TE Vwgh Beschluss 2020/3/25 Ra 2020/10/0027

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Veröffentlicht am 25.03.2020
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Index

L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
NatSchG Vlbg 1997 §24 Abs1
NatSchG Vlbg 1997 §24 Abs3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des K B in B, vertreten durch Dr. Fritz Schuler, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Inselstraße 11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 21. November 2019, Zl. LVwG-1-21/2019-R1, betreffend Übertretung des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. November 2019 legte das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg dem Revisionswerber - im Beschwerdeverfahren - zur Last, er habe auf einem bestimmten, innerhalb des 500 Meter breiten Uferstreifens des Bodensees gelegenen Grundstück einen Lagerplatz für Boote und Bootsanhänger eingerichtet, wobei sich dort am 2. August 2018 fünf Boote und vier leere Bootsanhänger befunden hätten; dadurch habe er ohne Bewilligung nach dem Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung (GNL) Veränderungen vorgenommen, die im Hinblick auf die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftsentwicklung wesentliche Beeinträchtigungen darstellen könnten; dadurch habe der Revisionswerber § 57 Abs. 1 lit. a iVm § 24 Abs. 1 und Abs. 3 GNL übertreten, weshalb über ihn gemäß § 57 Abs. 2 GNL eine Geldstrafe von EUR 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden) verhängt wurde. Die Revision gegen diese Entscheidung wurde nicht zugelassen. 2 Dem legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen zugrunde, bei den fünf Booten habe es sich um Segel- und Motorboote mit einer Länge von fünf bis sieben Meter und einer Breite von ungefähr zwei Meter gehandelt; die Bootstrailer hätten eine ungefähre Länge von fünf Meter und eine Breite von zwei Meter aufgewiesen. Auf dem betroffenen Grundstück befinde sich nur ein nach allen vier Seiten hin offenes Flugdach, nicht jedoch Wohnhäuser oder land- und forstwirtschaftliche Betriebsgebäude. Der Abstand zwischen den nächstgelegenen Gebäuden untereinander betrage mehr als 50 Meter.

3 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Kern aus, § 24 Abs. 1 GNL begründe im Uferschutzbereich eine Bewilligungspflicht für alle Veränderungen, die im Hinblick auf die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftsentwicklung wesentliche Beeinträchtigungen darstellen könnten; somit seien dort alle Veränderungen bewilligungspflichtig, bei denen die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Beeinträchtigung bestehe. Ob wesentliche Beeinträchtigungen im Einzelfall gegeben oder nicht gegeben seien, sei hingegen über Antrag des Konsenswerbers im Genehmigungsverfahren festzustellen (Hinweis auf VwGH 14.12.2007, 2003/10/0273).

4 § 24 Abs. 3 GNL enthalte darüber hinaus eine demonstrative Aufzählung, was eine Veränderung im Sinn des § 24 Abs. 1 GNL darstelle; diese Aufzählung enthalte (unter anderem) die "Einrichtung von Lagerplätzen".

5 Nach § 2 Abs. 1 GNL seien (u.a.) Natur und Landschaft so zu erhalten und entwickeln und - soweit erforderlich - wiederherzustellen, dass die Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft nachhaltig gesichert seien (vgl. lit. d). 6 Der gegenständliche Bereich sei aus rechtlicher Hinsicht (Hinweis u.a. auf § 33 Abs. 5 GNL) kein bebauter Bereich. Die vom Revisionswerber zu verantwortenden Maßnahmen (Abstellen von Booten und Bootsanhängern) seien nach den genannten Bestimmungen des GNL bewilligungspflichtig, weil aufgrund des Nahbereichs der gelagerten Objekte zum Bodensee und der Größe der gelagerten Objekte die Möglichkeit einer wesentlichen Beeinträchtigung bestehe; die gesetzten Maßnahmen seien geeignet, die Ziele des Naturschutzes und insbesondere jene der Landschaftsentwicklung, nämlich Vielfalt, Eigenheit und Schönheit der Landschaft des Bodenseeufers, zu beeinträchtigen.

7 Da der Revisionswerber die ihm vorgeworfenen Maßnahmen gesetzt habe, ohne dass eine Bewilligung nach § 24 Abs. 1 GNL vorgelegen sei, sei er nach § 57 Abs. 1 lit. a iVm Abs. 2 GNL zu bestrafen.

8 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 3.1. Die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision formulieren eingangs als vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage, ob das "vorübergehende Abstellen von transportablen Booten und Bootstrailern" auf einer Wiese "ohne jeden Eingriff in die Natur und ohne Veränderung des Bodens" als "Einrichtung eines Lagerplatzes" nach § 24 Abs. 1 und Abs. 3 GNL bewilligungspflichtig sei.

12 Damit wird allerdings eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargelegt:

13 Das Verwaltungsgericht ist in dem von ihm zu entscheidenden Fall unter Anwendung der genannten Bestimmungen und unter Zugrundelegung des hg. Erkenntnisses 2003/10/0273 sorgfältig begründet zu dem Ergebnis gelangt, dass die vom Revisionswerber zu vertretende Lagerung von Booten und Bootsanhängern im Uferschutzbereich des Bodensees § 24 Abs. 1 GNL unterliege; eine derartige einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen nicht revisibel, wenn sie - wie hier - auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. etwa VwGH 24.2.2016, Ra 2016/04/0013, oder 20.1.2017, Ra 2015/03/0062, jeweils mwN).

14 3.2. Die im Weiteren vom Revisionswerber behauptete Diskrepanz zu näher genannten Judikaten des Verwaltungsgerichtshofs liegt nicht vor:

15 In dem zunächst angeführten Erkenntnis vom 29. März 2005, 2001/10/0058, hatte sich der Gerichtshof nicht - wie im vorliegenden Fall - mit einem Verwaltungsstrafverfahren wegen bewilligungspflichtiger Veränderungen im Uferschutzbereich zu befassen, sondern mit Fragen der Interessenabwägung im Rahmen eines naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahrens. 16 Die schließlich zitierte Aussage aus dem hg. Erkenntnis vom 30. April 1992, 91/10/0078, VwSlg. 13.629 A, betraf die "Errichtung eines Ablagerungsplatzes" - für welche die Deponierung von Abfällen entscheidend ist - und ist daher auf den vorliegenden Sachverhalt von vornherein nicht anwendbar.

17 4. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. März 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100027.L00

Im RIS seit

12.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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