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L10017 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Tirol;Norm
BauRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde der G in T, vertreten durch D, Rechtsanwälte in K, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8. Februar 1993, Zl. Ve1-550-1966/1, betreffend die Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: B in W, vertreten durch D, Rechtsanwalt in K), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit Ansuchen vom 31. August 1990 beantragte die mitbeteiligte Partei beim Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung eines Dreifamilienwohnhauses auf dem Grundstück K. Das Grundstück steht seit 1991 im Eigentum der mitbeteiligten Partei. Nach Einbringung eines Devolutionsantrages wies der Gemeindevorstand der beschwerdeführenden Gemeinde mit Bescheid vom 20. Juni 1992 das Bauansuchen ab.
Zur Begründung verwies der Gemeindevorstand darauf, daß die von der mitbeteiligten Partei angegebene Nutzung der drei Wohnungen des Bauvorhabens als Alterswohnsitz für sie selbst und als Hauptwohnsitz für ihre beiden Kinder dem Flächenwidmungsplan widerspreche, der das Grundstück als Wohngebiet gemäß § 12 Abs. 3 Tiroler Raumordnungsgesetz 1984, LGBl. Nr. 4 (in der Folge: TROG 1984), ausweise. Es sei nicht im Sinn der Flächenwidmung gemäß § 12 Abs. 3 TROG 1984, Wohnungen für einen Alterswohnsitz in ca. zehn Jahren zu schaffen, "sondern die Wohnungen sollen einem ständigen und dringenden Wohnbedarf dienen". Auch reiche die bloße Absichtserklärung, die beiden Kinder der Mitbeteiligten wollten ihren ständigen Wohnsitz in den zwei anderen Wohnungen des geplanten Gebäudes nehmen, nicht aus.
Aufgrund der von der mitbeteiligten Partei gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung hob die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 20. Juni 1992 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an diese Behörde. Zur Begründung führte die belangte Behörde zunächst aus, daß nach § 12 Abs. 3 TROG 1984 kein dringendes Wohnbedürfnis erforderlich sei. Die Beschwerdeführerin sei weiters lediglich berechtigt, anhand der vorliegenden Baubeschreibung und der angeschlossenen Baupläne über die Zulässigkeit des Bauvorhabens zu entscheiden. Untersuchungen und Ermittlungen darüber, ob die wahren Absichten des Bauwerbers von den eingereichten Unterlagen abwichen, dürften hingegen nicht angestellt werden. Im übrigen könne die Einhaltung des Verwendungszweckes durch Aufnahme des Verwendungszweckes in den Spruch des Baubewilligungsbescheides sichergestellt werden. Weiters könne ein Nutzungsverbot ausgesprochen werden, falls der Verwendungszweck entgegen der Baubewilligung später geändert werde. Die Gemeindebehörden hätten das Bauansuchen im Zusammenhang mit dem Verwendungszweck nicht wegen Widerspruchs zur Flächenwidmung abweisen dürfen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Es wird insbesondere die Nichtbeachtung des § 27 Abs. 3 lit. a und b TBO sowie die unrichtige Anwendung des § 12 Abs. 3 TROG 1984 geltend gemacht.
Zur Begründung führt die beschwerdeführende Gemeinde aus, daß nach den eigenen Angaben der mitbeteiligten Partei eine der Wohnungen des Bauvorhabens erst in ca. zehn Jahren ihren Alterswohnsitz bilden solle, weshalb zunächst ein Zweitwohnsitz vorläge. Deshalb sei das Ansuchen abzuweisen gewesen.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei beantragte neben der Abweisung hilfsweise die Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Soweit sich die mitbeteiligte Partei dagegen wendet, daß die beschwerdeführende Gemeinde den angefochtenen Bescheid falsch bezeichnet hätte, ist festzustellen, daß der Beschwerde Ausfertigungen des angefochtenen Bescheides angeschlossen waren, sodaß Schreibfehlern im Zusammenhang mit der Bezeichnung des Bescheides keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß auch die mitbeteiligte Partei die Geschäftszahl des Bescheides unrichtig wiedergegeben hat.
2. Zu den Einwendungen der mitbeteiligten Partei, daß sich die Beschwerdeführerin nicht in subjektiven Rechten verletzt erachte, sondern im Recht auf gesetzmäßige Anwendung des § 12 Abs. 3 TROG 1984 sowie des § 27 Abs. 3 lit. a und d TBO, ist darauf hinzuweisen, daß die Berufung auf die unrichtige Anwendung einzelner Gesetzesbestimmungen durch die Vorstellungsbehörde in einer Beschwerde einer Gemeinde gemäß Art. 119a Abs. 9 B-VG nicht zur Zurückweisung der Beschwerde führen kann. In der Berufung auf die unrichtige Anwendung einzelner Gesetzesbestimmungen liegt der Sache nach die Berufung auf das der Gemeinde zukommende subjektive Recht, daß der Gemeindebescheid durch die Vorstellungsbehörde nicht aufgehoben werde, wenn die in der Gemeindeordnung dafür vorgesehenen Voraussetzungen (§ 112 Tiroler Gemeindeordnung 1966) nicht gegeben sind. Die Beschwerde ist daher zulässig.
3. Die belangte Behörde hat die Aufhebung des letztinstanzlichen Gemeindebescheides darauf gestützt, daß die Gemeindebehörden die Absicht des Antragstellers hinsichtlich der Verwendung des zu errichtenden Objektes nicht zu prüfen gehabt hätten.
4. § 12 Abs. 3 TROG 1984 lautet:
"(3) Im Flächenwidmungsplan kann für Teile des Wohngebietes festgelegt werden, daß auf den in diesem Gebiet liegenden Grundflächen nur Wohnbauten errichtet werden dürfen, bei denen die darin vorgesehenen Wohnungen hinsichtlich ihrer Größe und ihres Verwendungszweckes nach den wohnbauförderungsrechtlichen Vorschriften förderbar sind. Für diese Teile des Wohngebietes kann im Flächenwidmungsplan überdies im Interesse der Errichtung von Wohngebäuden in verdichteter Bauweise die höchstzulässige Größe neuzuschaffender Bauplätze festgelegt werden."
5. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 92/06/0105, festgestellt hat, kommt es im Zusammenhang mit § 12 Abs. 3 TROG 1984 nicht nur auf die objektive Eignung der geschaffenen Wohnungen an, sondern auch darauf, ob der Bauwerber eine Person ist, die die Wohnung im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 1 WFG 1984 "zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig zu verwenden" beabsichtigt. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß die Gemeindebehörden die Absicht der Verwendung der zu schaffenden Wohnungen nicht zu prüfen hätte, erweist sich daher als verfehlt.
6. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1993060067.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009