TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/20 W265 2225314-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.02.2020
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Entscheidungsdatum

20.02.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W265 2225314-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 25.10.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 29.08.2019 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und von der Beschwerdeführerin ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass gilt, und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 26.09.2019 basierenden Gutachten vom selben Tag wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"Anamnese:

Antragsleiden: linker Fuß - gehunfähig

Derzeitige Beschwerden:

Ich war eigentlich Chef Stewardess bei einer Fluglinie, allerdings hatte ich dann einen Arbeitsunfall, wo ich mir den linken Fuß verletzt habe. Ich bin daraufhin im Krankenstand gekündigt worden. Beschwerden habe ich noch immer im linken Fuß. Während Turbulenzen während eines Fluges, ist mir etwas auf den linken Vorfuß gefallen, wo ich dann im Endeffekt auch einen Bruch zwischen der zweiten und dritten Zehe hatte. Durch den Bruch ist es dann zu einer Verformung gekommen und zu einer Operation gekommen. Zusätzlich wurde mir dann der Hallux operiert, wo mir eine Metallplatte eingesetzt worden ist. Die Metallplatte ist jetzt nach drei Monaten locker, welche sich auch bei jedem Gehen bewegt und ich dadurch auch Schmerzen habe. Die Metallplatte soll jetzt entfernt werden und mit einer neuen ausgetauscht werden. Es soll auch ein Knochen vom Beckenkamm entfernt werden und am Fuß eingesetzt werden. Die Op soll ab den 21.10.2019 stattfinden.

Ich kann die öffentlichen Verkehrsmittel derzeit nicht verwenden. Nachdem ich diese Operation gehabt habe, werde ich wahrscheinlich eine Gebärmutterentfernung haben, aufgrund meiner Myome in der Gebärmutter.

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Novalgin bei Bedarf, Foster

Sozialanamnese:

Verheiratet, keine Kinder

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

XXXX vom 13.03.2019

Hallux valgus gravis links, Metatarsalgie ll/lll links

Lapidusarthrodese, Weil Osteotomie ll/lll links

XXXX , F Afür Lungenkrankheiten vom 18.07.2019

Betriebsunfall gehabt, Fraktur li fuß 12/18- immer noch massive Schwellung

derzeit pulmonal stabil (ohne Klimaanlage deutlich besser) keine Exacerbationen

Diagnose:

zn FX li Fuß 12/18,

Exogen allergisches Asthma,

Bronchiale Hyperreaktivität (BHR),

Mitgebrachter Befund

XXXXs vom 24.07.2019:

Nach Lapidusarthrodese und Weil II, III am 03.12.2018 wird heute nach Ausbleiben der knöchernen Heilung in den Röntgenbildern eine CT durchgeführt. Hier zeigt sich eine

Pseudoarthrose im Bereich des TMT I Gelenks. Eine neuerliche Operation zur Revisionathrothese mit Spongiosaentnahme wird geplant

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 170 cm Gewicht: 156 kg Blutdruck: 110/60

Klinischer Status - Fachstatus:

53 Jahre

Haut/farbe: rosig sichtbare Schleimhäute gut durchblutet

Caput:, Visus: unauffällig Hörvermögen nicht eingeschränkt

keine Lippenzyanose, Sensorium: altersentsprechend, HNA frei

Collum: SD: schluckverschieblich, keine Einflusstauung, Lymphknoten:

nicht palpabel

Thorax. Symmetrisch, elastisch,

Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent

Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe

Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar,

Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: Frei.

Pulse: Allseits tastbar

Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff bds. uneingeschränkt durchführbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, Faustschluß und Spitzgriff bds. durchführbar. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird unauffällig angegeben,

Untere Extremität: Zehenspitzen und Fersenstand sowie Einbeinstand bds. durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, freie Beweglichkeit in Hüftgelenken und Kniegelenken, bandstabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse, Sprunggelenke frei beweglich, Sensibilität wird unauffällig angegeben

keine Varikositas, keine Ödeme bds., Reaktionslose Narbe im Bereich des linken Fußaußenrandes, Deutliche Umfangvermehrung ebendort,

Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz,

Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen frei beweglich

Gesamtmobilität - Gangbild:

Leicht hinkendes Gangbild, trägt Turnschuhe

Status Psychicus:

Klar, orientiert

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Zustand nach Lapidusarthrodese und Weil-Op II und III linker Fuß Oberer Rahmensatz, da Ausbildung einer Pseudoarthrose im Bereich des Tarsometatarsal I Gelenks und eine neuerliche Revisionarthrothese erforderlich ist

02.05.35

40

2

Exogen allergisches Asthma, Bronchiale Hyperreaktivität Oberer Rahmensatz, da mittels Monotherapie kompensiert

06.05.01

20

 

Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.

 

 

Begründung für

den Gesamtgrad der Behinderung:

weil der führende GdB unter der Position 1 durch Leiden 2 nicht erhöht wird, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Myome im Bereich der Gebärmutter, da ohne Anhaltspunkt für Malignität erreicht keinen GdB

...

[x] Dauerzustand

...

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist selbständig möglich, das Ein- und Aussteigen ist ohne fremde Hilfe zumutbar. Ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter üblichen Transportbedingungen möglich.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

..."

Mit Schreiben vom 27.09.2019 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme ein. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.10.2019 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 40 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Beiblatt, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Mit dem Bescheid wurde der Beschwerdeführerin das ärztliche Sachverständigengutachten übermittelt. Weiters wurde im Bescheid angemerkt, dass die Durchführung der beantragten Zusatzeintragung in den Behindertenpass nicht möglich sei, da die rechtliche Grundlage dafür, nämlich der behindertenpass, nicht gegeben sei. Des Weiteren werde über den Antrag auf Ausstellung eines § 29b-Ausweises nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht abgesprochen, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorlägen.

Mit E-Mail vom 08.11.2019 erhob die Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, sie leide aufgrund ihrer Histamin-Intoleranz an permanenten Konzentrationsschwierigkeiten, weshalb sie eine unvollständige Liste ihrer Krankheiten und Leiden übermittelt habe. Sie ersuche daher um Korrektur und Neubearbeitung sowie um eine neuerliche Untersuchung durch die allgemeinmedizinische Sachverständige, da sie gehbehindert sei und einen Rollstuhl benötige. Die Beschwerdeführerin listete 28 Krankheiten auf, an denen sie leide. Sie schloss der Beschwerde ein Konvolut an medizinischen Befunden an.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin brachte am 29.08.2019 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Zustand nach Lapidusarthrodese und Weil-Op II und III linker Fuß

2. Exogen allergisches Asthma, Bronchiale Hyperreaktivität

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Einschätzung und deren wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 26.09.2019 zu Grunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 40 v.H.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus dem Akt; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 26.09.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am selben Tag.

Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Der sachverständige Gutachter setzt sich auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Insoweit die Beschwerdeführerin angibt, unter zahlreichen Krankheiten zu leiden, welche nicht eingestuft worden seien und dazu in der Beschwerde ein Konvolut an Befunden vorlegte, so ist zunächst dazu auszuführen, dass der Großteil der vorgelegten Befunde aus den Jahren 2009 bis 2017 stammt und damit nicht aktuell ist. Bei der Beurteilung der zur Einschätzung des Grades der Behinderung zu Grunde zu legenden Leiden der beschwerdeführenden Partei ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die zum Zeitpunkt der Entscheidung geltende Sachlage maßgebend (vgl. etwa VwGH 26.11.2002, 2001/11/0404 und 20.11.2012, Zl. 2011/11/0118), weshalb die mehrere Jahre zurückdatierten Befunde für die Beurteilung und Einstufung der Funktionseinschränkungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht relevant sind. Dies betrifft insbesondere die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Leiden des Magen-Darm-Traktes (Reizdarmsyndrom, Obstipation, Soor-Ösophagitis), Herpes und Bandscheibenbeschwerden bzw. Rückenschmerzen.

Die einzigen aktuellen Befunde, die im Rahmen der Beschwerde vorgelegt wurden, stammen aus dem Jahr 2019 und betreffen die Verletzung im linken Fuß bzw. den Zustand nach Lapidusarthrodese und Weil-Op II und III sowie die Lungenleiden in Form eines exogen allergischen Asthmas und einer hochgradigen bronchialen Hyperreaktivität. Diese Leiden wurden bereits im eingeholten Sachverständigengutachten vom 26.09.2019 berücksichtigt und entsprechend dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen korrekt eingestuft. Die Beschwerdeführerin beanstandete zudem nicht die Höhe der gewählten Einstufungen, sondern gab an, an weiteren Krankheiten zu leiden, welche im Sachverständigengutachten nicht berücksichtigt worden seien. Dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Gehbehinderung einen Rollstuhl benötige, ist durch keinen Befund objektiviert. Sie erschien, wenn auch leicht hinkend, ohne Gehhilfe zur Untersuchung durch die Sachverständige.

Die von der Beschwerdeführerin angeführten Leiden Blinddarm-Operation, häufiges Zahnfleischbluten, Hörprobleme und Tinnitus, Schilddrüsenüberfunktion, Regelschmerzen PMS, Schlupflider, Durchblutungsstörungen, Blasenschwäche bzw. Inkontinenz, nächtliche Schweißausbrüche und psychische Leiden wurden nicht durch Befunde belegt und können daher nicht eingeschätzt werden. Eine Erkrankung durch Parasiten, wie von der Beschwerdeführerin angeführt, konnte gerade nicht objektiviert werden, wie der vorgelegte Befund vom 20.09.2013 feststellt.

Die Fraktur des linken Zeigefingers ist durch den Befund vom 12.01.2018 belegt. Dass diesbezüglich jedoch weiterhin Folgeschäden im Sinne von Schmerzen, einer Verformung des Fingers und einer eingeschränkten Kraft und Beweglichkeit bestehen wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, ist weder durch Befunde objektiviert noch konnten die geschilderten Folgen im Rahmen der persönlichen Untersuchung durch die allgemeinmedizinische Sachverständige am 26.09.2019 festgestellt werden. In der Statuserhebung zeigten sich die oberen Extremitäten in sämtlichen Gelenken frei beweglich, die grobe Kraft war beidseitig nicht vermindert, Faustschluss, Nacken-, Schürzen- und Spitzgriff waren beidseits durchführbar, die Beschwerdeführerin gab auch die Sensibilität als unauffällig an.

Die von der Beschwerdeführerin angeführte Histaminintoleranz wird zwar in mehreren vorgelegten Befunden erwähnt, das Ausmaß des Leidens lässt sich jedoch aus keinem der vorgelegten Befunde ableiten, weshalb keine Einstufung der genannten Funktionseinschränkung möglich ist.

Die Entfernung des rechten Eileiters bei einem Zustand nach zweimaliger Eileiterschwangerschaft und einem zystischen Adnextumor ist ebenfalls befundmäßig dokumentiert. Die Anlage zur Einschätzungsverordnung kennt jedoch keine Positionsnummer bei Entfernung oder Verlust eines Eileiters, sondern nur diesbezügliche Positionsnummern bei "Fehlbildung, Fehlen, Entfernung der Gebärmutter" (08.03.02) und Fehlbildung, Funktionseinschränkung, Verlust der Eierstöcke (08.03.04, 08.03.05, 08.03.06). Im Rahmen der Anamneseerhebung durch die allgemeinmedizinische Sachverständige gab die Beschwerdeführerin an, nach der geplanten Operation am Fuß, werde wahrscheinlich ihre Gebärmutter wegen bestehender Myome entfernt werden. In der Beschwerde führte die Beschwerdeführerin aus, ihr sei bereits die Gebärmutter entfernt worden, was jedoch nicht befundmäßig belegt ist und daher keinen Grad der Behinderung erreicht.

Was den nachgereichten Op-Bericht vom 28.10.2019, den Ambulanzbefund vom 08.01.2020 und die Computertomographie des linken Fußes vom 04.01.2020 betrifft, ist auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG hinzuweisen, wonach ab dem Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht - im vorliegenden Fall am 12.11.2019 - keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden dürfen. Die nachgereichten Befunde, die seitens der belangten Behörde am 21.11.2019 bzw. am 14.01.2020 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurden, können somit im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht mehr berücksichtigt werden.

Die im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Befunde waren daher nicht geeignet, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren Grad der Behinderung herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen.

Die Beschwerdeführerin ist dem vorliegenden Sachverständigengutachten im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 26.09.2019. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 26.09.2019, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am selben Tag zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 40 v.H. beträgt. Die Funktionseinschränkungen wurde im Gutachten entsprechend den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Die Beschwerdeführerin ist diesem medizinischen Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W265.2225314.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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