Entscheidungsdatum
20.02.2020Norm
BBG §40Spruch
W265 2226320-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den gemäß § 45 Abs. 2 in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 11.11.2019, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Grad der Behinderung beträgt 60 von Hundert (v.H.).
Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin war seit 1991 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 80 v.H.
Mit internistischem Sachverständigengutachten vom 01.12.2011 wurden bei der Beschwerdeführerin die Leiden "Koronare Herzerkrankung" (Einzelgrad der Behinderung 60 v.H.), "Diabetes mellitus" (40 v.H.), "Degenerative Wirbelsäulenveränderungen" (30 v.H.), "Varizen rechtsseitig" (30 v.H.), "Einfache Kurzsichtigkeit beider Augen, mit Glashilfe normale Sehleistung" (0 v.H.), "Verlust der Großzehe des rechten Fußes (10 v.H.), Primär biläre Zirrhose (50 v.H.) mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 90 v.H. festgestellt.
Mit allgemeinmedizinischem Sachverständigengutachten vom 14.01.2018 wurde aufgrund eines Antrages der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass erstmals das Leiden "Tibio-calcaneare Arthrodese rechts am 25.09.2017 - wegen Charcot-Arthropathie des Rückfußes rechts mit einer kompletten Talusluxation" eingeschätzt und aus diesem Grund eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt. Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen, wonach eine Besserung des genannten Leidens möglich sei und eine Nachuntersuchung im Dezember 2018 mit Neubeurteilung der Zusatzeintragung empfohlen wurde, stellte die belangte Behörde den Behindertenpass mit der genannten Zusatzeintragung befristet bis 31.12.2018 aus.
Am 05.08.2019 stellte die Beschwerdeführerin beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses wegen Ungültigkeit sowie einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis), der auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass gilt. In der Folge legte sie ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 24.09.2019 basierenden Gutachten vom 30.09.2019 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"Anamnese:
Letzte hierortige Einstufung 12/2017 ohne Zuerkennung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel" bei Charcot Arthropathie rechts, koronarer Herzkrankheit, nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus, primär biliäre Zirrhose, degenerative Gelenks- und Wirbelsäulenveränderungen, Myopie
Beziehungsweise 12/2011 mit 90% (koronare Herzkrankheit 60, Diabetes mellitus 40, degenerative Wirbelsäulenveränderungen 30, Varizen rechts 30, Myopie 0, Großzehenverlust rechts 10, Zirrhose 50)
TE,
1989 Amputation der Großzehe rechts
1990 Pankreatitis
2001 Gallenblasenentfernung
2004 Diagnose einer primär biliären Zirrhose - medikamentös eingestellt
2008 Arthroskopie beide Schultern
2009 3 x aortocoronarer Bypassoperation, Pleuraempyem
2017 Charcot Arthropathie des Rückfußes rechts mit Tibio calcanearer Arthrodese rechts
Depression, Hyperuricämie und chronisch obstruktive Atemwegserkrankung seit Jahren bekannt
Diabetes mellitus seit ca. 1979 bekannt, letzter NBZ 109 mg% heute, letzte HbA1c 7,1 im Juni. Seit 1980 Insulinpflichtig nach Bedarf und diätisch eingestellt. Nephro - und Polyneuropathie bekannt
Derzeitige Beschwerden:
Die Antragswerberin klagt "über Atembeschwerden vom Herzen, insbesondere bei körperlicher Anstrengung, auch immer wieder plötzliche Hustenanfälle. Der Lungenarzt hatte gesagt es sei nicht von der Lunge, sondern vom Herzen
Seit neuestem zittere sie auch, der Arzt für Allgemeinmedizin meine es sei vom Zucker. Wenn es ihr einen Tag gut gehe, sei sie zufrieden. Im Operierten Fuß zeitweise Schmerzen, manchmal schmerzen auch Schultern und Gelenke."
Penicillin, Latex, Pflaster Allergie bekannt
Anderwärtige schwere Krankheiten, Operationen oder Spitalsaufenthalte werden negiert.
