TE Vfgh Erkenntnis 2020/3/5 G157/2019, V54/2019 (G157/2019-16, V54/2019-16)

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.03.2020
beobachten
merken

Index

82/03 Ärzte, sonstiges Sanitätspersonal

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z12
B-VG Art102
ÄrzteG 1998 §10, §13b, §117c, §195f
BearbeitungsgebührenV 2014 - übertragener Wirkungsbereich vom 27.06.2014
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des ÄrzteG 1998 betreffend die Übertragung der Zuständigkeit zur Zurücknahme oder Einschränkung der Anerkennung als Ausbildungsstätte auf die Österreichische Ärztekammer mangels Zustimmung der beteiligten Länder; Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich mangels gesetzlicher Grundlage

Spruch

I. 1. Folgende Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169/1998, werden als verfassungswidrig aufgehoben:

1.1. Die Wortfolge "von der Österreichischen Ärztekammer" im ersten Satz sowie die Wortfolge "der Österreichischen Ärztekammer" im letzten Satz des §10 Abs8 ÄrzteG 1998 idF BGBl I Nr 25/2017;

1.2. Die Wort- und Zeichenfolge "und 10" in §13b Z2 ÄrzteG 1998 idF BGBl I Nr 82/2014;

1.3. Die Zeichenfolge "10," in §117c Abs1 Z1 ÄrzteG 1998 idF BGBl I Nr 82/2014.

2. Die Aufhebung der Bestimmungen tritt mit Ablauf des 31. März 2021 in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

4. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. 1. Die Zeichenfolge "10," in §117c Abs2 Z1 ÄrzteG 1998, BGBl I Nr 169, idF BGBl I Nr 82/2014 war verfassungswidrig.

2. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

III. 1. Die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich (Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich) idF 1. Novelle, Kundmachung der Österreichischen Ärztekammer Nr 1/2017, veröffentlicht am 28. Juni 2017 auf der Website der Österreichischen Ärztekammer (www.aerztekammer.at) war im Hinblick auf die Zeichenfolge "10," in §1, die Zeichenfolge ", 10" in §4 und der Anhang der Verordnung im Hinblick auf die Zeichenfolge "§10 und" in Punkt 3. gesetzwidrig.

2. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

IV. §10 ÄrzteG 1998, BGBl I Nr 169, idF BGBl I Nr 25/2017 wird im Übrigen nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

V. Im Übrigen werden das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit näher bezeichneter Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998) sowie das Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich (Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich) idF 1. Novelle, Kundmachung der Österreichischen Ärztekammer Nr 1/2017, veröffentlicht am 28. Juni 2017 auf der Website der Österreichischen Ärztekammer (www.aerztekammer.at), samt Anhang eingestellt.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren

Beim Verfassungsgerichtshof ist zu E4643/2018 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1. Die Österreichische Ärztekammer nahm mit Bescheid vom 19. Juli 2018 die mit Bescheid vom 17. Februar 1995 erteilte Anerkennung der Chirurgischen Abteilung der vor dem Verfassungsgerichtshof zu E4643/2018 beschwerdeführenden Partei als Ausbildungsstätte für die Ausbildung zum Facharzt für das Sonderfach "Plastische Chirurgie" mit einer Ausbildungsstelle sowie die mit Bescheid vom 23. Jänner 2017 erteilte Anerkennung des Departments für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie der beschwerdeführenden Partei als Ausbildungsstätte für drei näher bezeichnete Ausbildungen im Bereich der plastischen Chirurgie zurück. Gleichzeitig wurde das Department für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie der beschwerdeführenden Partei als Ausbildungsstätte für die Ausbildung im Sonderfach Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie und die damit in Zusammenhang festgesetzten Ausbildungsstätten aus dem Ausbildungsstättenverzeichnis gestrichen. Des Weiteren war eine Bearbeitungsgebühr zu entrichten. In der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides wurde auf die Möglichkeit einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht hingewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 2. November 2018 wegen Unzuständigkeit zurück.

