Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** AG, *****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei Dr. T*****, vertreten durch Berlin & Partner Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 2.573.000 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 2. Juli 2019, GZ 5 R 79/19f-54, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit ihrer 2017 beim Landesgericht Klagenfurt eingebrachten Klage (ursprünglich: AZ 22 Cg 74/17z, in der Folge AZ 25 Cg 65/18z) begehrt die Klägerin die Zahlung von 2.573.000 EUR samt Zinsen.
Mit dem Beschluss des Personalsenats des Landesgerichts Klagenfurt vom 17. Jänner 2019, GZ 1 Jv 1/19z-07, wurde die Geschäftsverteilung des Landesgerichts Klagenfurt mit Wirksamkeit ab dem 6. 2. 2019 dahin geändert, dass die Richterin ***** die Gerichtsabteilung 42 leite, der die Geschäftsabteilung 25 Cg zuordnet werde, und die Leiterin der Gerichtsabteilung 25, *****, 20 im Einzelnen angeführte Zivilverfahren – das vorliegende Verfahren befindet sich nicht darunter – weiter zu bearbeiten habe.
Nach Verständigung der Parteien über den Richterwechsel erhob der Beklagte Ablehnungsanträge gegen die Mitglieder des Personalsenats des Landesgerichts Klagenfurt, die den genannten Beschluss gefasst hatten, und erhob Einwendungen gegen den Richterwechsel, worin er vorbrachte, der Beschluss des Personalsenats sei nicht rechtmäßig zustande gekommen und inhaltlich rechtswidrig.
Die Richterin, der die Rechtssache mit dem erwähnten Personalsenatsbeschluss zugewiesen worden war, erklärte sich mit Beschluss vom 2. Mai 2019 zur gesetzlichen Richterin im Verfahren AZ 25 Cg 65/18z des Landesgerichts Klagenfurt (Punkt 1), wies die Ablehnungsanträge gegen die Mitglieder des Personalsenats zurück (Punkt 2) und verwarf die Einwendungen des Rekurswerbers gegen den Richterwechsel (Punkt 3, GZ 25 Cg 65/18z-47).
Das Rekursgericht wies den gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs des Beklagten zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Rechtlich stützte es sich auf die Entscheidung 6 Ob 81/19h.
Gegen die Zurückweisung des Rekurses, soweit er sich gegen die Punkte 1. und 3. der Entscheidung des Erstgerichts wandte, richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos zu beheben und dem Rekursgericht die inhaltliche Behandlung des Rekurses aufzutragen; hilfsweise, den Beschluss aufzuheben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Vorauszuschicken ist, dass die Zurückweisung eines Rekurses gegen einen Beschluss des Erstgerichts durch die zweite Instanz mit Revisionsrekurs nach den Voraussetzungen gemäß § 528 ZPO anfechtbar ist (RS0044501 [T18]; vgl RS0044507 [T8]).
2. Der Senat hat die auch hier maßgeblichen Grundsätze bereits in der Entscheidung 6 Ob 81/19h (ecolex 2019, 173 [Spenling]), die (auch) zwischen den im vorliegenden Verfahren beteiligten Parteien erging, dargelegt.
3. Im Einzelnen ist auszuführen:
3.1. Gegen Beschlüsse, mit denen während des Geschäftsverteilungsjahres die Geschäftsverteilung geändert wird, ist gemäß § 27a Abs 5 GOG kein Rechtsmittel zulässig.
Die Festsetzung der Geschäftsverteilung durch den Personalsenat erfolgt nicht in Ausübung der Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen. Beschlüsse des Personalsenats, mit denen Geschäftsverteilungsmaßnahmen getroffen wurden, können, da die Vorschriften der JN und der ZPO auch nicht analog auf sie angewendet werden können, durch die Parteien jener Verfahren, die durch sie betroffen wurden, nicht mit Rechtsmitteln des Zivilverfahrens angefochten werden (RS0043733).
3.2. Für einen Ablehnungsantrag gegen Mitglieder des Personalsenats fehlt eine gesetzliche Grundlage. § 49 Abs 4 RStDG ermöglicht nur davon betroffenen Richtern die Geltendmachung von Ausschlussgründen von Personalsenatsmitgliedern.
3.3. Eine analoge Anwendung der §§ 19 ff JN sowie von § 49 Abs 4 und 5 RStDG setzte eine regelwidrige Gesetzeslücke voraus. Eine solche wurde bereits zu 6 Ob 81/19h verneint. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Novelle BGBl I 2015/94 am Konzept festgehalten, dass über die Einrede der nicht vorschriftsmäßigen Gerichtsbesetzung nach § 477 Abs 1 Z 2 ZPO entweder in einem gesondert ausgefertigten Beschluss oder in der über die Hauptsache ergehenden Entscheidung abzusprechen ist (§§ 260, 261 Abs 1 ZPO).
3.4. Diese Entscheidungen sind infolge analoger Anwendung des § 45 JN unanfechtbar. Es ist dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen, dass er an die Entscheidung eines überhaupt unzuständigen Gerichts weniger strenge Folgen knüpfen wollte als an die Entscheidung durch einen nur nach der Geschäftsverteilung unzuständigen Richter des „richtigen“ Gerichts (6 Ob 81/19h; 3 Ob 109/18b; 6 Ob 51/09g).
4. An dieser Beurteilung ist festzuhalten.
4.1. Die vorliegende Entscheidung steht mit der Entscheidung 8 Ob 109/14h, auf die der Rechtsmittelwerber verweist, insofern im Einklang, als darin klargestellt wurde, dass Verstöße gegen die Geschäftsverteilung, aber auch Fehler der Geschäftsverteilung, so wie Prozessvoraussetzungsmängel nach §§ 260 und 261 ZPO zu behandeln sind. Wurde über eine rechtzeitig erhobene Einrede abgesondert verhandelt und die Entscheidung über die Einrede nicht in die Entscheidung über die Hauptsache aufgenommen, ist der Beschluss daher abgesondert anfechtbar, sofern das Gericht nicht sofort das Verfahren in der Hauptsache aufgenommen hat (8 Ob 109/14h).
4.2. Soweit zu 8 Ob 109/14h allerdings auch nach einer die Einrede verwerfenden Entscheidung der Rechtsmittelausschluss des § 45 JN (analog) nicht angewendet wurde, ist dem entgegenzuhalten, dass diese Entscheidung § 45 JN nicht behandelt.
4.3. Zu Unrecht behauptet der Rechtsmittelwerber einen Widerspruch des angefochtenen Beschlusses zur Entscheidung 3 Ob 188/14i. In jenem Fall lag eine die richtige Gerichtsbesetzung bejahende Entscheidung, aufgrund derer der Rechtsmittelausschluss analog § 45 JN zum Tragen hätte kommen können, nicht vor. Die Rechtmäßigkeit der Änderung der Geschäftsverteilung wurde vielmehr erstmals im Berufungsverfahrens geprüft; das Berufungsgericht hob die angefochtene Entscheidung und das vorangegangene Verfahren als nichtig gemäß § 477 Abs 1 Z 2 ZPO auf, verneinte also die richtige Gerichtsbesetzung. Damit stand der materiellen Überprüfung des geltend gemachten Nichtigkeitgrundes durch den Obersten Gerichtshof keine bindende Entscheidung entgegen.
4.4. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs gelingt es daher nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Zusammenhang mit der vom Rekursgericht bejahten analogen Anwendung des § 45 JN aufzuzeigen.
5.1. Der Rechtsmittelausschluss des § 45 JN gilt uneingeschränkt, unabhängig davon, mit welcher Begründung die Entscheidung erfolgte (RS0103687). Ein Rechtsmittel ist selbst dann ausgeschlossen, wenn eine Nichtigkeit oder ein ähnlich schwerwiegender Verfahrensverstoß oder die Verletzung zwingenden Rechts ins Treffen geführt wird (RS0103687 [T2]).
5.2. Die im außerordentlichen Revisionsrekurs gerügte unrichtige Begründung der Entscheidung des Erstgerichts vermag daher ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO zu begründen.
Textnummer
E127821European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0060OB00010.20V.0220.000Im RIS seit
21.04.2020Zuletzt aktualisiert am
12.06.2020