TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/17 W259 2214287-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.01.2020
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Entscheidungsdatum

17.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55

Spruch

W259 2214287-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz:

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 18.11.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung am selben Tag stützte er sich darauf, dass seine Ideologie nicht mit dem konform gehe, was ins seinem Geburtsland verlangte werde. Er wolle seine Religion, das Christentum, offen leben und konvertieren. Würde der Nachrichtendienst davon erfahren, würde er als Ungläubiger bezeichnet und mit der Hinrichtung bestraft werden.

Am 06.07.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: "BFA") niederschriftlich einvernommen und er gab dabei im Wesentlichen zum Fluchtgrund an, dass er zum ersten Mal im Alter von 16 Jahren von seiner Familie aufgrund seiner Religion bestraft worden sei, weil er im Ramadan nicht gefastet habe. Auch seine Frau sei aus einer religiösen Familie gewesen und habe er wegen der Religion und der Gesetze immer mehr Druck verspürt, weshalb er den Iran verlassen habe. Er habe sich von seiner Ehefrau getrennt und würde ihn die Familie seiner Ex-Frau nunmehr wegen seines Abfalls vom islamischen Glauben bedrohen. Er habe sich schon als Kind für das Christentum interessiert, weil er als Kind Fußballer gesehen habe, die Kreuzzeichen gemacht hätten und ihm dies gefallen habe. In Österreich sei er dann mit dem Christentum in Berührung gekommen. Er habe schon bei seiner Ausreise die Absicht gehabt, zu konvertieren. Vom Islam habe er sich abgewandt, weil es ihm damit schlecht gegangen sei.

Mit Bescheid des BFA vom 24.07.2018, Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 18.11.2015 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.). Gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG hat der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 12.09.2017 verloren (Spruchpunkt IX.).

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen sei nicht glaubwürdig und es könne - selbst bei Wahrheitsunterstellung der Angaben des Beschwerdeführers - keine konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete (drohende) Verfolgung oder Gefährdung im Iran festgestellt werden. Er habe angegeben, wegen Ablehnung des Islam und wegen seiner Frau geflüchtet zu sein. Aus den Angaben des Beschwerdeführers ergebe sich in keiner Weise ein Interesse am Christentum oder an einer Absicht der echten Konversion. Zwar sei er getauftes Mitglied der katholischen Kirche, es werde aber von einer Scheinkonversion ausgegangen. Eine missionarische Betätigung im Fall der Rückkehr in den Iran könne ausgeschlossen werden. Er sei nicht in leitender Funktion exponiert. Ihm drohe daher wegen seiner Religion keine asylrelevante Verfolgung im Iran. Die einmalige Inhaftierung im Iran wegen Essens im Ramadan liege 10 Jahre zurück und sei nicht geeignet, eine Asylgewährung zu rechtfertigen. Es werde davon ausgegangen, dass er den Iran verlassen habe, weil er mit seiner Ehefrau unzufrieden gewesen sei, da er bemängelt habe, dass er sein Sexualleben mit ihr nicht so habe ausleben können, wie er es gewollt hätte. Es liege der Verdacht nahe, dass er das Verfahren mutwillig habe verschleppen wollen. Die Probleme mit Behörden hätten sich auf ein offenes Scheidungsverfahren beschränkt. Er habe zwar angegeben, dass der Onkel seiner Ex-Frau bei der Sicherheitspolizei wäre und dieser ein religiöser Mensch wäre, er habe jedoch diesbezüglich keine Verfolgungsszenarien vorgebracht. Auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer noch 10 Monate nach der Trennung von seiner Ex-Frau als Fahrer für die Müllabfuhr, im öffentlichen Dienst, tätig gewesen sei, spreche maßgeblich gegen eine Verfolgung seiner Person. Fragen nach Problemen aufgrund seines Religionsbekenntnisses habe er zwar bejaht, diesbezüglich hätten aber keine Verfolgungs- oder Bedrohungsszenarien seine Person betreffend festgestellt werden können.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 26.07.2018 wirksam zugestellt und erwuchs am 24.08.2018 in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer verließ nach dieser Entscheidung Österreich und gelangte über Deutschland in die Niederlande.

1.2. Zum verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz:

Am 11.12.2018 wurde der Beschwerdeführer nach der Dublin III-VO aus den Niederlanden rückübernommen und in Schubhaft genommen.

Am selben Tag brachte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf internationalen Schutz ein und gab dazu in der Erstbefragung an:

"Die alten Gründe bleiben aufrecht". Sein Bruder, der im Iran im Verteidigungsministerium arbeite, habe erfahren, dass er einen Asylantrag gestellt habe, weshalb seine Situation noch schlimmer sei. Bei einer Rückkehr in den Iran habe er Angst um sein Leben. Beweismaterial habe er nicht, aber man werde umgebracht, wenn man die Religion wechsle. Seit 2017 seien ihm die Änderungen der Situation/seiner Fluchtgründe bekannt.

Am 18.12.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA niederschriftlich einvernommen: Er habe seit 5 oder 6 Jahren Probleme mit seiner Leber. Er habe keinerlei aktuelle Befunde. Er wisse den Namen der eingenommenen Medikamente nicht. Er sei Christ. Er sei Perser. Seine Eltern seien Türken. Er habe in Österreich im Jahr 2016 und 2017 ehrenamtlich gearbeitet. Er sei vom Staat versorgt worden. Er habe Fußball gespielt, aber in keinem Verein. Er habe einen Deutschkurs für das Niveau A1 gemacht, aber die Prüfung noch nicht abgelegt. Er spreche Farsi, Türkisch und ein wenig Deutsch. Seine gesamte Familie (Eltern, fünf Schwestern und drei Brüder) würden sich im Iran befinden. Des Weiteren habe er auch sieben Tanten väterlicherseits. Mütterlicherseits habe er vier Onkel und zwei Tanten. Im Iran habe er auch Bekannte/Freunde. Mit seiner Mutter verstehe er sich gut. Mit dem Rest seiner Familie verstehe er sich wegen seiner Religionszugehörigkeit nicht gut. Seinen Familienangehörigen gehe es nicht schlecht. Er habe nur mit seiner Mutter Kontakt, ca. fünf bis sechs Mal im Monat. In Österreich habe er keine Familienangehörigen, aber Freunde, zu denen keine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit bestehe. Er lebe mit keiner Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Er habe Österreich verlassen und sei bis vor einer Woche 3,5 Monate in den Niederlanden gewesen. Er sei in Österreich mehrmals fälschlicherweise wegen Straftaten beschuldigt worden und er sei deswegen sehr enttäuscht gewesen. Er stelle neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz, weil sein Leben im Iran weiterhin in Gefahr sei. Er hätte im Iran Arbeit gehabt, könne aber dorthin nicht zurückkehren. Sein Leben sei dort in Gefahr, obwohl seine ganze Familie dort lebe und er dort auch eine Unterkunft hätte. Er sei gezwungen im Ausland zu bleiben, weil er aus dem Iran geflüchtet und nach Europa gekommen sei. Alle seine Angehörigen hätten erfahren, dass er zum Christentum konvertiert sei, und auch mit den Familienangehörigen seiner Frau hätte er Schwierigkeiten gehabt. Das sei der Grund, weshalb er damals geflüchtet sei. Seine Frau befinde sich im Iran, sie wolle sich scheiden lassen. Sie sei schon bei Gericht gewesen. Ihm sei gedroht worden, dass er getötet werde, wenn er zurückkehre. Das hätten ihm seine Familienangehörigen angedroht. Er habe dafür keine Beweise. Seine alten Fluchtgründe seien noch aufrecht. Im Vergleich zu seinem Vorverfahren habe sich etwas verändert, weil diese Drohung ausgesprochen worden sei. Seinem Vater sei mitgeteilt worden, dass er getötet werden würde. Wenn ihm vorgehalten werde, dass es sich um ein gesteigertes Vorbringen handle, da sich zum Vorverfahren nichts Wesentliches verändert habe, gebe er an, er habe Kontakt zu seiner Familie und er habe so erfahren, dass sein Leben in Gefahr sei und die Drohung bestehe. Ihm sei mitgeteilt worden, dass diese Drohungen gegen ihn ausgesprochen worden seien. Falls die Familienangehörigen seiner Frau, ihre Brüder und die anderen Angehörigen, ihn im Iran antreffen würden, würden sie ihn töten. Diese Information habe vor ca. 2,5 Monaten erhalten, als er in den Niederlanden gewesen sei. Seine Eltern seien damals auf einer Hochzeitsfeier gewesen und hätten seine Schwäger angetroffen. Diese hätten dann die Drohung gegenüber seinem Vater ausgesprochen, hätten aber ihn damit gemeint. Sein Schwager Ali habe auch gesagt, dass er ihn töten werde, sobald er ihn sehe. Er selbst sei nie darauf angesprochen worden. Er habe seine Telefonnummer gewechselt. Er habe auch seine Frau diesbezüglich angerufen und deshalb gesagt, dass sie ihr eigenes Leben führen solle. Er habe alles erwähnt und auch, dass die Leute weiterhin auf der Suche nach ihm seien. Zur Lage im Iran wolle er keine Stellungnahme abgeben, aber er wolle auf keinen Fall zurück. Im Fall einer negativen Entscheidung werde er eine Beschwerde dagegen einlegen, damit er noch eine Befragung habe. Sein Leben sei im Iran in Gefahr, er könne dorthin nicht zurückkehren. Er habe alles gesagt. Sie hätten seinem Vater mitgeteilt, dass Ali und die anderen Leute in seiner Heimatstadt Geld geben würden, damit er getötet werden könne. Den Dolmetscher habe er einwandfrei verstanden und er habe der Einvernahme folgen können. Er habe nach Rückübersetzung keine Einwendungen vorzubringen. Es sei alles vollständig und richtig protokolliert worden.

Mit Bescheid vom 23.01.2019 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 11.12.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.

Das BFA traf Feststellungen zu den Verhältnissen im Iran und führte Folgendes aus: Der Beschwerdeführer habe im Verfahren keine neuen Fluchtgründe geltend gemacht und sein neues Fluchtvorbringen auf jenes seines Vorverfahrens aufgebaut. Er habe angegeben, dass er wegen der Konvertierung verfolgt werden würde. Des Weiteren würde er von den Familienangehörigen seiner Frau verfolgt werden. Darüber hinaus habe er auch angegeben, dass seine Fluchtgründe aus seinem ersten Verfahren noch aufrecht seien. Von der erkennenden Behörde könne insgesamt kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden, da die Aussagen des Beschwerdeführers weiterhin keinen glaubhaften Kern aufwiesen. Er habe auch keine aussagekräftigen Dokumente oder sonstige Beweismittel vorlegen können, welche sein Vorbringen untermauern würden. Die Begründung des neuerlichen Asylantrages reiche nicht aus, einen neuen gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen. Er habe im gegenständlichen Verfahren bereits im Erstverfahren geprüfte und als nicht asylrechtfertigend beurteilte Umstände geltend gemacht. Er habe selbst angegeben, dass seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren aufrecht seien. In der Erstbefragung vom 11.12.2018 habe er angegeben, dass die letzte Änderung des Sachverhaltes im Jahr 2017 gewesen sei und seine Fluchtgründe sich verschlimmert hätten, weil sein Bruder von der Asylantragstellung in Österreich erfahren hätte und er weiterhin wegen der Konvertierung und von den Familienangehörigen seiner Frau verfolgt werden würde. Insgesamt sei die extrem vage Art und Weise, wie er den behaupteten Fluchtgrund vor der Behörde geschildert habe, völlig ungeeignet, um sein Vorbringen für glaubhaft befinden zu können. Es fehle an Hinweisen, die annehmen ließen, dass er wahre Erlebnisse schildere. Weder habe er von sich aus Details vorgebracht noch seien aus seiner Schilderung Ausführungen hervorgegangen, die als eine sich auf wahre Begebenheiten beziehende Erzählung betrachtet werden könnten. Er habe auch keinerlei Beweismittel in Vorlage bringen können. Insgesamt bediene sich der Beschwerdeführer im aktuellen Verfahrensgang an Ereignissen, die bereits vor seiner Einreise in das Bundesgebiet stattgefunden hätten. Über seine Fluchtgründe sei bereits in seinem Erstverfahren rechtskräftig abgesprochen worden. Er habe das Bundesgebiet im August 2018 verlassen und sei in die Illegalität untergetaucht. Er habe somit im Vorverfahren seine Mitwirkungspflicht massiv verletzt. Über den Gesundheitszustand sei bereits im Vorverfahren abgesprochen worden. Hierzu werde angemerkt, dass er keinerlei Befunde in Vorlage habe bringen können. Sein Gesundheitszustand habe sich nicht verschlechtert. Es könne nicht von einer zugrundeliegenden Erkrankung ausgegangen werden. Im gegenständlichen Verfahren hätte sich kein Hinweis auf einen seit Rechtskraft des Vorverfahrens entscheidungsrelevant geänderten Sachverhalt ergeben, weder im Hinblick auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers noch im Hinblick auf die allgemeine Lage im Iran. Es liege sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG und brachte im Wesentlichen Folgendes vor:

Als neue Gründe im Zuge seines Folgeantrages habe der Beschwerdeführer angegeben, dass seine Familienangehörigen von seiner Konversion erfahren hätten. Im Falle der Rückkehr fürchte er strafrechtliche Verfolgung bzw. die Verhängung der Todesstrafe. Aufgrund seiner Konvertierung sei er der realen Gefahr seitens der iranischen Regierung und seitens seiner Familie ausgesetzt. Bei seinen Gründen handle es sich um neue Asylgründe. Soweit durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen werde, müsse die Behörde eine Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK vornehmen, welche die Behörde jedoch unterlassen habe. Die Behörde habe nämlich den Folgeantrag zurückgewiesen, ohne zu überprüfen, welcher Gefahr der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer wies auf seine Integrationsbemühungen hin. Zu seinen strafbaren Handlungen gab er an, dass er dies sehr bereue und ein anständiges Leben führen wolle.

Mit Eingabe vom 13.02.2019 übermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht eine Abschrift seiner Scheidungsurkunde samt Übersetzung, wonach die Ehe am 02.05.2016 als geschieden eingetragen wurde, sowie eine - nach Angabe des Beschwerdeführers - Unterhaltsklage. Der Beschwerdeführer gab ergänzend an, dass sich seine Frau aufgrund seiner Konversion zum Christentum habe scheiden lassen und dies der Familie des Beschwerdeführers sowie der Behörde mitgeteilt habe.

Das Bundesverwaltungsgericht wies diese Beschwerde mit Erkenntnis vom 20.02.2019, XXXX , gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet ab.

In der Folge hielt sich der Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Deutschland auf und stellte dort am 02.04.2019 einen Asylantrag. Österreich erklärte sich aufgrund europarechtlichen Bestimmungen dazu bereit, den Beschwerdeführer zu übernehmen. Er wurde am 06.08.2019 nach Österreich überstellt.

1.3. Zum verfahrensgegenständlichen (dritten) Asylantrag des Beschwerdeführers:

Am 06.08.2019 stellte der Beschwerdeführer einen dritten Asylantrag. Bei seiner Einvernahme vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizeiinspektion Schwechat Fremdenpolizei AGM) am selben Tag gab er an, er habe Österreich vor drei Monaten und zehn Tagen (also jedenfalls nachdem über seinen zweiten Asylantrag entschieden worden war; tatsächlich hatte er bereits am 02.04.2019 in Deutschland einen Asylantrag gestellt) verlassen und sich in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Auf die Frage, was sich seit der Rechtskraft der Entscheidung über seinen früheren Asylantrag ("seit der Rechtskraft konkret gegenüber Ihrem bereits entschiedenen Verfahren") verändert habe, gab er an, er habe keine neuen Asylgründe, seine alten Gründe blieben natürlich aufrecht. Außerdem hätten ihn seine ehemaligen Schwiegereltern im Iran angezeigt, weil er 2015 zum Christentum konvertiert sei. Dies habe er aber dem Bundesamt schon 2018 erklärt.

Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt (Erstaufnahmestelle Ost) am 20.08.2019 gab der Beschwerdeführer an, seine ganze Familie lebe im Iran, er habe keine Angehörigen in Österreich. Auf den Vorhalt, es sei beabsichtigt, seinen Asylantrag zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben, gab er an, er habe neue Beweise aus dem Iran. Im Iran habe es einen Streit zwischen seiner Mutter und der Familie seiner Frau gegeben. Im Zuge dieses Streits sei eine Verwandte des Beschwerdeführers verletzt worden. Die Familie seiner Frau habe seine Familie bedroht und auch ihn selbst mit Mord bedroht. Auf die Frage nach Beweisen gab der Beschwerdeführer an, er habe einige Dokumente mit, ein Dokument sei die Scheidungsurkunde, das sei 2016 gewesen. Er habe auch Dokumente bzw. Bescheide vom Gericht. Es gebe auch Beweise über seinen Religionswechsel. Die Frage, ob es sich um neue Beweise handle, bejahte der Beschwerdeführer. Auf die weitere Frage, ob er diese Beweise in seinen Vorverfahren bereits vorgelegt habe, gab er an, er habe sie in seinem "dritten Interview" bereits vorgelegt, das sei in Wien gewesen. Weitere Beweise, die er in den Vorverfahren noch nicht vorgelegt habe, habe er nicht. Die Frage, ob die Fluchtgründe aus seinen vorangegangenen Verfahren aufrecht seien, bejahte der Beschwerdeführer; es gebe aber zusätzlich den Streit zwischen seiner Familie und jener seiner Frau, er bestehe seit etwa drei Monaten. Seit Rechtskraft der Entscheidung in seinem Vorverfahren habe sich nichts geändert, "außer diesem Streit". Zu diesem Streit gab der Beschwerdeführer an, er habe mit seinen Eltern telefoniert, sie hätten ihm erzählt, was geschehen sei. Auf einer Trauerfeier habe sein Schwager seine Mutter getroffen und angefangen, sie zu beschimpfen. Der Vetter des Beschwerdeführers habe sich eingemischt und sei dann von seinem Schwager geschlagen worden, dann sei die Polizei gekommen und habe die Parteien getrennt. Der Streit sei entstanden, weil sich der Beschwerdeführer und seine Frau getrennt hätten, die Familie seiner früheren Frau nutze es aus, dass er seine Religion gewechselt habe, und wolle Rache nehmen. Sie wisse, dass er nicht zurückkehren könne. Die Frage, ob dieser Streit in Zusammenhang mit den behaupteten Fluchtgründen stehe, bejahte der Beschwerdeführer. Zu dem Streit sei es vor etwa drei Monaten gekommen, allerdings habe es auch 2018 Streit gegeben, als die Familie seiner Frau ihre Sachen abgeholt habe. (Bei der Rückübersetzung gab der Beschwerdeführer dann an, er wisse nicht genau, wann sich dieser Vorfall zugetragen habe, da er nicht dort gewesen sei.) Auf die Frage, wann er mit seinen Eltern telefoniert und von diesem Streit erfahren habe, gab der Beschwerdeführer an, er sei damals in Deutschland gewesen; der Vorfall habe sich vor etwa drei Monaten bei der Trauerzeremonie für einen Verwandten zugetragen. Die Frage, ob es seit diesem Streit zu weiteren Zwischenfällen gekommen sei, verneinte der Beschwerdeführer, ergänzte aber, es sei (bereits) das dritte Mal gewesen, dass es Streit gegeben habe. Sein Stamm und jener seiner ehemaligen Frau hätten sich geeinigt, dass sie die Sache bezüglich dieses Problems selbst lösten; dieses Problem mit dem Beschwerdeführer würden sie selbst lösen, die Familien hätten sich so geeinigt. Auf die Frage, weshalb er diesen Streit in der Befragung am 06.08.2019 nicht angegeben habe - er habe dort angegeben, dass es nichts Neues gebe und sich nichts geändert habe - , antwortete der Beschwerdeführer, er habe gesagt, dass es Streit gegeben habe, er habe auch die Dokumente gezeigt. Man habe ihm aber gesagt, dass das nicht interessiere; man sei im Dublin-Verfahren und nicht zuständig. Bei der Rückübersetzung gab der Beschwerdeführer dann an, er habe die Angaben bezüglich des Dublin-Verfahrens mit Deutschland verwechselt. Im Zuge der Erstbefragung sei ihm mitgeteilt worden, dass er genauere Angaben zu seinem Fluchtvorbringen während des Asylverfahrens machen könne.

Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, er sei bereits seit Juni 2016 geschieden, und er wurde gefragt, weshalb es erst jetzt, drei Jahre danach, zu Streitigkeiten kommen sollte. Er gab an, es sei normal, "sie" hätten eine Anzeige gemacht, dieses Verfahren sei noch offen. Auf die Frage, wann diese Anzeige gemacht worden sei, antwortete der Beschwerdeführer - dem zunächst nicht klar war, von welcher Anzeige die Rede war -, sie sei wegen seiner Flucht aus dem Iran erstattet worden. Auf die neuerliche Frage nach dem Zeitpunkt erklärte er, dies sei 2016 gewesen, seine Frau habe sich im Juni 2016 von ihm getrennt. Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, er habe in der Befragung am 6.8.2019 angegeben, dass diese Anzeige bereits 2015 erstattet worden sei; er antwortete, sie hätten sich 2014 verlobt und 2015 geheiratet. Dem Beschwerdeführer wurde nochmals vorgehalten, er habe in der Befragung angegeben, dass die Anzeige 2015 erstattet worden sei, gebe aber nun an, es sei 2016 gewesen. Der Beschwerdeführer wiederholte, er habe 2015 geheiratet, 2016 habe seine Frau sich von ihm getrennt. Nachdem die Frage nochmals wiederholt und erläutert worden war, räumte der Beschwerdeführer ein, dass er gesagt habe, es sei 2015 gewesen. "Offiziell" sei er 2015 angezeigt worden, seine Frau habe sich 2016 von ihm getrennt, es habe mehrere Streitigkeiten gegeben, einmal 2018; es habe auch eine Gerichtsverhandlung gegeben, "sie" hätten dann seine Familie in Ruhe gelassen und wollten das Problem mit ihm lösen.

Die Frage, ob dies alle Fluchtgründe seien, bejahte der Beschwerdeführer und ergänzte, sein älterer Bruder arbeite im Verteidigungsministerium im Iran. Er habe ihm gesagt, dass die iranischen Behörden über seinen Asylantrag in Österreich Bescheid wüssten. Dort hätten ihm die Kollegen gesagt, dass es für ihn Probleme geben werde. Das sei ein Grund. Dass er zum Christentum konvertiert sei, werde im Iran auch ein Problem sein.

Auf die Frage, warum er, nachdem zwei Asylanträge negativ entschieden worden seien, einen weiteren stelle, gab der Beschwerdeführer an, sein Leben sei im Iran in Gefahr.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 06.08.2019 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen von 06.08.2019 bis 17.12.2019 im Quartier AlBE Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.). Der gegenständliche Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich der Kern seines Vorbringens auf seine als nicht glaubhaft erachteten Fluchtgründe aus dem Erstverfahren stützen würde. Sein ergänzendes Vorbringen im gegenständlichen Verfahren werde als nicht glaubhaft erachtet. In Österreich verfüge er über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte. Eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe nicht. Weder dem Erst- oder Zweitverfahren noch dem gegenständlichen Folgeverfahren sei ein über das unglaubwürdige Vorbringen hinausgehender Anhaltspunkt zu entnehmen, warum dem Beschwerdeführer persönlich bei einer Rückkehr in den Iran Gefahr drohen solle. Seine nunmehrigen ergänzenden Behauptungen, wonach es seinetwegen zu einem Streit zwischen seiner Familie und der Familie seiner Ex- Frau gekommen sei, seien als nicht glaubhaft zu qualifizieren. Der gegenständliche Antrag stütze sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den zuletzt inhaltlich entschiedenen Asylantrag verwirklichten Sachverhalt. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels würden nicht vorliegen. Ein schützenswertes Familien- oder Privatlebend es Beschwerdeführers in Österreich liege ebenfalls nicht vor. Zudem wurde die Abschiebung für zulässig erklärt und bestehe im Falle einer zurückweisenden Entscheidung keine Frist für die freiwillige Ausreise. Das Einreiseverbot im Ausmaß von 4 Jahren wurde mit Art. 11 der Statusrichtlinie begründet sowie dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mittellos sei.

Gegen diesen wurde fristgerecht Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. und VII. erhoben und zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in den Einvernahmen vor dem BFA die Gründe geschildert habe, weshalb er neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe und warum er nicht in den Iran zurückkehren könne. Der Beschwerdeführer sei der Meinung, dass die Erstbehörde es verabsäumt habe, den vorgebrachten Angaben von Amts wegen weiter nachzugehen. Deswegen halte der Beschwerdeführer seine Aussagen zu seinen Fluchtgründen, die er in der Einvernahme vor dem BFA gemacht habe, aufrecht und fechte den genannten Bescheid an. Betreffend das erlassene Einreiseverbot wolle der Beschwerdeführer angeben, dass in seinem Fall nicht von einer Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auszugehen sei, weil er der Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachgekommen sei. Hauptgrund für die Nichteinhaltung der Ausreise sei die Verfolgungsgefahr seiner Person im Iran. Weiters lebe der Beschwerdeführer seit 4 Jahren in Österreich und habe sich bemüht, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren. Zudem bereue er sein schlechtes Verhalten in Bezug auf seine Straftaten.

Am 09.01.2020 legte das BFA die Verwaltungsakte dem Bundesverwaltungsgericht vor; am 13.01.2020 langten sie bei der zuständigen Gerichtsabteilung dieses Gerichtes ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung und Einvernahme des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verwaltungsakten sowie in die Vorverfahren, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zum Folgeantrag:

Die Ausführungen unter Punkt I. zum Verfahrensgang werden festgestellt.

Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Türken an. Er ist am XXXX geboren. Er spricht Farsi, Türkisch und ein wenig Deutsch. Er ist arbeitsfähig und in einem erwerbsfähigen Alter. Er hat im Iran eine siebenjährige Schulbildung erfahren, verfügt über Berufserfahrungen als Dachdecker, PKW-Fahrer und Fahrer bei der Müllabfuhr.

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach, lebt in der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Er leidet an keiner schweren psychischen oder physischen Erkrankung.

Er ist geschieden. Seine geschiedene Ehefrau und seine Herkunftsfamilie (Eltern, fünf Schwestern, drei Brüder) leben im Iran.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen § 107a Abs. 1 und 2 Z 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten, Probezeit 3 Jahre, rechtskräftig verurteilt.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig als nicht asylrelevant entschieden. Der zweite Antrag des Beschwerdeführers vom 11.12.2018 wurde wegen entschiedener Sache rechtskräftig zurückgewiesen. In gegenständlichen (dritten) Verfahren hat der Beschwerdeführer im Vergleich zu seinen ersten Verfahren keinen wesentlich geänderten Sachverhalt glaubhaft vorgebracht

1.2. Zum Leben in Österreich:

Der Beschwerdeführer reiste erstmals im November 2015 in das österreichische Bundesgebiet ein. Im Jahr 2017 reiste der Beschwerdeführer in die Niederlande und hielt sich dort mehrere Monate auf bis er aus den Niederlanden gemäß der Dublin-Verordnung rückübernommen wurde. Im Jahr 2019 reiste der Beschwerdeführer erneut nach Deutschland und hielt sicher wiederum über drei Monate dort auf. Der Beschwerdeführer hält sich erneut seit August 2019 ununterbrochen in Österreich auf. Er besuchte Deutschkurse, aber er verfügt über kein Deutschzertifikat. Es konnten keine substanziellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens festgestellt werden. Es leben keine nahen Angehörigen des Beschwerdeführers in Österreich.

