TE Vwgh Beschluss 2020/3/3 Ra 2020/04/0013

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Veröffentlicht am 03.03.2020
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §38

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des P S in B, vertreten durch Dr. Beate Schauer, Rechtsanwältin in 2460 Bruck/Leitha, Hauptplatz 10-11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 21. November 2019, Zl. LVwG-AV-1356/001-2018, betreffend Untersagung der Gewerbeausübung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Zur Vorgeschichte:

2 Mit dem am 30. Jänner 2018 bei der belangten Behörde eingelangten Ansuchen meldete der Revisionswerber das Gewerbe "Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten" an und führte dort aus, er erbringe die fachliche Qualifikation durch Feststellung der individuellen Befähigung.

3 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. März 2018 stellte diese fest, dass beim Revisionswerber die individuelle Befähigung für die Ausübung des reglementierten Gewerbes "Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten" nicht vorliege. Mit Erkenntnis vom 8. Oktober 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Ni ederösterreich (Verwaltungsgericht) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den oben genannten Bescheid ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

4 2.1. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid der belangten Behörde vom 26. November 2018 stellte diese gemäß § 339 Abs. 3 iVm § 340 GewO 1994 fest, dass beim Revisionswerber die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des am 30. Jänner 2018 angemeldeten Gewerbes "Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten" an einem bestimmt bezeichneten Standort nicht vorlägen, und untersagte die Ausübung des Gewerbes. In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde auf das oben erwähnte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 8. Oktober 2018, mit welchem die behördliche Feststellung des Nichtvorliegens der individuellen Befähigung bestätigt worden war. 5 2.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

6 Nach Feststellung des oben zusammengefasst wiedergegebenen Verfahrensverlaufs folgerte das Verwaltungsgericht, dass mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 8. Oktober 2018 rechtskräftig über das Nichtvorliegen der individuellen Befähigung des Revisionswerbers abgesprochen worden sei. Durch die vom Revisionswerber ins Treffen geführte außerordentliche Revision werde die Rechtswirksamkeit eines Erkenntnisses nicht gehemmt, sodass die belangte Behörde an das dortige Ergebnis gebunden sei. Eine Unterbrechung komme nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 38 AVG im vorliegenden Fall nicht in Frage.

7 3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision.

8 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 4.1. Die Revision bringt zur Begründung der Zulässigkeit gemäß § 28 Abs. 3 VwGG vor, es fehle eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur "Grundentscheidung", die präjudiziell für die verfahrensgegenständliche Entscheidung sei. 12 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision nicht auf, dass ihre Behandlung von der Lösung einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt:

13 Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung darauf gegründet, dass über die präjudizielle Vorfrage des Vorliegens der individuellen Befähigung des Revisionswerbers rechtkräftig abgesprochen worden und die belangte Behörde bei ihrer verfahrensgegenständlichen Entscheidung an dieses Erkenntnis gebunden sei. Die Richtigkeit dieser Begründung wird durch das Vorbringen der Revision, es fehle Rechtsprechung zur "Grundentscheidung zur Gänze" nicht in Frage gestellt, weil vorliegend die Rechtskraft der betreffenden Entscheidung unabhängig von deren Richtigkeit eingetreten ist.

14 4.2. Insofern die Revision ein Abweichen von der Rechtsprechung vorbringen möchte, indem sie darauf hinweist, dass die vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidungen zur Unterbrechung hier "nicht anwendbar" seien, wird ein die Zulässigkeit der Revision begründendes Abweichen nicht ausreichend konkret dargestellt, weil darzulegen wäre, in welchen tragenden Erwägungen das Verwaltungsgericht sich von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfernt hätte (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa VwGH 12.11.2019, Ra 2019/16/0181).

15 Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass § 38 AVG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (unter anderem) voraussetzt, dass das Verfahren über die Vorfrage noch nicht beendet ist, also insbesondere von der Behörde bzw. vom Verwaltungsgericht noch nicht rechtskräftig entschieden wurde. Die Anrufung des Verfassungsgerichtshofs und allenfalls des Verwaltungsgerichtshofs ändere daran nichts, die möglichen Auswirkungen der höchstgerichtlichen Entscheidung würden nicht zu einem Vorgehen nach § 38 AVG berechtigen (vgl. VwGH 9.5.2017, Ro 2014/08/0065, mwN). Inwiefern dieser vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtssatz hier nicht zur Anwendung gelangen könne, wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht konkretisiert und ist auch nicht ersichtlich.

16 4.3. Wörtlich führt die Revision weiter aus, "prinzipiell gehe es um die Auslegung des § 137 Abs. 2 GewO 1994 und der verknüpfenden Berufe und Anrechnung und in weiterer Folge darum, ob die Absolvierung von Prüfungen als Nichtselbständiger trotzdem anrechenbar seien".

17 Diese Ausführungen gehen schon deshalb ins Leere, weil das Verwaltungsgericht seine Entscheidung mit der Bindung der belangten Behörde an das zu einem früheren Zeitpunkt zur individuellen Befähigung ergangene rechtskräftige Erkenntnis stützte. Diese tragende Begründung hat mit der Frage der Auslegung des § 137 Abs. 2 GewO 1994 nichts zu tun, sodass die Entscheidung in der Revisionssache nicht von der Klärung der - überdies von der Revision nicht weiter konkret ausgeführten - Auslegungsfragen abhängt.

18 4.4. In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. März 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020040013.L00

Im RIS seit

26.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

26.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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