Lt. eigenen Angaben Benutzung der öffentlichen VM "nicht möglich, weil sie müsse eine Begleitung haben und sie sei so unsicher"
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:
Ursofalk, Furon, Spirono, KCL ret., Pram, Omeprazol, Novorapid, Magnosolv, Simvastatin, Tresiba, Thrombo Ass
Sozialanamnese:
seit ca. 1996 in Pension als selbst. Trafikantin, geschieden seit ca. 1989, 1 erw. Sohn, 2 Enkel bei dessen Frau
wohnt zusammen mit dem Sohn in einer Gemeindewohnung im 3. Stock mit Lift, 12 Stufen sind zu überwinden.
beziehe Pflegegeld der Stufe 2
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
2019-9 Dr. XXXX , Lunge: V.a. hyperrag. Bronchialsystem, Zustand nach Pneumonie links arterieller Bluthochdruck Diabetes mellitus Typ I, Penicillin, Latex und Pflasterallergie, Zustand nach Nikotinabusus, koronare Herzkrankheit periphere arterielle Verschlußkrankheit Zustand nach 3 x aortocoronarer Bypassoperation 2009, biliäre Leberzirrhose seit 2004
2019-8 Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin: schwere Gehbehinderung bei
Herzschwäche (aortocoron Bypass 09, BNP =2011 (bis 125), Gangataxie u Tremor, PNP bd UE bei Typ I Diabetes mell. Chargot Fuß re (Tibio-calcar.Arthrodese 9/17), Sie ist in der Wohnung mit Rollator mobil.
2019-6 Klinikum Malcherhof Baden:
Tibio-calcaneare Arthrodese 25.0.9.2017 rechts bei Charcot Arthropathie
Coxarthrose rechts
KHK bei Z.n. 3-fach Bypass OP 2009, Verschluss der LAD bekannt
primär biliäre Zirrhose
insulinpflichtiger Diabetes mellitus
Großzehenamputation rechts 1989
Depression
PNP
AV-Block 1°
Hyperurikämie
chron. renale Insuffizienz
2019-5 DR. XXXX , Internistin: Systolikum; Diabetes mellitus;
Hypertonie; St. p. aortokoronarer 3-fach Bypass 9/09; Koronare Herzkrankheit; postoperativ VRE und ESBL pos.; St. p. Cholezytektomie; Penicillinallergie; Hyperuricämie;
Pflasterallergie; rezid. Ulcus re. Fuß; primär biliäre Zirrhose;
Coronarsklerose; St.p. Coro 07/2016: LIMA/LAD zu; konservativ;
chron. Niereninsuffizienz; Z.n.tibiocalcanearen Arthrodesen mit lat. Platte 09/2017; St.p. Nikotinabhängigkeit (ca. 7-10PY)
Bei bekannter Bypassdysfunkiton im Bereich der LAD wurde schon 2016 ein konservatives Procedere beschlossen. Die antiischämische Therapie wurde gesteigert. Die systolische Pumpfunktion ist normal, die Risikofaktoren sind gut eingestellt.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
63jährige AW in gutem AZ kommt alleine ins Untersuchungszimmer, Linkshänderin
Ernährungszustand:
gut
Größe: 162 cm Gewicht: 100 kg Blutdruck: 130/80
Klinischer Status - Fachstatus:
Haut: und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose
Caput: HNAP frei, kein Meningismus, sichtbare Schleimhäute:
unauffällig Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal
PR unauffällig, Rachen: bland,
Gebiß: prothetisch, Hörvermögen ohne Hörgerät unauffällig
Collum: Halsorgane unauffällig, keine Einflußstauung, keine Stenosegeräusche
Thorax: symmetrisch, blande Narbenverhältnisse nach Sternotomie
Cor : HT rhythmisch, mittellaut, normfrequent Puls: 72 / min
Pulmo: sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer
Abdomen: Bauchdecken über Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent,
blande NVH nach Lapraskopie,
NL bds. frei
Extremitäten:
OE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig.
blande Narbenverhältnisse beide Schultern Nackengriff möglich, Schürzengriff nicht vollständig durchgeführt,
sonst in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Faustschluß beidseits unauffällig, eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben Feinmotorik und Fingerfertigkeit ungestört.
UE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. blande Narbenverhältnisse links Unterschenkel nach Gefäßentnahme, bei Fußdeformität mit Verkürzung rechts und Großzehenamputation rechts, kein Ulcus, endlagige Funktionseinschränkungen in Hüft und Kniegelenken, keine Sensibilitätsausfälle, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich, Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal.
Fußpulse tastbar, Varikosis bds, keine Ödeme
PSR: seitengleich, Nervenstämme: frei, Lasegue: neg.
Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose FBA: 15 cm mit Anhalten, Aufrichten frei,
kein Klopfschmerz, Schober: Ott: unauffällig,
zu 1/3 eingeschränkte Seitneigung und Seitdrehung der LWS, endgradige Funktionseinschränkung der HWS, Kinn-Brustabstand: 2 cm,
Hartspann der paravertebralen Muskulatur,
Gesamtmobilität - Gangbild:
kommt mit orthopädischen Schuhen und einem Rollator etwas hinkend rechts, freier Stand sicher möglich, Zehenballen- und Fersenstand ohne Anhalten, Einbeinstand mit Anhalten beidseits möglich, rechts erschwert. Die tiefe Hocke wird ohne Anhalten zu 1/3 durchgeführt. Vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen
Status Psychicus:
bewusstseinsklar, gut kontaktfähig, allseits orientiert, Gedanken in Form und Inhalt geordnet, psychomotorisch ausgeglichen, Merk- und Konzentrationsfähigkeit erhalten; keine produktive oder psychotische Symptomatik,
Antrieb unauffällig, Affekt: dysthym
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
koronare Herzkrankheit Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da bekannte Bypassdysfunktion im Bereich der LAD nach 3 x aortocoronarer Bypassoperation unter konservativer Therapie mit normaler systolischer Funktion
05.05.02
40
2
Insulinpflichtiger Diabetes mellitus Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da Nephropathie und Polyneuropathie
09.02.02
40
3
Zustand nach Charcot-Arthropathie des Rückfußes rechts Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da deutliche Funktionsstörung nach erfolgreicher Tibio-calcaneare Arthrodese rechts mit liegender Platte und kombiniert mit Großzehenamputation rechts
02.05.35
40
4
Primär biliäre Leberzirrhose seit 2004 Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da durch regelmäßige Medikamenteneinnahme stabilisiert
07.05.04
30
5
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da mäßige Funktionseinschränkungen ohne radikuläre Ausfälle
02.01.02
30
6
Tremor Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da mäßiggradig
04.09.01
20
7
Degenerative Gelenksveränderungen Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da mäßige Funktionseinschränkungen in Schulter, Hüft- und Kniegelenken
02.02.01
20
8
Varicosis beidseits 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz da ohne wesentliche Beeinträchtigung der Gelenksbeweglichkeit
05.08.01
20
9
hyperreagibles Bronchialsystem Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da durch Bedarfsmedikation kompensierbar
06.06.01
10
10
Einfache Kurzsichtigkeit beider Augen - mit Glashilfe normale Sehleistung Tabelle Zeile 1 Kolonne 1
11.02.01
0
Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
die Erhöhung der führenden funktionellen Einschränkung von Leiden 1 durch Leiden 2 und 4 gemeinsam um 1 Stufe ist gerechtfertigt, da ein ungünstiges Zusammenwirken besteht.
Leiden 3 und 5 steigern um insgesamt 1 weitere Stufe, da, bei wechselseitigem ungünstigem Zusammenwirken eine maßgebliche zusätzliche Einschränkung vorliegt.
Leiden 6-10 erhöht nicht weiter, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.
...
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Erstmalige Berücksichtigung von Leiden 6, 7+9,
Verschlimmerung von Leiden 3
Besserung des Herzleidens (1) durch internistische Befunde dokumentiert, Stabilisierung von Leiden 4
Aufgrund der erstmaligen Einstufung nach der EVO geringere Einschätzung von Leiden 8 Besserung von Leiden 1+ 7 des Vorgutachtens.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Besserung von Leiden 1
[x] Dauerzustand
...
Aufgrund der vorliegenden funktionellen Einschränkungen liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme nachstehender Zusatzeintragungen vor:
Ja
Nein
Nicht geprüft
Die / Der Untersuchte
[x]
ist überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen
[x]
ist blind (entsprechend Bundespflegegeldgesetz)
[x]
ist hochgradig sehbehindert (entspr. Bundespflegegeldgesetz)
[x]
ist gehörlos
[x]
ist schwer hörbehindert
[x]
ist taubblind
[x]
ist Epileptikerin oder Epileptiker
[x]
Bedarf einer Begleitperson
[x]
ist Trägerin oder Träger von Osteosynthesematerial
[x]
ist Orthesenträgerin oder Orthesenträger
[x]
ist Trägerin oder Träger eines Cochlea-Implantates
[x]
ist Prothesenträgerin oder Prothesenträger
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Bedingt durch das Herzleiden liegt eine moderate Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor, welche jedoch eine erhebliche Erschwernis des Erreichens, Besteigens und Mitfahrens mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht ausreichend begründen kann. Darüber hinaus führt auch das Zusammenwirken mit den degenerative Gelenks- und Wirbelsäulenveränderungen sowie der Fußdeformität re. und dem Diabetes nicht zu einer maßgeblichen Behinderung der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Die behinderungsbedingte Notwendigkeit des, anläßlich der ho. Begutachtung verwendeten, Rollators, ist durch die objektivierbare Ausprägung der Funktionseinschränkungen nicht ausreichend begründbar
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
nein"
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:
Ja
Nein
Nicht geprüft
[x]
Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03. GdB: 40 v.H.
[x]
Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit GdB: 30 v.H.
[x]
Erkrankungen des Verdauungssystems
..."
Mit Schreiben vom 07.10.2019 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme ein.
Mit am 25.10.2019 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben gab die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme ab. Darin beanstandete sie die Zurückstufung des Grades der Behinderung von zuletzt 90 v.H. auf nunmehr 60 v.H. Weiters führte sie aus, sie benötige im Alltag, etwa beim Einkaufen, Wäsche waschen, Kochen und Putzen Hilfe von anderen Personen. Sie könne sich zwar allein waschen, duschen könne sie aber nur deshalb, weil sie ein Sitzbrett und einen Haltegriff in der Badewanne habe, auch in der Toilette habe sie einen Haltegriff. Nach dem Duschen habe die Beschwerdeführer oft Gleichgewichtsstörungen und Schwindel, sie bekomme durch das Herzleiden schlecht Luft und habe einen niedrigen Blutdruck. Außerdem kippe sie leicht nach vorne, weil ihr die rechte Großzehe fehle. Es müsse daher immer eine Person anwesend sein. Die Beschwerdeführerin könne alleine nicht hinausgehen, da sie den Rollator nicht bis zum Aufzug tragen könne. Weiters leide sie an einem Karpaltunnelsyndrom in der rechten Hand, aufgrund dessen sie die Hand nicht richtig schließen könne. Die Beschwerdeführerin schloss dem Schreiben einen Bescheid nach dem Behinderteneinstellungsgesetz vom 09.07.1991, in welchem die Neufestsetzung des Grades der Behinderung abgewiesen wurde, sowie das Sachverständigengutachten vom 14.01.2018 an.
Aufgrund der Einwendungen der Beschwerdeführerin ersuchte die belangte Behörde den bereits befassten Sachverständigen und Arzt für Allgemeinmedizin um eine Stellungnahme. In der auf der Aktenlage basierenden ergänzenden Stellungnahme vom 07.11.2019 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"...
Die Antragswerberin gab im Rahmen des Parteiengehörs vom 25.10.2019 an, daß sie mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht einverstanden sei, da sie eine geringere Einstufung bei der aktuellen Untersuchung - im Vergleich zum Vorgutachten bekommen hätte und überdies die Leiden nicht ausreichend berücksichtigt worden wären.
Ein neuer Befund wurde bis jetzt noch nicht vorgelegt - - insbesondere werden die, darüber
hinausgehend geltend gemachten Beschwerden, insbesondere ein einschätzungsrelevantes Carpaltunnelsyndrom, nicht durch entsprechende aktuelle fachärztliche Befunde untermauert.
Die von der Antragstellerin beim Antrag und bei der Untersuchung vorgebrachten Leiden wurden von allgemeinmedizinischer Seite unter Beachtung der von der Antragstellerin zur Verfügung gestellten Befunde zur Kenntnis genommen und einer richtsatzgemäßen Einschätzung unterzogen.
Im Vergleich zum Vorgutachten war eine Besserung des Herzleidens durch internistische Befunde dokumentiert
Insgesamt beinhalten die nachgereichten Einwendungen daher keine ausreichend relevanten Sachverhalte, welche eine Änderung des Gutachtens bewirken würden, sodaß daran festgehalten wird.
..."
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 07.11.2019 wurde der Beschwerdeführerin aufgrund ihres Antrages (auf Ausstellung eines Behindertenpasses) vom 05.08.2019 mitgeteilt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 60 v. H. festgestellt worden sei. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragungen "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 erster Teilstrich VO 303/1996 liegt vor", "Der Inhaber/die Inhaberin kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen" und "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" würden vorliegen. Der Behindertenpass im Scheckkartenformat werde in den nächsten Tagen übermittelt werden. Der Behindertenpass werde unbefristet ausgestellt. Das medizinische Sachverständigengutachten vom 30.09.2019 und die ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 07.11.2019 wurden der Beschwerdeführerin gemeinsam mit diesem Schreiben übermittelt.
Mit Begleitschreiben vom 11.11.2019, wurde der Beschwerdeführerin der Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 v.H. übermittelt. Diesem Behindertenpass kommt gemäß der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.
Hingegen wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 07.11.2019 den Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab. In der Begründung des Bescheides werden im Wesentlichen die Ausführungen des eingeholten Sachverständigengutachtens, welches als schlüssig erachtet werde, wiedergegeben. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Beiblatt, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Auf Grund der erhobenen Einwendungen sei eine abermalige Überprüfung durch den ärztlichen Sachverständigen durchgeführt und festgestellt worden, dass es zu keiner Änderung der Sachlage gekommen sei. Mit dem Bescheid wurden dem Beschwerdeführerin das ärztliche Sachverständigengutachten und die gutachterliche Stellungnahme übermittelt. Anmerkend wurde festgehalten, dass der beantragte Ausweis gemäß § 29 b StVO nicht ausgestellt werden könne, da die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würden.
Mit am 28.11.2019 bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben erhob die Beschwerdeführerin sowohl gegen die als Bescheid geltende Ausstellung des Behindertenpasses und den Grad der Behinderung als auch gegen den Bescheid über die Abweisung der Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass fristgerecht Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, sie sei bereits seit den 1980er Jahren behindert, im Jahr 2017 sei ein Grad der Behinderung von 90 v.H. festgestellt worden, weshalb die Herabsetzung auf 60 v.H. nicht nachvollziehbar sei. Sie sei darüber hinaus nicht in der Lage, alleine ohne Begleitung öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Mit ihrem Rollator sei das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel sehr schwer für sie. Sie benötige daher den Ausweis gemäß § 29b StVO. Die Beschwerdeführerin schloss der Beschwerde keine medizinischen Befunde an.
Über die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die mit Bescheid vom 07.11.2019 erfolgte Abweisung der Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ergeht ein gesondertes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin brachte am 05.08.2019 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. Koronare Herzkrankheit
2. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus
3. Zustand nach Charcot-Arthropathie des Rückfußes rechts
4. Primär biliäre Leberzirrhose seit 2004
5. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen
6. Tremor
7. Degenerative Gelenksveränderungen
8. Varicosis beidseits
9. Hyperreagibles Bronchialsystem
10. Einfache Kurzsichtigkeit beider Augen - mit Glashilfe normale Sehleistung
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Einschätzung und deren wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 30.09.2019 zu Grunde gelegt.
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 60 v.H.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus dem Akt; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 30.09.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 24.09.2019.
Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Der sachverständige Gutachter setzt sich auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Die Gutachterin begründet schlüssig, wodurch sich die Veränderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zum Vorgutachten vom 01.12.2011, von zuletzt 90 v.H. auf nunmehr 60 v.H., ergeben hat. Aufgrund der vorgelegten Befunde ist ersichtlich, dass sich die koronare Herzkrankheit der Beschwerdeführerin gebessert hat, was eine Herabsetzung des Grades der Behinderung dieses Leidens von zuvor 60 v.H. auf derzeit 40 v.H. zur Folge hatte. Während im Jahr 2011 eine Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung durch die übrigen Leiden um 3 Stufen festgestellt wurde, wird der Grad der Behinderung nunmehr um 2 Stufen erhöht.
Die Beschwerdeführerin monierte zwar die Herabsetzung des Gesamtgrades der Behinderung, brachte aber nicht vor, aus welchem Grund ihr ein höherer Grad der Behinderung zustehen würde. Sie bestritt auch nicht die Besserung des Herzleidens. Insoweit sie in der Stellungnahme zum Parteiengehör ausführte, im Alltag, etwa beim Einkaufen, Wäsche waschen, Kochen und Saubermachen und nach dem Duschen Hilfe von anderen Personen zu benötigen, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, eine Änderung des Grades der Behinderung herbeizuführen. Dass ihr ein Sitzbrett und ein Griff in der Badewanne sowie ein Haltegriff auf der Toilette ermöglichen, sich selbständig ohne fremde Hilfe zu duschen und auf die Toilette zu gehen, führt ebenso wenig zu einer Änderung der Beurteilung. Sowohl das in der Stellungnahme zum Parteiengehör von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Herzleiden als auch die Amputation der rechten Großzehe wurden vom Sachverständigen entsprechend dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen im Gutachten berücksichtigt und korrekt eingestuft. In der ergänzenden Stellungnahme vom 07.11.2019 hielt der Sachverständige fest, dass ein einschätzungsrelevantes Karpaltunnelsyndrom nicht durch entsprechende aktuelle fachärztliche Befunde untermauert ist. Der Gutachter führt weiters aus, dass eine behinderungsbedingte Notwendigkeit der Verwendung eines Rollators durch die objektivierbare Ausprägung der Funktionseinschränkungen nicht ausreichend begründbar ist.
Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde keine Befunde vor, die geeignet wären, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren Grad der Behinderung herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen.
Die Beschwerdeführerin ist dem vorliegenden Sachverständigengutachten im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 30.09.2019 und der ergänzenden Stellungnahme vom 07.11.2019. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine E