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19/05 Menschenrechte;Norm
FlKonv Art33;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des C in Wien, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien VII,
Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 2. April 1997, Zl. SD 420/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 2. April 1997 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei am 19. November 1993 mit einem Touristenvermerk auf dem Luftweg nach Österreich eingereist. Im Hinblick auf den von ihm nicht fristgerecht gestellten Asylantrag habe er eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung i.S. des § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 nicht erlangt. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers sei daher rechtswidrig. In einem solchen Fall sei die Ausweisung zu verfügen, sofern dem nicht § 19 FrG entgegenstehe.
Der Beschwerdeführer habe im Bundesgebiet keine Familienanghörigen. Sein Aufenthalt sei nur während der Gültigkeitsdauer des Touristensichtvermerkes rechtmäßig gewesen. Während des Asylverfahrens sei sein Aufenthalt lediglich de facto toleriert worden. Da für die Beurteilung der Integration und eines Eingriffes in das Privatleben i.S. des § 19 FrG nur der legale Aufenthalt herangezogen werden könne, liege ein Eingriff nach dieser Bestimmung nicht vor. Jedenfalls aber sei die Ausweisung zur "Verteidigung" eines geordneten Femdenwesens, somit zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, dringend geboten. Einem geordneten Fremdenwesen komme ein hoher Stellenwert zu. Die Ausweisung verfolge lediglich den Zweck, den Beschwerdeführer zur Beendigung des illegalen Zustandes zu verhalten. Ein weiteres Zuwarten bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die "Asylbeschwerde" sei nicht geboten; im übrigen habe der Gerichtshof einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an diese Beschwerde nicht stattgegeben. Das Tolerieren eines weiteren Aufenthaltes erscheine nicht vertretbar.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die - auf den unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen beruhende - Ansicht der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer (seit Ablauf der Gültigkeitsdauer des ihm im Jahr 1993 erteilten Touristensichtvermerkes) nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, unbekämpft. Der Gerichtshof hegt gegen die Beurteilung der belangten Behörde keine Bedenken.
2.1. Nach Auffassung der Beschwerde widerspricht die Ausweisung dem Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK). Der Beschwerdeführer erfülle die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der GFK. Im Fall der "Rücklieferung" des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat hätte er mit Inhaftierung und Folterungen zu rechnen, mit beträchtlicher Wahrscheinlichkeit sogar mit seiner Ermordung, wie das Schicksal zahlreicher Mitglieder der Partei, der er angehöre, beweise.
2.2. Dieses Vorbringen geht ins Leere, weil Art. 33 GFK nicht die Ausweisung (mit dem Begriffsinhalt einer Ausreiseverpflichtung, wie dies auf § 17 FrG zutrifft), sondern das Refoulement-Verbot (Z. 1) und die Refoulement-Befugnis (Z. 2) zum Gegenstand hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0188, mwN). Im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung ist von der Behörde auf eine allfällige Gefährdungs- und/oder Bedrohungssituation i. S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 (die zuletzt genannte Bestimmung verweist auf Art. 33 Z. 1 GFK) nicht Bedacht zu nehmen. Zur Prüfung der Frage, ob in Ansehung der Person des Beschwerdeführers eine derartige Situation vorliegt, stand diesem vielmehr ein eigenes Verfahren zur Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat zur Verfügung (§ 54 FrG).
2.3. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen ist den sich auf die behauptete Unzulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei beziehenden Verfahrensrügen der Boden entzogen. Dies auch insoweit, als Art. 3 MRK ins Treffen geführt wird, weil auch für eine Berücksichtigung dieser Bestimmung im Rahmen eines Ausweisungsverfahrens kein Platz ist.
3. Entgegen der in der Beschwerde geäußerten Ansicht hat die belangte Behörde im Grunde des § 19 FrG auf die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich Bedacht genommen. Dies in der Form, daß sie diesem Kriterium im Hinblick auf die weit überwiegende Dauer des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers nur geringes Gewicht beigemessen hat. Dagegen besteht ebensowenig ein Einwand wie gegen die darauf sowie auf dem Fehlen familiärer Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet fußende Auffassung der belangten Behörde, daß das maßgebliche, vom Beschwerdeführer erheblich beeinträchtigte öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens Vorrang vor den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich habe und deshalb die Ausweisung nach § 19 FrG dringend geboten sei.
4. Da bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997180533.X00Im RIS seit
20.11.2000