Entscheidungsdatum
24.02.2020Norm
BBG §40Spruch
W166 2226881-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 05.12.2019, mit welchem der Gesamtgrad der Behinderung auf Grund des Antrages vom 09.07.2019 auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass erhöht und neu festgesetzt wurde, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung im Ausmaß von 50 v.H., stellte am 09.07.2019 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass bzw. am 21.01.2019 einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO (Parkausweis) und legte diverse medizinische Beweismittel vor.
In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 19.04.2019, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, wurde Nachfolgendes ausgeführt:
"Anamnese:
1998 Z.n. Schulter-OP rechts, 2002 Z.n. Schulter-OP links, seit vielen Jahren ist ein Diabetes mellitus Typ II bekannt, außerdem degenerative Veränderungen in der Wirbelsäule, Coxarthrose beidseits, Bluthochdruck, COPD, Varikositas und 2004 Z.n. TURP bei Prostatahyperplasie, Z.n. Leistenbruch-OP links und Nabelbruch-OP
Derzeitige Beschwerden:
Schmerzen im LWS-Bereich ausstrahlend in das rechte Bein, zeitweise Taubheitsgefühl im rechten Bein
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Acecomb, Actos, Berodual, Daflon, Diabetex, Rosuvastatin, Spiolto Respimat, TASS, Trajenta, bei Bedarf Novalgin, Mexalen, 1 Stützkrücke
Sozialanamnese:
verheiratet, 2 erwachsene Kinder, Pensionist
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
28.08.2013 Bodyplethysmografie: FEV 1% FVC: 71,27%, 02.07.2013
Dermatologischer Befund, Dg.: Stammvarikose V. saph. magna li>re, V.a. Restless legs Syndrom, NIDDM II, 12.05.2004 KH XXXX , Urologie,
Dg.: Prostatahypertrophie, am 05.05.2004 TURP,
15.04.2002 KH XXXX , Dg.: Ruptur Rotatorenmanschette links, am 11.04.
Resektionsarthroplastik, Bicepssehnentomie li, 06.11.1998 KH XXXX , Unfallchirurgie, Dg.:
Rotatorenmanschettenläsion rechts, am 23.10 Arthroskopie,
Rotatorenmanschettenreinsertion und subacromiale Dekompression, 29.10.1957 KH
Baumgartner Höhe, Dg.: schwere deg. Veränd. der WS auf Grund einer primärer Organminderwertigkeit, nachgereichter Röntgenbefund vom 17.04.2019 LWS: geringe linkskonvexe Achsenabweichung der unteren LWS, mittelgradige Dikopathiezeichen L4-S1, diskrete Retrolisthese L3, deutliche Spondylose, deutliche Spondylarthrosen L4-S1,
Baastrup-Arthrosen L2 abwärts, Becken: Beckenschiefstand rechts -9mm, deutliche Coxarthrosezeichen beidseits mit Gelenkspaltverschmälerung und plumpen Osteophyten an den Pfannenrändern bds., mäßige fibroostosen an den beckenkämmen und großen Trochanteren, mittelgradige ISG-Arthrosen bds.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut
Ernährungszustand: adipös
Größe: 169,00 cm Gewicht: 94,00 kg Blutdruck: 135/80
Klinischer Status - Fachstatus:
79-jähriger Mann kommt mit 1 Stützkrücke gehend in Begleitung seiner Frau in meine Ordination. Caput/Collum: Optomotorik unauffällig, Pupillen rund isocor, reagieren prompt auf Licht, die einsehbaren Schleimhäute gut durchblutet, Zähne saniert. Thorax symmetrisch, Herzaktion rein rhythmisch normocard, Vesikuläratmung, keine pathologischen RGs auskultierbar. Abdomen weich eindrückbar, Leber am Rippenbogen, Milz nicht tastbar. Varikositas beide Beine, keine Hautstörungen, Durchblutung und grob neurologisch unauffällig.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Extremitäten: OE: beide Schultergelenke in allen Ebenen endlagig bewegungseingeschränkt, Nackengriff beidseits bis zum Occiput, Schürzengriff beidseits bis gluteal möglich, Faustschluss beidseits komplett, grobe Kraft beidseits gut, sonst die Gelenke altersentsprechend frei beweglich, UE: beide Hüftgelenke in allen Ebenen endlagig bewegungseingeschränkt, die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich, Hallux valgus links, WS: HWS in allen Ebenen endlagig bewegungseingeschränkt, BWS/LWS: Drehung und Seitneigung des Oberkörpers nach links und rechts mäßiggradig eingeschränkt, Lasegue beidseits negativ, Finger-Bodenabstand: Mitte Schienbein. Das Gangbild ohne Gehhilfe etwas kleinschrittig, und flüssig, Einbeinstand, Zehen- und Fersengang beidseits durchführbar.
