Index
L6500 Jagd, WildNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit der Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft betreffend eine zusätzliche Abschussfreigabe mangels gesetzlicher Grundlage im Krnt JagdG 2000Spruch
I. §6 der 1. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 10. Dezember 2014, Zahl: LGS-ABSR/16067/1/2014, mit der die Abschussrichtlinien erlassen werden, idF der 2. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 7. Februar 2017, Zahl: LGS-ABSR/19320/43/2017, mit der die Abschussrichtlinien geändert werden, war gesetzwidrig.
II. Die Kärntner Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E1653/2019 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Jagdausübungsberechtigter im Gemeindejagdgebiet Treffen-Buchholz. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2018 gab der Bezirksjägermeister des Jagdbezirkes Villach für den 8. Dezember 2018 zehn Hirsche der Klasse II im Rahmen einer Gemeinschaftsjagd für die Gemeindejagdgebiete Treffen-Buchholz (207027), Kras-Lötschenberg (207028), Treffen-Pölling (207034), Baumgartner-Pölling (207037) und Treffen-Pölling (207038) zum "Zusätzlichen Abschuss" frei.
1.2. Mit Schriftsatz vom 2. Jänner 2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Kärnten und führte aus, dass es sich bei dem Schreiben des Bezirksjägermeisters um einen Bescheid handle, dessen Rechtsgrundlage "§6 der Abschussrichtlinien der Kärntner Jägerschaft i.d.g.F." sei. Diese Bestimmung, welche den "Zusätzlichen Abschuss" regle, finde keine Deckung in den §§56 und 57 des Kärntner Jagdgesetzes 2000 (K-JG). §6 der Abschussrichtlinien fehle somit die gesetzliche Grundlage.
1.3. Das Landesverwaltungsgericht Kärnten wies die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 21. März 2019 als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig.
Begründend wurde ausgeführt, dass das Schreiben des Bezirksjägermeisters als Bescheid zu werten sei. Ein Jagdausübungsberechtigter habe jedoch weder nach den einschlägigen Bestimmungen des K-JG noch nach §6 der Abschussrichtlinien, idF der Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 7. Februar 2017, Zahl: LGS-ABSR/19320/43/2017, ein Antragsrecht hinsichtlich der Freigabe eines Abschusses aus dem zusätzlichen Abschussplan. Gleiches gelte hinsichtlich der Erlassung desselben. Der Beschwerdeführer habe einen solchen Antrag auch nicht gestellt. Zudem sei ihm mit dem bekämpften Bescheid lediglich die Möglichkeit eingeräumt worden, am freigegebenen zusätzlichen Abschuss teilzunehmen, wobei eine Abschussverpflichtung gemäß §6 Abs4 der Abschussrichtlinien nicht bestehe. Es sei für das Landesverwaltungsgericht Kärnten nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid in seinen Rechten verletzt sein solle. Es erübrige sich sohin eine Auseinandersetzung mit dem die Gesetzmäßigkeit des §6 der Abschussrichtlinien in Frage stellenden Beschwerdevorbringen.
1.4. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Einschreiter eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Darin behauptet der Beschwerdeführer die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses.
Begründend führte der Beschwerdeführer dazu im Wesentlichen Folgendes aus:
1.4.1. Bei der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses sei vom Landesverwaltungsgericht Kärnten §6 der Abschussrichtlinien der Kärntner Jägerschaft, idF der Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 7. Februar 2017, Zahl: LGS-ABSR/19320/43/2017, angewendet worden. Dieser den zusätzlichen Abschuss regelnde §6 der Abschussrichtlinien finde keine Deckung in den §§56 und 57 K-JG. §56 K-JG enthalte nur die Grundlage zur Festlegung von Abschussrichtlinien für die Abschussplanung im Rahmen des §57 K-JG. Eine einzelfallbezogene Abschussfreigabe aus einem "Bezirkstopf" sei an keiner Stelle des K-JG vorgesehen. §6 der Abschussrichtlinien fehle somit die gesetzliche Grundlage.
1.4.2. Der Abschussplan für ein Jagdgebiet sei gemäß §57 Abs3 K-JG für die Dauer von zwei Jahren zu erlassen und enthalte den durchzuführenden Abschuss. Während der Geltungsdauer des Abschussplanes habe der Jagdausübungsberechtigte das Recht und die Pflicht, den darin festgesetzten Abschuss durchzuführen. Eine tageweise Freigabe einzelner oder mehrerer Stücke einer Schalenwildart sei im K-JG nicht vorgesehen.
1.4.3. Der Beschwerdeführer sei durch die mit dem Bescheid des Bezirksjägermeisters vom 5. Dezember 2018 erfolgte Freigabe von zehn Hirschen der Klasse II für einen einzigen Tag, und zwar für den 8. Dezember 2018, dadurch beschwert, dass nach den gesetzlichen Vorschriften die Abschussfreigabe für die gesamte Geltungsdauer des Abschussplanes hätte erfolgen müssen.
1.4.4. Da der Bezirksjägermeister bei dieser Bescheiderlassung §6 der Abschussrichtlinien angewendet habe, sei die Bestimmung für den erlassenen Bescheid präjudiziell. Es sei daher auch im Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten §6 der Abschussrichtlinien angewendet worden.
