TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/29 W234 2209276-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.01.2020
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Entscheidungsdatum

29.01.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46

Spruch

W234 2111997-2/22E

W234 2111996-2/23E

W234 2114588-2/19E

W234 2209276-1/17E

W234 2222973-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

5. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.08.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Der Erstbeschwerdeführer ( XXXX ) und die Zweitbeschwerdeführerin ( XXXX ) sind nach islamischem Recht verheiratet und Eltern der minderjährigen Dritt- ( XXXX ), Viert- ( XXXX ) und Fünftbeschwerdeführerin ( XXXX ). Die minderjährigen Beschwerdeführerinnen wurden bereits im österreichischen Bundesgebiet geboren. Alle Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, der tschetschenischen Volksgruppe und dem muslimischen Glauben zugehörig.

Zum Verfahren über die ersten Anträge auf internationalen Schutz:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind unrechtmäßig in das Bundesgebiet gelangt und stellten am 05.01.2015 ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz. Anlässlich der am Folgetag abgehaltenen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der Erstbeschwerdeführer hinsichtlich des Grundes seiner Ausreise vor, am 27. oder 28.12.2014 zu Hause durch einen Polizisten aufgesucht worden zu sein, welcher ihm mitgeteilt hätte, er solle jederzeit einsatzbereit sein und müsse eventuell in die Ukraine fahren, um zu kämpfen. Der Erstbeschwerdeführer habe die Situation mit seinem Vater besprochen, welcher zugestimmt hätte, dass er die Heimat gemeinsam mit seiner Frau verlasse. Dies seien alle seine Fluchtgründe, die Zweitbeschwerdeführerin habe keine eigenen Gründe; er sei mit dieser seit etwa fünf Monaten nach islamischem Recht verheiratet; sie dürfte im zweiten Monat schwanger sein, weshalb er sie keinesfalls alleine habe zurücklassen können. Im Falle einer Rückkehr in die Heimat fürchte der Erstbeschwerdeführer um sein Leben.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab anlässlich ihrer Erstbefragung an, keine gesonderten Fluchtgründe zu haben. Ihrem Gatten sei am 27. oder 28.12.2014 durch einen Polizisten mitgeteilt geworden, jederzeit einsatzbereit sein und damit rechnen zu müssen, in die Ukraine zum Kämpfen fahren zu müssen; aus diesem Grund hätten sie ihre Heimat verlassen. Im Falle einer Rückkehr fürchte die Zweitbeschwerdeführerin um das Leben ihres Mannes.

Die erwachsenen Beschwerdeführer legten jeweils russische Inlandspässe im Original vor. Ihre (jeweils im XXXX ausgestellten) Auslandsreisepässe seien beim Schlepper vergessen worden.

Am 29.04.2015 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin getrennt vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden Bundesamt) niederschriftlich einvernommen.

Zu Beginn seiner Einvernahme gab der Erstbeschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache an, gesund zu sein und keine Medikamente zu benötigen. Er habe bis dato in seinem Verfahren wahrheitsgemäße Angaben getätigt, welche korrekt protokolliert und rückübersetzt worden seien; die Verständigung mit der anwesenden Dolmetscherin gestalte sich gut.

Auf Nachfrage gab der Erstbeschwerdeführer an, seinen Ausreiseentschluss gefasst zu haben, als der Bezirkspolizist zu ihnen gekommen sei; dieser habe den Erstbeschwerdeführer gewarnt, dass man ihn mitnehmen würde - damit meine der Erstbeschwerdeführer, dass er zum Militär müsse, um seinen Präsenzdienst abzuleisten. Man habe ihm aber auch gesagt, dass er in das Kriegsgebiet in der Ukraine geschickt würde. Zuvor habe bereits der um vier Jahre ältere Cousin seines Vaters eine Einberufung erhalten. Dieser sei eingezogen worden und sei einen Monat später in Militäruniform zu ihnen gekommen, wobei er erzählt hätte, dass er in die Ukraine kämpfen gehen würde, er hätte etwas zur freiwilligen Unterschrift bekommen. Der Vater des Erstbeschwerdeführers habe dem Bezirkspolizisten mitgeteilt, dass er seinen Sohn nicht zum Militär gehen lasse. Sein Vater habe dem Erstbeschwerdeführer auch gesagt, er solle sich versteckt halten, falls er mitgenommen werde. Der Vater des Erstbeschwerdeführers sei in weiterer Folge mitgenommen worden. Ein Polizist sei zu diesem gekommen und hätte ihn gebeten, mitzukommen; sein Vater sei ohne Anwendung von Gewalt mitgenommen worden. Der Vater des Erstbeschwerdeführers sei den ganzen Tag fort gewesen; als der Vater nicht nach Hause gekommen sei, habe der Erstbeschwerdeführer das Land verlassen. Auf die Frage, wann sein Vater mitgenommen worden sei, gab der Erstbeschwerdeführer an, dies sei geschehen, nachdem man ihn gewarnt hatte, also Ende 2014. Um Konkretisierung gebeten, gab der Erstbeschwerdeführer an, am 31.12.2014 ausgereist zu sein; sein Vater sei sohin, so glaube er, am 30.12.2014 mitgenommen worden. Die Leute seien zum Erstbeschwerdeführer gekommen und hätten ihn gewarnt; zwei Tage später habe der Vater gesagt, dass er es nicht zulassen würde, dass der Erstbeschwerdeführer zum Militär müsse. Dann sei sein Vater mitgenommen worden und der Erstbeschwerdeführer am Folgetag ausgereist. Dies sei sein Fluchtgrund gewesen - sie würden nunmehr ein Kind erwarten und der Erstbeschwerdeführer wolle nicht kämpfen. Wenn er in den Krieg ziehe, müsse er töten und das könne er nicht. Er habe neun Schuljahre absolviert, danach hätte er nur gearbeitet und für seine Familie gesorgt. Er könne Gutes für die Menschen tun, doch wolle er nicht kämpfen.

Seinen Reisepass habe der Erstbeschwerdeführer auf dem Weg nach Österreich verloren, weil sie eine Tasche im Wagen des Schleppers vergessen hätten; seinen russischen Inlandspass habe er bei sich. Weitere Dokumente habe er nicht vorzulegen.

Zu seinem Leben in Österreich gab der Erstbeschwerdeführer zusammenfassend an, noch nicht Deutsch zu sprechen. Er lebe derzeit von der Grundversorgung, würde jedoch gerne arbeiten. In zwei Monaten werde sein Kind zur Welt kommen und er würde gerne selbst für seine Familie sorgen; zurzeit dürfe er noch nicht arbeiten. Außer seiner Gattin habe der Erstbeschwerdeführer keine Verwandten in Österreich. Er besuche einen Deutschkurs, sei nicht Mitglied in Vereinen. Er sei gläubig und bete fünf Mal am Tag, könne jedoch nicht jeden Freitag zur Moschee gehen; er könne seine Frau aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation nicht alleine lassen. Seine wirtschaftliche Situation im Herkunftsstaat würde er als mittelmäßig, jedenfalls als nicht schlecht, beschreiben. In der Heimat habe er gemeinsam mit seinen Eltern, seiner Frau und seinen beiden jüngeren Geschwistern in einem Haus gelebt.

Erneut nachgefragt, aus welchem konkreten Grund er seinen Herkunftsstaat verlassen bzw. einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, antwortete der Erstbeschwerdeführer, der Grund sei gewesen, dass man ihn in den Krieg habe schicken wollen, um andere Menschen zu töten und er dies nicht wollte. Wäre er in der Heimat geblieben, hätte er dies tun müssen. Als er noch klein gewesen sei, habe er bereits einen Krieg erlebt und wolle er dies nicht nochmals erleben. Damit habe er alle Gründe für das Verlassen seiner Heimat genannt. In seiner Heimat sei er nicht vorbestraft und es habe nie ein seine Person betreffendes Gerichtsverfahren gegeben. Auch sonst habe er zuvor nie Probleme mit Behörden gehabt. Zu seinen Befürchtungen für den Fall seiner Rückkehr gab der Erstbeschwerdeführer an, nicht genau zu wissen, was passieren würde. Man habe ihm mitgeteilt, sich bereithalten zu müssen, eingezogen zu werden; er wisse auch nicht, was mit seinem Vater los sei. Ihm sei bekannt, dass die Leute dort zu allem fähig seien. Man habe ihm gesagt, er solle sich bereithalten und er sei weggegangen. Zu seinem letzten Kontakt zu seinen Familienangehörigen im Herkunftsland befragt, gab der Erstbeschwerdeführer an, mit seiner Mutter am Telefon gesprochen zu haben, nachdem er von XXXX verlegt worden sei. Die Mutter habe damals gesagt, dass alles in Ordnung wäre. Auf Vorhalt, dass dies bedeuten würde, dass es auch dem Vater des Beschwerdeführers gut gehen müsste, andernfalls seine Mutter dies erwähnt hätte, gab der Erstbeschwerdeführer an, seine Mutter nicht danach gefragt zu haben. Er sei froh gewesen, diese zu hören und dass sie ihm sagen hätte können, dass alles in Ordnung sei, dann sei der Akku leer gewesen.

Nach allfälligen Ergänzungen zu seinem Vorbringen, unter Hinweis auf das Neuerungsverbot, gefragt, gab der Erstbeschwerdeführer an, alles gesagt zu haben und keine Einwände gegen die stattgefundene Einvernahme zu haben.

Dem Erstbeschwerdeführer wurden anschließend Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsland ausgehändigt und wurde er belehrt, zu diesen binnen einwöchiger Frist eine Stellungnahme abgeben zu können. Abschließend bestätigte der Erstbeschwerdeführer, die Dolmetscherin gut verstanden zu haben und - nach Rückübersetzung seiner Angaben - keine Einwände gegen das Protokoll zu haben.

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte anlässlich ihrer Einvernahme am genannten Datum im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Tschetschenisch zusammenfassend vor, grundsätzlich gesund zu sein; sie benötige jedoch Insulin wegen ihrer Zuckerkrankheit. Ihre Schwangerschaft verlaufe komplikationslos. Die Zweitbeschwerdeführerin habe bis dato wahrheitsgemäße Angaben getätigt, welche korrekt protokolliert und rückübersetzt worden seien. Den Entschluss zur Ausreise habe ihr Ehemann gemeinsam mit ihrem Schwiegervater gefasst; wann genau dies gewesen sei, wisse sie nicht. Auf Nachfrage gab sie an, dies sei Ende Dezember 2014 gewesen. Ihren Auslandspass habe sie auf dem Weg nach Österreich verloren; ihren Inlandspass hätte sie bereits vorgelegt. Darüber hinaus verfüge sie lediglich über Unterlagen zu ihrer Zuckerkrankheit sowie über ihren Mutter-Kind-Pass.

Hinsichtlich ihres Privat- und Familienlebens in Österreich brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, von der Grundversorgung zu leben; außer ihrem Gatten habe sie keine Verwandten im Bundesgebiet. Sie besuche einen Deutschkurs in ihrer Flüchtlingsunterkunft, sie sei kein Mitglied in einem Verein oder Ähnlichem. Ihre Freizeit verbringe sie großteils in ihrem Zimmer, manchmal gehe sie auch spazieren. Sie sei nicht berufstätig, in der Heimat sei sie zunächst von ihrer Mutter, später von ihrem Gatten, der am Bau gearbeitet hätte, finanziell versorgt worden. Die finanziellen Verhältnisse ihrer Familie im Herkunftsstaat hätten sich als normal gestaltet, jeder hätte gearbeitet. In ihrer Heimatstadt würden insbesondere noch ihre Mutter, ihre Schwester, ihre Großmutter und ein Onkel leben. Ihr Kind werde vermutlich am XXXX zur Welt kommen.

Nach den Gründen ihrer Antragstellung auf internationalen Schutz gefragt, verwies die Zweitbeschwerdeführerin auf ihren Mann. Dieser hätte Ladungen zum Militär erhalten, ihr Schwiegervater hätte dies nicht gewollt. Dann seien sie zu ihnen gekommen und es sei beschlossen worden, dass sie weggehen würden. Es seien schon viele zum Militär gegangen und dann in die Ukraine geschickt worden. Die Nachfrage, ob ihr Mann eine schriftliche Einberufung erhalten hätte, bejahte die Zweitbeschwerdeführerin; dies sei im Dezember gewesen, das Schriftstück befinde sich irgendwo zu Hause. Auf Vorhalt, dass ihr Mann demgegenüber nichts von einem schriftlichen Dokument erwähnt hätte, obwohl es in seinem Interesse gelegen wäre, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, nicht zu wissen, weshalb er dies nicht gesagt hätte, doch habe er ein solches Dokument sicher erhalten. Der konkrete Anlass zum Verlassen der Heimat habe in dieser Einberufung zum Militär bestanden. Auf Nachfrage gab die Zweitbeschwerdeführerin an, damit all ihre Fluchtgründe genannt und ihrem Vorbringen nichts mehr hinzuzufügen zu haben. Die Ausreise aus dem Herkunftsstaat sei illegal erfolgt. Sie selbst habe in ihrer Heimat nie Probleme mit staatlichen Stellen gehabt. Im Falle einer Rückkehr habe die Zweitbeschwerdeführerin nichts zu befürchten, doch würde sie sich wegen der Einberufung zum Militär um ihren Mann sorgen. Abschließend bestätigte die Zweitbeschwerdeführerin, alles umfassend vorbringen haben zu können und erhielt Länderberichte zur Abgabe einer allfälligen Stellungnahme ausgehändigt.

Am 21.05.2015 fand im Beisein eines Dolmetschers für die tschetschenische Sprache eine ergänzende Einvernahme des Erstbeschwerdeführers vor der belangten Behörde statt, anlässlich derer der Erstbeschwerdeführer aufgefordert wurde, der Behörde seinen Einberufungsbefehl zukommen zu lassen. Dazu gab der Erstbeschwerdeführer an, bislang keinen schriftlichen Einberufungsbefehl bekommen zu haben, jedoch seitens des Bezirkspolizisten mitgeteilt bekommen zu haben, dass es bald soweit sein könnte. Kurz nachdem der Bezirkspolizist bei ihnen gewesen sei, habe der Erstbeschwerdeführer Tschetschenien verlassen. Was seitdem vorgefallen sei, wisse der Erstbeschwerdeführer nicht, weil er keinen Kontakt zu seinem Vater habe.

2. Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 16.07.2015 wurden die Anträge von Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 05.01.2015 für die Zuerkennung des Status von Asyl- wie subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurden den Erst- und Zweitbeschwerdeführerin nicht erteilt. Es wurden Rückkehrentscheidungen gegen Erst- und Zweitbeschwerdeführerin erlassen und unter einem festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei. Die Frist für ihr freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den durch den Erstbeschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe unter anderem aus:

Zwar entspreche es den Tatsachen, dass bis zum 31.12.2014 eine Einberufungskampagne in Tschetschenien stattgefunden hätte, doch seien lediglich 500 Personen, mehrheitlich auf Freiwilligenbasis, einberufen worden, diese hätten zum überwiegenden Teil ein abgeschlossenes Hochschulstudium aufgewiesen. Ab April 2014 sei an dieser Einberufungskampagne gearbeitet worden. Da die Vorbereitungsarbeiten der Einberufungsbehörden im April 2014 begonnen hätten, erscheine es als unplausibel, dass der Erstbeschwerdeführer erst am Tag des Endes der Einberufungskampagne die Ausreise angetreten habe, zumal dem Erstbeschwerdeführer als Teil der lokalen Bevölkerung die Tätigkeit der Einberufungsstellen wohl bekannt gewesen sein musste. Da der Erstbeschwerdeführer mit einem erst im XXXX ausgestellten russischen Reisepass gereist sei, sei nicht davon auszugehen, dass dessen Einberufung vorgesehen gewesen wäre. Auch erweise sich ein erst am 27. oder 28.12.2014 gefasster Ausreiseentschluss vor diesem Hintergrund als unglaubwürdig. Auch die Tatsache, dass der Erstbeschwerdeführer kein Hochschulstudium absolviert hätte, spreche, ebenso wie der Umstand, dass mehrheitlich Freiwillige einberufen worden seien und sich mehr Personen als benötigt gemeldet hätten, gegen eine bevorstehende Einberufung des Erstbeschwerdeführers. Zudem deute die Angabe des Erstbeschwerdeführers, von seiner Mutter nach seiner Ausreise mitgeteilt bekommen zu haben, dass alles in Ordnung wäre, auf die Unglaubwürdigkeit seines Vorbringens hin. Im Ergebnis habe der Erstbeschwerdeführer seiner Antragstellung sohin keinen glaubhaften Verfolgungssachverhalt zugrunde gelegt.

Hinsichtlich der Diabetes-Erkrankung der Zweitbeschwerdeführerin werde festgehalten, dass diese im Herkunftsstaat behandelbar sei; bereits vor ihrer Ausreise sei ihr die benötigte ärztliche und medikamentöse Behandlung zur Verfügung gestanden.

Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin hätten während des gesamten Verfahrens keinerlei glaubhaften Indizien oder Anhaltspunkte aufzuzeigen vermocht, welche die Annahme hätten rechtfertigen können, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit konkret Gefahr laufen würden, im Falle ihrer Rückkehr in den Heimatsstaat, der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe unterworfen zu werden.

Zur Rückkehrentscheidung führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl insbesondere aus, dass weder ein Eingriff in das Familienleben vorliege, noch der Eingriff in das Privatleben ungerechtfertigt wäre, zumal sich die Familie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung erst seit wenigen Monaten in Österreich aufgehalten habe und in dieser Zeit keine nennenswerten wirtschaftlichen oder sozialen Kontakte aufgenommen habe. Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin seien illegal eingereist und seien keine für einen Verbleib in Österreich sprechenden Gründe vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gefunden worden.

3. Am XXXX wurde die Drittbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren.

4. Gegen die an sie adressierten Bescheide führten Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin mit gleichlautendem Schriftsatz vom 30.07.2015 Beschwerde. Begründend wurde zusammenfassend geltend gemacht, der Erstbeschwerdeführer habe sein Heimatland verlassen, da er zum Militärdienst einberufen werden sollte und ihm mitgeteilt worden sei, dass er in einem Kriegsgebiet in der Ukraine kämpfen müsste. Im Falle einer Rückkehr fürchte er wegen seiner Wehrdienstverweigerung um sein Leben. Das Verfahren vor dem Bundesamt habe sich mangelhaft gestaltet, da die Behörde es unterlassen habe, umfassende, auf den Fluchtgrund bezugnehmende Länderfeststellungen einzuholen und im Übrigen die im Bescheid herangezogenen Berichte nicht korrekt gewürdigt habe. Aus den im Bescheid wiedergegeben Berichten gehe hervor, dass rückkehrende Tschetschenen, die einer Ladung zum Wehrdienst nicht nachgekommen seien, strengeren und härteren Bestrafungen ausgesetzt sein würden; ferner werde ausgeführt, dass es zu Diskriminierung von Tschetschenen im Zuge der Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung kommen würde. Insofern dem Erstbeschwerdeführer seitens der Behörde unter anderem mangels Vorlage eines schriftlichen Einberufungsbefehls die Glaubwürdigkeit abgesprochen worden sei, so wolle er dies im Rahmen der Beschwerde nachholen; der unter einem vorgelegte Einberufungsbefehl bestätige seinen Fluchtgrund. Darin werde der Erstbeschwerdeführer aufgesucht, sich am XXXX in XXXX zum Wehrdienst einzufinden. Zum Argument, dass es als nicht nachvollziehbar zu erachten sei, dass der Erstbeschwerdeführer im Falle eines Einberufungsbefehls mit seinem Reisepass hätte ausreisen können, sei auszuführen, dass er denselben im Zuge seiner Ausreise nicht benutzt, sondern erst in Österreich in Vorlage gebracht hätte. Das Argument der Behörde, dass der Erstbeschwerdeführer keinen Hochschulabschluss aufweise und dessen Einberufung daher laut ACCORD-Anfragebeantwortung unwahrscheinlich erscheine, werde durch den vorgelegten Einberufungsbefehl widerlegt. Zum Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, von seiner Mutter mitgeteilt bekommen zu haben, dass alles in Ordnung sei, werde angemerkt, dass damit gemeint gewesen wäre, dass nunmehr wieder alles in Ordnung sei; der Vater des Erstbeschwerdeführers, welcher selbst bei der Polizei gearbeitet hätte, sei mitgenommen und gefoltert worden, da der Erstbeschwerdeführer nicht zum Einberufungstermin erschienen sei. Sein Vater, der mittlerweile wieder zu Hause sei, hätte Angst gehabt, seinem Sohn dies am Telefon mitzuteilen, da er befürchtet hätte, dass die Gespräche abgehört würden. Im

Der Beschwerdeschrift beiliegend wurde ein russischsprachiger Einberufungsbefehl in Kopie übermittelt.

5. Mit Schreiben vom 13.08.2015 wurde der Erstbeschwerdeführer durch das Bundesverwaltungsgericht aufgefordert, binnen vier Wochen das Original des der Beschwerdeschrift in Kopie beigelegten Einberufungsbefehls vorzulegen.

6. Mit Schreiben vom 25.08.2015 wurde ein Antrag auf internationalen Schutz für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin gestellt.

7. Im Rahmen einer Dokumentenvorlage vom 31.08.2015 wurden das Original des in der Beschwerde übermittelten Einberufungsbefehls sowie ein Befundbericht vom 12.08.2015 vorgelegt, demzufolge der Erstbeschwerdeführer an Posttraumatischer Belastungsstörung leide und sich diesbezüglich in fachärztlicher Behandlung befinde.

Aus der Übersetzung des als Beweis der Einberufung vorgelegten Dokumentes ergibt sich, dass der Erstbeschwerdeführer am XXXX um 10 Uhr bei der Abteilung des Wehrkommandos der Tschetschenischen Republik für die XXXX und XXXX und für die Stadt XXXX vor der Einberufungskommission (im Sinne einer Musterungskommission) zu erscheinen habe. Umseitig werden die "Pflichten eines Bürgers, sowie die Rechtsfolgen der Nichtbeachtung" angeführt. Weiters wird die Mitnahme von medizinischen Unterlagen sowie Ausbildungsunterlagen angeordnet.

8. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.09.2015 wurde auch der Antrag auf internationalen Schutz der Drittbeschwerdeführerin vom 25.08.2015 für die Zuerkennung des Status der Asyl- wie subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gegen die Drittbeschwerdeführerin wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und unter einem festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Die Frist für ihre freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, für die Drittbeschwerdeführerin seien keine gesonderten Fluchtgründe vorgebracht worden. Die Gründe ihrer Eltern seien als nicht glaubwürdig erachtet worden.

9. Mit am 01.10.2015 eingelangtem Schriftsatz wurde seitens ihrer gesetzlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde gegen den die minderjährige Drittbeschwerdeführerin betreffenden Bescheid eingebracht. Begründend wurde auf den ihre Eltern betreffenden Beschwerdeschriftsatz verwiesen.

10. Mit zu einer einheitlichen Erledigung verbundenen Erkenntnissen vom 06.04.2016 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden von Erstbeschwerdeführer, Zweit- und Drittbeschwerdeführerin gegen die genannten Bescheide des Bundesamts zur Gänze als unbegründet ab. Denn es sei nicht glaubhaft gemacht worden, dass der Erstbeschwerdeführer im Herkunftsstaat Übergriffen ausgesetzt wäre, weil er sich der drohenden Einberufung entzog.

Zur Begründung, weswegen das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers als nicht glaubhaft zu qualifizieren sei, führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus:

"[D]er Erstbeschwerdeführer [sei] im Heimatland aufgrund der Nichtbefolgung eines Einberufungsbefehls einer Bedrohung ausgesetzt, dessen zum damaligen Zeitpunkt schwangere Frau sei mit diesem gemeinsam ausgereist.

Der Erstbeschwerdeführer brachte als den Grund seiner Flucht kurz zusammengefasst vor, von einem Bezirkspolizisten am 27. oder 28.12.2014 gewarnt worden zu sein, dass er sich jederzeit für eine Einberufung bereithalten müsse und gegebenenfalls zum Kämpfen in die Ukraine geschickt würde. Da der Erstbeschwerdeführer dies nicht gewollt hätte, habe er, nach Beratschlagung mit seinem Vater, beschlossen, die Heimat zu verlassen. Nachdem sein Vater von den Behörden mitgenommen worden sei, sei der Erstbeschwerdeführer am 31.12.2014 ausgereist. Eine schriftliche Einberufung hätte es nicht gegeben, lediglich die zuvor erwähnte Mitteilung des Polizisten.

Im Rahmen der Beschwerdeschrift wurde sodann erstmals eine Kopie eines schriftlichen angeblichen ‚Einberufungsbefehles', in welchem der Erstbeschwerdeführer aufgefordert werde, am XXXX vor der Einberufungs- bzw. Musterungskommission in XXXX zu erscheinen, übermittelt. Eine Erklärung warum dies nicht schon im Verfahren vor dem BFA vorgelegt wurde erfolgte nicht

Der belangten Behörde ist in ihrer Würdigung, wonach das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers hinsichtlich einer erfolgten oder bevorstehenden Einberufung für unglaubwürdig erachtet werde, zuzustimmen. An dieser Beurteilung vermögen auch die Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz sowie das nunmehr zum Beweis der Einberufung des Erstbeschwerdeführers vorgelegte Schriftstück keine entscheidungswesentliche Änderung herbeizuführen. Dies aus folgenden näheren Erwägungen.

Vollkommen unplausibel und zentral gegen eine Glaubwürdigkeit des Erstbeschwerdeführers sprechend erscheint der Umstand, dass der Genannte anlässlich seiner Befragungen vor der belangten Behörde den Erhalt eines schriftlichen Einberufungsbefehls nicht nur unerwähnt lassen hat, sondern vielmehr auf konkrete diesbezügliche Nachfrage ausdrücklich betonte, vor Ausreise noch keinerlei schriftliche Unterlagen hinsichtlich einer bevorstehenden Einberufung erhalten zu haben, es hätte lediglich die besagte Warnung durch den Bezirkspolizisten gegeben und habe der Erstbeschwerdeführer auf Grundlage dieser Information damit gerechnet, demnächst einen schriftlichen Einberufungsbefehl zu erhalten.

Demgegenüber völlig im Widerspruch stehend erfolgte im Rahmen der Beschwerdeschrift die Vorlage eines angeblichen ‚Einberufungsbefehls', in welchem der Erstbeschwerdeführer für den XXXX vor die Musterungskommission der Stadt XXXX geladen werde.

Das in dem Dokument ersichtliche Datum steht im gravierenden Widerspruch zum Vorbringen des Erstbeschwerdeführers vor der belangten Behörde, wonach ihm am 27. oder 28.12.2014 seitens eines Bezirkspolizisten erstmals verbal seine (mögliche) bevorstehende Einberufung in Aussicht gestellt worden sei. Im Falle einer Authentizität des vorgelegten Dokumentes wäre es jedenfalls nicht verständlich, weshalb der Erstbeschwerdeführer dieses im Verfahren vor der belangten Behörde gänzlich unerwähnt hätte lassen sollen, nicht zuletzt da eine konkrete Befragung seiner Person zum allfälligen Vorliegen einer schriftlichen Einberufung stattgefunden hat. Auch in der Beschwerdeschrift wird diese gravierende Ungereimtheit im Aussageverhalten des Erstbeschwerdeführers mit keinem Wort aufgegriffen, auch das auf der Vorladung ersichtliche Datum (Ladung für XXXX ) wird in keine erklärende Relation zu der seitens des Erstbeschwerdeführers geschilderten Chronologie der Ereignisse gebracht.

Ebenso lässt der Umstand, dass das vorgelegte Originalschriftstück in der Mitte durchgerissen ist und sohin der untere Teil, an dem sich insbesondere das Ausstellungsdatum befinden müsste, nicht ersichtlich ist, Zweifel an der Echtheit des Dokumentes aufkommen. Es ist daher davon auszugehen, dass dieses Formular der Vorladung - wie schon des Öfteren vorgekommen - aus dem Internet heruntergeladen wurde und handschriftlich mit den Daten des BF vervollständigt wurde.

Darüber hinaus ist darauf hingewiesen, dass sich die vorgelegte angebliche Ladung inhaltlich auf eine Vorladung vor die Musterungskommission beschränkt, sohin für eine tatsächlich bevorstehende Einberufung der Person des Erstbeschwerdeführers keinen Beweis bieten würde, da die Musterung nach Geburtsjahrgang routinemäßig vorgenommen wird, jedoch kein Hinweis für eine bevorstehende Einberufung - insbesondere in Tschetschenien - ist.

Ferner ist auch auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Bescheid zu verweisen, wonach sich das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers hinsichtlich einer bevorstehenden zwangsweisen Einberufung seiner Person mit den aus den herangezogenen Länderberichten ersichtlichen Informationen (insbesondere der ACCORD-Anfragebeantwortung vom 12.11.2014, a-8933-1) nicht in Einklang bringen lässt. Aus dieser ergibt sich unter anderem, dass sich im Rahmen der bis Ende Dezember 2014 durchgeführten Einberufungskampagne vorwiegend Personen auf Freiwilligenbasis für den Militärdienst gemeldet hätten, welche den Dienst im November 2014 aufgenommen hätten.

Auch die Darlegungen hinsichtlich der behaupteten Mitnahme des Vaters des Erstbeschwerdeführers erwiesen sich als zum Teil unplausibel. So wurde einerseits ausgeführt, dass der Erstbeschwerdeführer gemeinsam mit seinem Vater über seine Ausreise beratschlagt und den diesbezüglichen Entschluss gefasst hätte; andererseits wurde vorgebracht, dass der Erstbeschwerdeführer seinen (unmittelbaren) Ausreiseentschluss gefasst hätte, nachdem sein Vater am 30.12.2014 von der Polizei gebeten worden sei, mitzukommen und anschließend nicht mehr nach Hause zurückgekehrt wäre.

Hinsichtlich des zwischen dem Erstbeschwerdeführer und seiner Mutter stattgefundenen Telefonats, bei welchem diese ihm mitgeteilt hätte, dass alles in Ordnung wäre, ist ergänzend anzumerken, dass es als nicht plausibel erscheint, dass sich der Erstbeschwerdeführer - dessen letzte Information vor Ausreise die Mitnahme seines Vaters und eine Ungewissheit über dessen Verbleib gewesen sei - nicht versucht hätte, sich bei seinen Angehörigen nach seinem Vater zu erkundigen. Auch wenn das besagte Telefongespräch tatsächlich nach wenigen Worten aufgrund eines leeren Akkus unterbrochen worden wäre, so wäre jedenfalls anzunehmen, dass der Erstbeschwerdeführer versucht hätte, neuerlich Kontakt zu seinen Angehörigen aufzunehmen, um sich nach dem Befinden seines Vaters zu erkundigen.

Die Zeitbeschwerdeführerin hingegen erwähnte eine Mitnahme ihres Schwiegervaters am Tag vor ihrer Ausreise, welche nach Angaben ihres Mannes unmittelbar kausal für den Entschluss zur Ausreise gewesen wäre, im Rahmen ihrer eigenen Befragungen mit keinem Wort.

Darüber hinaus bleibt der Behörde im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Umstände des vorliegenden Falles auch dahingehend zuzustimmen, dass die Tatsache, dass sich der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin im XXXX , kurz nach ihrer Eheschließung nach islamischem Recht, jeweils Auslandsreisepässe ausstellen ließen, auf eine längerfristig, bereits vor dem Zeitpunkt der vorgebrachten Ereignisse Ende Dezember 2014, geplante Ausreise aus dem Herkunftsstaat schließen lässt.

Bei Gesamtwürdigung aller Umstände des vorliegenden Falles, auf Grund der legalen Ausreise sowie der dargelegten Ungereimtheiten in den Angaben des Erstbeschwerdeführers, kann den Angaben zur behaupteten Verfolgung keine Glaubwürdigkeit zuerkannt werden, sondern ist vielmehr von einem wahrheitswidrigen Konstrukt, mit der Zielsetzung der Asylerlangung bzw. Verlängerung des Aufenthaltes auszugehen."

Ferner führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass für die Zweit- und Drittbeschwerdeführerin keine vom Vorbringen des Erstbeschwerdeführers gesonderten Fluchtgründe vorgebracht worden seien. Auch würden den Beschwerdeführern in der Russischen Föderation keine Rechtsverletzungen drohen, welche die Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten gebiete; insbesondere lasse auch die Diabeteserkrankung der Zweitbeschwerdeführerin eine solche Rechtsverletzung nicht erwarten, zumal Diabetes in der Russischen Föderation behandelbar sei. Schließlich seien Erstbeschwerdeführer sowie Zweit- und Drittbeschwerdeführerin in Österreich noch nicht derart intensiv integriert, dass Art. 8 EMRK der Beendigung ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entgegenstehe.

Diese Erkenntnisse erwuchsen in Rechtskraft.

Zum nunmehr gegenständlichen Verfahren über Anträge auf internationalen Schutz:

10. Am XXXX wurde die Viertbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren. Für sie wurde am 19.12.2016 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der hier verfahrensgegenständlich ist.

Über schriftliche Aufforderung des Bundesamts (BF4-AS 13) wurde für die Viertbeschwerdeführerin schriftlich angegeben, eigene Flucht- und Rückkehrbefürchtungen zu haben; es würden weitere Ermittlungen dazu beantragt (BF4-AS 19).

11.1. Am 16.02.2017 stellten der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin und die Drittbeschwerdeführerin die hier ebenso verfahrensgegenständlichen Folgeanträge auf internationalen Schutz.

11.2. Anlässlich der Erstbefragung am selben Tag gab der Erstbeschwerdeführer gegenüber Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Wesentlichen an, dass die Gründe seines ersten Asylantrages aufrecht bleiben würden. Zudem habe sich seine Situation im Jahr 2016 verschlechtert, weil sein Vater eine Ladung zur Polizei in XXXX erhalten und dort hätte erscheinen müssen. Jedoch sei der Bruder des Erstbeschwerdeführers mit der Ladung zur Polizei in XXXX gegangen und nicht mehr zurückgekommen. Drei Wochen vor dieser Erstbefragung habe sein Vater dem Erstbeschwerdeführer von dieser Festnahme des Bruders berichtet. Diese Änderungen seiner Fluchtgründe seien ihm also seit etwa drei Wochen bekannt. Im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte der Erstbeschwerdeführer um sein Leben. Ferner gab der Erstbeschwerdeführer an, auf schlechtem Niveau Deutsch zu sprechen (alles BF1-AS 7 ff).

11.3. Auch die Zweitbeschwerdeführerin wurde am 16.02.2017 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragungen unterzogen. Auch die Zweitbeschwerdeführerin gab an, die Gründe ihres ersten Antrags auf internationalen Schutz würden aufrecht bleiben. Die Lage in der Heimat habe sich noch zusätzlich verschlimmert. Der Erstbeschwerdeführer habe ihr mitgeteilt, dass sein Bruder seit drei bis vier Wochen verschollen sei. Diese Neuerungen seien ihr seit drei bis vier Wochen bekannt. Die Zweitbeschwerdeführerin gab ferner an, Diabetikerin zu sein und Insulin spritzen zu müssen. Auch die Zweitbeschwerdeführerin spreche auf schlechtem Niveau Deutsch.

12.1. Am 12.05.2017 wurde der Erstbeschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für die tschetschenische Sprache durch das Bundesamt zu seinem Folgeantrag auf internationalen Schutz befragt.

Zu Beginn seiner Befragung gab der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen an, im Verfahren bislang der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht zu haben; diese seien ihm auch rückübersetzt und korrekt protokolliert worden.

Zu seinem Gesundheitszustand gab der Beschwerdeführer an, früher Antidepressiva und Schlafmittel genommen zu haben; nunmehr habe er damit aufgehört, weil es ihm durch diese nicht besser gegangen sei. Künftig wolle er diese Präparate jedoch wieder einnehmen.

In der Heimat habe der Erstbeschwerdeführer in der Stadt XXXX in einem Privathaus gelebt, das seinem Vater gehöre. Nunmehr würden sein ältester Bruder Magomed in XXXX an einer eigenen Adresse, die Eltern des Erstbeschwerdeführers, seine drei weiteren Brüder und eine Schwester nach wie vor am früheren gemeinsamen Wohnsitz leben. Über WhatsApp stehe der Erstbeschwerdeführer in Kontakt zu seinem Bruder Magomed, zuletzt vier Tage vor der Befragung.

Seinen Lebensunterhalt habe der Erstbeschwerdeführer in der Heimat durch Arbeit in einer Möbelfabrik und durch Wohnungsrenovierungen bestritten. Er habe sich sowohl als Organisator von Arbeitern betätigt wie auch eigenhändig gearbeitet.

Seit seiner Einreise nach Österreich sei der Erstbeschwerdeführer nicht mehr in die Russische Föderation zurückgekehrt. Als Verwandte in Österreich führte der Erstbeschwerdeführer ausschließlich die übrigen Beschwerdeführerinnen an. In Österreich lebe der Erstbeschwerdeführer von der Grundversorgung. Für Arbeiten in der Gemeinde habe er fünf Euro pro Stunde Entgelt bekommen. Viermal pro Woche besuche er einen Deutschkurs, verstehe Deutsch aber besser, als er sprechen könne. Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen Österreich sei der Erstbeschwerdeführer nicht. Er habe einen Freundeskreis aufgebaut, in dem sich auch Österreicher befinden würden; erspiele mit seinen Freunden oft Fußball.

Abgesehen von einer einmaligen Bestrafung wegen Schwarzfahrens habe der Erstbeschwerdeführer weder im Herkunftsstaats noch in Österreich Strafrechtsdelikte begangen.

Zu seinem Fluchtgrund gab der Erstbeschwerdeführer an, nicht mehr in Tschetschenien leben zu können. Denn sein Freundeskreis und er seien anderer Meinung als Kadyrow und dessen Team gewesen. Schon seit seinem 17. Lebensjahr hätten der Erstbeschwerdeführer wie seine Freunde verstanden, dass Kadyrow falsche "Sachen" im Sinne von Druck mache. Menschen würden spurlos verschwinden. Dies hätten sie in ihrem Kreis offen besprochen; vielleicht habe jemand dies angezeigt. Vielleicht sei in ihrem Kreis ein Verräter gewesen. Überall seien Kadyrows Leute. Konkret hätten der Erstbeschwerdeführer und seine Freunde ein Video gesehen, in dem Kadyrow und seine Leute Menschen gefoltert hätten. Sie hätten dies mit riesigem Vergnügen getan. Der Erstbeschwerdeführer wie seine Freunde hätten ganz offen besprochen, wie dies sein könnte. Alles sei später - der Beschwerdeführer wisse nicht wie - bekannt gegeben worden. Jemand habe es verraten. Ein Mann wisse, dass sie solche Videos gesehen hätten. Der Beschwerdeführer sei abgeholt worden. Da der Erstbeschwerdeführer solche Gespräche sehr oft führte, könne er keine konkreten Daten nennen, wann er selbst mitgenommen worden sei; es sei aber im Frühling 2014 an einem Nachmittag gewesen, der Erstbeschwerdeführer sei schon verheiratet gewesen und habe bereits mit seiner Frau in einem gemeinsamen Haushalt gewohnt. Ihm seien damals Aufnahmen gezeigt worden, die ihn und seine Freunde gezeigt hätten. Der Erstbeschwerdeführer könne nicht feststellen, wer diese Aufnahmen angefertigt habe, aber jeder von ihnen sei gezeigt worden und ihr Gespräch sei genau zu hören gewesen. Die Behörde habe auch verstanden, dass alles wahr sei; sie hätten nur wissen wollen, woher sie das Video gekannt hätten, das sie besprochen hätten. Sie hätten dem Erstbeschwerdeführer Fotos gezeigt, damit dieser Leute identifiziere. Es habe sich um Fotos von Kämpfern und Drogensüchtigen gehandelt. Der Erstbeschwerdeführer habe verneint, jemanden zu kennen, obwohl er manche der Personen als Stadtbewohner erkannt habe. Anhand eines Fotos hätten sie dem Beschwerdeführer vorgehalten, jedenfalls auch Personen zu kennen, von welchen er vorgegeben hatte, diese nicht zu kennen. Sie hätten ihm fortan gar nicht mehr getraut. Einer der Männer hätte ihm auch gesagt, dass er freiwillig erzählen müsse, weil sie Methoden kennen würden, dass er in weiterer Folge ganz schnell erzählen würde. Hätte der Erstbeschwerdeführer angegeben, eine Person zu kennen, wäre diese festgenommen und er als Schuldiger präsentiert worden. Am selben Abend sei der Erstbeschwerdeführer unter der Bedingung freigelassen worden, mitzuarbeiten. Als der Erstbeschwerdeführer nach Hause gekommen sei, sei es schon relativ dunkel gewesen; noch am gleichen Abend habe der Erstbeschwerdeführer seiner Gattin erzählt, was passiert war. Er habe es der ganzen Familie erzählt. Er habe seiner Gattin aber nicht alles erzählt, jedoch was von ihm verlangt worden sei, dass er mitarbeiten solle und zugestimmt hätte, vielleicht nicht in allen Teilen, aber im Grundsatz habe er es ihr erzählt. Ihm sei von der Behörde ein Handy gegeben und gesagt worden, er müsse jederzeit erreichbar sein. Der Erstbeschwerdeführer habe zugesichert, der Behörde Informationen über alle Menschen weiterzugeben, welche diese interessiere. Zu diesem Zweck sollte der Erstbeschwerdeführer öfter mit seinen Freunden Kontakt haben, Themen geben und seine Freunde zur offenen Besprechung provozieren. Dies hätte er später bekanntgeben sollen. Er habe dies getan, nicht alles, aber den Kern. Den Freunden habe er nicht erzählt, dass er abgeholt worden sei. Einer seiner Freunde sei nach Syrien gereist, habe dort gekämpft und sei gestorben. Dies habe er erfahren, als er bereits in Österreich gewesen sei. Für die Behörde reiche es, dass der Erstbeschwerdeführer Teil dieses Freundeskreises gewesen sei. Letztlich habe er gesagt, dass er mitarbeiten würde, dies dann später ignoriert und sei einfach ausgereist.

"Frisch" sei sein Bruder wegen einer Vorladung verprügelt worden. Denn vor ein paar Tagen sei der Erstbeschwerdeführer erneut dorthin eingeladen worden, sein Bruder Magomed sei mit der Vorladung hingegangen und habe gesagt, nicht zu wissen, wo sich der Erstbeschwerdeführer aufhalte. Der Bruder habe gesagt, dass der Erstbeschwerdeführer nicht kommen werde und habe sie wissen lassen wollen, dass sie die Vorladungen umsonst schicken würden. Magomed sei dort drei Tage lang in Haft gewesen und verprügelt worden. Sie hätten vom Bruder Information gefordert, wo sich der Erstbeschwerdeführer aufhalte. Über seinen Bruder hätten sie dem Erstbeschwerdeführer die Botschaft geschickt, kehre er freiwillig zurück nach Tschetschenien, würde es nicht so schlimm werden, als wenn die Leute von Kadyrow ihn später finden würden. Schon vor der Ausreise sei der Vater des Erstbeschwerdeführers mit einer Vorladung bei der Polizei gewesen und verprügelt worden. Einen dritten solchen Vorfall gebe es Gott sei Dank noch nicht.

Dem Vorhalt, dass dieses Vorbringen bereits anlässlich des ersten Asylverfahrens hätte erstattet werden können und der Erstbeschwerdeführer schon im Erstverfahren auf das Neuerungsverbot hingewiesen worden sei, entgegnete dieser, dass er damals von der drohenden Einberufung zum Wehrdienst und der drohenden Verwendung in der Ukraine berichtet habe; ihm seien konkrete Fragen gestellt worden, welcher beantwortet hätte. Aus Angst habe er damals nicht alles sagen wollen, weil er befürchtet habe, abgeschoben zu werden und noch schlimmere Probleme zu bekommen. Er habe ja nicht gewusst, was später passiere. Er habe Angst gehabt, dass den tschetschenischen Behörden seine Aussagen bekannt werden würden. Nunmehr gehe aber davon aus, diese Angaben treffen zu müssen. Nunmehr habe der Erstbeschwerdeführer sein Fluchtvorbringen komplett erstattet; seine Probleme rund um die drohende Einberufung und Verwendung in der Ukraine, welche er bereits im Erstverfahren vorbrachte, würden ebenso zutreffen. Im Falle seiner Rückkehr rechne er damit, von den Leuten von Kadyrow umgebracht zu werden (alles BF1-AS 61 ff).

Als Beweismittel legte der Erstbeschwerdeführer die Kopie einer Ladung seiner Person für den 23.05.2016 um 10:00 Uhr zur Ermittlungsabteilung des Innenministeriums in der Stadt XXXX (BF1-AS 87 ff) vor.

