Entscheidungsdatum
28.02.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W132 2225963-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:
Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat der Beschwerdeführerin am 01.04.1998 einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe von 60 vH eingetragen sowie die Zusatzeintragung "Die Inhaberin des Behindertenpasses ist gehbehindert" vorgenommen.
2. Die Beschwerdeführerin hat am 28.08.2019 bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung (StVO) gestellt, welcher auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gilt, sofern die antragstellende Partei nicht bereits im Besitz eines solchen ist.
2.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 15.10.2019, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorlägen.
2.2. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG am 23.10.2019 erteilten Parteiengehörs hat die Beschwerdeführerin ohne Vorlage weiterer Beweismittel im Wesentlichen vorgebracht, dass sie ohne Hilfe ihres Mannes keine Erledigungen durchführen könne. Ihre Gehfähigkeit sei seit 10 Jahren so eingeschränkt, dass sie Strecken von etwa 50m nicht ohne Hilfe bewältigen könne. Der Rollator sei ihr vom Hausarzt verschrieben worden, und sie habe einen Zuschuss dazu von der Krankenkasse erhalten. Zu Hause könne sie Stufen bewältigen, aber unterwegs habe sie immer den Rollator mit, mit welchem sie weder Stufen bewältigen noch Rolltreppe fahren könne. Die Lifte bei der ÖBB oder in Wien seien oft wochenlang außer Betrieb. Zu Arztbesuchen in Wien müsse sie ihren Mann mitnehmen, der ihr den Rollator über Treppen trage, das sie sonst mit dem Rollator auf der Rolltreppe zu Sturz käme. Zehen- und Fersenstand könne sie nicht durchführen. Wenn ihr Mann krank sei, könne sie ihre Termine gar nicht wahrnehmen.
2.3 Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde vom bereits befassten Sachverständigen, Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, eine mit 21.11.2019 datierte medizinischen Stellungnahme mit dem Ergebnis eingeholt, dass weder die erhobenen Einwendungen, noch die vorgelegten Beweismittel geeignet seien, eine geänderte Beurteilung zu begründen.
2.4. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
In der Bescheidbegründung wurde von der belangten Behörde ergänzend angemerkt, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29 Straßenverkehrsordnung nicht abgesprochen werde, da die grundsätzlichen Voraussetzungen dafür, nämlich die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" im Behindertenpass, nicht vorlägen.
Die der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverständigengutachten wurden dem Bescheid in Kopie beigelegt.
3. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sie auch einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses stelle, da sie keinen Behindertenpass habe, in welchem eine Zusatzeintragung möglich wäre. Es sei nicht auf die von ihr vorgebrachten, ausführlichen Informationen eingegangen worden. Es sei ihr auf Grund ihrer Körpergröße von 1,40 und ihres Alters nicht möglich, mit einem Rollator Treppen oder Rolltreppen zu bewältigen. Den Rollator brauche sie auch bei nur 400 m, weil sie sonst eine Schonhaltung einnehmen müsse, die ihr schade. Auch seien es 800 m bis zum Bahnhof. Im Supermarkt brauche sie einen Einkaufswagen als Gehhilfe. Bevor sie den Rollator bekommen habe, habe sie nach der Gehstrecke zum Bahnhof heftige Schmerzen in der Wirbelsäule gehabt, und es sei ihr ca. ein Monat lang nicht möglich gewesen, einen Gegenstand zu greifen. Ohne Rollator komme sie nicht zum Bahnhof. Mit dem Rollator könne sie öffentliche Verkehrsmittel nicht benützen, da sie weder Stiegen noch Rolltreppen damit bewältigen könne. Die U-Bahnen seien so voll, dass sie nicht zu einem Behindertensitz komme.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich die Beschwerdeführerin mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.
Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin am 01.04.1998 einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt.
1.2. Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
1.2.1. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
Allgemeinzustand gut. Ernährungszustand gut. Caput/Collum: Keine Lippenzyanose, keine Halsvenenstauung. Sensorium: Umgangssprache wird problemlos verstanden. Haut und Schleimhäute unauffällig. Hals unauffällig, keine Einflussstauung, Narbe nach STREK.
Thorax/Abdomen: Symmetrisch, elastisch. Lunge: Sonorer Klopfschall, Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe beim Gang im Zimmer. Herz: Reine Herzgeräusche, rhythmisch, normfrequent.
Abdomen: Im Thoraxniveau.
Wirbelsäule: HWS: Endlagige Bewegungseinschränkung, KJA 1cm. BWS:
Streckhaltung, Rotation und Seitwärtsneigung ca 1/2 eingeschränkt.
LWS: Endlagige Bewegungseinschränkung FBA 10cm.
Obere Extremitäten: Trophik und Tonus seitengleich normal, grobe Kraft beidseits nicht signifikant vermindert. Schultergelenk rechts und links: seitliches Anheben 140°, Anheben nach vorne 160°. Nacken- und Schürzengriff beidseits möglich. Hand und Fingergelenke keine signifikanten Funktionseinschränkungen bei leichten Auftreibungen der DIP Gelenke und der Grundgelenke rechter Strahl 3+4. Feinmotorik und Fingerfertigkeit altersentsprechend. Der Pinzettengriff ist beidseits mit allen Fingern möglich. Der Faustschluss ist beidseits mit allen Fingern möglich.
Untere Extremitäten: Grobe Kraft nicht signifikant vermindert.
Hüftgelenk rechts und links: Beugung 90°, Rotation 30-0-30°.
Kniegelenke rechts und links: 0-0-110° TEP. Sprunggelenke beidseits endlagig eingeschränkt. Beidseits Zustand nach Spitzfuß-OP bei funktionell befriedigendem OP-Ergebnis. Fußheben und Fußsenken beidseits durchführbar. Zehenstand und Fersenstand beidseits möglich. Fußpulse beidseits palpabel. Keine Ödeme beidseits, keine relevante Varicositas, keine postthrombotischen Veränderungen.
Status Psychicus: Zeitlich, örtlich und zur Person orientiert. Wirkt in der Kommunikation unauffällig. Die Stimmungslage ist normal. Aufmerksamkeit und Konzentration scheinen nicht beeinträchtigt. Merkfähigkeit scheint unauffällig.
Grob neurologisch unauffällig. Störungen der Sensibilität werden keine angegeben.
Art der Funktionseinschränkungen:
-
Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule
-
Zustand nach Spitzfußoperation beidseits
-
Zustand nach Endoprothesenoperation beide Kniegelenke
-
Degenerative Gelenksabnützungen
1.2.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Die Beschwerdeführerin kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen, eine kurze Wegstrecke (ca. 300 m - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, gegebenenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, ohne maßgebende Unterbrechung zurücklegen, bzw. wird durch die Verwendung allenfalls erforderlicher Behelfe die Benützung des öffentlichen Transportmittels nicht in hohem Maße erschwert. Die dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht maßgebend auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens aus. Der sichere und gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich eingeschränkt.
Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich - auch im Zusammenwirken - nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
Es liegen weder erhebliche dauerhafte Einschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates noch der körperlichen Leistungsfähigkeit vor.
Die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule erreichen auch im Zusammenwirken mit den degenerativen Gelenksveränderungen, dem Zustand bei Knieendoprothese beidseits und dem Zustand nach Spitzfußoperation, kein Ausmaß, welches das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln maßgebend behindern würde. Es ist eine für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausreichende Funktionsfähigkeit des Stütz- und Bewegungsapparates gegeben.
Die Beschwerdeführerin ist ausreichend in der Lage, sich fortzubewegen.
Das Gangbild ist nur leicht links hinkend. Die Funktionsfähigkeit der oberen Extremitäten ist unauffällig. Das Festhalten beim Ein- und Aussteigen ist hinreichend möglich, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit der Beschwerdeführerin sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten sind ausreichend. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein- und Aussteigen gewährleistet sind.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer behinderungsbedingt auf die Verwendung eines Rollators angewiesen ist.
Ein Ausmaß an Schmerzen, welches eine wesentliche Gangbildbeeinträchtigung und Gangleistungsminderung für kurze Wegstrecken nach sich zieht, oder das Festhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln gravierend erschwert, kann nicht festgestellt werden.
Bei der Beschwerdeführerin liegen auch keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder der Sinnesfunktionen vor, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die eingeholten und vorgelegten Beweismittel:
Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX ist vollständig, schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel umfassend Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, der befasste Sachverständige hat sich damit eingehend auseinandergesetzt. Die Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein aktuell höheres Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.
Die Beurteilung der Mobilität der Beschwerdeführerin als ausreichend, begründet Dr. XXXX nachvollziehbar und überzeugend im Einklang mit dem Untersuchungsbefund. Die Auswirkungen der festgestellten Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erörtert der Sachverständige umfassend und begründet seine Schlussfolgerungen nachvollziehbar, dass weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der Extremitäten, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit bestehen.
Er fasst die diesbezüglichen Defizite dahingehend zusammen, dass bei bestehender Knie TEP beidseits, degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und der Hüftgelenke, der festgestellte Bewegungsumfang ausreichend ist, um Stufen zu überwinden und kurze Gehstrecken zurückzulegen, wobei darüber hinaus keine relevante muskuläre Schwäche vorliegt. Somit konnten bei der Beschwerdeführerin Bewegungsumfänge objektiviert werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht erheblich erschweren und welche das behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung eines Rollators nicht ausreichend begründen können. Die im Gutachten angeführten Diagnosen wurden von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten.
So wird im ärztlichen Entlassungsbericht des SKA-RZ Bad Ischl vom 03.10.2012 beschrieben, dass die Knie TEP der Beschwerdeführerin auch über weitere Strecken ohne Gehilfe großteils beschwerdefrei belastbar war, das Stiegensteigen hinauf und hinunter alternierend möglich war, und Schmerzmittel während des Aufenthaltes nicht benötigt wurden. Ebenso beschreiben die durchgeführten Kontrollröntgen vom 26.08.2013 und 27.08.2015 eine unauffällige Verlaufskontrolle ohne Lockerungszeichen beidseits.
Die im Röntgenbefund vom 28.09.2017 beschriebenen Veränderungen der Wirbelsäule und des Beckens wurden vom befassten Sachverständigen bei der Gutachtenerstellung berücksichtigt. Hinzuzufügen ist diesbezüglich, dass bei radiologischen Befunden lediglich die Korrelation mit der klinischen Symptomatik relevant für die Beurteilung ist. Der vorgelegte Befund enthält aber keinen klinischen Befund und kommt ihm daher mangels Beschreibung von Funktionsdefiziten keine Aussagekraft zu. Es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde, und er enthält auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind. Im Gegensatz dazu hat im Rahmen der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin der befasste Sachverständige einen umfassenden klinischen Befund des gesamten Stütz- und Bewegungsapparates erhoben und bewertet. Daraus geht unzweifelhaft hervor, dass sich die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden orthopädischen Leidenszustände nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel auswirken.
Sollte die Beschwerdeführerin zur subjektiven Erhöhung der persönlichen Sicherheit einen Rollator verwenden, bleibt ihr dies unbenommen. Es kann daraus aber nicht das behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung dieses Hilfsmittel abgeleitet werden. So konnte im Rahmen der Untersuchung objektiviert werden, dass keine erheblichen Einschränkungen der oberen Extremitäten vorliegen, der Kinn-Jugulum Abstand nur 1 cm betrug, an der Lendenwirbelsäule - bei einem Finger-Boden-Anstand von 10 cm - eine nur endlagige Bewegungseinschränkung besteht, und die Brustwirbelsäule zwar in der Rotation und Seitneigung um ca. die Hälfte eingeschränkt ist, dies aber bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel keine Auswirkungen zeitigt, welche deren Benützung maßgeblich einschränken würden.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, der Zehen- Fersengang sei nicht geprüft worden ist festzuhalten, dass weder beim Erreichen noch bei der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln das Erfordernis besteht, auf Zehen oder Fersen zu gehen, wodurch diesem Vorbringen keine Relevanz zukommt.
Auf ein Ausmaß der Schmerzen, welches eine wesentliche Gangbildbeeinträchtigung und Gangleistungsminderung für kurze Wegstrecken nach sich ziehen oder das Festhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln gravierend erschweren würde, kann weder auf Grund des im Rahmen der Untersuchung objektivierten Bewegungsumfanges noch auf Grund der von der Beschwerdeführerin angegebenen ständig einzunehmenden Medikation - welche kein Schmerzmittel enthält - geschlossen werden.
Zusammenfassend hält der befasste Sachverständige im Einklang mit dem Untersuchungsbefund nachvollziehbar und schlüssig fest, dass bei der Beschwerdeführerin ohne Verwendung eines Hilfsmittels ein links nur leicht hinkendes Gangbild vorliegt, wodurch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 - 400 m aus eigener Kraft ohne Unterbrechung möglich ist, das Überwinden von Niveauunterschieden sowie das Be- und Entsteigen von öffentlichen Verkehrsmitteln sowie die sichere Beförderung in diesen, nicht auf erhebliche Weise erschwert wird.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, von psychischen, neurologischen oder intellektueller Fähigkeiten oder der Sinnesfunktionen, oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems konnten im Rahmen der persönlichen Untersuchung nicht objektiviert werden und wurden von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.
Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.
Das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorliegenden Beweismitteln kein überzeugender Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Die Beschwerdeführerin ist dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten weder auf gleicher fachlicher Ebene noch sonst substantiiert entgegengetreten.
Dem Gutachten eines Sachverständigen kann zwar auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegengetreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten eines Gutachtens aufzeigen. Dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten Dris. XXXX , nämlich weder dem erhobenen klinischen Befund, noch den daraus gezogenen Schlussfolgerungen bzw. der Beurteilung der Funktionseinschränkungen, ist die Beschwerdeführerin jedoch nicht überzeugend entgegengetreten.
Das Beschwerdevorbringen ist - wie bereits dargelegt - nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach eine ausreichende Funktionsfähigkeit der unteren und oberen Extremitäten gegeben ist bzw. sich die dauernden Gesundheitsschädigungen nicht maßgebend negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, zu entkräften. Von der Beschwerdeführerin ist somit kein Vorbringen erstattet worden bzw. sind keine Beweismittel vorgelegt worden, durch welche eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens angezeigt gewesen wäre.
Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II 3.1.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014, 2012/11/0186 vom 27.01.2015)
Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, "Leben am Land") oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden. (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258, 19.12.2017, Zl. Ra 2017/11/0288)
Das die Infrastruktur und die örtlichen Gegebenheiten im Wohngebiet der Beschwerdeführerin betreffende Vorbringen der Beschwerdeführerin ist daher nicht zielführend.
Wie unter Punkt II.2. ausgeführt, war dem Sachverständigen zu folgen, dass weder erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten bzw. des sonstigen Stütz- und Bewegungsapparates noch erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vorliegen. Die Beschwerdeführerin ist auch ohne Rollator ausreichend in der Lage, sich fortzubewegen. Das Gangbild ist nur leicht links hinkend.
Es ist bei der Beschwerdeführerin von einer ausreichenden Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates auszugehen. Die vorgebrachten Schmerzen konnten nicht in einem Ausmaß festgestellt werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren.
Da es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ankommt, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, ist ein Vorbringen betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel) oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz, und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden.
Bei der Beschwerdeführerin liegen auch weder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor, bzw. konnten keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
Daher ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass die gutachterliche Beurteilung, wonach eine ausreichende Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates und genügende körperliche Belastbarkeit gegeben sind, bzw. sich die dauernden Gesundheitsschädigungen nicht maßgebend negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß der Beschwerdeführerin entspräche. Unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen sind Zehenspitzen- und Fersengang nicht erforderlich.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten geprüft. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Die Beschwerdeführerin hat vom Sachverständigengutachten vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Im Rahmen des Beschwerdevorbringens hatte die Beschwerdeführerin die Möglichkeit sich zu äußern bzw. Beweismittel vorzulegen. Es wurden der Beschwerde jedoch keine Beweismittel beigelegt. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II.2. bzw. II.3.1. bereits ausgeführt - nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Die Beschwerdeführerin wurde im behördlichen Verfahren persönlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind. Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet, vielmehr stehen diese nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass das eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen ist, angeschlossen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung einerseits von Tatsachenfragen abhängt. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Andererseits sind Rechtsfragen zu lösen, welchen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen.
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine - von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - Neuregelung beabsichtigt.
Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W132.2225963.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.04.2020