2. Dies begründete das Bundesverwaltungsgericht damit, dass sich das ÄrzteG 1998 auf die Kompetenztatbestände "Gesundheitswesen", "Einrichtung beruflicher Vertretungen, soweit sie sich auf das ganze Bundesgebiet erstrecken" und "berufliche Vertretungen, soweit sie nicht unter Art10 fallen" stütze. Diese Kompetenztatbestände seien nicht in Art102 Abs2 B-VG genannt und somit prinzipiell nicht der unmittelbaren Vollziehung durch den Bund zugänglich.

II. Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Aus Anlass der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 11. Juni 2019 beschlossen, §10 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 25/2017, §13b Z2 sowie §117c Abs1 Z1 und Abs2 Z1 leg.cit. idF BGBl I 82/2014 (im Folgenden: ÄrzteG 1998) sowie die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich (Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich) idF 1. Novelle, Kundmachung der Österreichischen Ärztekammer Nr 1/2017, veröffentlicht am 28. Juni 2017 auf der Website der Österreichischen Ärztekammer (www.aerztekammer.at), samt Anhang (im Folgenden: Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich), von Amts wegen auf ihre Verfassungs- bzw Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

2. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"1. Bei Behandlung der Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der §10, §13b Z2 sowie §117c Abs1 Z1 und Abs2 Z1 ÄrzteG 1998 sowie der Gesetzmäßigkeit der Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich und ihres Anhanges entstanden.

2. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist, dass das Bundesverwaltungsgericht bei der Erlassung der angefochtenen Entscheidung die in Prüfung gezogenen Bestimmungen zumindest denk-möglich angewendet hat bzw dass der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmungen bei seiner Entscheidung über die Beschwerde anzuwenden hätte sowie, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang mit den präjudiziellen Bestimmungen stehen.

3. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die hiemit in Prüfung gezogenen Teile des ÄrzteG 1998 folgende Bedenken:

3.1. Gemäß §10 Abs8 ÄrzteG 1998 ist die Anerkennung als Ausbildungsstätte bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen von der Österreichischen Ärztekammer zurückzunehmen oder einzuschränken. Diese Zuständigkeit übt die Österreichische Ärztekammer gemäß §117c Abs1 Z1 ÄrzteG 1998 im übertragenen Wirkungsbereich unter Weisungsbefugnis des zuständigen Bundesministers aus (§195f Abs1 ÄrzteG 1998; s. VfGH 13.3.2019, G242/2018 ua). Gleiches gilt für die Erlassung der Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich (§13b ÄrzteG 1998), da auch diese gemäß §117c Abs2 Z1 ÄrzteG 1998 von der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich erlassen wird.

3.2. Die Bestimmungen über Verfahren betreffend ärztliche Ausbildungsstätten und Lehrambulatorien sind auf den Kompetenztatbestand 'Gesundheitswesen' des Art10 Abs1 Z12 B-VG gestützt (vgl RV 1386 BlgNR 20. GP, 84; RV 467 BlgNR 24. GP, 3). Angelegenheiten des 'Gesundheitswesens' sind nicht in Art102 Abs2 B-VG angeführt.

3.3. Gemäß Art102 Abs4 B-VG darf die Errichtung von eigenen Bundesbehörden für andere als die in Art102 Abs2 B-VG bezeichneten Angelegenheiten nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen. Art102 Abs4 B-VG stellt jedoch nicht auf die Errichtung von Behörden in Angelegenheiten, die nicht in Art102 Abs2 B-VG oder einer besonderen Verfassungsbestimmung genannt sind, sondern auf die Begründung der Zuständigkeit von Bundesbehörden ab (vgl VfGH 13.3.2019, G242/2018 ua).

3.4. Der Verfassungsgerichtshof hegt vorerst das Bedenken, dass eine – verfassungsrechtlich gebotene – Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art102 Abs4 B-VG nicht erfolgt ist. Träfe dieses Bedenken zu, wären die in Prüfung gezogenen Bestimmungen verfassungswidrig (vgl erneut VfGH 13.3.2019, G242/2018 ua).

3.5. Für diesen Fall, dass die Bedenken in Hinblick auf §13b und §117c Abs2 Z1 ÄrzteG 1998 zutreffen, besteht hinsichtlich der Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich das Bedenken, dass diese von einer unzuständigen Behörde erlassen worden wäre bzw der gesetzlichen Grundlage entbehren würde, weshalb gleichzeitig mit §13b Z2 und §117c Abs2 Z1 ÄrzteG 1998 auch die präjudiziellen Bestimmungen der Bearbeitungsgebühren-verordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich zu prüfen sind. Im Falle der Aufhebung der Bestimmungen im ÄrzteG 1998 wäre die Bearbeitungsgebühren-verordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich zur Gänze gesetzwidrig (Art139 Abs3 Z1 und 2 B-VG)."

