Entscheidungsdatum
28.02.2020Norm
AlVG §24Spruch
W198 2228490-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Josef HERMANN und Mag. Rudolf NORTH als Beisitzer in der Beschwerdesache von Mag. iur. XXXX , XXXX Wien, gegen den Bescheid (Beschwerdevorentscheidung) des Arbeitsmarktservice Wien Währinger Gürtel vom 21.01.2020, GZ: XXXX , in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Währinger Gürtel, im Folgenden belangte Behörde, hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.10.2019 das Arbeitslosengeld für den Zeitraum von 01.07.2018 bis 09.09.2018 gemäß §24 Abs. 2 AlVG widerrufen und das zu Unrecht Empfangene iHv € 3.187,19 (= € 44,89 x 71 T) rückgefordert. Dies mit der Begründung, dass Mag. iur. XXXX , im Folgenden Beschwerdeführerin, bis 30.06.2018 in einer vollversicherten (freien) Beschäftigung bei der XXXX gestanden ist und innerhalb eines Monats (ab 01.07.18) beim selben Dienstgeber eine geringfügige (freie) Beschäftigung aufgenommen hat, weshalb sie gemäß §12 Abs 3 lit h AlVG ab 01.07.18 nicht als arbeitslos gelte. Dieser Bescheid enthielt die Rechtsbelehrung, dass "gegen diesen Bescheid binnen vier Wochen nach Zustellung (= Beschwerdefrist) schriftlich bei der oben angeführten regionalen Geschäftsstelle die Beschwerde eingebracht werden kann."
2. Der angefochtene Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 16.10.2019 per eAMS übermittelt, am 17.10.2019 empfangen und am 18.10.2019 gelesen (zugestellt).
3. Am 20.11.2019 brachte die Beschwerdeführerin eine Beschwerde (Schriftsatz, der von der belangten Behörde bereits als solche gewürdigt wurde) per eAMS bei der belangten Behörde ein.
4. Am 29.11.2019 brachte die Beschwerdeführerin einen weiteren Schriftsatz, tituliert als "Beschwerde", per E-Mail bei der belangten Behörde ein.
4. Mit angefochtener Beschwerdevorentscheidung vom 21.01.2020, wies die belangte Behörde die Beschwerde als verspätet zurück. Beweiswürdigend wurde der erhobene verfahrensrelevante Sachverhalt wiedergegeben. In der rechtlichen Beurteilung zitiert die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des AlVG, VwGVG, AVG und des Zustellgesetzes. Die Beschwerdevorentscheidung wurde am 23.01.2020 durch Hinterlegung zugestellt.
5. Die Beschwerdeführerin stellte fristgerecht (per E-Mail an die belangte Behörde am 27.01.2020) einen Vorlageantrag.
6. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss des Verwaltungsaktes am 12.02.2020 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die belangte Behörde hat die notwendige Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes ausreichend durchgeführt. Auf dieser Grundlage werden folgende Feststellungen getroffen und der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt:
Der Beschwerdeführerin wurde der angefochtene Bescheid vom 16.10.2019 per eAMS übermittelt, am 17.10.2019 empfangen und am 18.10.2019, einem Freitag, gelesen (zugestellt).
Im angefochtenen Bescheid wird in der Rechtsmittelbelehrung auf die 4-wöchige Beschwerdefrist ab Zustellung hingewiesen.
Die 4-wöchige Beschwerdefrist endete am Freitag, den 15.11.2019.
Die Beschwerde wurde am 20.11.2019, sohin verspätet, eingebracht.
Die Beschwerdeführerin ist weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 18.10.2019 entgegengetreten, die Zustellung an diesem Tag ist unstrittig.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien Verwaltungsakt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt.
Der Zustellung des angefochtenen Bescheides per eAMS ergibt sich aus dem vorgelegten Sendeprotokoll (Anhang 67 des vorgelegten Verwaltungsaktes). Da die Beschwerdeführerin weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 18.10.2019 entgegengetreten ist, sie dazu schlichtweg nichts bemerkt, kann davon ausgegangen werden, dass die Zustellung an diesem Tag unstrittig ist.
Das Datum des Einlangens des von der belangten Behörde bereits als Beschwerde gewürdigten Schriftsatzes am 20.11.2019 ergibt sich eindeutig aus den Anhängen 3 und 42 des vorgelegten Verwaltungsaktes, die jeweils den Nachrichteneingang aus dem eAMS Konto der Beschwerdeführerin an eben diesem Tag bei der belangten Behörde belegen. An dieser Stelle ist auch beweiswürdigend festzuhalten, dass die belangte Behörde bereits diesen Schriftsatz vom 20.11.2019 zu Gunsten der Beschwerdeführerin als Beschwerde gewürdigt hat, wenngleich sie diesen Schriftsatz auch als bloße Unmutsäußerung hätte würdigen können. Hätte die belangte Behörde erst den per E-Mail eingebrachten Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 29.11.2019 als Beschwerde gewürdigt, was nicht ausgeschlossen gewesen wäre, zumal dieser erstmals auch als solche tituliert wurde, wäre dieser Schriftsatz erst recht als verspätet eingebracht zurückzuweisen gewesen.
Die belangte Behörde hat in der Beschwerdevorentscheidung ausführlich die Verspätung der Beschwerde dargestellt, die Beschwerdeführerin hat dazu im Vorlageantrag vorgebracht, dass sie sich sofort nach Erhalt des gegenständlichen Bescheides mittels Mail über die AMS-Website beschwert hätte. Dies lässt sich aber den chronologischen EDV-Aufzeichnungen der belangten Behörde, welche Anhang 62 des vorgelegten Verwaltungsaktes zu entnehmen sind, nicht belegen. Darüber hinaus erschöpft sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin in diesem Punkt in der bloßen Behauptung, die jegliches Beweisangebot diesbezüglich, geschweige denn eines Nachweises, vermissen lässt.
Schlichtweg unverständlich ist das Vorbringen der (juristisch gebildeten, was sich aus dem ZMR sowie ihrem Lebenslauf ableiten lässt, in denen jeweils der akademische Grad "Mag. iur." ersichtlich ist) Beschwerdeführerin, dass sie von der belangten Behörde keinerlei Informationen erhalten hätte, wo und wie die Beschwerde einzubringen wäre. Zum einen ist dies der, auch für juristische Laien verständlichen, Rechtsmittelbelehrung des Bescheides vom 16.10.2019 unzweifelhaft zu entnehmen. Zum anderen wurde der Beschwerdeführerin bereits im Verwaltungsverfahren mehrmals ausführlich die Sach-und Rechtslage erklärt, ihr zusätzlich am 10.10.2019 auch die Mailadresse des AMS Währinger Gürtel mitgeteilt und sie abschließend auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie bei der Geschäftsstelle eine schriftliche Beschwerde einbringen könne (dies ergibt sich insbesondere aus den Anhängen 25 und 26 des vorgelegten Verwaltungsaktes).
Darüber hinaus gehend hat die Beschwerdeführerin kein Vorbringen erstattet, sie hat sich zu dem festgestellten Sachverhalt sowie den daraus resultierenden rechtlichen Folgen weiters nicht substantiiert auseinandergesetzt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Eine mündliche Verhandlung wurde von den Parteien nicht beantragt. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG für nicht erforderlich, da der Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde sowie den zur Beweiswürdigung herangezogenen Beweismitteln geklärt erscheint. Eine mündliche Erörterung lässt die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Artikel 6 Absatz 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010, S. 389, entgegen. Im Beschwerdefall ergibt sich die Verspätung aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wird diese auch nicht weitergehend als beweiswürdigend festgehalten bestritten, weshalb keine mündliche Verhandlung erforderlich war. Vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 29.April 2015, Zl. Ro 20015/08/0005.
Zu A): Abweisung der Beschwerde:
Gesetzliche Bestimmungen in der Sache:
Die Bescheidbeschwerde ist schriftlich (in Form eines Schriftsatzes) bei der belangten Behörde einzubringen (§ 12 VwGVG).
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.
Gemäß § 17 VwGVG iVm § 32 Abs. 1 AVG, BGBl. 51/1991 idaF, wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.
Gemäß § 17 VwGVG iVm § 32 Abs. 2 AVG, BGBl. 51/1991 idaF enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats."
Der beschwerdegegenständliche Bescheid der belangten Behörde vom 16.10.2019 wurde der Beschwerdeführerin unstrittig am 18.10.2019, einem Freitag, zugestellt.
Die Beschwerdefrist betrug vier Wochen. Sie begann daher am Freitag, den 18.10.2019, zu laufen und endete gemäß § § 7 Abs. 4 VwGVG iVm § 32 Abs. 1, Abs. 2 AVG, BGBl. 51/1991 idaF. am Freitag, den 15.11.2019. Die Beschwerdeführerin brachte ihre Beschwerde per eAMS am 20.11.2019 bei der belangten Behörde ein. Aufgrund des Ablaufes der vierwöchigen Beschwerdefrist wurde die Beschwerde daher verspätet eingebracht.
Der Bescheid (Beschwerdevorentscheidung vom 21.01.2020) war daher zu bestätigen und die Beschwerde gegen den zurückweisenden Bescheid spruchgemäß zu entscheiden. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).
Zu B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Im gegenständlichen Fall existiert eine fallbezogene einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Beginn einer Frist, der Berechnung von Fristen und der rechtsrichtigen Zustellung. Die gegenständliche Entscheidung stützt sich ohne Abweichung auf diese Judikatur.
Schlagworte
Rechtsmittelfrist, Verspätung, ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W198.2228490.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.04.2020