TE OGH 2020/3/26 12Os12/20m

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Veröffentlicht am 26.03.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat am 26. März 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in der Strafsache gegen Khaled A***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Yazan J***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Jugendschöffengericht vom 20. September 2019, GZ 41 Hv 69/29g-113, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem Yazan J***** und Mutasim H***** betreffenden Schuldspruch IV./, demzufolge auch in den diese Angeklagten betreffenden Aussprüchen über die Strafe (einschließlich der Mutasim H***** betreffenden Vorhaftanrechnung) sowie über die privatrechtlichen Ansprüche aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Auf diese Entscheidung werden der Angeklagte Yazan J***** mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung sowie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuld- und Freisprüche von Mitangeklagten und einen ebensolchen Schuldspruch des Yazan J***** enthält, wurden der genannte Angeklagte und Mutasim H***** jeweils des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (IV./) schuldig erkannt.

Danach haben sie am 4. März 2019 in S***** in einverständlichem Zusammenwirken mit Khaled A***** dem Luca He***** unter Verwendung einer Waffe mit Gewalt fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem sie „diesen verfolgten“, sodann „einer der Täter“ das Opfer in den Schwitzkasten nahm und ihm Khaled A***** ein Messer vorhielt, während „einer der Täter“ die Bauchtasche des Opfers samt 60 Euro Bargeld und einer „Bankomartkarte“ sowie in der Jackentasche befindliche Zigaretten und ein Feuerzeug an sich nahm und „zu den restlichen Mittätern zurückging“.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Yazan J***** gibt Anlass zu amtswegigem Vorgehen des Obersten Gerichtshofs (§ 290 Abs 1 erster Satz zweiter Fall StPO).

Mittäter beim Raub ist nur, wer vom gemeinsamen Vorsatz getragene Ausführungshandlungen setzt. Zwar kann das Hinzutreten und Umringen eine Ausführungshandlung sein (vgl RIS-Justiz RS0094153 [T1]; RS0092343 [T1]); dazu wären aber weitere Feststellungen insbesondere zur subjektiven Tatseite erforderlich gewesen. Dasselbe gilt für einen sonstigen Beitrag. Auch die Bereitschaft zum Eingreifen oder eine psychische Unterstützung der unmittelbaren Täter bedarf einer subjektiven Komponente. Die bloße Anwesenheit am Tatort stellt für sich allein kein strafbares Verhalten dar (RIS-Justiz RS0099235).

Aus den Feststellungen (US 7 ff) geht nicht hervor, ob Yazan J***** selbst eine Tathandlung im Sinn des § 142 Abs 1 StGB in unmittelbarer Täterschaft oder
– zumindest – einen psychischen Beitrag im Sinn des § 12 dritter Fall StGB gesetzt hat. Hinsichtlich dieses Angeklagten ist dem Urteil nur zu entnehmen, dass er mit den beiden Mitangeklagten und weiteren Mittätern das Opfer verfolgt hat. Relevante Ausführungshandlungen werden aber ausschließlich dem Angeklagten A***** zugerechnet (Messereinsatz), während ansonsten nur undeutlich (vgl
Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 9.183) von „einem der Täter“ und „restlichen Mittätern“ die Rede ist (vgl US 3, 8).

Bereits dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) führt – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – zu der im Spruch ersichtlichen Urteilsaufhebung in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285e StPO), ohne dass es eines Eingehens auf die Beschwerdeausführungen des Angeklagten Yazan J***** bedurfte.

Dieser war mit seinen Rechtsmitteln ebenso auf die Urteilsaufhebung zu verweisen wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung.

Die vorstehend aufgezeigten Feststellungsdefizite gelten in Betreff des Mitangeklagten Mutasim H***** entsprechend, sodass sich der Oberste Gerichtshof auch insoweit zu amtswegiger Wahrnehmung gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO veranlasst sah.

Da die Nichtigkeitsbeschwerde aufgrund der amtswegigen Maßnahme gegenstandslos wurde, trifft die Angeklagte in Bezug auf das Rechtsmittelverfahren keine Kostenersatzpflicht (RIS-Justiz RS0101558 [T1]; Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12)

Textnummer

E127817

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00012.20M.0326.000

Im RIS seit

20.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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