1.3. Das Bundesverwaltungsgericht trifft aufgrund der im Beschwerdeverfahren eingebrachten aktuellen Erkenntnisquellen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

1.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Iran vom 14.06.2019:

Sicherheitslage:

Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage im Iran auswirken. Latente Spannungen im Land haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten bisweilen zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 11.6.2019).

Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. Am 22. September 2018 forderte ein Attentat auf eine Militärparade in Ahvaz (Provinz Khuzestan) zahlreiche Todesopfer und Verletzte. Am 7. Juni 2017 wurden in Teheran Attentate auf das Parlament und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini verübt. Sie haben über zehn Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert. In den Grenzprovinzen im Osten und Westen werden die Sicherheitskräfte immer wieder Ziel von bewaffneten Überfällen und Anschlägen (EDA 11.6.2019, vgl. AA 11.6.2019b). In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht (AA 11.6.2019b).

Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 20.6.2018b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie haben wiederholt Anschläge verübt und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen (EDA 11.6.2019). Iran verfügt über einen internationalen Flughafen Imam-e Khomeini (AA 12.1.2019).

Religionsfreiheit

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 12.1.2019, vgl. ÖB Teheran 12.2018).

Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert. Nicht anerkannte religiöse Gruppen - Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Muslime anwesend sind (ÖB Teheran 12.2018). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA Analyse 23.5.2018, vgl. FH 4.2.2019). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA Analyse 23.5.2018).

Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 12.2018).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Muslime, die keine Schiiten sind, dürfen weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übertreten, können hohe Gefängnisstrafen erhalten, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichen. Es gibt weiterhin Razzien in Hauskirchen (AI 22.2.2018).

Anerkannten ethnisch christlichen Gemeinden ist es untersagt, konvertierte Christen zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden (AA 12.1.2019).

Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 29.5.2018).

Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2017 mindestens 102 Mitglieder von religiösen Minderheiten aufgrund ihrer religiösen Aktivitäten inhaftiert, 174 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 23 wegen "Beleidigung des Islam" und 21 wegen "Korruption auf Erden" (US DOS 15.8.2017).

Personen, die sich zum Atheismus bekennen, können willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie laufen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).

Grundversorgung

Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 14 Mio. IRR im Monat (ca. 97 Euro). Das durchschnittliche pro Kopf Einkommen liegt bei ca. 388 Euro (AA 12.1.2019).

Von 2016-2017 konnte sich die iranische Wirtschaft mit Wachstumsraten von 4-4,5% jährlich erholen. Das weitere Wachstum ist angesichts der im August 2018 in Kraft getretenen US-Sanktionen gegen Iran (Edelmetalle, Automobilsektor, Flugzeuge), des dramatischen Währungsverfalls und der importierten Inflation stark gefährdet. Mit den US-Sanktionen u.a. auf Ölexporte seit November 2018 ist mit einer weiteren Verschlechterung der Lage zu rechnen. Die Weltbank erwartet in den Jahren 2018-2021 eine anhaltende Rezession, der IWF einen Rückgang des BIP um 1,5% im Jahr 2019 und 3,6% im Jahr 2020. Das Budget wird durch die sinkenden Erdölexporte erheblich belastet werden, weshalb ein Sinken der öffentlichen Ausgaben zu erwarten ist (ÖB Teheran 12.2018).

Aufgrund der im Vergleich zu Europa extrem jungen Bevölkerung strömen jedes Jahr viele Berufseinsteiger auf den Arbeitsmarkt. Um diesen Menschen Arbeit zu geben, wäre die Schaffung von rund 1 Mio. Arbeitsplätzen pro Jahr erforderlich. Neben Arbeitslosigkeit spielt in Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen aber auch ein gewaltiger "brain drain", der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig beeinträchtigen wird (ÖB Teheran 12.2018). Ende Dezember 2017 entstanden Proteste aufgrund der schlechten ökonomischen Lage in einigen Städten (FH 4.2.2019).

Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht zu großen Teilen unter staatlicher Kontrolle. So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen, auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher eine eigenständige Wirtschaft nur bedingt entwickeln. Eine etablierte Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe. Erst in den letzten eineinhalb Jahrzehnten wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85% der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60% dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner hängt vom Ölpreis ab. Hindernisse bei der Modernisierung iranischer Förderanlagen und Raffinerien führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin staatlich subventioniert ist, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11% des BIP. Hob er den Benzinpreis an oder begrenzte die ausgegebenen Rationen, führte das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen (GIZ 3.2019b).

Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads. Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil-)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company (GIZ 3.2019b).

Sozialbeihilfen

Dem Gesundheitsministerium ist auch die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten "Hohen Versicherungsrat" (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die "Organisation für Sozialversicherung" (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen (ÖB Teheran 12.2018). Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Einzahlungsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch in der Höhe von 1.111.269 IRR (ca. 7,70 Euro) pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Höhe von 70-80% des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 450.000 IRR (ca. 3.10 Euro, sog. Yarane). Dabei handelt es sich jedoch um ein auslaufendes System, das keine Neuaufnahmen zulässt. Angesichts drängender Wirtschaftsnöte wurde im September 2018 zusätzlich die Ausgabe von 10 Millionen elektronischen Lebensmittelkarten beschlossen, ergänzt durch Nahrungsmittelpakete für die am meisten von Armut betroffenen Familien (AA 12.1.2019).

Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z. B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 12.1.2019).

Kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Weitere Leistungen können vom Arbeitgeber angeboten werden (IOM 2018).

Eine staatliche Arbeitslosenhilfe gibt es nicht, es sei denn der Rückkehrer oder dessen Arbeitgeber haben monatliche Beiträge an eine entsprechende Versicherungsfirma gezahlt. Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung ist für alle Arbeitnehmer verpflichtend. Die Sozialsicherung schützt im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfällen und auch bei altersbedingtem Ausscheiden. Seit 2003 wurden die zuständigen Institutionen überholt und zusammengelegt, um Ineffektivität und Redundanzen zu vermeiden. Das System deckt alle Angestellten und FreiberuflerInnen ab, wobei letztere zwischen verschiedenen Sfufen wählen können. Freiwillige Abdeckung ist für vorher versicherte Personen bis 55 Jahre verfügbar (mindestens 30 Tage) sowie für die Gruppe der Berufskraftfahrer. Spezielle Systeme gibt es darüber hinaus für Staatsangestellte und Militärangehörige. Solange Rückkehrende für eine iranische Organisation/Firma arbeiten, übernehmen die Arbeitgeber den Großteil der Beiträge. Ansonsten muss (je nach gewähltem Angebot) selbst eingezahlt werden. Für Angestellte müssen 7% des monatlichen Gehalts abgegeben werden, während Selbstständige und Private einen individuell abgestimmten Beitrag in Gänze bezahlen (IOM 2018).

Für schutzbedürftige Gruppen im Iran gibt es zwei Arten von Zentren:

Öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen sich oft an kleinere spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, welche Projekte zu Genderfragen, alten Menschen, Behinderten (inklusive psychischer Probleme) ethnischer und religiöser Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem Sozio-psychologische Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen etc. Es gibt einige Zentren unter Aufsicht der BEHZISTI Organisation, welche Personen in Not Hilfe gewähren. Solche Leistungen sind kostenfrei. Aufgrund der hohen Nachfrage und einiger Beschränkungen bevorzugen viele zahlungspflichtige private Zentren (IOM 2018).

Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die sadeqe, die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, das der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 3.2019b).

Rückkehr

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren (AA 12.1.2019).

Zum Thema Rückkehrer gibt es kein systematisches Monitoring, das allgemeine Rückschlüsse auf die Behandlung von Rückkehrern zulassen würde. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Allerdings ist davon auszugehen, dass Rückkehrer keinen aktiven Botschaftskontakt pflegen, der ein seriöses Monitoring ihrer Situation zulassen würde. Auch IOM Iran, die in Iran Unterstützungsleistungen für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des ERIN-Programms anbietet, unternimmt ein Monitoring nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung der Rückkehrer, nicht jedoch im Hinblick auf die ursprünglichen Fluchtgründe und die Erfahrungen mit Behörden nach ihrer Rückkehr. Australien zahlt Rückkehrhilfe an eine bislang überschaubare Gruppe an freiwilligen Rückkehrern in Teheran in Euro aus (ÖB Teheran 12.2018). Iranische Flüchtlinge im Nordirak können offiziell nach Iran zurückkehren. Dafür werden iranische Identitätsdokumente benötigt. Wenn Personen diese Dokumente nicht besitzen, können sie diese beantragen. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iranische Rückkehrer, die nicht aktiv kurdische Oppositionsparteien, wie beispielsweise die KDPI oder Komala unterstützen, werden nicht direkt von den Behörden ins Visier genommen werden. Sie können aber durchaus zu ihrem Leben im Nordirak befragt werden. Der Fall kann aber anders aussehen, wenn Rückkehrer Waffen transportiert haben, oder politisch aktiv sind und deshalb Strafverfolgung in Iran riskieren. Die Rückkehr aus einem der Camps in Nordirak kann als Zugehörigkeit zu einer der kurdischen Oppositionsparteien gedeutet werden und deshalb problematisch sein (DIS/DRC 23.2.2018).

In Bezug auf Nachkommen von politisch aktiven Personen wird berichtet, dass es solche Rückkehrer gibt, aber keine Statistiken dazu vorhanden sind. Es ist auch durchaus üblich, dass Personen die Grenze zwischen Irak und Iran überqueren. Auch illegale Grenzübertritte sind weit verbreitet. Nachkommen von politisch aktiven Personen riskieren nicht notwendigerweise Strafverfolgung, wenn sie nach Iran zurückkehren. Ob solch ein Rückkehrer Strafverfolgung befürchten muss, würde von den Profilen der Eltern und wie bekannt diese waren, abhängen. Befragungen durch Behörden sind natürlich möglich, aber wenn sie beweisen können, dass sie nicht politisch aktiv sind und nicht in bewaffneten Aktivitäten involviert waren, wird wohl nichts geschehen (DIS/DRC 23.2.2018).

Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein (AA 12.1.2019). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Nach IStGB wird jeder Iraner oder Ausländer, der bestimmte Straftaten im Ausland begangen hat und in Iran festgenommen wird, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Bei der Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 12.1.2019).

Zurückgeführte unbegleitete Minderjährige werden vom "Amt für soziale Angelegenheiten beim iranischen Außenministerium" betreut und in Waisenheime überführt, wenn eine vorherige Unterrichtung erfolgt (AA 12.1.2019).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakten, die auch die Akten des ersten und zweiten Verfahrens des Beschwerdeführers beinhalten, insbesondere aus den dort aufliegenden Niederschriften über die Einvernahmen des Beschwerdeführers, den Bescheiden der belangten Behörde und aus dem Beschwerdevorbringen. Die relevanten Ermittlungsergebnisse und Urkunden liegen in den Verwaltungsakten ein. Das Bundesverwaltungsgericht nahm weiters Einsicht in das Strafregister, das zentrale Melderegister und holte einen Grundversorgungsauzug ein.

Die Feststellungen zu den persönlichen und familiären Verhältnissen des Beschwerdeführers ergibt sich insbesondere aus dessen eigenen Angaben in seinen bisherigen Verfahren, die diesbezüglich als glaubwürdigen bewertet werden. Ein derartiger Sachverhalt wurde bereits von der belangten Behörde in den letzten beiden Bescheiden festgestellt, wobei der Beschwerdeführer diesen Feststellungen nicht entgegentrat.

Die festgestellte gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus dem Strafregisterauszug und wurde vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt.

2.2. Zum Fluchtgrund und zur Rückkehr:

Die Feststellungen unter Punkt I. zum Verfahren über den ersten und zweiten Antrag auf internationalen Schutz ergeben sich aus den diesbezüglichen Verfahrensakten des BFA. Daraus ergibt sich unzweifelhaft, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers ein rechtskräftig negativ abgeschlossenes Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz vorliegt und der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Das im Rahmen dieses Verfahrens erstattete Vorbringen ergibt sich aus den bezughabenden Verfahrensakten, insbesondere aus den Einvernahmeprotokollen. Aufgrund des Bescheides des BFA vom 24.07.2018, Zl. XXXX , steht weiters fest, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Bedrohungssituation (bei Rückkehr) in seinem Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz als unglaubwürdig und - selbst bei Wahrheitsunterstellung - rechtskräftig als nicht asylrelevant beurteilt wurde.

Dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keinen im Vergleich zum ersten Verfahren wesentlich geänderten Sachverhalt vorgebracht hat und auch das im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens erstattete Vorbringen unglaubwürdig ist, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Das Bundesverwaltungsgericht teilt die Ansicht des BFA, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren - wie bereits im ersten Verfahren -hinsichtlich seines Fluchtvorbringens und seiner Bedrohungssituation sowie hinsichtlich einer Sachverhaltsänderung unglaubwürdig ist und keinen "glaubhaften Kern" aufweist. Die schlüssigen beweiswürdigenden Erwägungen des BFA im angefochtenen Bescheid werden geteilt. Die Ausführungen zur Beweiswürdigung enthalten eine Vielzahl für sich tragender Erwägungen, denen die Beschwerde nicht konkret entgegentritt. Die Beschwerde zeigt nicht auf, weshalb diese Beweiswürdigung unschlüssig oder unzutreffend sein sollte, sondern beschränkt sich auf lediglich allgemeine Ausführungen. Die Darstellungen in der Beschwerde stellen aber weder ein substantiiertes Bestreiten der behördlichen Beweiswürdigung noch eine relevante Neuerung dar (VwGH 27.05.2015, Ra 2015/18/0021).

Das BFA führte zutreffend aus, dass sich der Beschwerdeführer im nunmehrigen Rechtsgang auf Sachverhaltskreise beziehe, die einerseits vor seiner Ausreise aus dem Iran stattgefunden hätten und sich jedenfalls vor rechtskräftiger letztinstanzlicher Entscheidung seines Asylbegehrens im ersten Rechtsgang zuordenbar seien. Seine nunmehrige ergänzende Behauptung, wonach es seinetwegen zu einem Streit zwischen seiner Familie und der Familie seiner Ex-Frau gekommen sei, wurde bereits vom BFA als nicht glaubhaft qualifiziert. Dies wurde nachvollziehbar damit begründet, dass zum einen aus den Vorverfahren zu entnehmen ist, dass seit längerem Unstimmigkeiten zwischen seiner Familie und der Familie seiner Ex-Frau bestehen würden und zum anderen stehe diese Behauptung in einem untrennbaren Zusammenhang mit seinem als nichtglaubhaft qualifizierten Fluchtgründen.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die entsprechenden Streitigkeiten zwischen der Familie des Beschwerdeführers und der Familie seiner Ex-Frau bereits in seinem zweiten Asylverfahren geltend gemacht wurden dieses Vorbringen umfassend gewürdigt und ebenfalls als nicht glaubhaft gewertet wurde. Nachdem der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA am 20.08.2019 ausdrücklich anführte, dass der zuletzt angeführte Streit in einem Zusammenhang mit seinen behaupteten Fluchtgründen stehe und diese im Rahmen des ersten Verfahrens als unglaubhaft bzw. nicht asylrelevant gewertete wurden, konnte auch das neuerliche Vorbringen nicht als glaubhaft gewertet werden. Zudem konnte der Beschwerdeführer auch keine neuen Beweise vorlegen. Zwar gab er vor dem BFA an, dass er neue Beweise habe, auf Nachfrage ergab sich jedoch zweifelsfrei, dass er diese Unterlagen bereits im Rahmen seines Vorverfahrens vorgelegt habe. Somit war der Beschwerdeführer insgesamt nicht in der Lage, neue Tatsachen glaubhaft geltend zu machen.

Selbst wenn das Vorbringen den Tatsachen entsprechen würde, ergibt sich kein relevanter geänderter Sachverhalt: Im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB 22

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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