12.2. Ebenso am 12.05.2017 wurde die Zweitbeschwerdeführerin zu ihrem Folgeantrag wie den Anträgen auf internationalen Schutz der minderjährigen Beschwerdeführerinnen im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Tschetschenischen einvernommen.

Für die minderjährigen Beschwerdeführerinnen gab die Zweitbeschwerdeführerin an, diese hätten die selben Fluchtgründe und Rückkehrgefährdungen wie sie selbst. Jedoch sei alles mit ihrem Mann verbunden; die Zweitbeschwerdeführerin selbst habe keine eigenen Probleme (BF2-AS 75). Auch gab die Zweitbeschwerdeführerin an, im Verfahren bislang wahrheitsgetreue Angaben gemacht zu haben, die rückübersetzt und korrekt protokolliert worden seien.

Die minderjährigen Beschwerdeführerinnen seien gesund. Die Zweitbeschwerdeführerin selbst leide an Diabetes und müsse Insulin spritzen. Diese Erkrankung sei bei ihr schon im Alter von neun Jahren entdeckt worden. Ferner nehme sie vom Psychotherapeuten verschriebene Medikamente ein.

In der Heimat habe die Zweitbeschwerdeführerin in XXXX gelebt. Bis zur Hochzeit habe sie bei ihrer Mutter und danach mit dem Erstbeschwerdeführer im Privathaus von dessen Eltern gelebt. Sie selbst habe nie gearbeitet. Zunächst sei sie von ihrer Mutter und dann von ihrem Gatten wie dessen Familie erhalten worden; sie sei Hausfrau gewesen. In XXXX würden derzeit ihre Schwester und ihre Mutter in einer Liegenschaft leben, welche der Familie gehöre. Die Zweitbeschwerdeführerin habe regelmäßigen Kontakt zu ihren Verwandten, zuletzt am Tag vor der Einvernahme. Ferner würden sich vier Onkel und drei Tanten väterlicherseits sowie drei Onkel und vier Tanten mütterlicherseits in der russischen Föderation aufhalten.

Die Zweitbeschwerdeführerin habe nie strafrechtliche Delikte begangen. Sie wisse nicht, ob gegen sie ein Haftbefehl vorliege; allenfalls könne es einen solchen wegen der Probleme ihres Gatten geben.

Als Neuerung seit Abschluss ihres ersten Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz gab die Zweitbeschwerdeführerin an, alles sei mit ihrem Gatten verbunden, sie habe keine eigenen Probleme. Sie wisse, dass ihr Gatte eine Vorladung erhalten habe, schon ein paar Mal. Der Gatte habe ihr auch erzählt, dass er damals das Handy von der Behörde erhalten habe. Fünf Monate nach ihrer Hochzeit sei sie mit ihrem Gatten ausgereist. Alles was früher gewesen sei, könne sie nicht sagen. Auf Nachfrage gab die Zweitbeschwerdeführerin ferner an zu wissen, dass der Bruder des Erstbeschwerdeführers verprügelt worden sei; dies habe ihr ihr Gatte erzählt. Dies habe er ihr vielleicht vor zwei oder drei Monaten erzählt. Sie würden versuchen, solche Themen nicht am Telefon zu besprechen. Sie könne sich jetzt nicht erinnern, wie dies gewesen sei. Ihr Gatte habe erzählt, dass sein Bruder Probleme habe. Diese Unterredung sei zu Hause gewesen, in ihrem Zimmer im Heim. Konkret habe der Erstbeschwerdeführer zu ihr gesagt, dass er an diesem Tag telefonisch erfahren habe, dass sein Bruder verprügelt worden und drei Tage inhaftiert gewesen sei. Er habe der Zweitbeschwerdeführerin empfohlen, so etwas mit den Verwandten nicht am Telefon zu besprechen. Er habe gesagt, dass dies zu Hause passiere und sie gebeten, nichts am Telefon davon zu sagen. Jener Bruder, der verprügelt worden sei, sei der älteste; dieser heiße Magomed, sie würden ihn aber Arthur nennen. Wegen ihres Gatten sei Magomed verprügelt worden. Dies habe ihr ihr Gatte bei einem Gespräch vor zwei oder drei Monaten gesagt. Sie hätten dies mehrmals besprochen. Der Erstbeschwerdeführer habe gesagt, dass er schuld wäre, dass der Bruder festgenommen und verprügelt worden sei. Dazu gebe es jedoch kein Urteil und keinen Beleg.

Die Ausreisegründe des Erstbeschwerdeführers wisse sie nur von ihm. Selbst habe sie nichts gesehen. Im Falle ihrer Rückkehr würde alles, was sie sage, bekannt gegeben; Kadyrow sage, dass er wisse, was in Europa zählt werde. Auf Nachfrage gab die Zweitbeschwerdeführerin letztlich an zu wissen, dass ihr Gatte und dessen Freunde gegen Kadyrows Politik gewesen seien und dies mehrmals im Freundeskreis gesprochen hätten. Jemand habe dies verraten. Dies habe ihr es der Erstbeschwerdeführer erzählt. Mehrmals habe er es erzählt. Erstmals habe er es noch in Tschetschenien erzählt, vielleicht einige Zeit nach ihrer Hochzeit. Sie wisse, dass er abgeholt worden sei. Sie könne nicht genau sagen, wann ihr Gatte mitgenommen worden sei; es sei drei oder vier Monate nach ihrer Hochzeit gewesen. Unter Zwang habe er seine Einwilligung zur Mitarbeit gegeben. Sie wisse auch, dass er ein Handy mit SIM-Karte bekommen habe und ständig diese Leute habe kontaktieren müssen. Sie selbst sei bei den Gesprächen nicht dabei gewesen. Sie habe dies von ihrem Mann erfahren. Sie habe auch nicht gesehen, wie er abgeholt worden sei; dies habe sie später von Verwandten - vielleicht von ihrer Schwägerin - erfahren. Noch am selben Abend habe der Erstbeschwerdeführer ihr von den Vorkommnissen erzählt; sie glaube, sie seien alle dabei gewesen. Es sei im Wohnzimmer gewesen, später habe er ihr in ihrem gemeinsamen Zimmer alles genau erzählt. Er habe gesagt, dass sie Informationen von ihm bräuchten, über das Handy berichtet und dass ihm Fotos gezeigt worden seien und er gefragt worden sei, ob er Personen erkennen. Er habe ihr dies erzählt, weil sie nachgefragt habe.

Nach Neuerungen seit Abschluss des Erstverfahrens befragt, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass der Erstbeschwerdeführer eine Vorladung in der Zeit vor dem negativen Bescheid erhalten hätte. Später sei noch eine Vorladung gewesen, die ihr Gatte zur Befragung dieses Tages mitgebracht hätte. Von dieser wisse die Zweitbeschwerdeführerin bereits seit 2016 im Sommer. Ihr Schwager sei verprügelt worden; sie glaube, dies sei in der Zeit nach dem negativen Bescheid gewesen.

Zur Begründung, weswegen das Vorbringen um den Freundeskreis des Erstbeschwerdeführers nicht schon im Erstverfahren vorgebracht worden sei, verwies die Zweitbeschwerdeführerin darauf, dass sie Angst gehabt hätten, weil es in Tschetschenien noch Verwandte gebe. Jetzt habe sie alles erzählt. Für ihren Mann sei es gefährlicher, weswegen sie besprochen hätten, was sie erzählen dürften und was nicht. Aus Angst hätten sie dieses Vorbringen auch in die Beschwerdeschrift des Erstverfahrens nicht aufgenommen. Denn alles, was hier zählt werde, werde in Tschetschenien bekannt gegeben.

Im Falle der Rückkehr fürchte sie, dass der Erstbeschwerdeführer umgebracht werde. Denn er habe die Vereinbarung gebrochen und sei weggelaufen. Sie selbst habe keine Befürchtungen.

Es seien aber zwei Söhne der Tante der Zweitbeschwerdeführerin vor drei oder vier Jahren umgebracht worden. Diese hätten die gleichen Probleme wie der Erstbeschwerdeführer gehabt.

Die Zweitbeschwerdeführerin habe sich zuletzt Ende Dezember 2014 in der Russischen Föderation aufgehalten. In Österreich würden sich nur die übrigen Beschwerdeführer und sonst keine Verwandten der Zweitbeschwerdeführerin aufhalten.

13. Schließlich wurde am XXXX die Fünftbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren; für sie wurde am 11.10.2019 ein hier verfahrensgegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dabei wurde angegeben, dass diese keine eigenen Fluchtgründe bzw. Rückkehrbefürchtungen aufweise und sich der Antrag ausschließlich auf die Gründe der Eltern beziehen würden (BF5-AS 1).

14. Letztlich wurden die Anträge auf internationalen Schutz vom 16.02.2017 (für Erstbeschwerdeführer, Zweitbeschwerdeführerin und Drittbeschwerdeführerin), vom 19.12.2016 (für die Viertbeschwerdeführerin) und vom 11.07.2019 (für die Fünftbeschwerdeführerin) mit den hier angefochtenen Bescheiden des Bundesamts vom 28.09.2018 (im Falle der Fünftbeschwerdeführerin vom 06.08.2019) dahingehend erledigt, dass sie für die Zuerkennung des Status von Asyl- wie subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurden. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurden nicht erteilt. Es wurden Rückkehrentscheidungen gegen die Beschwerdeführer erlassen und festgestellt, dass Ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen.

Dies begründet das Bundesamt im Wesentlichen damit, dass die vorgebrachte Bedrohung des Erstbeschwerdeführers im Herkunftsstaat nicht glaubhaft gemacht worden sei. Die übrigen Beschwerdeführerinnen hätten keine vom Vorbringen des Erstbeschwerdeführers gesonderten Fluchtgründe behauptet. Zudem würden sämtlichen Beschwerdeführern im Herkunftsstaat keine Rechtsverletzungen drohen, welche die Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten gebieten würden. Schließlich seien die Beschwerdeführer in Österreich noch nicht derart intensiv integriert, dass dies der Beendigung ihres Aufenthalts hier dauerhaft entgegenstehen würde.

Die an Erstbeschwerdeführer und Zweit- bis Fünftbeschwerdeführerin adressierten Bescheide wurden deren damaliger gewillkürter Vertreterin am 04.10.2018 postalisch zugestellt. Der an die Fünftbeschwerdeführerin adressierte Bescheid wurde deren damaliger gewillkürter Vertreterin am 12.08.2019 postalisch zugestellt.

15.1. Gegen diese Bescheide richten sich die hier zu erledigenden Beschwerden, welche als einheitlicher Schriftsatz für den Erstbeschwerdeführer und die Zweit- bis Viertbeschwerdeführerin am 02.11.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl per Telefax einlangten.

Im Beschwerdeschriftsatz wird abermals darauf verwiesen, dass der Erstbeschwerdeführer wegen seiner Ablehnung des Kadyrow-Regimes und der oppositionellen Haltung seines Freundeskreises im Herkunftsstaat massiven Verfolgungshandlungen ausgesetzt wäre, weshalb der Status von Asylberechtigten zuzuerkennen gewesen wäre. In eventu wäre mit Blick auf die allgemeine Sicherheitslage im Herkunftsstaat zumindest der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen. Im Übrigen stehe Art. 8 EMRK mit Blick auf ihr mittlerweile ausgeprägtes Familien- und Privatleben in Österreich der Aufenthaltsbeendigung der Beschwerdeführer entgegen.

Gerügt würden unrichtige Feststellungen, die Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie eine unrichtige rechtliche Beurteilung.

15.2. Die Beschwerde gegen den Bescheid der Fünftbeschwerdeführerin langte am 23.08.2019 beim Bundesamt per Fax ein und rügt die Rechtswidrigkeit des Inhalts des an sie adressierten Bescheides.

16. Das Bundesamt sah von der Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen ab und legte sämtliche Beschwerden samt den zugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

17.1. Erstmals versuchte das Bundesverwaltungsgericht am 14.10.2019 eine mündliche Verhandlung zur Einvernahme der Beschwerdeführer abzuhalten.

Zu diesem Verhandlungstermin erschienen weder die Beschwerdeführer noch deren damals gewillkürte Vertreterin, der MigrantInnenverein St. Marx, zu dessen Handen die Ladungen zu diesem Termin ergangen waren; Entschuldigungen für das Fernbleiben gingen ebenso nicht ein. Über telefonische Auskunft teilte der MigrantInnenverein St. Marx mit, dass den Beschwerdeführern die Ladung zum Verhandlungstermin weitergeleitet worden sei, beim Verein jedoch der Eindruck entstanden sei, diese wollten nicht mehr vertreten werden, was dem Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht kommuniziert worden sei.

Mit Schreiben vom 23.10.2019 teilte der MigrantInnenverein St. Marx mit, dass die Vertretungsvollmacht für die Beschwerdeführer aufgelöst sei. Unter einem wurde mitgeteilt, dass der Erstbeschwerdeführer vom ersten Verhandlungstermin erfahren, jedoch keine Krankmeldung an den Verein geschickt hätte, sodass er nicht habe entschuldigt werden können.

17.2. Am 18.11.2019 versuchte das Bundesverwaltungsgericht erneut, die Beschwerdeführer im Rahmen eines Verhandlungstermins einzuvernehmen. Obwohl den Beschwerdeführern mit ihrer Ladung eine Belehrung darüber, dass sie sich an ihren Rechtsberater zu wenden haben, sollten sie dessen Teilnahme an der Verhandlung wünschen, samt Kontaktangaben der für sie zuständigen Rechtsberatungsorganisation auch in russischer Sprache übermittelt worden war, erschienen diese ohne Rechtsberater. In der Verhandlung erklärten die Beschwerdeführer, dass die Beiziehung eines Vertreters wegen eines Krankenhausaufenthalts der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Termin gescheitert sei; sie seien nicht damit einverstanden, die Verhandlung in Abwesenheit ihres Rechtsberaters durchzuführen.

Der Richter händigte den Beschwerdeführern daraufhin die Verfahrensanordnung des Bundesamts über die Bestellung der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberaterin für das Beschwerdeverfahren vom 01.10.2018 in Kopie aus und stellte fest, dass dieses die Kontaktdaten der genannten Rechtsberatungsorganisation enthielt.

Ferner stellte der Richter einen neuen Verhandlungstermin in Aussicht und wies darauf hin, dass beim nächsten Termin die Verhandlung jedenfalls durchgeführt werden würde, selbst wenn die Beschwerdeführer keinen Rechtsvertreter beiziehen sollten.

17.3. Mit Schreiben vom 04.12.2019 gab die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe bekannt, dass sie von den Beschwerdeführern mit ihrer Vertretung im Verfahren bevollmächtigt worden sei und wies die erteilten Vollmachten urkundlich nach.

Mit Schreiben vom 05.12.2019 lud das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdeführer zu Handen ihrer nunmehr gewillkürten Vertreterin, der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, zu einem Verhandlungstermin am 16.01.2020. Unter einem übersandte das Bundesverwaltungsgericht das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über die Russische Föderation vom 30.09.2019 sowie die ACCORD-Anfragebeantwortung zur Russischen Föderation "Strafen bei Wehrdienstverweigerung (Ignorierung einer Ladung zum Wehrdienst); l

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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