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L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde der G, vertreten durch D und D, Rechtsanwälte in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 29. September 1997, Zl. 1/02-33.872/39-1997, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: C in S, vertreten durch D und D, Rechtsanwälte in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 14. Oktober 1993 wurde ein Ansuchen der Rechtsvorgängerinnen der mitbeteiligten Partei vom 19. Februar 1993 um baubehördliche Bewilligung für eine Seniorenwohnanlage auf dem Grundstück Nr. 558/1, KG O, abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß Gebäudeteile geplant seien, die auf einem im Flächenwidmungsplan der Gemeinde O als Grünland ausgewiesenen Grundstückstreifen entlang der Landesstraße errichtet werden sollten. Die bauliche Maßnahme widerspreche im übrigen der Flächenwidmung (Gewerbegebiet). Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Bauwerberinnen wurde nach Einholung eines Raumordnungsgutachtens mit Bescheid der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde vom 9. Mai 1994 abgewiesen. Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Bauwerberinnen hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 1. September 1995 den Bescheid der Gemeindevertretung behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen. Die Aufhebung wurde im wesentlichen damit begründet, daß laut dem im Ermittlungsverfahren erster Instanz vorliegenden Gutachten im Vorprüfungsverfahren die Bauwerberinnen davon ausgehen konnten, daß mit einer baubehördlichen Bewilligung gerechnet werden könne. Der von der Behörde angeführte Abweisungsgrund der Nichtübereinstimmung des Bauvorhabens aufgrund des Vorprüfungsverfahrens könne nur jene Teile des Bauvorhabens umfassen, die in den als Grünland ausgewiesenen Grundstücksflächen entlang der Landesstraße errichtet werden sollten. Ein Widerspruch mit dem Flächenwidmungsplan sei den Bauwerberinnen nicht zur Kenntnis gebracht worden und somit das Parteiengehör nicht gewahrt worden, es sei nicht auszuschließen, daß bei entsprechender Wahrung des Parteiengehörs die Einschreiterinnen eine Änderung des Projektes vorgenommen hätten. In der gegen den Bescheid der Baubehörde erster Instanz erhobenen Berufung sei das Bauvorhaben insoweit modifiziert worden, als die Baukörper nunmehr die gesetzlichen Mindestabstände zu den Baulandgrenzen einhielten. Es sei im Berufungsverfahren ein Raumordnungsgutachten eingeholt worden, das jedoch laut Protokoll in der Gemeindevertretersitzung den zu entscheidenden Gemeindevertretungsmitgliedern nicht hinreichend bekannt war.
Nach diesen Ausführungen zur Aufhebung des Bescheides der Gemeindevertretung sah sich die Aufsichtsbehörde gehalten, ihre Rechtsansicht hinsichtlich der Zulässigkeit einer Seniorenresidenz auf Flächen darzulegen, die die Widmung "Gewerbegebiet" im Sinne des § 12 Abs. 1 Z. 4 des Raumordnungsgesetzes 1977 aufweisen. Sie kam zu dem Schluß, daß das Bauvorhaben "Seniorenresidenz" den größten Teil der Gewerbefläche einnehmen werde, weshalb das Bauvorhaben schon deshalb den Bestimmungen des § 12 Abs. 2 lit. d Raumordnungsgesetz 1977 widerspreche, weil im Gewerbegebiet nur im "untergeordneten Umfang" solche Baumaßnahmen zulässig seien, was bei einem flächenmäßigen Überwiegen dieser Bauten nicht gegeben sei. Im übrigen ging die belangte Behörde davon aus, daß das Wort "Betriebe" im § 12 Abs. 1 Z. 4 ROG 1977 im Sinne von gewerblichen Betriebsanlagen auszulegen sei.
Gegen diesen Bescheid brachten die Bauwerberinnen eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ein, der diese mit Erkenntnis vom 23. November 1995, Zl. 95/06/0204, als unbegründet abgewiesen hat. Die Abweisung wurde damit begründet, daß tragender Aufhebungsgrund des angefochtenen Bescheides die Unrichtigkeit der Rechtsansicht der Gemeindevertretung und Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens gewesen sei, den nicht die Aufhebung tragenden Ausführungen im aufsichtsbehördlichen Bescheid komme keine bindende Wirkung zu.
In der Folge wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde vom 12. Februar 1996 der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und das Bauverfahren an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen. Nachdem der Bürgermeister nicht innerhalb von sechs Monaten gemäß § 73 Abs. 1 AVG entschieden hatte, stellten die Bauwerberinnen einen Devolutionsantrag, der mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 5. November 1996 abgewiesen wurde. Aufgrund der in diesem Bescheid enthaltenen Rechtsmittelbelehrung, wonach nur mehr Beschwerde an die Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes zulässig sei, erhoben die Bauwerberinnen vorsichtshalber Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der diese mit Beschluß vom 20. Februar 1997, Zl. 96/06/0271, mangels Erschöpfung des Instanzenzuges zurückgewiesen hat. Der gleichzeitig gegen den Bescheid der Gemeindevertretung vom 5. November 1996 erhobenen Vorstellung der Bauwerberinnen hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 8. Jänner 1997 Folge gegeben, den Bescheid der Gemeindevertretung aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Gemeinde zurückverwiesen. Dies wurde damit begründet, daß die Gemeindevertretung zu Unrecht davon ausgegangen sei, daß keine Devolution vorliege; es sei daher die Gemeindevertretung zur Entscheidung über das Baugesuch zuständig.
Die gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 8. Jänner 1997 erhobene Beschwerde der "Gemeindevertretung" der beschwerdeführenden Gemeinde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 24. April 1997, Zl. 97/06/0050, zurückgewiesen, der diesbezügliche Wiedereinsetzungantrag der beschwerdeführenden Gemeinde wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1997, Zlen. 97/06/0118, 97/06/0119, abgewiesen.
In der Folge hat die Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde mit Bescheid vom 3. Juli 1997 unter I für die Errichtung des Gewerbehofes (Punkt 5.2. der Baubeschreibung) und des Pflegetraktes (Punkt 5.1. der Baubeschreibung) die beantragte Baubewilligung nach Maßgabe der eingereichten (Austausch-)Baupläne vom 29. Oktober 1993 samt der Modifizierung vom 24. März 1995 erteilt. Unter II wurde das Ansuchen vom 19. Februar 1993 für die Errichtung des Seniorenwohnheimes, (Punkt 5.1. der Baubeschreibung) und der "Atriumpavillions", (Punkt 5.1. der Baubeschreibung) abgewiesen. Unter III wurde den Antragstellern aufgetragen, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Kostenbestimmung bleibe einem gesonderten Bescheid vorbehalten.
Ausschließlich gegen die Punkte II und III hat die mitbeteiligte Partei Vorstellung an die belangte Behörde erhoben, die mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. September 1997 den Bescheid der Gemeindevertretung vom 3. Juli 1997 hinsichtlich der Spruchpunkte II und III aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen hat. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im wesentlichen ausgeführt, sowohl die mitbeteiligte Partei als auch die Gemeindevertretung gingen von der Trennbarkeit des Projektes aus. Dieser Standpunkt sei auch in der Begründung des Bescheides durch die Gemeindevertretung zum Ausdruck gebracht worden, damit im Widerspruch stehe jedoch die weitere Begründung, in welcher die Bauwerberin aufgefordert worden sei "im Umfang der Bewilligung entsprechende Austauschpläne zur bautechnischen Abtrennung des Gewerbehofes und des Gewerbetraktes vorzulegen, sohin ihr Bauvorhaben gemäß dem Spruch abzuändern, andernfalls das Bauvorhaben als Ganzes abgelehnt werden müßte". Soweit im Spruch von einer Trennbarkeit und in der Begründung vom Erfordernis der Vorlage von Austauschplänen ausgegangen werde, widerspreche der Spruch der Begründung des Bescheides. Die Begründung des Bescheides der Gemeindevertretung, wonach unter Zugrundelegung des von der Judikatur entwickelten Betriebsbegriffes die verschiedenen Funktionsbereiche des Bauprojektes nicht als organisatorische Einheit aufzufassen seien, sondern je nach Baukörper entweder der medizinischen Versorgung, der Deckung des Wohnbedürfnisses oder der Pflege von Personen unterschiedlichsten Alters und körperlicher Verfassung dienten, könne die Aufsichtsbehörde nicht nachvollziehen. Durch die "Teilgenehmigung" bzw. "Teilversagung" sei die Mitbeteiligte in ihren Rechten verletzt worden. Dies deshalb, weil zur Trennbarkeit nicht ausreichende Ermittlungen gepflogen worden seien, die Trennbarkeit nach der eigenen Begründung des Bescheides nicht gegeben sei und vor allem, weil die Trennung in unzulässiger Weise eine Änderung des Projektes bewirke. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem in dieser Verwaltungsangelegenheit ergangenen Erkenntnis vom 23. November 1995, Zl. 95/06/0204, in einem obiter dictum ausgeführt, daß die Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z. 4 ROG 1977 keinen Anhaltspunkt dafür biete, daß das Wort "Betriebe" im Sinne von Gewerbebetriebsanlagen nach der Gewerbeordnung zu verstehen sei; vielmehr handle es dabei um Betriebe im Sinne eines raumordnungsrechtlichen Begriffes, d.h., es sei darunter eine organisatorische Einheit zu verstehen. Da die Gemeindevertretung dem Seniorenwohnheim und den Atriumpavillions die Qualifikation als Betrieb im Sinne des Raumordnungsgesetzes nicht zuerkenne und insoweit zur Abweisung des Bewilligungsansuchens gelangt sei, habe sie insofern ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, da auch diese Teile des Projektes, die Untrennbarkeit bzw. die organisatorische und betriebswirtschaftliche Einheit vorausgesetzt, als im Einklang mit der Flächenwidmung anzusehen seien. Die Aufsichtsbehörde könne auch die Rechtsansicht der Gemeindevertretung nicht teilen, wonach, ausgehend von einer getrennten raumordnungsrechtlichen Beurteilung, das Seniorenwohnheim und die Atriumpavillons nicht als Bauten für soziale Zwecke zu qualifizieren seien.
Eine weitere Verletzung von Rechten der Mitbeteiligten bilde der Abspruch über die Kosten, da die Bestimmungen über die Kostentragung im AVG eine Feststellung der Kostentragungspflicht lediglich dem Grunde nach nicht zuließen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Gemeinde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach Maßgabe der eingereichten Pläne und dazugehörigen
Baubeschreibung stellt sich das Bauvorhaben wie folgt dar:
1. Ein Zentralgebäude, in dem die Verwaltung und Therapiebereiche untergebracht sind, weiters ein südlich daran angegliederter Pflegetrakt, der in neun Stationen aufgegliedert ist, mit insgesamt 290 Betten in Ein- und Zweibettzimmern.
2. Ein Seniorenheim mit 53 Zimmern, die wahlweise eine Einer- oder Zweierbelegung erlauben. Die 53 Wohneinheiten des Seniorenheimes bestehen je aus einem Wohnbereich (28,52 m2) und einem Sanitärbereich (4,68 m2). 12 Wohneinheiten weisen einen kleineren Wohnbereich (21,39 m2) auf und einen Balkon. Alle Wohneinheiten sind mit einer Kochgelegenheit ausgestattet.
3. 7 Atriumpavillons mit je 10 selbständigen Appartementwohnungen. Die insgesamt 70 Wohnungen in den 7 Atriumpavillons umfassen je ca. 51 m2 und weisen neben Wohnräumen auch Kochgelegenheiten und Sanitäreinrichtungen auf.
4. Der Gewerbehof in Form von zwei hallenartigen Baukörpern, in denen Geschäfte für den täglichen Bedarf untergebracht sind, samt Arkadengang, der eine wettergeschützte Benützung der Ladeneingänge gewährleistet und Stiegenaufgänge für den Büro- bzw. Ordinationsbereich im 1. Obergeschoß aufnimmt.
Im Bescheid der Gemeindevertretung vom 3. Juli 1997 wird auf Seite 7 zunächst ausgeführt, das gegenständliche Bauvorhaben könne durchaus so gegliedert werden, daß sich die im Spruch angeführte Teilgenehmigung bzw. Teilversagung ergebe. Auf Seite 8 oben ist angeführt, daß nach Maßgabe der Zustellung des Bescheides die Antragstellerin schon jetzt aufgefordert werde, im Umfang der Bewilligung entsprechende Austauschpläne zur bautechnischen Abtrennung des Gewerbehofes und des Pflegetraktes vorzulegen, sohin ihr Bauvorhaben gemäß dem Spruch abzuändern, andernfalls das Bauvorhaben als Ganzes abgelehnt werden müßten.
Ausgehend von den eingereichten Plänen und der Baubeschreibung teilt der Verwaltungsgerichtshof die seitens der Gemeindevertretung auf Seite 7 des Bescheides vom 3. Juli 1997 geäußerte Rechtsansicht, wonach das Bauvorhaben teilbar ist. Aufgrund der von der mitbeteiligten Partei nur gegen die Versagung der Baubewilligung erhobene Vorstellung ist die Bewilligung betreffend den Punkt I unbekämpft in Rechtskraft erwachsen. Die Auffassung der belangten Behörde, wonach das Projekt möglicherweise als Gesamtkonzept zu betrachten und daher "ein unteilbares Ganzes" sei, vermag an baurechtlicher Trennbarkeit nichts zu ändern. Der Gewerbehof und der Pflegetrakt sind ebenso wie das Seniorenheim und die 7 Atriumpavillons als jeweils eigenständige Baukörper erkennbar, die miteinander weder konstruktiv verbunden sind, noch rechtlich voneinander untrennbar sind. Das Zentralgebäude ist lediglich in einem Bereich von ca. 2 Metern an das Seniorenheim angebaut, der Gewerbehof ist durch einen Weg und Grünflächen von den übrigen Baulichkeiten getrennt. Die in der zu Punkt I und II des Bescheides der Gemeindevertretung vom 3. Juli 1997 gemeinsamen Begründung (lediglich die Begründung zu Spruchpunkt III ist von der Begründung zu I und II abgetrennt) auf Seite 8 enthaltene Aufforderung, dem Umfang der Bewilligung entsprechende Austauschpläne zur bautechnischen Abtrennung des Gewerbehofes und des Pflegetraktes vorzulegen, ist somit jedenfalls hinsichtlich des Gewerbehofes nicht nur sachlich unbegründet, sondern steht auch im Widerspruch zur Bewilligung zu Spruchpunkt I und den diesbezüglichen Ausführungen auf Seite 7 des Bescheides der Gemeindevertretung.
Das gegenständliche Bauvorhaben soll im "Bauland-Gewerbegebiet" verwirklicht werden. Die Gemeindevertretung erachtete in ihrem Bescheid, "daß schon aufgrund objektiver Gegebenheiten, nämlich der Errichtung der Atriumspavillons und des Seniorenwohnheimes, die Bauführung zur Errichtung von Bauten für soziale Zwecke atypisch wäre".
Sie begründet dies damit, daß das räumliche Entwicklungskonzept unter anderem vorsehe, keine Ghettos zu schaffen und den Siedlungswohnbau Einheimischer zu fördern sowie die Steigerungsrate der Zuwanderungen stufenweise zu reduzieren und gelangte zum Ergebnis, daß die angestrebte Bauführung schon nach objektiven Gegebenheiten dem räumlichen Entwicklungskonzept gemäß § 9 ROG 1977 grundlegend widerspreche.
Dazu ist festzuhalten, daß ein Bauprojekt im Bauland nur der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung und den im Bebauungsplan (falls vorhanden) festgelegten Parametern entsprechen muß. Das räumliche Entwicklungskonzept ist die Grundlage des Flächenwidmungsplanes (vgl. § 10 ROG 1977).
Der Inhalt von Flächenwidmungsplänen ist - soferne nicht Übergangsbestimmungen anderes anordnen - anhand jener Fassung des Raumordnungsgesetzes zu beurteilen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Flächenwidmungsplanes in Geltung stand (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 95/06/0134). Der Flächenwidmungsplan ist am 4. März 1992 in Kraft getreten. Hinsichtlich der Widmungskonformität des Bauvorhabens ist daher die Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z. 4 ROG 1977 maßgeblich. Diese Bestimmung lautet wie folgt:
"Gewerbegebiete, das sind Flächen, die vorwiegend für Betriebe dienen, die die Umgebung nicht übermäßig beeinträchtigen oder gefährden, daneben aber auch für die in Z. 2 lit. d angeführten Bauten sowie für betrieblich bedingte Wohnbauten."
Gemäß Z 2 lit. d leg. cit. sind Bauten zulässig für Erziehungs-, Bildungs- und sonstige kulturelle Zwecke, für soziale Zwecke und für Zwecke der öffentlichen Verwaltung.
Die Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde führt dazu in ihrem Bescheid vom 3. Juli 1997 aus, daß zwar der Gewerbehof (Punkt 5.2. der Baubeschreibung) mit der Widmung Bauland-Gewerbegebiet vereinbar sei und auch der Pflegetrakt (Punkt 5.1. der Baubeschreibung) nicht aber die übrigen Teile des Projektes, nämlich das Seniorenwohnheim und die Atriumpavillons, da diese reine Wohnbauten darstellten, die weder Betriebe noch soziale Bauten darstellten und auch nicht betrieblich bedingt im Sinne des § 12 Abs. 1 Z. 4 ROG 1977 seien.
Die Rechtsansicht, wonach das Seniorenheim und die Atriumpavillons mit der Widmung Bauland-Gewerbegebiet nicht im Einklang stünden, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Diese Bauten stellen Bauten für soziale Zwecke dar (vgl. dazu die bei Faber/Fuschlberger/Hüber/Knapp, Das Salzburger Baurecht, in Anmerkung 14 zu § 12 ROG 1977 enthaltene Ausführung, wonach unter "Bauten ... für soziale Zwecke" als Beispiel angeführt wird: "Alten-Pflegeheime und sonstige Wohlfahrtseinrichtungen, die auch innerhalb der Widmungskategorie Gewerbegebiete gemäß § 12 Abs. 1 Z. 4 ROG 1977 zulässig sind"). Die Argumentation der Gemeindevertretung, wonach diese Einrichtungen deshalb nicht sozialen Zwecken dienen, weil die Atriumshäuser in den Wohneinheiten auch Kochgelegenheiten vorsehen, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar. Der soziale Zweck eines Altenheimes wird nicht dadurch beseitigt, daß die einzelnen Wohneinheiten mit Kochnischen ausgerüstet sind, auch zeigt die Ausstattung der Atriumpavillons mit je einem Schwesternzimmer, daß die Senioren auch dann, wenn sie in Atriumpavillons untergebracht sind, betreut werden. Mit dem Argument, die in den Wohneinheiten vorgesehenen Kochgelegenheiten schlössen die Qualifikation als soziale Einrichtung aus, übersieht die Gemeindevertretung auch, daß gemäß § 7 Abs. 4 der Richtlinienverordnung
LGBl. Nr. 74/1987 sogar ausdrücklich als Mindestausstattung die Versorgungsleitungen eines Kleinstküchenelementes vorzusehen sind. Die von der Gemeindevertretung herangezogenen Gründe für die Qualifikation des Altenheimes und der Pavillons als "Wohnbauten" gehen am Kern der Sache vorbei: Der Umstand, daß in einer sozialen Einrichtung auch gewohnt wird, ändert nichts an deren Qualifikation als Bauten für soziale Zwecke im Sinne des § 12 Abs. 2 lit. d ROG 1977. Wenn die beschwerdeführende Gemeinde schließlich meint, daß aus der genannten Richtlinienverordnung für die Errichtung und den Betrieb von Altenwohnheimen, Pflegeheimen und Pflegestationen der Salzburger Landesregierung vom 18. August 1987 ein Argument für die Versagung der Baubewilligung aus dem Grunde der Widmungswidrigkeit zu gewinnen wäre, verkennt sie damit, daß diese Verordnung aufgrund des § 25 Abs. 2 des Salzburger Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 19/1975, erlassen wurde. § 3 Abs. 2 dieser Verordnung, wonach in einer Einrichtung nicht mehr als 100 Personen untergebracht sein sollen, ist einerseits schon nach seinem Wortlaut nur als Empfehlung gedacht ("sollen"), andererseits ist eine Verordnung, die aufgrund des Salzburger Sozialhilfegesetzes erlassen wurde, kein Parameter für die raumordnungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens.
Das von der beschwerdeführenden Gemeinde zur Stützung ihrer Rechtsansicht herangezogene hg. Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 93/06/0140, Slg. Nr. 14031/A, spricht im Gegensatz zur Ansicht der beschwerdeführenden Gemeinde davon, daß ein Pflegeheim nicht als Wohnbau im Sinne des § 12 Abs. 1 TROG 1984 zu qualifizieren sei, da der besondere Verwendungszweck - Betreuung - das projektierte Bauwerk zu einer sozialen Einrichtung macht. Das von der Beschwerdeführerin zitierte hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1986, (Zlen. 85/06/0127, 85/06/0135) trifft keine Aussage zum Begriff einer sozialen Einrichtung und ist daher schon deshalb hier nicht von Bedeutung. Das Beschwerdevorbringen gibt keinen Anlaß, von dieser Rechtsansicht abzurücken. Im Erkenntnis vom 14. April 1994 wird auch ausgeführt, daß eine derartige Einrichtung als "soziale Einrichtung" zu qualifizieren sei. Die Widmungswidrigkeit des damaligen Projektes im reinen Wohngebiet nach § 38 Abs. 1 lit. c TROG 1994 ergab sich lediglich aus dem Umstand, daß dort nur Gebäude für Betriebe und Einrichtungen, die der Befriedigung der sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung des betreffenden Gebietes dienten, zulässig waren. Eine derartige Einschränkung ist dem § 12 Abs. 1 Z. 4 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 nicht zu entnehmen.
Mit dem Spruchpunkt III ihres Bescheides vom 3. Juli 1997 hat die Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde der mitbeteiligten Partei eine Kostentragungspflicht dem Grunde nach auferlegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 20. Jänner 1994, Zl. 90/06/0193, ausgesprochen, daß die Bestimmungen über die Kostentragung (§ 59 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 74 ff AVG) eine Feststellung der Kostentragungspflicht lediglich dem Grunde nach nicht zulassen, es fehle dafür - anders als etwa im Anwendungsbereich der Zivilprozeßordnung, wo nach § 393 die Möglichkeit besteht, z.B. erst über die Verpflichtung zur Erbringung einer Geldleistung dem Grunde nach, dann über die Höhe zu entscheiden - eine gesetzliche Grundlage. Der Beschwerdefall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzugehen.
Da die Aufhebung des Bescheides der Gemeindevertretung durch die Aufsichtsbehörde somit in rechtskonformer Weise erfolgte, erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997060271.X00Im RIS seit
13.07.2001