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L92002 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung KärntenNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision der Bürgermeisterin der Stadt Klagenfurt am Wörthersee, vertreten durch die Tschurtschenthaler Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Dr. Arthur Lemisch-Platz 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 23. Oktober 2018, Zl. KLVwG- 365/5/2018, betreffend Kostenersatz für gewährte Hilfe gemäß § 50 Kärntner Mindestsicherungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeisterin der Stadt Klagenfurt am Wörther see; mitbeteiligte Partei: K-Betriebsgesellschaft in K, vertreten durch die Holzer Kofler Mikosch Kasper Rechtsanwälte OG in 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Bahnhofstraße 51/DG), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Begründung
I.
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 23. Oktober 2018 gab das Verwaltungsgericht - in Abänderung eines Bescheides der belangten Behörde (der Revisionswerberin) vom 18. Dezember 2017 - einem Antrag der mitbeteiligten Partei vom 27. August 2015 statt, indem es aussprach, dass der Mitbeteiligten die Kosten für die vom 9. Juni 2015 bis 6. Juli 2015 erfolgte Krankenhilfe für H.J. in der Höhe von EUR 8.619,65 gemäß § 50 Kärntner Mindestsicherungsgese tz - K-MSG zu ersetzen seien; die Revision gegen diese Entscheidung ließ das Verwaltungsgericht zu.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen zugrunde, H.J. sei am 9. Juni 2015 in dem (von der Mitbeteiligten betriebenen) "Klinikum K" wegen einer schweren Erkrankung aufgenommen worden und habe sich dort bis zum 6. Juli 2015 in stationärer Behandlung befunden. Bei der Anmeldung im Krankenhaus habe er angegeben, dass er derzeit arbeitslos und nicht sozialversichert sei, über kein Einkommen verfüge und kein Vermögen besitze, weshalb er um Übernahme der Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe ersuche. Aufgrund der akuten gesundheitlichen Situation des H.J. habe diesem die Krankenhilfe dringend gewährt werden müssen, sodass die (Mindestsicherungs-)Behörde nicht vorher benachrichtigt habe werden können. Die Kosten für die gewährte Krankenhilfe hätten EUR 8.619,65 betragen.
3 Tatsächlich habe H.J. eine Versehrtenrente in der Höhe von EUR 937,72 monatlich sowie eine Wohnbeihilfe von EUR 170,-- monatlich bezogen. Er sei nicht krankenversichert gewesen und habe im Übrigen nie Sozialhilfe oder Mindestsicherung bezogen. 4 Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus am 6. Juli 2015 sei H.J. wegen seines schlechten Gesundheitszustandes in ein Pflegeheim gebracht worden, wo er am 27. August 2015 verstorben sei. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 20. November 2015 sei festgestellt worden, dass die Verlassenschaft nach H. J. mit einem Betrag von EUR 18.553,59 überschuldet sei.
5 In rechtlicher Hinsicht bejahte das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen eines Kostenersatzanspruchs nach § 50 K-MSG; insbesondere bejahte es - unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 45 Kärntner Sozialhilfegesetz (als der "Vorgängerbestimmung des § 50 K-MSG") - die Hilfsbedürftigkeit des H.J. zum Zeitpunkt der Hilfeleistung, weil dieser "zur Zeit der Behandlung deren Kosten nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten konnte und sie auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen gedeckt wurden" (Hinweis auf VwGH 9.12.2013, 2013/10/0106). Für die Entscheidung über die Frage, ob ein Rechtsanspruch des Hilfeempfängers auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes bestehe, komme es allein auf die dem Hilfeempfänger zur Zeit der Anstaltsbehandlung zur Verfügung stehenden und sofort einsetzbaren Mittel an (Hinweis auf VwGH 10.10.1984, 83/11/0079 = VwSlg. 11.547 A).
6 Die Zulassung der Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass eine "entsprechende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 50 K-MSG" fehle.
7 2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Revision der belangten Behörde.
8 Die Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Zurückweisung bzw. Abweisung der Revision beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
9 1. § 50 Kärntner Mindestsicherungsgesetz - K-MSG, LGBl. Nr. 15/2007 in der vorliegend anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 97/2010, lautet:
"§ 50
Ersatzansprüche Dritter
(1) Musste einem Hilfe Suchenden so dringend eine der Mindestsicherung entsprechende Hilfe gewährt werden, dass die Behörde nicht vorher benachrichtigt werden konnte, so sind demjenigen, der die Mindestsicherung geleistet hat, die Kosten zu ersetzen.
(2) Ersetzbar sind nur die Kosten, die innerhalb von drei Monaten, wenn jedoch die Mindestsicherung in einer Krankenanstalt geleistet wurde, innerhalb von fünf Monaten vor ihrer Geltendmachung entstanden sind. Nach diesem Zeitpunkt entstandene Kosten sind nur insoweit ersetzbar, als sie noch vor der Entscheidung über die Gewährung der Mindestsicherung aufgewendet wurden.
(3) Kosten nach Abs. 2 sind nur bis zur Höhe jenes Betrages zu ersetzen, der aufgelaufen wäre, wenn der Träger der sozialen Mindestsicherung die Hilfe selbst geleistet hätte.
(4) Über den Kostenersatz ist im Verwaltungswege zu entscheiden.
(5) Die Ersatzansprüche für Leistungen, die der sozialen Mindestsicherung nach § 14 Abs. 2 entsprechen, einschließlich des Aufenthaltskostenbeitrages nach § 57 Kärntner Krankenanstaltenordnung 1999, LGBl. Nr. 26, und die in einer Krankenanstalt erbracht wurden, die Mittel aus dem Kärntner Gesundheitsfonds erhält, sind durch Einzelverrechnung oder einen Pauschalbetrag abzugelten. Erfolgt die Abgeltung durch einen Pauschalbetrag, ist durch schriftliche Vereinbarung zwischen dem Land als Träger der sozialen Mindestsicherung und dem Kärntner Gesundheitsfonds unter Bezugnahme auf die Beitragseinnahmen der Träger der Krankenversicherung die Höhe dieses Pauschalbetrages und dessen Entrichtung einschließlich allfälliger Vorschüsse festzulegen."
10 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist; der Ausspruch ist kurz zu begründen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
13 3. Um den Begründungserfordernissen für den Ausspruch der Zulässigkeit einer Revision durch das Verwaltungsgericht nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG zu genügen, ist es erforderlich darzulegen, welche konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof (erstmals) zu lösen habe (vgl. etwa die Nachweise bei Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 E 1 und 3 zu § 25a VwGG).
14 Mit der oben (Rz 6) wiedergegebenen, sehr allgemein gehaltenen Begründung der Revisionszulassung hat das Verwaltungsgericht allerdings eine im Revisionsfall zu lösende Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht konkret dargelegt.
15 4. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa VwGH 18.12.2019, Ro 2018/10/0002, mwN).
16 5. Die vorliegende ordentliche Revision der belangten
Behörde enthält gesonderte Zulässigkeitsausführungen. Darin
vertritt die Revisionswerberin zunächst den Rechtsstandpunkt,
§ 50 K-MSG unterscheide sich so weitreichend von
§ 45 Kärntner Sozialhilfegesetz, dass die zur früheren Rechtslage
ergangene hg. Rechtsprechung nicht auf die aktuelle Rechtslage
übertragen werden könne.
17 Dem ist allerdings nicht zu folgen:
18 Die Bestimmung des vom Verwaltungsgericht angewendeten
§ 50 K-MSG entspricht ihrem wesentlichen Inhalt nach der - etwa dem erwähnten Erkenntnis 2013/10/0106 zugrunde liegenden - Bestimmung des § 45 Kärntner Sozialhilfegesetz 1996 (idF LGBl. Nr. 140/2001); daran ändert auch der in § 50 K-MSG angefügte Abs. 5 betreffend die Modalität der Abgeltung des Ersatzanspruchs nichts.
19 Dem Verwaltungsgericht ist daher nicht entgegenzutreten, wenn es die erwähnte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 45 Kärntner Sozialhilfegesetz 1996 auf § 50 K-MSG übertragen hat (vgl. neben dem erwähnten Erkenntnis 2013/10/0106 auch die darin genannten, zur vergleichbaren Vorschrift des § 31 Abs. 1 Stmk. Sozialhilfegesetzes ergangenen hg. Erkenntnisse vom 23. April 2007, 2004/10/0192, und vom 13. Mai 2011, 2007/10/0085). 20 Insoweit zeigt die Revisionswerberin daher eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht auf (vgl. etwa VwGH 23.5.2017, Ra 2017/05/0074, mwN).
21 6.1. In ihrem weiteren Zulässigkeitsvorbringen weist die Revisionswerberin - unter Bezugnahme auf das Erkenntnis 2013/10/0106 - auf das von H.J. nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes bezogene Monatseinkommen hin; dieses betrage - ausgehend davon, dass die Versehrtenrente von H.J. im Jahr 14 Mal bezogen werde - insgesamt EUR 1.264,01, weshalb H.J. "in der Lage gewesen wäre, die Behandlungskosten jedenfalls zum Teil selbst zu bestreiten".
22 6.2. Mit Blick auf dieses Vorbringen ist die Revision zulässig. Sie erweist sich auch als berechtigt.
23 Nach der vom Verwaltungsgericht zutreffend herangezogenen hg. Rechtsprechung (vgl. die Nachweise in Rz 19) kommt es hinsichtlich der Hilfsbedürftigkeit des H.J. zum Zeitpunkt der Hilfeleistung (als Voraussetzung für einen Kostenersatz nach § 50 K-MSG) darauf an, ob dieser zur Zeit der Behandlung deren Kosten nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten konnte und sie auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen gedeckt wurden.
24 Daraus folgt, dass bei Vorhandensein von Einkommen des Empfängers der Krankenhilfe - wie vom Verwaltungsgericht vorliegend in seinen Feststellungen zu H.J. zugrundegelegt (vgl. oben Rz 3) - zu prüfen ist, inwieweit daraus sofort einsetzbare Mittel zur Begleichung der Kosten der Anstaltsbehandlung zur Verfügung standen.
25 7. Das Verwaltungsgericht hat eine solche Prüfung nicht vorgenommen und damit das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
26 Dieses war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 27. Februar 2020
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteMaßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019100010.J00Im RIS seit
29.04.2020Zuletzt aktualisiert am
29.04.2020