3. Die Bundesregierung sowie die (damalige) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (nunmehr Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) haben unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 2019, G242/2018 ua, von der Erstattung einer meritorischen Äußerung Abstand genommen.

4. Die Österreichische Ärztekammer hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken vor allem dahingehend entgegentritt, dass eine Übertragung von Organisationsmodellen der staatlichen Verwaltung auf Bereiche der Selbstverwaltung von vornherein verfehlt sei. Die im ÄrzteG 1998 vorgesehene Weisungsbindung des zuständigen Kammerorganes unmittelbar gegenüber dem zuständigen obersten Organ entspreche den Vorgaben des Art120b Abs2 B-VG.

Eine einheitliche Verwaltungsführung würde konterkariert, würden die Landeshauptleute zuständig, weshalb auch aus verwaltungsökonomischen Überlegungen die Statuierung einer unmittelbaren Weisungsbindung des zuständigen Bundesministers verfassungskonform sei.

5. Die vom Verfassungsgerichtshof zur Stellungnahme eingeladenen Länder haben teils eine Äußerung erstattet, in denen sie sich den im Prüfungsbeschluss erhobenen Bedenken anschließen.

III. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

1. §10 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 82/2014, Abs2 Z4 und Abs8 zuletzt geändert durch BGBl I 25/2017, lautet wie folgt:

"Ausbildungsstätten für die Ausbildung zum Facharzt

§10. (1) Ausbildungsstätten für die Ausbildung gemäß §8 sind Abteilungen und sonstige Organisationseinheiten von Krankenanstalten, einschließlich Universitätskliniken, sonstige Organisationseinheiten von Medizinischen Universitäten oder Universitäten, an denen eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist, Sonderkrankenanstalten, Untersuchungsanstalten der Gesundheitsverwaltung, arbeitsmedizinische Zentren gemäß §80 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), BGBl Nr 450/1994, Anstalten, die für die Unterbringung geistig abnormer oder entwöhnungsbedürftiger Rechtsbrecher bestimmt sind, sowie Krankenabteilungen in Justizanstalten, die von der Österreichischen Ärztekammer als Ausbildungsstätten für die Ausbildung zum Facharzt eines Sonderfaches anerkannt worden sind.

(2) Die Anerkennung als Ausbildungsstätte für die Ausbildung zum Facharzt eines Sonderfaches ist zu erteilen, wenn gewährleistet ist, dass entsprechend den fachlichen Erfordernissen die Ausbildungsstätte

1. nachweislich über einen fachärztlichen Dienst verfügt, der von einem Facharzt des betreffenden Sonderfaches geleitet wird, dieser oder der den Leiter vertretende Facharzt zumindest während der Kernarbeitszeit anwesend ist, sodass die Anleitung und Aufsicht der Turnusärzte gewährleistet ist, und neben diesem mindestens ein weiterer zur selbständigen Berufsausübung berechtigter Facharzt des betreffenden Sonderfaches beschäftigt ist; unter Bedachtnahme auf die Besonderheit einzelner Sonderfächer kann die Leitung der Ausbildungsstätte auch von einem Absolventen einer entsprechenden anderen naturwissenschaftlichen Studienrichtung wahrgenommen werden, sofern mit der unmittelbaren Anleitung der und Aufsicht über die Turnusärzte ein Facharzt des betreffenden Sonderfaches betraut worden ist;

2. im Hinblick auf die von ihr erbrachten medizinischen Leistungen nach Inhalt und Umfang den Turnusärzten die erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten entsprechend der Sonderfach-Grundausbildung sowie der Sonderfach-Schwerpunktausbildung vermittelt;

3. über alle zur Erreichung des Ausbildungszieles erforderlichen fachlichen Einrichtungen und Geräte einschließlich des erforderlichen Lehr- und Untersuchungsmaterials verfügt;

4. sofern pflegerische Leistungen zu erbringen sind, über einen Pflegedienst verfügt, der die Durchführung jener Tätigkeiten, die in §15 Abs5 GuKG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 185/2013 ausdrücklich bezeichnet sind, gewährleistet und Turnusärzte für diese Tätigkeiten insbesondere im Zeitraum der neunmonatigen Basisausbildung herangezogen werden können, wenn dies für den Erwerb der für die Erreichung des Ausbildungsziels erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten notwendig ist;

5. über ein schriftliches Ausbildungskonzept verfügt, das die Vermittlung der Lerninhalte gemäß den auf Basis dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen zeitlich und inhaltlich strukturiert festlegt.

(3) Gleichzeitig mit der Anerkennung einer Ausbildungsstätte für die Ausbildung zum Facharzt eines Sonderfaches gemäß §8 ist die Zahl der Ausbildungsstellen für die Sonderfach-Grundausbildung sowie die Sonderfach-Schwerpunktausbildung, festzusetzen. Dabei sind die in Abs2 für die Anerkennung als Ausbildungsstätte genannten Voraussetzungen einschließlich der Zahl der ausbildenden Ärzte, die allfällige Bettenzahl sowie der Inhalt und Umfang der medizinischen Leistungen der Einrichtung entsprechend zu berücksichtigen.

(4) Für jede Ausbildungsstelle gemäß Abs3 ist neben dem Ausbildungsverantwortlichen oder dem mit der unmittelbaren Anleitung und Aufsicht der Turnusärzte betrauten Facharzt mindestens ein weiterer in Vollzeitbeschäftigung (oder mehrere teilzeitbeschäftigte Fachärzte im Ausmaß einer Vollzeitbeschäftigung) stehender zur selbständigen Berufsausübung berechtigter Facharzt des betreffenden Sonderfaches zu beschäftigen.

(5) Zum Zweck der längerfristigen Sicherstellung der fachärztlichen Versorgung der österreichischen Bevölkerung kann die Bundesministerin für Gesundheit nach Anhörung der Kommission für die ärztliche Ausbildung gemäß Artikel 44 der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl I Nr 105/2008, in der Fassung BGBl I Nr 199/2013, im Rahmen der Verordnung über die Ärzte-Ausbildung (§24 Abs1) darüber hinaus festlegen, dass vom ausbildungsrechtlichen Erfordernis des Abs4 bei der Festsetzung von Ausbildungsstellen in einzelnen zu bestimmenden Sonderfächern für eine zu bestimmende Dauer abzusehen ist, sofern nicht die Bewilligung einer einzigen Ausbildungsstelle angestrebt wird. Zusätzlich kann die Bundesministerin für Gesundheit durch Verordnung Begleitmaßnahmen zur Sicherung der Ausbildungsqualität festlegen.

(6) Die Anerkennung als Ausbildungsstätte und Festsetzung von Ausbildungsstellen hat erforderlichenfalls unter Auflagen und Bedingungen zu erfolgen, wenn deren Erfüllung oder Einhaltung für die gesetzmäßige Ausübung der Ausbildungstätigkeit, die Sicherstellung eines qualitativ hochwertigen Ausbildungsniveaus oder zur Wahrung der Ausbildungsvoraussetzungen nach diesem Gesetz geboten ist.

(7) Die erstmalige Anerkennung als Ausbildungsstätte wird für einen Zeitraum von sieben Jahren erteilt, gerechnet ab dem im Anerkennungsbescheid festgelegten Wirksamkeitsdatum. Der Zeitraum verlängert sich jeweils um sieben Jahre, sofern das Rezertifizierungsverfahren gemäß §13a ergibt, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung weiterhin bestehen.

(8) Die Anerkennung als Ausbildungsstätte ist unbeschadet des in Abs7 festgelegten Anerkennungszeitraumes von der Österreichischen Ärztekammer zurückzunehmen oder einzuschränken, wenn

1. die für die Anerkennung als Ausbildungsstätte erforderlichen Voraussetzungen schon ursprünglich nicht gegeben waren oder

2. diese teilweise oder zur Gänze weggefallen sind oder

3. Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Anforderungen an die Ausbildung nicht oder nicht mehr erfüllt werden oder

4. Veränderungen im Versorgungsauftrag, der Leistungsstatistik und/oder der personellen oder materiellen Ausstattung der Ausbildungsstätte auftreten, die die Ausbildung nicht mehr gewährleisten.

Gleiches gilt sinngemäß für die Zahl der festgesetzten Ausbildungsstellen. Der Träger der Ausbildungsstätte hat im Falle einer Umstrukturierung einer Ausbildungsstätte dies der Österreichischen Ärztekammer unverzüglich schriftlich bekanntzugeben, wobei die Anerkennung weiterhin bestehen bleibt, sofern die Voraussetzungen für eine Anerkennung weiterhin erfüllt sind.

(9) Mit der Anerkennung als Ausbildungsstätte kann das Anerkennungsausmaß entsprechend eingeschränkt werden, wenn die Ausbildungsstätte nicht das gesamte Gebiet der betreffenden Sonderfach-Grundausbildung oder Sonderfach-Schwerpunktausbildung umfasst oder die von ihr erbrachten medizinischen Leistungen nicht gewährleisten, dass Turnusärzten die erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten auf dem jeweiligen Gebiet der betreffenden Sonderfach-Grundausbildung oder Sonderfach-Schwerpunktausbildung zur Gänze vermittelt werden können.

(10) Eine rückwirkende Anerkennung als Ausbildungsstätte oder rückwirkende Festsetzung einer Ausbildungsstelle für die Ausbildung in einem Sonderfach ist nur auf Antrag und nur für einen Zeitraum von höchstens einem Jahr gerechnet ab Antragstellung zulässig. In diesem Zeitraum müssen die hiefür geltenden Voraussetzungen ohne Unterbrechung vorgelegen sein.

(11) Die Ausbildungsstätten sind in das von der Österreichischen Ärztekammer elektronisch geführte Verzeichnis der Ausbildungsstätten für die Ausbildung zum Facharzt eines Sonderfaches aufzunehmen. Das Verzeichnis ist laufend zu aktualisieren und auf der Homepage der Österreichischen Ärztekammer zu veröffentlichen.

(12) Hinsichtlich der Anerkennung von sowie der Festsetzung von Ausbildungsstellen in Universitätskliniken und sonstigen Organisationseinheiten einschließlich allfälliger Untereinheiten von Medizinischen Universitäten oder Universitäten, an denen eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist (§6 Universitätsgesetz 2002, BGBl I Nr 120/2002), hat die Österreichische Ärztekammer das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft herzustellen.

(13) Bei der Anerkennung von Ausbildungsstätten und der Festsetzung von Ausbildungsstellen sind die Zahl der betroffenen Turnusärzte und Abteilungen oder sonstigen Organisationseinheiten sowie die entsprechenden organisatorischen Rahmenbedingungen von abteilungs- oder organisationseinheitsübergreifender Tätigkeit gemäß §8 Abs2 vorzulegen."

2. §13b Z2 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 82/2014 lautet wie folgt:

"Verordnung über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr

§13b. Die Österreichische Ärztekammer kann eine Verordnung über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für die in den Angelegenheiten der

1. §5a,

2. §§6a, 9 und 10 unter Berücksichtigung von §128a Abs5 Z3 sowie

3. §§12, 12a, 13, 13a, 14, 15 Abs2, 3 und 5, 27 Abs11, 30 Abs2, 35, 37, 39 Abs2 und 40 Abs7

durchzuführenden Verfahren erlassen. Die Höhe der Bearbeitungsgebühr hat sich nach dem mit der Durchführung der Verfahren durchschnittlich verbundenen Personal- und Sachaufwand zu richten."

3. §117c Abs1 Z1 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 82/2014 lautet, §117c Abs2 Z1 leg.cit. lautete wie folgt:

"Übertragener Wirkungsbereich

§117c. (1) Die Österreichische Ärztekammer hat im übertragenen Wirkungsbereich folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1. Durchführung von Verfahren betreffend ärztliche Ausbildungsstätten und Lehrambulatorien gemäß §§6a Abs3 Z2, 9, 10, 13 und 13a,

2. – 5. […]

(2) Im übertragenen Wirkungsbereich obliegt der Österreichischen Ärztekammer die Erlassung nachfolgender Verordnungen:

1. Verordnung über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr (§13b) für die Angelegenheiten gemäß §§6a Abs3 Z2, 9, 10, 13, 13a, 35 und 37 und darüber hinaus für die Angelegenheiten gemäß §27 Abs11 und §30 Abs2, jeweils hinsichtlich Personen mit Bewilligungen gemäß §35,

2. – 12. […]"

4. §195f Abs1 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 144/2009 lautet wie folgt:

"Weisungsrecht gegenüber der Österreichischen Ärztekammer

§195f. (1) Die Österreichische Ärztekammer sowie Dritte, derer sich die Österreichische Ärztekammer zur Aufgabenerfüllung bedient, sind im übertragenen Wirkungsbereich bei der Vollziehung der Angelegenheiten einschließlich der Erlassung von Verordnungen an die Weisungen des Bundesministers für Gesundheit gebunden."

5. Die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer vom 27. Juni 2014 über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich, 1. Novelle veröffentlicht am 28. Juni 2017 (hier: Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich) lautete:

"Aufgrund des §13b in Verbindung mit §117c Abs2 Z1 des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169/1998, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 32/2014, und des Beschlusses der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer am 27.06.2014 wird verordnet:

§1. Die Antragstellerin (der Antragsteller) hat für die in den Angelegenheiten gemäß §§6a, 9, 10, 13, 35, 37 ÄrzteG 1998 und darüber hinaus für die in den Angelegenheiten gemäß §27 Abs11 und §30 Abs4 ÄrzteG 1998, jeweils hinsichtlich Personen mit Bewilligungen gemäß 35 ÄrzteG 1998, durchzuführenden Verfahren eine Bearbeitungsgebühr zu entrichten. Die Bearbeitungsgebühr fließt der Österreichischen Ärztekammer zu.

§2. Die Gebührenschuld entsteht, sofern §4 nichts anderes bestimmt, im Zeitpunkt der Antragstellung. Zahlungspflichtig ist die Antragstellerin (der Antragsteller). Die Antragsbearbeitung erfolgt erst nach Entrichtung des vorgeschriebenen Betrages. Die Höhe der Gebührenschuld ergibt sich aus den in der Anlage dem jeweiligen Verfahren zugeordneten Tarifen. In Verfahren gemäß §37 Abs5, 6 und 7 ÄrzteG 1998 bemisst sich die Gebührenschuld nach der für die Bearbeitung voraussichtlich zu erwartenden Tarifposition. Ergibt sich nach Abschluss des entsprechenden Verfahrens eine Differenz hinsichtlich des entrichteten Betrages und der tatsächlich zur Anwendung zu bringenden Tarifposition, so sind zu viel bezahlte Beträge zurückzuzahlen oder ist die fehlende Differenz nachzufordern und von der Antragstellerin (vom Antragsteller) zu bezahlen.

§3. Die Bearbeitungsgebühr ist, ausgenommen für Verfahren gemäß §4, gleichzeitig mit der Antragstellung auf das Konto der Österreichischen Ärztekammer zu entrichten. Die Bearbeitungsgebühr gilt mit dem Zeitpunkt als entrichtet, in dem sie dem Konto der Österreichischen Ärztekammer gutgeschrieben wurde.

§4. Unbeschadet der §§2 und 3, erster Satz entsteht die Gebührenschuld für Verfahren gemäß §§6a, 9, 10 und 13 ÄrzteG 1998 in dem Zeitpunkt, in dem die das Verfahren abschließende Erledigung der Österreichischen Ärztekammer der Antragstellerin (dem Antragsteller) zugestellt wird und ist innerhalb von drei Wochen nach Entstehen der Gebührenschuld durch Überweisung auf das Konto der Österreichischen Ärztekammer zu entrichten.

§5. [entfallen]

§6. [entfallen]

§7. Die Höhe der Bearbeitungsgebühr richtet sich nach dem angeschlossenen, einen Teil dieser Verordnung bildenden Tarif.

§8. (1) Zur Wertbeständigkeit werden die in der Anlage angeführten Bearbeitungsgebühren ab 2015 jährlich zum 1. Jänner nach dem Verbraucherpreisindex (VPI) mit dem Stichtag 1. Juli des Vorjahres zu 1. Juli des Vorvorjahres valorisiert. Die so berechneten Beträge sind kaufmännisch auf zwei Dezimalstellen zu runden.

(2) Der gemäß Abs1 aktualisierte Tarif ist auf der Homepage der Österreichischen Ärztekammer zu veröffentlichen.

Schlussbestimmungen

§9. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. Juli 2014 in Kraft.

 

(2) Mit Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr, beschlossen von der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer am 24.06.2005, veröffentlicht am 12.09.2005 auf der Homepage der Österreichischen Ärztekammer sowie in der Österreichischen Ärztezeitung Nr 17/2005, zuletzt geändert am 17.12.2013, außer Kraft.

(3) Der Anhang in der Fassung der 1. Novelle zur Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich ist nur auf Verfahren anzuwenden, deren verfahrenseinleitende Anträge ab dem 1. Juli 2017 eingebracht werden.

(4) Der Anhang in der Fassung der Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich ist weiterhin auf Verfahren anzuwenden, deren verfahrenseinleitende Anträge vor dem 1. Juli 2017 eingebracht worden sind.

(5) Die §§1, 3, und 4, der Entfall der §§5 und 6, §9 Abs3 und 4 sowie der Anhang, jeweils in der Fassung der 1. Novelle zur Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich, treten mit dem 1. Juli 2017 in Kraft.

Der Präsident

Anlage"

6. Der Anhang zur Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich – in der vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogenen Fassung – lautete:

"Tarif über das Ausmaß der Bearbeitungsgebühr (2018)

1. Bearbeitungsgebühr für Verfahren gemäß §6a ÄrzteG ........................ € 459,97

2. Bearbeitungsgebühr für Verfahren gemäß §§9 und 13 ÄrzteG für die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin

a) ohne Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten..................... € 459,97

b) unter Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten ................... € 630,80

3. Bearbeitungsgebühr für Verfahren gemäß §§10 und 13 ÄrzteG für die Ausbildung zum Facharzt

a) ohne Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten .................... € 646,70 b) unter Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten ................... € 817,43

4. Bearbeitungsgebühr für die Ausstellung von Unbescholtenheitsbescheinigungen gemäß §30 Abs4 ÄrzteG1).................................................................. € 23,25

5. Bearbeitungsgebühr für Verfahren gemäß §35 Abs2 ÄrzteG ............. € 207,22

6. Bearbeitungsgebühr für Verfahren gemäß §35 Abs3 ÄrzteG ............... € 72,95

7. Bearbeitungsgebühr für die Nachprüfung der ärztlichen Qualifikation des Dienstleistungserbringers gemäß §37 Abs5, 6 und 7 ÄrzteG

a) ohne Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten .................... € 222,03

b) unter Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten mit einfachem Gutachten ohne Vorschreibung einer Eignungsprüfung ........................... € 571,97

c) unter Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten mit einfachem Gutachten und Vorschreibung einer Eignungsprüfung ............................. € 742,19

d) unter Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten mit umfangreichem Gutachten ohne Vorschreibung einer Eignungsprüfung ........................ € 1.272,93

e) unter Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten mit umfangreichem Gutachten und Vorschreibung einer Eignungsprüfung .......................... € 1.442,09

Erklärung:

§6a    Verfahren zur Anerkennung als Ausbildungsstätte für die Basisausbildung im Rahmen der Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt

§9     Verfahren zur Anerkennung als Ausbildungsstätte für die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin

§10    Verfahren zur Anerkennung als Ausbildungsstätte für die Ausbildung zum Facharzt

§13    Verfahren zur Anerkennung eines selbständigen Ambulatoriums als Lehrambulatorium

§30 (4) Ausstellung von Unbescholtenheitsbescheinigungen

§35    Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur ärztlichen Tätigkeit in unselbständiger Stellung zu Studienzwecken

Der Präsident

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens

1.1. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011, 20.082/2016; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015; VfGH 15.10.2016, G339/2015).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach §62 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).

Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof hat im Anlassfall §13b Z2, §117c Abs1 Z1 und Abs2 Z1 ÄrzteG 1998 sowie die Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich in den in Prüfung gezogenen Fassungen – soweit sich die Bestimmungen auf §10 ÄrzteG 1998 beziehen – anzuwenden. Im Anlassfall handelt es sich um die Zurücknahme der Anerkennung der beschwerdeführenden Partei als Ausbildungsstätte gemäß §10 Abs8 ÄrzteG 1998. Insoweit §13b Z2, §117c Abs1 Z1 und Abs2 Z1 ÄrzteG 1998 nicht auf §10 ÄrzteG 1998 Bezug nehmen, sind die Bestimmungen sohin nicht präjudiziell und auch nicht in einem Regelungszusammenhang. In diesem Umfang ist der Prüfungsbeschluss daher überschießend und das Verfahren insoweit einzustellen.

1.3. Im Übrigen hat sich im Verfahren nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Verfahren daher insofern als zulässig.

2. In der Sache

Die im Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes dargelegten Bedenken wurden nicht zerstreut:

2.1. Das im Prüfungsbeschluss primär geäußerte Bedenken, eine verfassungsrechtlich gebotene Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art102 Abs4
B-VG zur Übertragung der Zuständigkeit zur Zurücknahme oder Einschränkung der Anerkennung als Ausbildungsstätte gemäß §10 Abs8 ÄrzteG 1998 – eine Angelegenheit des Kompetenztatbestandes "Gesundheitswesen" gemäß Art10 Abs1 Z12 B-VG – auf die Österreichische Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich unter Weisungsbefugnis des zuständigen Bundesministers gemäß §117c Abs1 Z1 ÄrzteG 1998, sei nicht erfolgt, wurde nicht zerstreut.

2.2. Art120b Abs2 B-VG ermächtigt dazu, Selbstverwaltungskörpern Aufgaben staatlicher Verwaltung zu übertragen. Dass jedoch die Zulässigkeit einer solchen Übertragung zur Vollziehung in mittelbarer oder unmittelbarer Bundesverwaltung jedenfalls nicht das Regelungsregime des Art102 B-VG obsolet macht, wurde vom Verfassungsgerichtshof (vgl VfSlg 19.123/2010), aber auch in der Literatur schon mehrfach betont (vgl VfGH 13.3.2019, G242/2018 ua). Insofern steht außer Frage, dass Art102 B-VG auf die Übertragung von Aufgaben staatlicher Verwaltung auf Selbstverwaltungskörper anwendbar ist (vgl erneut VfGH 13.3.2019, G242/2018 ua).

2.3. Die Bestimmungen über die Anerkennung bzw Zurücknahme oder Einschränkung der Anerkennung als Ausbildungsstätte sind auf den Kompetenztatbestand "Gesundheitswesen" des Art10 Abs1 Z12 B-VG gestützt (vgl dazu RV 1386 BlgNR 20. GP, 84; RV 467 BlgNR 24. GP, 3; und VfSlg 4413/1963). Angelegenheiten des "Gesundheitswesens" sind nicht in Art102 Abs2 B-VG angeführt. Diese sind – da hier auch keine sonstige verfassungsgesetzliche Ermächtigung vorliegt – nicht in unmittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen, sondern in mittelbarer Bundesverwaltung (VfSlg 19.123/2010; VfGH 13.3.2019, G242/2018 ua).

2.4. Gemäß Art102 Abs1 B-VG können in Angelegenheiten, die nicht in Art102 Abs2 B-VG genannt sind, auch Bundesbehörden mit der Vollziehung in Weisungsunterworfenheit unter den Landeshauptmann betraut werden. Allerdings dürfen Bundesgesetze, die eine solche Zuständigkeitsübertragung vornehmen, nur mit Zustimmung der beteiligten Länder kundgemacht werden (vgl VfGH 13.3.2019, G242/2018 ua).

2.5. Nach Art102 Abs4 B-VG darf die Errichtung von eigenen Bundesbehörden für andere als die in Art102 Abs2 B-VG bezeichneten Angelegenheiten – für die auch sonst keine besondere verfassungsrechtliche Anordnung besteht – nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen. Art102 Abs4 B-VG stellt jedoch nicht auf die Errichtung von Behörden in Angelegenheiten, die nicht in Art102 Abs2 B-VG oder einer besonderen Verfassungsbestimmung genannt sind, sondern auf die Begründung der Zuständigkeit von Bundesbehörden ab (vgl VfSlg 19.721/2012 mwN; VfGH 13.3.2019,

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten