TE OGH 2020/3/18 11Os162/19m

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Veröffentlicht am 18.03.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. März 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen Andreas K***** wegen der Verbrechen nach § 3g VG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 18. September 2019, GZ 34 Hv 32/19x-22, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden, auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Freisprüche von gleichartigen Vorwürfen enthaltenden Urteil wurde der (im Juli 1996 geborene) Angeklagte mehrerer Verbrechen nach § 3g VG schuldig erkannt.

Danach hat er sich in S***** und andernorts auf andere als die in §§ 3a bis 3f Verbotsgesetz 1947 bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinne betätigt, indem er den Nationalsozialismus verherrlichend und die Wiederbelebung, Verbreitung und Aktualisierung der nationalsozialistischen Ideologie und des rechtsextremen Gedankenguts fördernd nachangeführte WhatsApp Nachrichten an Stephan R***** und die WhatsApp Gruppe „KK*****“ mit 13 Mitgliedern übermittelte, und zwar

1./ am 19. Jänner 2016 und 21. Jänner 2016 in die WhatsApp Gruppe „KK*****“ ein Bild von Anne Frank mit der Aufschrift „This one time at camp we got so baked“;

2./ am 24. Dezember 2016 an Stephan R***** ein Bild einer Grußkarte aus der NS-Zeit, auf der Weihnachtsglocken sowie zwei Hakenkreuze abgebildet sind;

3./ am 10. Mai 2017 im Zuge einer Konversation mit Stephan R***** das Bild einer Weltkarte, welche zeigt, dass die Nationalsozialisten Europa, Russland, Afrika, Australien und Teile der Antarktis beherrschen und die Welt insgesamt zwischen den Nationalsozialisten und deren Verbündeten aufgeteilt wurde, mit einer Nachricht des Inhalts „I träum oafach weiter von da perfekten Welt“, wobei er dessen Antwort „Deine Weltkarte sollt im Unterricht glehrt werden“ mit den Worten „Als die einzig wahre“ kommentierte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus § 345 Abs 1 Z 12a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Die gesetzmäßige Ausführung einer Diversionsrüge (Z 12a) erfordert eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Gesamtheit der Urteilsfeststellungen unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen. Die argumentative Vernachlässigung entscheidender Sachverhaltskomponenten oder der Ersatz einer tatrichterlichen Feststellung durch eigene Modifikationen wird diesem Erfordernis nicht gerecht (RIS-Justiz RS0124801).

Indem die Beschwerde auf Basis der eine Betätigung im nationalsozialistischen Sinn leugnenden Verantwortung des Angeklagten argumentiert, das Beweisverfahren habe ergeben, dass dieser „einerseits provozieren und dem älteren Stefan R***** gefallen wollte, aber nicht ein Gutheißen bzw Fördern im Sinne des Verbotsgesetzes“, orientiert sie sich nicht an dem von den Geschworenen (auch in subjektiver Hinsicht) als erwiesen angenommenen Sachverhalt und verfehlt den in der Gesamtheit des Urteilssachverhalts gelegenen tatsächlichen Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0119091 [T3], RS0116823).

Im Übrigen legt der die subjektive Tatseite leugnende Beschwerdeführer (vgl ON 21 S 5, 9, 17 ff, 23 ff) nicht dar, weshalb in der erst im Schlusswort behaupteten Reue („Mir tut es leid.“ [ON 21 S 33]) bereits die Übernahme von Verantwortung zu erblicken wäre (zum Leugnen in der Hauptverhandlung vgl Schroll, WK-StPO § 198 Rz 36/4). Ferner erklärt der Rechtsmittelwerber nicht, weshalb – obwohl hohe Strafobergrenzen einer strafbaren Handlung das Vorliegen schweren Verschuldens jedenfalls nahelegen und auch bei Personen unter 21 Jahren Straftaten mit einer fünf Jahre Freiheitsstrafe übersteigenden Strafdrohung trotz fehlender Strafuntergrenze nur in Ausnahmefällen diversionstauglich sind (RIS-Justiz RS0128235; Schroll, WK-StPO § 198 Rz 30; vgl auch Leitner in Schmölzer/Mühlbacher, StPO1 §§ 198-199 Rz 24) – bei wiederholter Tatbegehung in einem längeren Zeitraum dennoch ein diversionelles Vorgehen möglich sein sollte (vgl RIS-Justiz RS0125689; zu schuldsteigernden Momenten siehe Schroll, WK-StPO § 198 Rz 31).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit dem Croquis – bei nichtöffentlicher Beratung gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E127813

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0110OS00162.19M.0318.000

Im RIS seit

20.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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