Status Psychicus:
bewusstseinsklar, allseits orientiert, Stimmungslage euthym, Allgemeintempo von normaler Schnelligkeit, Gedächtnis und Konzentration unauffällig
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1 Cervikalsyndrom, degenerative Veränderungen in der Wirbelsäule mit Funktionseinschränkungen mittleren Grades und ohne neurologischen Defizit
2 Abnützungserscheinungen in beiden Hüftgelenken mit Funktionseinschränkung geringen Grades
3 Abnützungserscheinungen und Zustand nach Schulteroperation beidseits mit Funktionseinschränkung geringen Grades
4 Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II
5 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung, moderate Form
6 Krampfadern ohne Hautstörung
7 Bluthochdruck
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Leiden 2, 6 und 7 neu hinzugekommen, Zustand nach Prostataoperation erreicht keinen GdB, da daraus keine Funktionseinschränkung resultiert, Fehlsichtigkeit kann nicht eingeschätzt werden, da kein aktueller Visusbefund vorliegt.
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Einsteigen und Aussteigen sowie den sicheren Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln erheblich und dauerhaft einschränken. Ausreichende Gangsicherheit kann auch ohne Verwendung einer Gehhilfe festgestellt werden. Die Beschwerden vor allem im Bereich der Wirbelsäule und im rechten Bein führen zwar zu einer geringgradigen Einschränkung der Gehstrecke, das objektivierbare Ausmaß des Defizits kann jedoch eine maßgebliche Erschwernis der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichend begründen. Kurze Wegstrecken von etwa 300-400 m können alleine, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, ohne fremde Hilfe und ohne Pause zurückgelegt werden.
Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein- und Aussteigen möglich ist. Die Gesamtmobilität ist nicht wesentlich eingeschränkt, Kraft und Koordination sind gut. Im Bereich der oberen Extremitäten besteht zwar eine geringgradige Bewegungseinschränkung in beiden Schultergelenken, jedoch liegen keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor, das Erreichen von Haltegriffen und das Festhalten ist nicht eingeschränkt, sodass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein."
In einer weiteren von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Stellungnahme vom 13.05.2019 wurde Nachfolgendes ausgeführt:
"Herr XXXX erklärt sich mit dem Ergebnis vom 18.04.2019 nicht einverstanden, er beantragt die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel".
Die medizinischen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" werden nicht erfüllt, da keine maßgebliche Gehbehinderung vorliegt. Aus allgemeinmedizinischer Sicht ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar. Es liegen keine Befunde vor, die eine wesentliche Mobilitätseinschränkung objektivieren bzw. untermauern. Da bedarfsweise Schmerzmedikamente eingenommen werden, ist davon auszugehen, dass die Beschwerden nicht permanent in hohem Ausmaß bestehen und daher die Mobilität nicht andauernd maßgeblich eingeschränkt ist. Bezüglich der angeführten Schmerzen ist anzumerken, dass therapeutische Optionen hinsichtlich Intensivierung der konservativen Therapiemaßnahmen zur Behandlung des Stütz- und Bewegungsapparates bestehen. Die Wohnsituation mit nicht optimaler Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel kann bezüglich der Behinderung nicht berücksichtigt werden."