1.5. Der Bezirksjägermeister des Jagdbezirkes Villach und das Landesverwaltungsgericht Kärnten legten die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor, sahen von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch ab.
1.6. Die Kärntner Landesregierung (Abteilung 10 – Land- und Forstwirtschaft, Ländlicher Raum) legte den (aufsichtsbehördlichen) Verwaltungsakt vor und verwies auf eine bereits im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten erstattete Äußerung, in der den Beschwerdevorwürfen Folgendes entgegengehalten wird:
1.6.1. Der den "Zusätzlichen Abschuss" regelnde §6 der Abschussrichtlinien sei – neben dem individuellen Abschussplan (§57 Abs1 bis 4 K-JG) und dem Gemeinsamen Abschuss (§57 Abs8 K-JG) – als eine mögliche Maßnahme zur Erreichung der in §56 Satz 2 K-JG festgesetzten Ziele anzusehen. Der "Zusätzliche Abschuss" diene vor allem der Vermeidung eines zahlenmäßig für die Land- und Forstwirtschaft abträglichen Wildstandes und sei somit eine Maßnahme der Wildstandsreduktion, die jedenfalls im öffentlichen Interesse liege. §6 der Abschussrichtlinien lege daher fest, wie §56 Satz 2 K-JG umgesetzt werden solle.
1.6.2. Zum Einwand, eine einzelfallbezogene Abschussfreigabe aus einem "Bezirkstopf" sei im K-JG nicht vorgesehen, wird ausgeführt, dass sich eine Verordnung – wie die Abschussrichtlinien – immer an einen allgemeinen Personenkreis richte. Es sei daher erforderlich, durch eine individuelle Verfügung des Bezirksjägermeisters (als Behörde) einen zusätzlichen Abschuss "einzelfallbezogen" zu genehmigen. Dass die freizugebende Stückzahl – zusätzlich zum individuellen Abschussplan und zum Gemeinsamen Abschuss – jeweils auf die einzelnen Bezirke in Kärnten "heruntergebrochen" werde (sogenannter "Bezirkstopf"), sei nur vernünftig und sinnvoll, weil die Situation variieren könne.
1.6.3. Mit Verfügung vom 10. Mai 2019 ersuchte der Verfassungsgerichtshof in dem bei ihm anhängigen Verfahren nach Art144 B-VG den Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft, die Akten betreffend das Zustandekommen der 2. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 7. Februar 2017, Zahl: LGS-ABSR/19320/43/2017, mit der die Abschussrichtlinien geändert wurden, vorzulegen, und stellte die Erstattung einer Äußerung frei. Der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft übermittelte mit Schreiben vom 12. Juni 2019 die noch vorhandenen Aktenbestandteile und hielt zudem fest, dass die allenfalls in Prüfung zu ziehende Verordnung am 31. Dezember 2018 außer Kraft getreten sei. Ferner wurde festgehalten, dass die Kundmachungsvorschriften gemäß §88a K–JG eingehalten worden seien.
2. Bei der Behandlung der gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des §6 der 1. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 10. Dezember 2014, Zahl: LGS-ABSR/16067/1/2014, mit der die Abschussrichtlinien erlassen werden, idF der 2. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 7. Februar 2017, Zahl: LGS-ABSR/19320/43/2017, mit der die Abschussrichtlinien geändert werden, entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 9. Oktober 2019 beschlossen, diese Verordnungsbestimmung von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.
3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:
"2. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist, dass das Landesverwaltungsgericht Kärnten bei der Erlassung der angefochtenen Entscheidung die in Prüfung gezogene Bestimmung zumindest denkmöglich angewendet hat und dass auch der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung bei seiner Entscheidung über die Beschwerde anzuwenden hätte.
3. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die hiemit in Prüfung gezogene Bestimmung folgende Bedenken:
3.1. Gemäß Art18 Abs2 B-VG kann jede Verwaltungsbehörde auf Grund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen. 'Art18 Abs2 B-VG unterstreicht diese Gesetzesabhängigkeit (auch) der Verordnungen, indem er betont, daß diese nur 'auf Grund der Gesetze' erlassen werden können, was mit anderen Worten heißt, daß eine Verordnung nur präzisieren darf, was in den wesentlichen Konturen schon im Gesetz vorgezeichnet ist' (Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung, 1979, 82; so auch VfSlg 14.630/1996, 15.354/1998, 16.893/2003, 18.784/2009). Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass der in Prüfung gezogenen Bestimmung die gesetzliche Grundlage iSd Art18 Abs2 B-VG fehlt.
3.2. Die in Prüfung gezogene Bestimmung stützt sich laut Promulgationsklausel der Abschussrichtlinien 2017 ausdrücklich auf §56 K-JG. Gemäß §56 Satz 1 K-JG hat der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft mit Verordnung Richtlinien für die Abschussplanung (Abschussrichtlinien) sowie Grundsätze, die bei der Erfüllung des Abschussplanes einzuhalten sind, zu erlassen. Bei der Erlassung der Abschussrichtlinien ist gemäß §56 Satz 2 K-JG 'auf den wildökologischen Raumplan sowie die Entwicklung und Erhaltung eines gesunden, der Größe und den natürlichen Äsungsverhältnissen des Jagdgebietes entsprechenden Wildstandes, ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis, einen richtigen Altersaufbau des Wildstandes, auf die Vermeidung eines zahlenmäßig für die Land- und Forstwirtschaft abträglichen Wildstandes und die Erfordernisse eines ausgeglichenen Naturhaushaltes Bedacht zu nehmen.'
3.3. Das der Abschussplanung unterliegende Wild (Schalenwild mit Ausnahme von Schwarzwild und Damwild, Auerhahne und Birkhahne) darf nur im Rahmen eines Abschussplanes erlegt oder gefangen werden (s §§55 und 57a K-JG). Die Abschussplanung wird in §57 K-JG näher geregelt:
3.3.1. Der jeweilige Jagdausübungsberechtigte hat bis spätestens 1. März des Jagdjahres, mit dem die Geltungsdauer des Abschussplanes beginnt, den beantragten vollständigen Abschussplan dem Hegeringleiter bekannt zu geben. Der Hegeringleiter hat den beantragten Abschussplan mit seiner Stellungnahme bis spätestens 15. März dem Bezirksjägermeister zu übermitteln. Der Bezirksjäger-meister hat auf der Grundlage des Abschussrahmens im wildökologischen Raum-plan (§55a Abs3 K-JG) und auf Grund der Abschussrichtlinien für jedes Jagdgebiet, das im Bereich seiner Bezirksgruppe liegt, bis spätestens 1. Mai den Abschussplan mit Bescheid festzusetzen (s §57 Abs1 und 2 K-JG).
3.3.2. Ein Abschussplan ist für die Dauer von zwei Jahren zu erlassen und legt insbesondere den während dieser Geltungsdauer durchzuführenden Abschuss in einem Jagdgebiet fest (s §57 Abs3 und 4 K-JG).
3.3.3. Gemäß §57 Abs8 K-JG kann der Bezirksjägermeister bei Schalenwild einzelne oder alle Stücke einer Schalenwildart in mehr als einem Abschussplan unter der Auflage zum Abschuss freigeben, dass alle Abschusspläne hinsichtlich dieser Stücke erfüllt sind, sobald diese in einem dieser Jagdgebiete gefangen oder erlegt werden (sogenannter 'Gemeinsamer Abschuss').
3.3.4. Ist der nach dem Abschussplan durchzuführende Abschuss ungenügend, um eine Gefährdung des Waldes durch Wild (s §71 Abs3 K-JG) zu vermeiden, hat die Landesregierung gemäß §57 Abs12 K-JG in Abänderung des Abschuss-plans von Amts wegen oder auf Antrag des Leiters des Forstaufsichtsdienstes beim Amt der Landesregierung den durchzuführenden Abschuss im erforderlichen Ausmaß mit Bescheid festzusetzen.
3.3.5. Sofern sich in einem Jagdgebiet die Verminderung von Schalenwild im Interesse der Land- und Forstwirtschaft als notwendig herausstellt, hat zudem die Bezirksverwaltungsbehörde von Amts wegen oder auf Antrag des Jagdaus-übungsberechtigten, der Landwirtschaftskammer, des Leiters des Forstaufsichts-dienstes beim Amt der Landesregierung, der Kärntner Jägerschaft oder der Gemeinde eine ziffernmäßig zu begrenzende und zu befristende Verminderung des Schalenwildes dem Jagdausübungsberechtigten aufzutragen (Abschussauftrag zum Schutz von Kulturen gemäß §72 K-JG).
3.4. §6 der Abschussrichtlinien 2017 sieht auf Verordnungsebene einen sogenannten 'Zusätzlichen Abschuss' vor:
3.4.1. Gemäß Abs1 leg.cit. kann für einen Hegering, eine Wildregion oder einen Jagdbezirk ein 'Zusätzlicher Abschuss' erlassen werden. Diese zusätzliche Abschussbewilligung kann – mit Ausnahme der Hirsche der Klasse I und II – von allen Jagdausübungsberechtigten im bezeichneten Gebiet (Hegering, Wildregion, Jagdbezirk) nach Erfüllung der jeweiligen Wildklasse im Abschussplan des eigenen Jagdgebietes, nach Rücksprache mit dem Hegeringleiter, für die erfüllte Wildklasse in Anspruch genommen werden.
3.4.2. Auf Hirsche der Klasse I und II im zusätzlichen Abschussplan darf gemäß Abs3 leg.cit. ausschließlich nach Rücksprache mit dem Bezirksjägermeister zugegriffen werden. Eine Freigabe durch den Bezirksjägermeister kann in diesem Fall nur bei bereits vorliegenden Wildschäden, zur erforderlichen Wildstands-reduktion, im Rahmen der Durchführung einer revierübergreifenden Rotwild-Reduktionsjagd oder auch im Falle außergewöhnlich guter Erlegung von Kahlwild, zeitlich befristet oder unter der Voraussetzung der vorherigen Erlegung weiterer Stücke Kahlwild erfolgen.
3.5. Nach vorläufiger Ansicht des Verfassungsgerichtshofes scheidet §56 K-JG als Grundlage für die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung aus, weil der Kärntner Landesgesetzgeber in den §§55 ff. K-JG eine abschließende Regelung der Abschussplanung getroffen haben dürfte:
3.5.1. Mit der Verordnungsermächtigung des §56 K-JG dürfte der Landesvor-stand der Kärntner Jägerschaft lediglich ermächtigt werden, Richtlinien für die Erreichung der in Satz 2 leg.cit. genannten Ziele zu erlassen, die bei der konkreten Abschussplanung nach den Bestimmungen des §57 K-JG einzuhalten sind. Dementsprechend legt zB §1 Abs2 der derzeit in Kraft stehenden 1. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 29. November 2018 (Zahl: LGS-ABSR/23911/35/2018) fest, dass das Geschlechterverhältnis des Wildes (männlich:weiblich) seiner biologischen Natur (1:1 bei Reh-, Rot- und Muffelwild und 1:1,1 bei Gamswild) entsprechen soll.
3.5.2. In §6 der Abschussrichtlinien 2017 scheint hingegen – wie die Kärntner Landesregierung in ihrer Äußerung selbst festgehalten hat – eine weitere Möglichkeit der Abschussfreigabe vorgesehen zu sein, die zur Abschussplanung nach §57 K-JG hinzutritt.
3.5.3. Die im Jahr 2018 neu eingefügte Bestimmung des §57 Abs12 K-JG macht deutlich, dass der Kärntner Landesgesetzgeber mit den Bestimmungen des §57 K-JG eine abschließende Regelung der Abschussplanung getroffen hat. Der nach dem jeweiligen Abschussplan durchzuführende Abschuss, welcher mit Bescheid des Bezirksjägermeisters festgesetzt wurde, kann demnach nur gemäß §57 Abs12 K-JG (Abänderung des Abschussplans durch Bescheid der Landesregierung) bzw auch gemäß §72 K-JG (Abschussauftrag zum Schutz von Kulturen durch Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde) nachträglich erhöht werden. In diesem Sinne halten die Materialien zu §57 Abs12 K-JG Folgendes fest (RV 01-VD-LG-1743/7-2017 BlgLT [Ktn.] 31. GP, 4; Hervorhebung nicht im Original):
'Die Landesregierung soll in die Lage versetzt werden, entsprechend zu reagieren, wenn sich nach Erlassung des Abschussplans herausstellt, dass der durchzuführende Abschuss voraussichtlich ungenügend ist, um eine Gefährdung des Waldes durch Wild zu vermeiden. Ob dieser Tatbestand gegeben ist, ist in jedem einzelnen Fall auf fachlicher Grundlage zu beurteilen. Die vorgeschlagene Bestimmung will die Rechtsgrundlage dafür schaffen, in Durchbrechung der Rechts-kraft bestehender Abschusspläne die ursprünglich getroffenen Vorgaben zu verschärfen und damit einen durchzuführenden zusätzlichen Abschuss im erforderlichen Ausmaß festzulegen. […]'
3.6. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass dem in Prüfung gezogenen §6 der Abschussrichtlinien 2017 die gesetzliche Grundlage iSd Art18 B-VG fehlen dürfte, weil weder §56 K-JG noch eine andere Vorschrift des K-JG eine solche bieten dürfte."
4. Weder der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft noch die Kärntner Landesregierung gaben im Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung ab.
5. Auch der Beschwerdeführer, das Landesverwaltungsgericht Kärnten und der Bezirksjägermeister des Jagdbezirks Villach haben von der eingeräumten Möglichkeit, im Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung zu erstatten, keinen Gebrauch gemacht.
II. Rechtslage
1. Der zur Gänze in Prüfung gezogene §6 der 1. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 10. Dezember 2014, Zahl: LGS-ABSR/16067/1/2014, mit der die Abschussrichtlinien erlassen werden, idF der 2. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 7. Februar 2017, Zahl: LGS-ABSR/19320/43/2017, mit der die Abschussrichtlinien geändert werden, lautete:
"§6 Zusätzlicher Abschuss
(1) Für einen Hegering, eine Wildregion oder einen Jagdbezirk kann ein Zusätzlicher Abschuss erlassen werden, wobei nur Wildstücke der Klasse III, bei Rotwild auch Stücke der Klasse I und II, Wildstücke der Klasse B, weibliches Wild (bei Gamsgeißen nur die Klasse III) und Jungwild (Kitz, Kalb und Lamm) freigegeben werden dürfen. Diese zusätzliche Abschussbewilligung kann – mit Ausnahme der Hirsche der Klasse I und II – von allen Jagdausübungsberechtigten im bezeichneten Gebiet (Hegering, Wildregion, Jagdbezirk) nach Erfüllung der jeweiligen Wildklasse im Abschussplan des eigenen Jagdgebietes, nach Rücksprache mit dem Hegeringleiter, für die erfüllte Wildklasse in Anspruch genommen werden.
(2) Auf Hirsche der Klasse III- mehrjährig (zwei- bis vierjährig) im Zusätzlichen Abschussplan darf darüber hinaus jedoch nach Rücksprache mit dem Bezirksjägermeister grundsätzlich erst zugegriffen werden, nachdem im Abschussplan des eigenen Jagdgebietes der Abschuss von Rotwild-Tieren zur Gänze erfüllt ist und 4 Stück Kahlwild (Tiere, Kälber) aus dem Zusätzlichen Abschussplan erlegt worden sind.
(3) Auf Hirsche der Klasse I und II im Zusätzlichen Abschussplan darf darüber hinaus ausschließlich nach Rücksprache mit dem Bezirksjägermeister zugegriffen werden. Eine Freigabe durch den Bezirksjägermeister kann diesfalls nur bei bereits vorliegenden Wildschäden, zur erforderlichen Wildstandsreduktion, im Rahmen der Durchführung einer revierübergreifenden Rotwild-Reduktionsjagd oder auch im Falle außergewöhnlich guter Erlegung von Kahlwild, zeitlich befristet oder unter der Voraussetzung der vorherigen Erlegung weiterer Stücke Kahlwild erfolgen.
(4) Die Abschussmeldung an den Hegeringleiter hat unverzüglich zu erfolgen. Dieser hat die Meldung an jenen Hegeringleiter weiterzuleiten, der durch den Bezirksjägermeister für diese Tätigkeit aus dem Kreis der beteiligten Hegeringe bestimmt wurde (Leiter der Wildregion). Die vollständige Ausschöpfung der zusätzlichen Freigabe des Zusätzlichen Abschusses hat der Leiter der Wildregion den betroffenen Hegeringleitern und dem Bezirksjägermeister unverzüglich mitzuteilen. Eine Abschussverpflichtung bezüglich des Zusätzlichen Abschusses besteht nicht. Die Registrierung erfolgt im Jagdgebiet, in dem das Wildstück erlegt wurde." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Kärntner Jagdgesetzes 2000 – K-JG, LGBl 21/2000 (WV), idF LGBl 49/2018, lauten – auszugsweise – wie folgt:
"8. Abschnitt
Vorschriften für die Jagdbetriebsführung
§55
Abschußplanung
Das Erlegen und Fangen von Schalenwild - mit Ausnahme von Schwarzwild und Damwild - sowie von Auerhahnen und Birkhahnen unterliegt der Abschußplanung. Die Landesregierung kann, wenn dies unter Berücksichtigung der für die Erlassung der Abschußrichtlinien maßgebenden Grundsätze erforderlich ist, durch Verordnung festlegen, daß auch andere Wildarten der Abschußplanung unterliegen.
[…]
§56
Abschußrichtlinien
Der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft hat mit Verordnung Richtlinien für die Abschußplanung (Abschußrichtlinien) sowie Grundsätze, die bei der Erfüllung des Abschußplanes einzuhalten sind, zu erlassen. Bei der Erlassung der Verordnung ist auf den wildökologischen Raumplan sowie die Entwicklung und Erhaltung eines gesunden, der Größe und den natürlichen Äsungsverhältnissen des Jagdgebietes entsprechenden Wildstandes, ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis, einen richtigen Altersaufbau des Wildstandes, auf die Vermeidung eines zahlenmäßig für die Land- und Forstwirtschaft abträglichen Wildstandes und die Erfordernisse eines ausgeglichenen Naturhaushaltes Bedacht zu nehmen. Vor der Erlassung der Abschussrichtlinien sind der Landesjagdbeirat und die Landwirtschaftskammer zu hören.
§57
Abschußplan
(1) Der Jagdausübungsberechtigte hat bis spätestens 1. März des Jagdjahres, mit dem die Geltungsdauer des Abschussplanes beginnt, den beantragten vollständigen Abschussplan (Abs4) dem Hegeringleiter bekannt zu geben. Der Hegeringleiter hat den beantragten Abschussplan mit seiner Stellungnahme bis spätestens 15. März dem Bezirksjägermeister zu übermitteln.
(2) Der Bezirksjägermeister hat auf der Grundlage des Abschussrahmens im wildökologischen Raumplan (§55a Abs3) und auf Grund der Abschussrichtlinien für jedes Jagdgebiet, das im Bereich seiner Bezirksgruppe liegt, nach Anhörung des Bezirksjagdbeirates und, wenn das Jagdgebiet zu einer Hegegemeinschaft gemäß §62 gehört, des von dieser Hegegemeinschaft namhaft gemachten Vertreters bis spätestens 1. Mai den Abschussplan mit Bescheid festzusetzen. Dabei ist auf den jeweiligen Bestand und den sich über die Grenze eines Jagdgebietes hinaus erstreckenden Lebensraum des der Abschussplanung unterliegenden Wildes Bedacht zu nehmen. Ferner ist die zahlenmäßige Festlegung des Abschusses gemäß Abs4 litb jedenfalls auf die Herstellung eines dem Biotop angemessenen Wildstandes und auf die Vermeidung von waldgefährdenden Wildständen auszurichten. Für aneinandergrenzende Jagdgebiete desselben Jagdausübungsberechtigten ist nur ein Abschussplan zu erlassen. Wurde kein Antrag nach Abs1 gestellt, ist der Abschussplan von Amtswegen festzusetzen. Abschusspläne sind gemäß §§22, 23 und 24 des Zustellgesetzes, BGBl Nr 100/1982, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 65/2002, zuzustellen. Eine Nachsendung hat nicht zu erfolgen.
(3) Ein Abschussplan ist für die Dauer von zwei Jahren zu erlassen (Geltungsdauer des Abschussplanes).
(4) Der Abschussplan hat jedenfalls zu enthalten:
a) die Gesamtfläche des Jagdgebietes (der aneinandergrenzenden Jagdgebiete) desselben Jagdausübungsberechtigten;
b) den während der Geltungsdauer des Abschussplanes durchzuführenden Abschuss;
c) eine Aufgliederung des zu erlegenden Schalenwildes in männliche und weibliche Stücke, ausgenommen die im Lauf der Geltungsdauer des Abschussplanes gesetzten Kälber, Kitze und Lämmer (Nachwuchsstücke);
d) eine Unterteilung der zu erlegenden trophäentragenden Wildstücke, mit Ausnahme der Muffelschafe, in Altersklassen.
(5) Bei verpachteten Eigenjagden hat der Jagdausübungsberechtigte dem Antrag (Abs4) eine Stellungnahme des Verpächters anzuschließen oder mitzuteilen, dass der Verpächter auf die Abgabe der Stellungnahme verzichtet hat. Bei einer verpachteten Gemeindejagd hat der Hegeringleiter bis längstens 15. März dem Jagdverwaltungsbeirat
1. den beantragten Abschussplan,
2. eine Darstellung der festgesetzten Abschusszahlen des bisher geltenden Abschussplans und
3. eine Darstellung der Abschuss-, Fang- und Auffindungszahlen der der Abschussplanung unterliegenden Wildarten für die dem Jahr der Erlassung des Abschussplans vorausgehenden zwei Jagdjahre
zu übermitteln. Hiezu hat der Jagdverwaltungsbeirat unter Beiziehung des oder der Jagdausübungsberechtigten zu einer Sitzung zusammenzutreten. Dem Jagdverwaltungsbeirat obliegt sodann die Abgabe einer Stellungnahme gegenüber dem Bezirksjägermeister, die bei diesem bis spätestens 1. April einzulangen hat; langt bis zu diesem Zeitpunkt keine Stellungnahme ein, gilt dies als Zustimmung des Jagdverwaltungsbeirates. Der Bezirksjägermeister hat die eingelangte Stellungnahme des Jagdverwaltungsbeirates dem Bezirksjagdbeirat zur Kenntnis zu bringen.
(6) Der Bezirksjägermeister darf von der Erlassung eines Abschussplanes für einzelne Jagdgebiete - ist für aneinandergrenzende Jagdgebiete nur ein Abschussplan zu erlassen, nur dann, wenn alle Jagdgebietsflächen denselben Grundeigentümer haben - absehen, wenn
a) der Antrag des Jagdausübungsberechtigten (Abs1) vollständig ist und
b) gegen die im Antrag enthaltenen Angaben keine Einwendungen des Bezirksjagdbeirates oder des Verpächters einer Eigenjagd vorliegen und
c) keine Verfügungen nach Abs8 getroffen werden.
(7) Trägt der Zustellnachweis, mit dem der festgesetzte Abschussplan (Abs2) zugestellt werden soll, nicht ein Aufgabedatum bis einschließlich 28. April, so gilt nach dem 1. Mai der vom Jagdausübungsberechtigten beantragte Abschuss als durchzuführender Abschuss (Abs4 litb). Der Bezirksjägermeister hat ab dem 28. April durch Anschlag in der Geschäftsstelle des Landesjägermeisters und in seiner Geschäftsstelle unter Angabe des Jagdausübungsberechtigten des Jagdgebietes kundzumachen, hinsichtlich welcher festgesetzten Abschusspläne die Zustellung gemäß §§22 oder 24 des Zustellgesetzes bis einschließlich 28. April eingeleitet worden ist.
(8) Bei Schalenwild kann der Bezirksjägermeister einzelne oder alle Stücke einer Schalenwildart in mehr als einem Abschussplan unter der Auflage zum Abschuss freigeben, dass alle Abschusspläne hinsichtlich dieser Stücke erfüllt sind, sobald diese in einem dieser Jagdgebiete gefangen oder erlegt werden. Im Abschussplan sind die Namen und die Anschriften der Jagdausübungsberechtigten anzuführen, die im Falle der Erlegung oder des Fangens eines dieser Stücke jeweils unverzüglich zu verständigen sind.
(9) Wurde gegen den Bescheid des Bezirksjägermeisters Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht erhoben, hat der Jagdausübungsberechtigte bis zur rechtskräftigen Entscheidung hierüber das Recht und die Pflicht, Wild im Rahmen des angefochtenen Bescheides zu erlegen oder zu fangen.
(9a) Hat sich während der Geltungsdauer des Abschussplanes ein Jagdgebiet in seiner Größe nicht nur unwesentlich verändert, so hat der Bezirksjägermeister von Amts wegen für die verbleibende Dauer der Abschussplanperiode (Abs3) den Abschussplan für ein betroffenes geändertes Jagdgebiet unter sinngemäßer Anwendung von Abs2 und 4 neu festzusetzen.
(10) Der Jagdausübungsberechtigte ist verpflichtet, den Inhalt des Abschussplanes seinen Jagdschutzorganen zur Kenntnis zu bringen.
(11) Der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft hat durch Verordnung Vordrucke für den Abschussplan unter Bedachtnahme auf dessen Inhalt festzulegen.
(12) Ist der durchzuführende Abschuss ungenügend, um eine Gefährdung des Waldes durch Wild (§71 Abs3) zu vermeiden, hat die Landesregierung in Abänderung des Abschussplans, im Fall des Abs6 in Ergänzung des Antrags des Jagdausübungsberechtigten, von Amts wegen oder auf Antrag des Leiters des Forstaufsichtsdienstes beim Amt der Landesregierung den durchzuführenden Abschuss im erforderlichen Ausmaß mit Bescheid festsetzen. Abs2, mit Ausnahme des vorvorletzten Satzes, sowie Abs9 und 10 sind sinngemäß anzuwenden.
§57a
Rechtswirkungen von Abschussplänen und Freizonen
(1) Das der Abschussplanung unterliegende Wild darf - soweit Abs2 oder 3 nicht anderes bestimmen - nur im Rahmen eines Abschussplanes erlegt oder gefangen werden.
(2) Stellt der Bezirksjägermeister fest, dass im Zuge der Abschussplanerfüllung im ersten Jahr deutlich in unverhältnismäßiger Zahl bestimmte Stücke einer Wildart (ältere Stücke, Trophäenträger etc.) erlegt oder gefangen wurden, hat er im Interesse einer möglichst gleichmäßigen Erfüllung des Abschussplanes dem Jagdausübungsberechtigten mit Bescheid aufzutragen, weitere solche Stücke erst zu erlegen oder zu fangen, nachdem eine bestimmte Anzahl anderer Tiere der betreffenden Wildart erlegt oder gefangen wurden. Beschwerden an das Landesverwaltungsgericht, die gegen solche Bescheide erhoben werden, haben keine aufschiebende Wirkung.
(3) In Freizonen (§55a Abs4) ist jedes Stück Rotwild unter Beachtung der festgelegten Schonzeiten zu erlegen oder zu fangen.
[…]
§72
Abschußauftrag zum Schutz von Kulturen
(1) Wenn sich in einem Jagdgebiet die Verminderung von Schalenwild im Interesse der Land- und Forstwirtschaft als notwendig herausstellt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde von Amts wegen oder auf Antrag des Jagdausübungsberechtigten, der Landwirtschaftskammer, des Leiters des Forstaufsichtsdienstes beim Amt der Landesregierung, der Kärntner Jägerschaft oder der Gemeinde eine ziffernmäßig zu begrenzende und zu befristende Verminderung des Schalenwildes dem Jagdausübungsberechtigten aufzutragen. Eine solche Verminderung darf auch während der Schonzeit durchgeführt werden.
(1a) Bezieht sich ein Auftrag nach Abs1 auf Schwarzwild in Gebieten, in denen Rotwild vorkommt, darf die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Jagdausübungsberechtigten auch Ausnahmen vom Verbot des §61c Abs2 im erforderlichen örtlichen und zeitlichen Rahmen bewilligen. In diesem Auftrag ist unter Bedachtnahme auf den wildökologischen Raumplan auch festzulegen, welches Futter für die Kirrung zu verwenden und wie es vorzulegen ist.
(2) Kommt der Jagdausübungsberechtigte einem Abschußauftrag nach Abs1 nicht nach, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde vorerst den Jagdausübungsberechtigten der benachbarten Jagdgebiete die Möglichkeit zu geben, den von einem Abschußauftrag nach Abs1 erfaßten Abschuß während einer angemessenen Frist - jedoch nicht in der Schonzeit - jeweils in ihrem Jagdgebiet zu erfüllen. Der Abschußauftrag ist erfüllt, sobald das Wild in diesen benachbarten Jagdgebieten erlegt wurde. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat den Jagdausübungsberechtigten den Namen der Jagdausübungsberechtigten mitzuteilen, die im Fall der Erlegung eines vom Abschußauftrag erfaßten Wildes unverzüglich zu verständigen sind. Der Jagdausübungsberechtigte, der einen derartigen Abschuß durchführt, hat davon überdies unverzüglich die Bezirksverwaltungsbehörde zu verständigen.
(3) In den Fällen des Abs1 und 2 kann die Bezirksverwaltungsbehörde verlangen, dass das Wild in der Decke dem Hegeringleiter vorgelegt wird. Besteht die Vermutung, dass die Bestimmungen der Abs1 und 2 nicht eingehalten wurden, hat der Hegeringleiter die Bezirksverwaltungsbehörde zu verständigen.
(4) Haben Maßnahmen nach Abs2 nicht zu einer Erfüllung des Abschußauftrages geführt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Durchführung des Abschusses auf Kosten des verpflichteten Jagdausübungsberechtigten nach Abs1 zu veranlassen. Das erlegte Wild samt Trophäe ist dem Jagdausübungsberechtigten zu überlassen."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens
Im Verfahren wurde nichts vorgebracht, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Verordnungsprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich als zutreffend erwiesen:
2.1. Das Verordnungsprüfungsverfahren hat nichts ergeben, was die im
Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die Gesetzmäßigkeit des §6 der 1. Verordnung des Landesvorstandes der
Kärntner Jägerschaft vom 10. Dezember 2014, Zahl: LGS-ABSR/16067/1/2014, mit der die Abschussrichtlinien erlassen werden, idF der 2. Verordnung
des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 7. Februar 2017, Zahl: LGS-ABSR/19320/43/2017, mit der die Abschussrichtlinien geändert werden, (im Folgenden: Abschussrichtlinien 2017) zerstreut hätte.
2.2. Weder der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft noch die Kärntner Landesregierung haben im Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung erstattet. Da auch sonst nichts hervorgekommen ist, was die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken zerstreut hätte, hält der Verfassungsgerichtshof an diesen Bedenken fest: Dem in Prüfung gezogenen §6 der Abschussrichtlinien 2017 fehlt die gesetzliche Grundlage iSd Art18 B-VG, weil weder §56 K-JG noch eine andere Vorschrift des K-JG eine solche bieten.
2.3. Gemäß Art18 Abs2 B-VG kann jede Verwaltungsbehörde auf Grund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen. "Art18 Abs2 B-VG unterstreicht diese Gesetzesabhängigkeit (auch) der Verordnungen, indem er betont, daß diese nur 'auf Grund der Gesetze' erlassen werden können, was mit anderen Worten heißt, daß eine
Verordnung nur
präzisieren darf, was in den wesentlichen Konturen schon im
Gesetz
vorgezeichnet ist" (Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung, 1979, 82; so auch VfSlg 14.630/1996, 15.354/1998, 16.893/2003, 18.784/2009).
2.4. §6 der Abschussrichtlinien 2017 sieht auf Verordnungsebene einen sogenannten "Zusätzlichen Abschuss" vor:
2.4.1. Gemäß Abs1 leg.cit. kann für einen Hegering, eine Wildregion oder einen Jagdbezirk ein "Zusätzlicher Abschuss" erlassen werden. Diese zusätzliche Abschussbewilligung kann – mit Ausnahme der Hirsche der Klasse I und II – von allen Jagdausübungsberechtigten im bezeichneten Gebiet (Hegering, Wildregion, Jagdbezirk) nach Erfüllung der jeweiligen Wildklasse im Abschussplan des eigenen Jagdgebietes, nach Rücksprache mit dem Hegeringleiter, für die erfüllte Wildklasse in Anspruch genommen werden.
2.4.2. Auf Hirsche der Klasse I und II im zusätzlichen Abschussplan darf gemäß Abs3 leg.cit. ausschließlich nach Rücksprache mit dem Bezirksjägermeister zugegriffen werden. Eine Freigabe durch den Bezirksjägermeister kann in diesem Fall nur bei bereits vorliegenden Wildschäden, zur erforderlichen Wildstands-reduktion, im Rahmen der Durchführung einer revierübergreifenden Rotwild-Reduktionsjagd oder auch im Falle außergewöhnlich guter Erlegung von Kahlwild, zeitlich befristet oder unter der Voraussetzung der vorherigen Erlegung weiterer Stücke Kahlwild erfolgen.
2.5. §56 K-JG scheidet als Grundlage für diese Verordnungsbestimmung aus, weil der Kärntner Landesgesetzgeber in den §§55 ff. K-JG eine abschließende Regelung der Abschussplanung getroffen hat:
2.5.1. Mit der Verordnungsermächtigung des §56 K-JG wird der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft lediglich ermächtigt, Richtlinien für die Erreichung der in Satz 2 leg.cit. genannten Ziele – wie etwa ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis oder einen richtigen Altersaufbau des Wildstandes – zu erlassen, die bei der konkreten Abschussplanung nach den Bestimmungen des §57 K-JG einzuhalten sind.
2.5.2. Der nach dem jeweiligen Abschussplan durchzuführende Abschuss, welcher mit Bescheid des Bezirksjägermeisters festgesetzt wird (s §57 Abs1 und 2 K-JG), kann nur gemäß §57 Abs12 K-JG (Abänderung des Abschussplans durch Bescheid der Landesregierung) bzw gemäß §72 K-JG (Abschussauftrag zum Schutz von Kulturen durch Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde) nachträglich erhöht werden (vgl die Materialien zu §57 Abs12 K-JG; RV 01-VD-LG-1743/7-2017 BlgLT [Ktn.] 31. GP, 4).
2.6. §6 der Abschussrichtlinien 2017 ist daher mit der im Prüfungsbeschluss (vorläufig) angenommenen Gesetzwidrigkeit belastet, weil dieser auf Verordnungsebene eine weitere Möglichkeit der Abschussfreigabe vorsieht, die sich weder auf §56 K-JG noch auf eine andere Vorschrift des K-JG stützen kann.
IV. Ergebnis
1. §6 der 1. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 10. Dezember 2014, Zahl: LGS-ABSR/16067/1/2014, mit der die Abschussrichtlinien erlassen werden, idF der 2. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 7. Februar 2017, Zahl: LGS-ABSR/19320/43/2017, mit der die Abschussrichtlinien geändert werden, war wegen Verstoßes gegen Art18 Abs2 B-VG gesetzwidrig.
2. Die Verpflichtung der Kärntner Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung basiert auf Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §59 Abs2 VfGG iVm §2 Abs1 Z8 Kärntner Kundmachungsgesetz.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Jagdrecht, VerordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:V93.2019Zuletzt aktualisiert am
25.08.2021