweise dafür, dass der aktuelle Gesundheitszustand der BF einer behördlich organisierten Rückreise nach Griechenland entgegenstehen würde; es gibt keine Zweifel an ihrer Transportfähigkeit. Medizinisch gesehen liegen zusammengefasst im Entscheidungszeitpunkt somit keine Bedenken hinsichtlich der Überstellung der BF nach Griechenland vor. Die damit verbundene (einmalige) Reisetätigkeit in den abschließend für zuständig erachteten Mitgliedstaat der Europäischen Union kann für sie nicht als unzumutbar erkannt werden.

Zudem ist auf den gesundheitlichen Zustand der BF durch konkrete Maßnahmen bei der Durchführung der zwangsweisen Ausweisung Bedacht zu nehmen, die Überstellung hat unter größtmöglicher Schonung ihrer Person sowie unter Berücksichtigung ihrer speziellen Bedürfnisse und ihres Gesundheitszustandes (ggf. mit medizinischer Betreuung) zu erfolgen.

Darüber hinaus ist schon nach den Angaben der BF von einer ausreichenden medizinischen Behandlung in Griechenland auszugehen und bestehen keine Bedenken, dass nötige Untersuchungen und Behandlungen der BF auch in Griechenland durchgeführt werden können.

Den Länderberichten ist zu entnehmen, dass Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte Anspruch auf medizinische Versorgung haben. Sie erhalten auch dieselbe Versorgung mit Medikamenten wie arbeitslose und nicht versicherte griechische Staatsangehörige. Die Ausstellung des Rezeptes erfolgt durch das Krankenhaus oder Ärzte. Anteilsmäßige Gebühren werden je nach Einkommen (20%, 10% oder 0%) verrechnet. Seit einigen Jahren gibt es in Griechenland zusätzlich zu den öffentlichen Apotheken sogenannte "Sozial-Apotheken", die hauptsächlich von Freiwilligen, pensionierten Apothekern oder Ärzten, NGOs usw. betrieben werden. Bei diesen Sozial-Apotheken kann jegliche einkommenslose Person (Statement und Nachweis erforderlich) kostenfrei Medikamente erhalten. Im Übrigen haben alle Einwohner des Landes Anspruch auf eine medizinische Notfallversorgung, unabhängig vom rechtlichen Status.

UNHCR arbeitet daran, den Zugang der Asylwerber und anerkannten Flüchtlinge zu medizinischer Versorgung zu verbessern, und kooperiert hierzu mit staatlichen Stellen.

Unter Zugrundelegung dieser Länderinformationen kann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die BF jedenfalls Zugang zu medizinischer Versorgung haben werden.

Im Übrigen ist den BF die Judikatur des EGMR respektive des VfGH entgegenzuhalten, aus der sich keinerlei Anspruch auf eine medizinische Versorgungsleistung in einem bestimmten vom Asylwerber nach subjektiven Kriterien gewillkürten Mitgliedsland ableiten lässt - dies auch nicht im Falle qualitativer Unterschiede der konkret standardmäßig angewandten Heilmethoden, finanzieller Unterschiede oder erschwerter Zugangsbedingungen, wobei der konkrete Schweregrad der Erkrankung selbst im Falle lebensbedrohlicher Ausmaße oder Suizidalität ohne Hinzutreten exzeptioneller Faktoren irrelevant ist.

3.3.2. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC wurde erwogen:

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Im vorliegenden Fall hat die Entscheidung die Trennung der BF vom Sohn des BF1 und der BF2 sowie von den Geschwistern der BF2 zur Folge, wobei der Sohn in Österreich asylberechtigt ist. Daher stellt die aufenthaltsbeendende Maßnahme hinsichtlich der BF diesbezüglich einen Eingriff in den Schutzbereich des Familienlebens im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK dar. Dieser Eingriff ist jedoch im gegenständlichen Fall gerechtfertigt.

Die BF sind erst im Februar 2019 nach Österreich eingereist und haben hier sodann um Asyl angesucht, während der nunmehr volljährige Sohn bereits im Jahr 2015 einen Asylantrag in Österreich einbrachte und ihm in weiterer Folge der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde. Das BFA hat diesbezüglich zu Recht angeführt, dass die Genannten über einen längeren Zeitraum voneinander getrennt gewesen seien beziehungsweise ein gemeinsamer Haushalt von 2015 bis zur Einreise der BF nach Österreich nicht mehr bestanden hat. Weiters bestand Kontakt durch die nach wie vor bestehenden Besuchsmöglichkeiten. Zu den Geschwistern der BF2 bestand und besteht kein besonders intensiver Kontakt.

Wechselseitige finanzielle Abhängigkeiten konnten nicht festgestellt werden.

Wenn es also letztlich zwar auf der Hand liegt, dass ein Aufenthalt der BF in Österreich und somit in größerer Nähe zu den hier lebenden Familienangehörigen für die BF vorteilhafter wäre, so überwiegen bei der Interessenabwägung dennoch klar die Interessen an der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie am wirtschaftlichen Wohl des Landes.

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012; 18.10.2012, 2010/22/0130).

Der Wunsch der BF nach Einwanderung und Familienzusammenführung in Österreich kann im Einklang mit den einschlägigen unionsrechtlichen und österreichischen Rechtsvorschriften verwirklicht werden.

Der Kontakt zwischen den BF und dem Sohn kann zwischenzeitlich telefonisch oder über das Internet sowie - in eingeschränkter Form - auch durch persönliche Besuche aufrechterhalten werden. So besteht die Möglichkeit von gegenseitigen Besuchen im Ausmaß von bis zu drei Monaten (Art. 21 Abs. 1 SDÜ und § 31 Abs. 1 Z 3 FPG).

Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen, etwa auch zwecks Familienzusammenführung. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10).

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4a AsylG begründet ein Prozesshindernis für eine inhaltliche Behandlung eines Antrages auf internationalen Schutz beziehungsweise eine Sachentscheidung (auch) nach § 34 AsylG 2005 (zuletzt VwGH, Ra 2019/19/0114-6).

Sofern in der Beschwerde argumentiert wird, dass durch die Anordnung zur Außerlandesbringung das Kindeswohl nicht berücksichtigt worden sei, ist festzuhalten, dass dem Kindeswohl im Rahmen des europäischen Zuständigkeitssystems der Dublin-III-VO ein hoher Stellenwert zu kommt, der sich durch die explizite Erwähnung im 13. Erwägungsgrund sowie durch die besonderen Zuständigkeitstatbestände des Art. 8 leg. cit. und spezielle Verfahrensgarantien zeigt. Jedoch kann aus der UN-Konvention über die Rechte des Kindes vom 26.1.1990 (Kinderrechtskonvention) nicht abgeleitet werden, dass die Berücksichtigung des Kindeswohls so weit geht, dass sich die BF im Wissen um ihren unsicheren Aufenthalt den bevorzugten Mitgliedsstaat quasi "frei wählen" können.

Dem Kindeswohl wird im vorliegenden Fall auch dadurch Rechnung getragen, dass sich die einzige betroffene Minderjährige (BF4) bei den Eltern aufhalten und der Kontakt zum Bruder - wie bereits dargelegt - durch regelmäßige Besuche aufrecht erhalten werden kann. Eine Verletzung des Kindeswohles kann im gegenständlichen Fall sohin nicht erkannt werden.

Auch bei einem Eingriff in das Privatleben misst die Rechtsprechung im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dem Umstand wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfGH 12.06.2013, U 485/2012; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012).

Im vorliegenden Fall ergaben sich keine Hinweise auf eine bereits fortgeschrittene Integration der BF in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall bei Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher hat das BFA im Hinblick darauf, dass den BF bereits in Griechenland Asyl zuerkannt worden ist und sie sohin in Griechenland Schutz vor Verfolgung gefunden haben, die nunmehr in Österreich gestellten weiteren Anträge auf internationalen Schutz zu Recht gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass sie sich nach Griechenland zurückzubegeben haben.

3.4. Gemäß § 21 Abs. 6a und Abs. 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

3.5. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts der erfolgten Sachentscheidung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösun

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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