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41/03 PersonenstandsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1Leitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Berichtigung des portugiesischen Namensbestandteils "Nobre de" wegen Verwendung untersagter Adelszeichen; Erforderlichkeit der Prüfung des historischen Adelsbezugs oder der ausländischen Standesbezeichnung im Hinblick auf den Eindruck bestehender Vorrechte auf Grund der Geburt oder des Standes bei ausländischen NamensbestandteilenRechtssatz
Dass auch Adelsbezeichnungen ausländischen Ursprungs durch §1 AdelsaufhebungsG österreichischen Staatsbürgern untersagt sind, wenn sie den Eindruck erwecken, für ihren Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Vollzugsanweisung in Konkretisierung des Adelsaufhebungsgesetzes in §1 inländische und ausländische Adelsbezeichnungen gleichermaßen untersagt und in §2 Z5 ausdrücklich darauf abstellt, dass gewisse ausländische Titel den Eindruck entsprechender Adelsvorzüge erwecken können und daher untersagt sind, auch wenn sie tatsächlich nicht mit einem Adelsvorzug verbunden sind. Der Zweck dieser Regelungen der Vollzugsanweisung liegt auch darin sicherzustellen, dass sich Angehörige des Adels auch in der Namensführung nicht mehr von den übrigen Staatsbürgern unterscheiden. "Das sollte nicht nur für Adelsbezeichnungen im strengen Wortsinn, sondern auch für Bezeichnungen gelten, die den Anschein einer Zugehörigkeit zu einem bevorzugten Stand erwecken. Dies wird aus §2 Z5 der Vollzugsanweisung deutlich, wonach auch 'das Recht zur Führung gewisser ausländischer, an sich nicht immer mit dem Adelsvorzuge verbundener Titel [...] selbst wenn es nichtadeligen Familien zukam' als aufgehoben festgestellt wurde".
Dabei ist auch von Bedeutung, dass die Vollzugsanweisung in §2 Z4 und 5 entsprechende ausländische Standesbezeichnungen oder Titel, die den Eindruck eines Adelsvorzugs erwecken können, bloß demonstrativ aufzählt und damit zu erkennen gibt, dass für die Frage, wann eine ausländische Standesbezeichnung oder ein ausländischer Titel den Eindruck entsprechender Adelsvorzüge erwecken können, im Hinblick auf die Vielzahl möglicher ausländischer Standesbezeichnungen und Adelstitel auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen ist.
Dies gilt, wie aus den in §2 Z4 und 5 der Vollzugsanweisung genannten Beispielen hervorgeht, für ausländische Namensbestandteile, die als solche Standesbezeichnungen bzw verpönte Titel transportieren (wie zB Ritter, Freiherr, Graf oder Fürst und diesen vergleichbare ausländische Standesbezeichnungen an und ausländische Titel wie beispielsweise Conte oder Marchese).
Nach §2 Z1 und 2 der Vollzugsanweisung sind nun durch §1 AdelsaufhebungsG das Adelszeichen "von" sowie Adelsprädikate im engeren und im weiteren Sinn, insbesondere auch das Ehrenwort "Edler", aufgehoben, ohne dass die Vollzugsanweisung ausdrücklich auch vergleichbare ausländische Bezeichnungen mit einbezieht. Damit soll offensichtlich dem Umstand Rechnung getragen werden, dass insbesondere dem Adelszeichen "von" im deutschsprachigen Kontext in Österreich eine besondere, unmittelbar mit Vorrechten der Geburt oder des Standes verbundene Bedeutung zukommt, die mit von der Übersetzung her ähnlichen ausländischen Namensbestandteilen oder -zusätzen - wie sie beispielsweise Namenszusätze wie "de" oder "van" darstellen - typischerweise nicht verbunden werden. Solche, den genannten deutschsprachigen Namensbestandteilen und -zusätzen gemäß §2 Z1 und 2 der Vollzugsanweisung von der Übersetzung her ähnliche ausländische Namensbestandteile oder -zusätze sind daher durch §1 AdelsaufhebungsG iVm §1 der Vollzugsanweisung dann untersagt, wenn sie tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweisen (VfSlg 20234/2017). Denn gemäß §1 der Vollzugsanweisung trifft die Aufhebung den Adel und seine äußeren Ehrenvorzüge und damit entsprechende Namensbestandteile und -zusätze, gleichviel, ob es sich um im Inland erworbene, oder um ausländische Vorzüge handelt.
Das LVwG geht davon aus, dass der im Hinblick auf die Beschwerdeführerin strittige Namensbestandteil "Nobre de" mit "Edle von" zu übersetzen sei und insofern den Eindruck einer durch §1 AdelsaufhebungsG untersagten Adelsbezeichnung erwecke. Damit stellt das LVwG bei seiner Beurteilung maßgeblich auf die deutsche Übersetzung dieses Namensbestandteils ab, was schon deswegen unzulässig ist, weil es im maßgeblichen Kontext für die Beurteilung, ob ein ausländischer Namensbestandteil in Österreich den Eindruck erwecken könnte, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes, auf die ausländische, also die fremdsprachige Bezeichnung und nicht die deutschsprachige Übersetzung ankommt.
Das LVwG verkennt aber insbesondere, dass dem Adelszeichen "von" und dem Ehrenwort "Edler" von der Übersetzung her ähnliche ausländische Namensbestandteile nur dann gemäß §1 AdelsaufhebungsG iVm §1 der Vollzugsanweisung untersagt sind, wenn sie entweder tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweisen oder wenn "Nobre de" oder auch "de Andrade" eine ausländische Standesbezeichnung oder einen ausländischen Titel darstellt, der ebenso einschlägig wie die in §2 Z4 und 5 der Vollzugsanweisung genannten ist, und damit objektiv (also ohne dass es auf einen tatsächlichen historischen Adelsbezug ankäme) für österreichische Staatsbürger den Eindruck bestehender Vorrechte der Geburt oder des Standes erwecken kann. Ob eine dieser beiden Voraussetzungen für die strittigen Namensbestandteile der Beschwerdeführerin vorliegt, wird das LVwG im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Adel, Namensrecht, PersonenstandswesenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E4050.2019Zuletzt aktualisiert am
27.06.2022