Da der Beschwerdeführer ergänzend medizinische Beweismittel vorlegte, wurde seitens der belangten Behörde eine weitere ärztliche Stellungnahme vom 14.08.2019 eingeholt, in welcher Nachfolgendes ausgeführt wurde:
"Stellungnahme bezgl. Zusatzeintragung unter Berücksichtigung des nachgereichten Befundes des KH XXXX , Innere Medizin, vom 02.08.2019: Dg: Koronare Eingefäßerkrankung, elektiv CAG bei bekannter KHK und De novo-AP: PCI des Ramus marginalis der CX, deutliche Wandunregelmäßigkeiten der RCA und LDA, Nebendiagnosen:
Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ 2, Hyperlipidämie, Adipositas, Rechtsschenkelblock, BPH, Lumboischialgie, Zusammenfassung: Herr XXXX wird zur elektiven Koronarangiographie, bei stabiler KHK, aufgenommen. Bei der Aufnahme ist der Patient beschwerdefrei. In der durchgeführten Koronarangiographie zeigt sich eine koronare Eingefäßerkrankung, es erfolgt die PCI des Ramus marginalis der CX. Es zeigen sich des Weiteren deutliche Wandunregelmäßigkeiten der RCA und LAD. Postinterventionell bleibt der Patient kardiorespiratorisch stabil. Da kein Hinweis auf maßgebliche Beeinträchtigung der Herzpumpleistung besteht, ist eine moderate körperliche Anstrengung möglich und somit auch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar."
Auf Grund weiterer vom Beschwerdeführer nachgereichter Befunde und zur Beurteilung des Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung wurde von der belangten Behörde ein weiteres allgemeinärztliches Sachverständigengutachten vom 03.10.2019 eingeholt, in welchem Nachfolgendes ausgeführt wurde:
"Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Es wurde am 18.04.2019 ein Gutachten wegen des Antrages der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" durchgeführt, es wurde am 13.05. und 14.08.2019 eine Stellungnahme unter Berücksichtigung nachgereichter Befunde verfasst.
Nun Aktengutachten wegen Antrag auf Neufeststellung des GdB
Laut Vorgutachten vom 18.04.2019: 1998 Z.n. Schulter-OP rechts, 2002 Z.n. Schulter-OP links, seit vielen Jahren ist ein Diabetes mellitus Typ II bekannt, außerdem degenerative Veränderungen in der Wirbelsäule, Coxarthrose beidseits, Bluthochdruck, COPD, Varikositas und 2004 Z.n. TURP bei Prostatahyperplasie, Z.n. Leistenbruch-OP links und Nabelbruch-OP
Pflegegeldgutachten vom 28.08.2019 (Stufe 1 befristet), Dg.:
Abnützungs- und Aufbrauchserscheinungen des STB bei Fehl-/Überbelastung durch Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck, Hyperlipidämie, KHK, Lumbalsyndrom, Untersuchungsbefund: ...
Herz/Lunge/Thorax/: Frequenz im Normbereich, rhythmische Aktion, kein Geräusch, normale Atemfrequenz, sonorer Klopfschall, verschärftes vesikuläres Atmen, kein Rasselgeräusch, Bauch:
unauffälliger Tast- und Abhorchbefund
Wirbelsäule: keine Klopf/Druckschmerzhaftigkeit, Formabweichung:
keine wesentlichen, Finger-Boden-Abstand im Sitzen - Sitzhöhe 40 (cm): Knöchelhöhe, im Stehen (cm): wegen Angst vor Schwindel nicht prüfbar
Obere Extremitäten: Nackengriff + Schürzengriff: bds nicht eingeschränkt, Faustschluss: beidseits möglich, Grobe Kraft/Sensibilität: o. B., FNV etwas ruckartig, zielgenau bds,
Untere Extremitäten: Im Sitzen (Sitzhöhe 40 cm) kann die linke UE mit leicht angewinkeltem Knie bis 30 cm vom Boden gehoben werden. Im Sitzen (Sitzhöhe 40 cm) kann die rechte UE mit leicht angewinkeltem
Knie bis 30 cm vom Boden gehoben werden. Ödeme: o. B. Ulzera: o. B. Alle Lagewechsel alleine, Schrittlänge = re 2x ü 1x Schuhlänge,
Gangbreite: unauffällig, Gangbild: ausreichend sicher mit Hilfsmittel
02.08.2019 KH XXXX , Innere Medizin, Dg.: Koronare Eingefäßerkrankung, elektive CAG bei bekannter KHK und De novo-AP:
PCI des Ramus marginalis der CX, deutliche Wandunregelmäßigkeiten der RCA und LAD, Nebendiagnosen: Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ 2, Hyperlipidämie, Adipositas, Rechtsschenkelblock, BPH, Lumboischialgie, Herr XXXX wird zur elektiven Koronarangiographie, bei stabiler KHK, aufgenommen. Bei der Aufnahme ist der Patient beschwerdefrei. In der durchgeführten Koronarangiographie zeigt sich eine koronare Eingefäßerkrankung, die erfolgt die PCI des Ramus marginalis der CX. Es zeigen sich des Weiteren deutliche Wandunregelmäßigkeiten der RCA und LAD. Postinterventionell bleibt der Patient kardiorespiratorisch stabil, es zeigen sich blande Wundverhältnisse an der Punktionsstellt der A.radialis rechts.
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:
Actos, Diabetex, Trajenta, Dancor, Adamon, Acecomb, Rosuvastatin, T-Ass, Plavix, Hydal, Spiolto, Krücken
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: Pos.Nr. Gdb %
1 Cervikalsyndrom, degenerative Veränderungen in der Wirbelsäule mit Funktionseinschränkungen mittleren Grades und ohne neurologischen Defizit 02.01.02 40
Oberer Rahmensatz, da maßgebliche Einschränkungen im Alltag 2 Abnützungserscheinungen in beiden Hüftgelenken mit Funktionseinschränkung geringen Grades 02.05.08 40
Oberer Rahmensatz, da alle Bewegungsebenen betroffen 3 Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus 09.02.01 30
Oberer Rahmensatz bei regelmäßiger Mehrfachmedikation 4 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung 06.06.02 30
Unterer Rahmensatz, da kein Hinweis auf häufige Infektazerbationen 5 Abnützungserscheinungen und Zustand nach Schulteroperation beidseits mit Funktionseinschränkung geringen Grades 02.06.02 20
6 Stabile Koronare Herzkrankheit 05.05.01 20
Oberer Rahmensatz bei Zustand nach erfolgreicher Gefäßdehnung 7 Krampfadern 05.08.01 10
Unterer Rahmensatz, da keine sonstigen Schäden 8 Bluthochdruck 05.01.01 10
Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird einerseits durch Leiden 2 bei ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung und andererseits durch Leiden 3 bis 6, da im Zusammenwirken klinisch relevant, um 2 Stufen erhöht, Leiden 7 und 8 erhöhen nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Beurteilung nach Einschätzungsverordnung (EVO), Vorgutachten von 03/2003 nach Richtsatzverordnung, Leiden 1 wird um 1 Stufe erhöht, Leiden 2, 6, 7 und 8 neu erfasst, Leiden 3 und 4 jeweils um 1 Stufe erhöht, Leiden 5 gleichbleibend, Leiden 1 und 5 im Vorgutachten nun in Leiden 1 zusammengefasst, der GesamtGdB wird um 1 Stufe erhöht
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
bezugnehmend auf die Untersuchung vom 18.04.2019 ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar: Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Einsteigen und Aussteigen sowie den sicheren Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln erheblich und dauerhaft einschränken. Ausreichende Gangsicherheit kann auch ohne Verwendung einer Gehhilfe festgestellt werden. Die Beschwerden vor allem im Bereich der Wirbelsäule und im rechten Bein führen zwar zu einer geringgradigen Einschränkung der Gehstrecke, das objektivierbare Ausmaß des Defizits kann jedoch eine maßgebliche Erschwernis der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichend begründen. Kurze Wegstrecken von etwa 300-400 m können alleine, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, ohne fremde Hilfe und ohne Pause zurückgelegt werden. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein- und Aussteigen möglich ist. Die Gesamtmobilität ist nicht wesentlich eingeschränkt, Kraft und Koordination sind gut. Im Bereich der oberen Extremitäten besteht zwar eine geringgradige Bewegungseinschränkung in beiden Schultergelenken, jedoch liegen keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor, das Erreichen von Haltegriffen und das Festhalten ist nicht eingeschränkt, sodass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? Nein."
Mit Schreiben vom 14.10.2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass das medizinische Ermittlungsverfahren einen Grad der Behinderung von 60 % ergeben habe und der Behindertenpass im Scheckkartenformat in den nächsten Tagen gesondert übermittelt würde.
Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer mit Begleitschreiben vom 05.12.2019 den Behindertenpass im Scheckkartenformat mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 v.H.
Mit Bescheid vom 03.12.2019 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.
Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht Beschwerde.
Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 20.12.2019 vorgelegt.
Da aus der vom Beschwerdeführer rechtzeitig erhobenen Beschwerde vom 12.12.2019 nicht eindeutig nachvollziehbar war, gegen welchen der beiden Bescheide der Beschwerdeführer eine Beschwerde einbringen wollte, wurde ihm mit Schreiben vom 16.01.2020 gemäß § 13 Abs. 3 AVG ein Mängelbehebungsauftrag erteilt und kam er diesem mit Schreiben vom 23.01.2020, ho. eingelangt am 27.01.2020, nach.
Darin führte er erklärend aus, die Beschwerde beziehe sich auf beide Bescheide, die Erhöhung des GdB von 50 v.H. auf 60 v.H. erachte der Beschwerdeführer nach mehreren Operationen als zu gering, und mit öffentlichen Verkehrsmittel könne er nicht fahren, da die Busse nur in längeren Intervallen fahren und er nicht stundenlang herumstehen und warten könne. Er sei froh, wenn er sich mit Krücken in der Wohnung bewegen könne. Mit der Beschwerde legte er medizinische Beweismittel vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer war seit 29.04.2003 im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung im Ausmaß von 50 v.H.
Der Beschwerdeführer stellte am 09.07.2019 einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Beim Beschwerdeführer liegen folgende Funktionseinschränkungen vor:
1 Cervikalsyndrom, degenerative Veränderungen in der Wirbelsäule mit Funktionsein-schränkungen mittleren Grades und ohne neurologischen Defizit 02.01.02 40
2 Abnützungserscheinungen in beiden Hüftgelenken mit Funktionseinschränkung geringen Grades 02.05.08 40
3 Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus 09.02.01 30
4 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung 06.06.02 30
5 Abnützungserscheinungen und Zustand nach Schulteroperation beidseits mit Funk-tionseinschränkung geringen Grades 02.06.02 20
6 Stabile Koronare Herzkrankheit 05.05.01 20
7 Krampfadern 05.08.01 10
8 Bluthochdruck 05.01.01 10
Leiden 1 wird einerseits durch das Leiden 2 bei ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung und andererseits durch Leiden 3 bis 6, da im Zusammenwirken klinisch relevant, um zwei Stufen erhöht. Leiden 7 und 8 erhöhen nicht, da sie von zu geringer funktioneller Relevanz sind.
Im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2003 wird im aktuellen Gutachten vom 03.10.2019 Leiden 1 um eine Stufe erhöht, Leiden 2, 6, 7 und 8 werden neu erfasst, Leiden 3 und 4 werden jeweils um 1 Stufe erhöht, Leiden 5 ist gleichbleibend, Leiden 1 und 5 im Vorgutachten werden nun in Leiden 1 zusammengefasst, und insgesamt wird der Gesamtgrad der Behinderung um eine Stufe - von 50 v.H. auf 60 v.H. erhöht
Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt nunmehr 60 v.H.
Dem Beschwerdeführer wurde am 05.12.2019 ein Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 v.H. ausgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Einbringung des Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere dem darin einliegenden Antragsformular des Beschwerdeführers.
Die Feststellungen zu den Funktionseinschränkungen und zum Gesamtgrad der Behinderung basieren auf dem von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 03.10.2019, basierend auf der persönlichen Untersuchung vom 18.04.2019 und den vorgelegten medizinischen Beweismitteln.
Die allgemeinmedizinische Sachverständige stellte in ihrem Gutachten vom 03.10.2019 - im Vergleich zum GdB von 50 v.H. im Vorgutachten aus dem Jahr 2003 - einen Grad der Behinderung (GdB) von 60 v.H. fest.
Diesbezüglich hat die ärztliche Sachverständige festgestellt, dass Leiden 1 "Cervikalsyndrom, degenerative Veränderungen in der Wirbelsäule mit Funktionseinschränkungen mittleren Grades und ohne neurologisches Defizit" um eine Stufe erhöht wird, Leiden 2 "Abnützungserscheinungen in beiden Hüftgelenken mit Funktionseinschränkungen geringen Grades", Leiden 6 "Stabile koronare Herzkrankheit", Leiden 7 "Krampfadern" und Leiden 8 "Bluthochdruck" neu erfasst werden, Leiden 3 "Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus", und Leiden 4 "Chronisch obstruktive Lungenerkrankung" jeweils um eine Stufe erhöht werden, Leiden 5 "Abnützungserscheinungen und Zustand nach Schulteroperation" gleichbleibend ist, und Leiden 1 und 5 aus dem Vorgutachten (Degenerative Wirbelsäulenveränderungen und Cervicolumbalsyndrom) nun in Leiden 1 zusammengefasst werden.
Insgesamt wird Leiden 1 einerseits durch das Leiden 2 bei ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung und andererseits durch Leiden 3 bis 6 - da im Zusammenwirken klinisch relevant - um zwei Stufen erhöht. Leiden 7 und 8 erhöhen nicht, da sie von zu geringer funktioneller Relevanz sind.
Die vom Beschwerdeführer anlässlich der Beschwerde eingebrachten medizinischen Beweismittel wurden im Verfahren bereits vorgelegt bzw. sind die darin enthaltenen Diagnosen bekannt, und wurden von der medizinischen Sachverständigen beurteilt und in den entsprechenden Leiden eingeschätzt.
Nach neuerlicher ärztlicher Begutachtung wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung - wie bereits umfassend dargelegt - nachgekommen.
Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde keine Einwendungen erhoben, welche das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften vermochten bzw. hat auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet welches dazu führen könnte, dass die Funktionseinschränkungen - und der sich daraus bereits ergebende neu festgesetzte Grad der Behinderung von 50 v.H. auf 60 v.H. - einen noch höheren Grad der Behinderung als 60 v.H. bedingen sollte. Die ist für das erkennende Gericht nicht ersichtlich.
Der Beschwerdeführer ist dem ärztlichen Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten oder eine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der Sachverständigen unschlüssig oder unzutreffend seien.
Das ärztliche Sachverständigengutachten vom 03.10.2019 ist vollständig, schlüssig und frei von Widersprüchen und es bestehen seitens des Bundesverwaltungsgerichtes keine Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtensergebnisses und der erfolgten Beurteilung der ärztlichen Sachverständigen. Das Sachverständigengutachten vom 03.10.2019 wurde daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Antragstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzu-ständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwer-de (§9 Abs. 1 Z3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde
Gemäß § 40 Abs. 1 Bundesbehindertengesetz (BBG) ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. 2r. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hierzu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers /§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorgesehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 35 Abs. 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und weder der Steuerpflichtige nach sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag gemäß Abs. 3 leg. cit. zu.
Gemäß § 35 Abs. 2 EStG bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hierfür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 162/2010, die die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständige Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
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der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947)-
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Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
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In allen übrigen Fällen sowie beim Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Arten das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; diese hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung diese Bestimmungen ergangen Bescheid zu erstellen.
Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 (Einschätzungsverordnung), lauten:
Behinderung
§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Grad der Behinderung
§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gesamtgrad der Behinderung
§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
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sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
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zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, wurden die Leiden des Beschwerdeführers entsprechend der Anlage zur Einschätzungsverordnung von einer ärztlichen Sachverständigen mit einem Gesamtgrad der Behinderung im Ausmaß von 60 v.H. eingestuft, und der Gesamtgrad der Behinderung damit begründet, dass Leiden 1 (40 v.H.) einerseits durch das Leiden 2 bei ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung und andererseits durch Leiden 3 bis 6 - da im Zusammenwirken klinisch relevant - um zwei Stufen erhöht. Leiden 7 und 8 erhöhen nicht, da sie von zu geringer funktioneller Relevanz sind.
Grundlage der Einschätzung
§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
Betreffend die beim Beschwerdeführer vorliegenden Leiden ist der Anlage zur Einschätzungsverordnung Nachfolgendes zu entnehmen:
"02 Muskel - Skelett - und Bindegewebssystem
Haltungs- und Bewegungsapparat
Allgemeine einschätzungsrelevante Kriterien: Beweglichkeit und Belastbarkeit - den allgemeinen Kriterien der Gelenksfunktionen, der Funktionen der Muskel, Sehen, Bänder und Gelenkskapsel sind gegenüber den alleinigen Messungen des Bewegungsradius eine stärkere Gewichtung zu geben. Entzündungsaktivität (Schmerzen, Schwellung). Bei radiologischen Befunden ist die Korrelation mit der klinischen Symptomatik für die Einschätzung relevant. Ausmaß der beteiligten Gelenke, Körperregionen und organische Folgebeteiligung.
02.01.02 Funktionseinschränkungen mittleren Grades 30 - 40 %
Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd maßgebliche radiologische Veränderungen andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika Beispiel:
Bandscheibenvorfall ohne Wurzelreizung (pseudoradikuläre Symptomatik)
30 %: Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, maßgebliche radiologische Veränderungen andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika
40 %: Rezidivierend und anhaltend, Dauerschmerzen eventuell episodische Verschlechterungen, maßgebliche radiologische und/oder morphologische Veränderungen maßgebliche Einschränkungen im Alltag
Hüftgelenke
02.05.08 Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig 20 - 40 %
Streckung/Beugung bis zu 0-10-90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit
09.02 Diabetes mellitus Eine Unterscheidung in insulinpflichtigen und nicht insulinpflichtigen Diabetes mellitus ist wegen der unterschiedlichen Handhabung notwendig. Die Insulinapplikation beeinträchtigt den Tagesablauf (insbesondere im Erwerbsleben) mehr als eine rein orale Einstellung mit Antidiabetika.
09.02.01 Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus 10 - 30 %
10 %: Bei Kostbeschränkung ohne Medikation
20 - 30 %: Je nach Ausmaß der medikamentösen Therapie und des HbA1c
Wertes
06.06 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
06.06.02 Moderate Form - COPD II 30 - 40 %
Verschlechterung der Ventilation (FEV1/FVC 50% - 80%) und Fortschreiten der Symptome
02.06 Obere Extremitäten
Bei Verlust oder Teilverlust des primären Gebrauchsarms ist nach Abschluss der Rehabilitation und einer Adapatierungsphase eine unzureichende Anpassung zu berücksichtigen, der GdB um 10% anzuheben und zu begründen. Schultergelenk, Schultergürtel Instabilität (habituelle Luxation) ist entsprechend dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen und der Häufigkeit einzuschätzen.
02.06.02 Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig 20 %
Abduktion und Elevation bis maximal 120° mit entsprechender Einschränkung der Außen- und Innenrotation
05.05 Koronare Herzkrankheit
05.05.01 Keine signifikante Herzkranzgefäßverengung bei klinischer Symptomatik 10 - 20 %
Angina pectoris-Beschwerden
Keine signifikante Gefäßverengung nachzuweisen
05.08 Venöses und lymphatisches System: Lymphödem nach Operationen (z.B. Mammacarcinom, Entfernung inguinaler Lymphknoten etwa wegen fortgeschrittenen Melanoms) ist im Rahmen der Grundkrankheit einzuschätzen und wirkt als erhöhender Faktor innerhalb des Rahmensatzes. Besenreiser begründen keinen GdB
05.08.01 Funktionseinschränkung leichten Grades 10 - 40 %
10 %: Sichtbare Varizen ohne sonstige Schäden
05.01 Hypertonie
Liegt eine schwerere (über mäßig hinausgehende) Hypertonie vor, stehen die Folgeerkrankungen weit im Vordergrund. Es sind folglich diese Funktionseinschränkungen einzuschätzen. Die ursächliche Hypertonie ist bei dieser Einschätzung dann mit umfasst.
05.01.01 Leichte Hypertonie 10 %."
In dem gegenständlichen ärztlichen Sachverständigengutachten, das auch vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wurde, wurde der Grad der Behinderung - im Vergleich zum Vorgutachten (GdB 50 v.H.) - nunmehr antragsgemäß neu festgesetzt und mit 60 v.H. eingeschätzt, und dem Beschwerdeführer wurde daher seitens der belangten Behörde ein Behindertenpass mit einem GdB von 60 v.H. ausgestellt.
Dass die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers einen höheren Grad der Behinderung als 60 v.H. bedingen sollten, ist für das erkennende Gericht - wie bereits dargelegt - nicht ersichtlich.
Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Beurteilung des Grades der Behinderung in Betracht kommt.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl. VwGH vom 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083).
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarere verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs.4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall wurde der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und unter Zugrundelegung medizinischer Beweismittel nach den Bestimmungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung eingeschätzt, und wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nachgekommen. Der Beschwerdeführer erhob keine substantiierten Einwendungen in seiner Beschwerde, welche eine weitere Erhöhung des Grades der Behinderung rechtfertigten könnten, und zeigte sich das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten als vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei. Für das Bundesverwaltungsgericht ergaben sich keine weiteren Fragen an den Beschwerdeführer oder an die befasste Sachverständige und ist der Sachverhalt als geklärt anzusehen, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entgegen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer in der Beschwerde auch nicht beantragt.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverw