TE Vwgh Erkenntnis 1980/2/15 3187/79

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Veröffentlicht am 15.02.1980
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Index

StVO

Norm

StVO 1960 §4 Abs1 litb
StVO 1960 §5 Abs2
StVO 1960 §99 Abs1 litb

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Närr, Dr. Degischer und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Richters Dr. Gerhard als Schriftführer, über die Beschwerde der GM in S, vertreten durch Dr. Karl Haas, Rechtsanwalt in St. Pölten, Rathausplatz 15, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 5. Oktober 1979, Zl. I/7-St-M-79189, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung des die Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. b StVO 1960 betreffenden Schuldspruches, des Ausspruches über die verhängte Strafe und der damit verbundenen Kostenbestimmung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 3.230,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Begründung

In der Anzeige des Verkehrsunfallkommandos der Bundespolizeidirektion St. Pölten vom 30. Oktober 1978 wurde ausgeführt, daß das Verkehrsunfallkommando durch einen Beamten des Permanenzdienstes am 28. Oktober 1978 gegen 22.05 Uhr zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden auf dem Neugebäudeplatz in St. Pölten beordert worden sei, nachdem ein unbekannter Passant mitgeteilt habe, daß ein schwerbeschädigter Pkw am Fahrbahnrand abgestellt sei und sich in der Fahrbahnmitte der Kreuzung Neugebäudeplatz-Eybnerstraße eine große Ölspur befinde. Beim Eintreffen des Verkehrsunfallkommandos an der Unfallstelle sei der schwerbeschädigte Pkw mit dem Kennzeichen nn, am Fahrbahnrand vor dem Geschäft H abgestellt angetroffen worden. Die Vorderfront des Pkws sei linksseitig schwer beschädigt und die Ölwanne des Motors aufgerissen gewesen. In der Kreuzungsmitte Neugebäudeplatz-Eybnerstraße vom Schutzweg bzw. von der Verkehrsinsel bis ca. 50 m in die Eybnerstraße sei eine ca. 2 m lange Ölspur ersichtlich gewesen. Diese Ölspur sei durch die in die Eybnerstraße einbiegenden Fahrzeuge durch die Fahrzeugreifen immer länger geworden. Es habe dadurch für die einbiegenden Pkws bzw. für einbiegende einspurige Kraftfahrzeuge eine besondere Schleudergefahr bestanden, sodaß die Feuerwehr zur Reinigung der Fahrbahn angefordert worden sei. Die Pkw-Lenkerin hätte zwar von der nahegelegenen Grünanlage geringfügig Erde auf die Ölspur geworfen, doch sei dies völlig unzureichend gewesen. Auf Grund der Spuren sei ersichtlich gewesen, daß die Pkw-Lenkerin aus Richtung Traisenbrücke gekommen und nach rechts vorschriftswidrig im großen Bogen eingebogen sei. Sie sei dabei mit dem Kfz über die Fahrbahnmitte gekommen und gegen die in der Fahrbahnmitte liegende Verkehrsinsel gestoßen. Dabei sei die Ölwanne des Pkws aufgerissen und die Ölspur gesetzt worden. Auf Grund des Kennzeichens sei die Beschwerdeführerin als Lenkerin des Pkws ausgeforscht und um

22.35 Uhr in ihrer Wohnung aufgesucht worden. Die Beschwerdeführerin habe zum Unfallshergang sinngemäß folgendes angegeben: "Ich habe das Fahrzeug gelenkt, ich war in Tulln, und wo sich der Verkehrsunfall ereignet hat, kann ich nicht sagen. Mein Kfz ist kaputt. Ich habe viel getrunken." Bei der Beschwerdeführerin seien starke Symptome einer Alkoholisierung festgestellt worden (lallende Sprache, starker Alkoholgeruch aus dem Mund, glasige Augen und beim Gehen sei sie nur getaumelt). Die Beschwerdeführerin habe dem Meldungsleger den Führerschein übergeben und den Alkotest mit folgenden Worten verweigert: "Sie haben meinen Führerschein und sonst mache ich überhaupt nichts. Ins Röhrchen blase ich überhaupt nicht." Am 30. Oktober 1978 gegen 10.00 Uhr sei die Beschwerdeführerin beim Verkehrsunfallkommando erschienen und habe sinngemäß folgendes angegeben: "Ich war mit meinem Pkw in Tulln und fuhr auf der Traisenbrücke in Richtung Neugebäudeplatz. Plötzlich hatte ich an meinem linken Vorderrad eine Panne und ich fuhr auf die Verkehrsinsel, die in der Mitte der Fahrbahn in der Eybnerstraße liegt. An eine Ölspur kann ich mich nicht erinnern. Durch das Auffahren auf die Schutzinsel wurde mein Pkw schwer beschädigt. Sonst kann ich mich an nichts erinnern." Zum Alkoholkonsum befragt habe die Beschwerdeführerin sinngemäß folgendes angegeben: "Bis 21.00 Uhr habe ich nur zwei Kaffee getrunken und keinen Alkohol. Erst gegen 21.45 Uhr habe ich bei meiner Freundin (also nach dem Unfall) eine Flasche Bier und zwei Achtelliter Wein getrunken."

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und Einräumung des Parteiengehörs erließ die Bundespolizeidirektion St. Pölten das mit 6. August 1979 datierte Straferkenntnis, in welchem die Beschwerdeführerin für schuldig befunden wurde, "am 28. Oktober 1978 in der Zeit von 21.00 Uhr bis 22.40 Uhr in St. Pölten Neugebäudeplatz und Kremser Landstraße als Lenkerin des Pkws nn 1. durch einen Verkehrsunfall die Straße mit Öl verunreinigt und dieses nicht beseitigt, 2. nicht die nächste Polizeidienststelle verständigt, 3. den Alkotest verweigert und

4. nicht an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt" und dadurch Verwaltungsübertretungen nach 1. § 4 Abs. 1 lit. b, 2. § 4 Abs. 5, 3. § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b und 4.

§ 4 Abs. 1 lit. c der StVO 1960 begangen zu haben. Über die Beschwerdeführerin wurden daher zu 1. und 4. gemäß § 99 Abs. 2 lit. a leg. cit. Geldstrafen in der Höhe von je S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe je vier Tage), zu 2. gemäß § 99 Abs. 3 lit. b leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe zwei Tage), und zu 3. gemäß § 99 Abs. 1 lit. b leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 8.000,-- (Ersatzarreststrafe 16 Tage) verhängt.

Entsprechend der Begründung dieses Straferkenntnisses ging die Behörde davon aus, daß die erwähnten Verwaltungsübertretungen auf Grund der Anzeige vom 30. Oktober 1978 in Verbindung mit den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzunehmen seien.

Zunächst nahm die Behörde zugunsten der Beschwerdeführerin an, daß das ursprüngliche Unfallsgeschehen nicht auf einen Fahr- oder Aufmerksamkeitsfehler oder die sehr wahrscheinliche Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin durch Alkohol zurückzuführen sei, sondern auf den behaupteten Reifenplatzer. Ungeachtet dessen wäre die Beschwerdeführerin, da als Folge des Verkehrsunfalles Motoröl auf die Fahrbahn geronnen sei und dadurch Schäden für Personen und Sachen zu befürchten gewesen seien, verpflichtet gewesen, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen, was sie unterlassen habe. Die Beschwerdeführerin habe ferner diesen Unfall, bei dem Sachschaden auch in fremdem Vermögen (Beschädigung der Randsteine der dort befindlichen Verkehrsinsel) entstanden sei, nicht der nächsten Polizeidienststelle gemeldet. Überdies habe sie durch ihr Entfernen von der Unfallstelle, den nachträglichen Alkoholkonsum und ihrer Weigerung, den Beamten des Unfallkommandos gegenüber Angaben zum Unfallshergang zu machen, nicht an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt. Außerdem habe die Beschwerdeführerin, obwohl vermutet habe werden können, daß sie sich bereits bei der zugrunde liegenden Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, die Durchführung des Alkotestes trotz ausdrücklicher Aufforderung durch ein hiezu ermächtigtes Organ verweigert. In diesem Zusammenhang werde den unbedenklichen Angaben der beiden Sicherheitswachebeamten die größere Glaubwürdigkeit beigemessen als der leugnenden Beschuldigtenverantwortung. Wenn sich die Beschwerdeführerin auf Unfallschock und eigene erlittene Verletzungen berufe, so müsse ihr entgegengehalten werden, daß beides nach dem Akteninhalt nicht derart gravierend gewesen sei (so habe sie nicht einmal ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen), daß sie nicht ihren Lenkerpflichten hätte nachkommen können. Auch der Hinweis auf eine mangelhafte Ausführung durch ihre Erfüllungsgehilfen bringe für die Beschwerdeführerin nichts, da sie sich zwar zu ihrer Unterstützung anderer Personen bedienen dürfe, dadurch aber nicht von ihrer Verantwortlichkeit befreit werde, sondern sich eben persönlich zu überzeugen gehabt hätte, ob insbesondere die Beseitigung der Ölspur von der Fahrbahn und die Verständigung der nächsten Polizeidienststelle ordnungsgemäß durchgeführt worden seien.

Auf Grund der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung der Beschwerdeführerin erließ die Niederösterreichische Landesregierung den Bescheid vom 5. Oktober 1979, dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hat:

"Gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz es 1950 (AVG 1950), BGBl. Nr. 172, wird Ihrer Berufung hinsichtlich Punkt 1. keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß dem Worte ‚beseitigt' der Teilsatz ‚es sohin unterlassen haben, obwohl als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten waren, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen', anzufügen ist. Hinsichtlich Punkt 3. wird Ihrer Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß Punkt 3. zu lauten hat und nach 22.35 Uhr in ihrer Wohnung in St. Pölten sich gegenüber einem von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, daß sie sich zum Unfallszeitpunkt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begangen hat; hingegen wird gemäß § 51 Abs. 4 des Verwaltungsstrafgesetzes 1 950 (VStG 1950), BGBl. Nr. 172, die über Sie verhängte Geldstrafe auf S 5.000,-- herabgesetzt. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1950 (VStG 1950), BGBl. Nr. 172, haben Sie als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens hinsichtlich Punkt 1. S 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens

I. Instanz zu Punkt 3. S 500,--, insgesamt daher S 7.900,--, zu entrichten und die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen. An Stelle der Geldstrafen tritt im Falle der Uneinbringlichkeit ad

1. Arrest in der Dauer von 36 Stunden, ad 3. 7 Tage.

Hinsichtlich der Punkte 2. und 4. wird Ihrer Berufung gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 (AVG 1950), BGBl. Nr. 172, Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das gegen Sie eingeleitete Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. b VStG eingestellt."

Unter Bezugnahme auf die Berufungsausführungen wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides festgestellt, es sei unbestritten, daß bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall der von der Beschwerdeführerin gelenkte Pkw erheblich beschädigt und die Fahrbahn durch ausgeflossenes Motoröl verunreinigt worden sei. Unmittelbar nach dem Unfall sei die Beschwerdeführerin vom Zeugen WH in ihre Wohnung bzw. in die Wohnung der Zeugin LF mittels Pkw transportiert worden. Insbesondere auf Grund der Aussage der Zeugin EC, welche ebenfalls zur Wohnung der Zeugin LF mitgefahren sei, sei erwiesen, daß in der Wohnung der Zeugin LF darüber gesprochen worden sei, daß sich an der Unfallstelle ein Ölfleck befinde und daß es zweckmäßig wäre, die Feuerwehr zur Beseitigung desselben zu verständigen. Es sei somit erwiesen, daß nach der Versorgung der Beschwerdeführerin in ihrem Beisein der Unfallshergang und die Unfallsfolgen diskutiert worden seien. Insbesondere habe daher auch der Beschwerdeführerin bekannt sein müssen, daß nicht nur ihr Pkw von der Unfallstelle zu beseitigen gewesen wäre, sondern auch Maßnahmen zu setzen gewesen wären, um andere Verkehrsteilnehmer durch ordnungsgemäße Beseitigung des Ölfleckes nicht zu gefährden. Dies habe die Beschwerdeführerin unterlassen, obwohl sogar davon die Rede gewesen sei, daß die Feuerwehr zur Beseitigung des Ölfleckes zu verständigen gewesen wäre. Diese Unterlassung hätte die Beschwerdeführerin als Lenkerin des Kraftfahrzeuges zu verantworten. Wenn die Beschwerdeführerin vermeine, daß sie sich nach dem Verkehrsunfall in einem Schockzustand befunden habe und ihre Verletzung sogar so weit gegangen sei, daß sie Nasenbluten gehabt habe, so sei hiezu festzustellen, daß zufolge der übereinstimmenden Zeugenaussagen das Bluten aus der Nase bereits vor Erreichen der Wohnung der Zeugin LF aufgehört habe. Jedenfalls sei keine erhebliche Verletzung vorgelegen, da die Beschwerdeführerin keiner ärztlichen Behandlung bedurft habe. Auch der Umstand, daß die Beschwerdeführerin nach dem Verkehrsunfall Kopfschmerzen gehabt habe, vermöge die Unterlassung der entsprechenden Veranlassung nicht zu rechtfertigen. Hinsichtlich des behaupteten Schocks sei festzustellen, daß der Beschwerdeführerin zweifellos auf Grund des Verkehrsunfalles ein gewisser "Unfallschreck" zuzubilligen sei, jedoch vom Lenker eines Kraftfahrzeuges, welcher noch dazu Besitzer einer Lenkerberechtigung sei, wohl erwartet werden dürfe, daß er nach einem Verkehrsunfall, bei welchem er nicht einmal erheblich verletzt worden sei, in der Lage sei, die entsprechenden Dispositionen zu treffen.

Hinsichtlich der Verweigerung der Atemluftprobe wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides festgestellt, daß die Beschwerdeführerin selbst angegeben habe, nach dem Verkehrsunfall insgesamt zwei Achtelliter Wein und eine Flasche Bier getrunken zu haben. Es sei daher durchaus verständlich, daß das erhebende Polizeiorgan zu Recht vermutet habe, daß die Beschwerdeführerin sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, zumal der Beamte eine lallende Sprache, starken Alkoholgeruch aus dem Mund, glasige Augen und taumelndes Gehen habe feststellen können. Auf Grund dieser Vermutung und des Umstandes, daß eindeutig festgestanden sei, daß die Beschwerdeführerin zur Tatzeit den Pkw gelenkt habe, sei das intervenierende Polizeiorgan berechtigt gewesen, die Beschwerdeführerin zur Atemluftprobe aufzufordern. Diese Aufforderung habe die Beschwerdeführerin ohne Begründung verweigert. Insbesondere habe sie auch nicht angegeben, daß sie nach dem Unfall alkoholische Getränke zu sich genommen habe, wobei ihr aus dem Umstand, daß sie nach dem Verkehrsunfall Alkohol genossen habe, kein Vorwurf zu machen sei. Keinesfalls sei die Beschwerdeführerin jedoch berechtigt gewesen, deshalb, weil sie nach dem Unfall Alkohol genossen habe, die Untersuchung ihrer Atemluft zu verweigern. Hinsichtlich ihrer Ausführungen, daß ihr auf Grund des Schocks die Tragweite des nachfolgenden Alkoholkonsums und die Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt nicht bewußt gewesen seien, werde auf die bisherigen Ausführungen verwiesen.

(Hinsichtlich der Berufung der Beschwerdeführerin wegen des Vorwurfes der Übertretung des § 4 Abs. 5 und des § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, daß und warum der Berufung Folge zu geben gewesen sei.)

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

1. Zur Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. b StVO 1960:

Gegen den Schuldspruch wegen dieser Übertretung wendet sich die Beschwerde mit dem Argument, die belangte Behörde habe übersehen und dem Umstand nicht genügend Rechnung getragen, daß, wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergebe, die Beschwerdeführerin bei dem Unfall selbst verletzt worden sei. Wenn sie auch nur zeitweilig Nasenbluten gehabt habe, so habe sie sich doch, wie sich aus der Zeugenaussage ergebe, in einem Schockzustand befunden. Die belangte Behörde sei im übrigen nicht mit dem festgestellten Sachverhalt "im Einvernehmen", wenn sie ausführe, daß es auch der Beschwerdeführerin bekannt gewesen sein müsse, daß sie nicht nur ihren Pkw von der Unfallstelle zu beseitigen gehabt hätte, sondern auch Maßnahmen zu setzen gewesen wären, um durch ordnungsgemäße Beseitigung des Ölfleckes andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden. Diese Ausführungen seien mit den Zeugenaussagen unvereinbar, da die Zeugen ausgesagt hätten, und sich dies auch aus der Aussage der Beschwerdeführerin ergebe, daß unmittelbar nach dem Abtransport ihrer Person von der Unfallstelle in die Wohnung der Zeugin LF mehrere Personen den Pkw der Beschwerdeführerin von der dort befindlichen Verkehrsinsel weggeschoben und somit zumindestens den Pkw als Verkehrshindernis von der Unfallstelle abtransportiert hätten. Erst durch diesen unsachgemäßen Abtransport durch die Unfallshelfer sei von der Unfallstelle bis zu der Stelle, wo dann der Pkw endgültig abgestellt worden sei, eine ca. 2 m breite Ölspur, die sicherlich eine Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer bedeutet hätte, entstanden. Zum Unfallszeitpunkt selbst bzw. zu dem Zeitpunkt, zu dem sich die Beschwerdeführerin noch an der Unfallstelle befunden habe, sei ihr Pkw zwar ein Verkehrshindernis gewesen, es sei jedoch keine Ölspur für sie zu sehen gewesen. Die Beschwerdeführerin hätte auf Grund des Umstandes, daß bereits mehrere Personen einerseits wegen ihrer Verletzung Hilfe angeboten und andererseits sich auch angeboten hätten, die notwendigen Veranlassungen für den Abtransport des Pkws zu treffen, annehmen dürfen, daß dieser Abtransport vorschriftsmäßig erfolgen werde. Es könne ihr daher nicht vorgeworfen werden, die entsprechenden Dispositionen an der Unfallstelle selbst nicht getroffen zu haben. Von der belangten Behörde werde zugestanden, daß die Beschwerdeführerin einen gewissen Unfallsschreck gehabt habe, es werde weiters zugestanden, daß sie Nasenbluten gehabt habe, weshalb auf Grund dieser beiden Umstände sicherlich davon auszugehen sei, daß von ihrer Seite die entsprechenden Dispositionen getroffen worden seien. Es könne ihr nicht zur Last gelegt werden, wenn von dritten Personen eine unsachgemäße Beseitigung des Pkws erfolgt sei. Bei diesen Unfallhelfern habe es sich, wie sich ebenfalls aus den Zeugeneinvernahmen ergeben habe, um Besitzer von Lenkerberechtigungen gehandelt, weshalb sich die Beschwerdeführerin darauf verlassen durfte, daß diese Personen über die Gefahren von Ölspuren ebenfalls Bescheid wissen und von sich aus die notwendigen Dispositionen treffen würden.

Zu diesem Vorbringen ist nachstehendes zu bemerken:

Gemäß § 4 Abs. 1 lit. b StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen, wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen.

Nach den von der Beschwerdeführerin am 30. Oktober 1978 beim Verkehrsunfallkommando der Bundespolizeidirektion St. Pölten selbst gemachten Angaben ist sie zwei Tage vorher mit ihrem Pkw auf die in der Mitte der Eybnerstraße liegende "Verkehrsinsel" aufgefahren, wobei der Pkw schwer beschädigt worden ist. Der Anzeige des Verkehrsunfallkommandos vom 30. Oktober 1978 ist zu entnehmen, daß beim Eintreffen des Verkehrsunfallkommandos an der Unfallstelle "in der Kreuzungsmitte Neugebäudeplatz-Eybnerstraße vom Schutzweg bzw. von der Verkehrsinsel bis ca. 50 m in die Eybnerstraße eine ca. 2 m lange Ölspur ersichtlich war. Diese Ölspur wurde durch die in die Eybnerstraße einbiegenden Fahrzeuge durch die Fahrzeugreifen immer länger." Der Zeuge WH hat am 13. März 1979 angegeben, er habe sich gemeinsam mit der Zeugin LF in der Wohnung aufgehalten, als die Beschwerdeführerin plötzlich ziemlich aufgeregt gekommen sei und mitgeteilt habe, einen Unfall gehabt zu haben.

     In ihrer Begleitung hätten sich noch etwa zwei oder drei

Personen befunden, die die Beschwerdeführerin von der Unfallstelle

nach Hause gefahren hätten. "Über Ersuchen der Beschuldigten fuhr

ich dann mit diesen Personen zur Unfallstelle zurück, um mich um

den verunfallten Pkw zu kümmern. Bei meinem Eintreffen an der

Unfallstelle befand sich der Pkw bei der Schutzinsel auf dem

Neugebäudeplatz und wurde er von uns in Richtung Mühlbach an den

Straßenrand geschoben. Da außerdem eine Öllache auf der Fahrbahn

sichtbar war, haben wir diese noch behelfsmäßig mit Erde zu

bedecken versucht." EC gab als Zeugin am 14. März 1979 an: "Wir

fanden das verunfallte Auto an der Schutzinsel vor und schoben es

an den Fahrbahnrand ...... Nachdem dies geschehen war, fuhren wir

auch noch zu der Wohnung in der Kremser Landstraße, wo sie sich

aufgehalten hat. In der Wohnung war dann noch das Gespräch davon,

daß sich an der Unfallstelle ein Ölfleck befinde und daß es

zweckmäßig wäre, die Feuerwehr zur Beseitigung desselben zu

verständigen." PM gab am 28. März 1979 als Zeuge u. a. an:

"Gemeinsam mit meiner bei mir befindlichen Freundin ........ habe

ich die Beschuldigte dann mit meinem Pkw zu ihrem Wohnhaus

gefahren. Ich brachte die Beschuldigte noch bis zur Wohnung der

LF, wo die Beschuldigte dann Herrn H ersuchte, ihren Pkw entweder

von der Unfallstelle zu holen oder, falls das nicht ginge, auf die

Seite zu stellen. Dorthin ist auch das Ehepaar C gekommen. Ich

habe dann Herrn H zur Unfallstelle gefahren und das Ehepaar C ist

dann auch nachgekommen und wir stellten den verunfallten Pkw zur

Seite ....... Nachdem wir den Pkw weggestellt hatten, streuten wir

noch in der Nähe befindlichen Sand und Erde auf die auf der Fahrbahn befindlichen Ölspuren."

Angesichts dieses Ermittlungsergebnisses ist davon auszugehen, daß die Ölwanne des Pkws der Beschwerdeführerin anläßlich des in Rede stehenden Verkehrsunfalles derart beschädigt worden ist, daß in der Folge Öl auf die Fahrbahn geflossen ist. Die Beschwerdeführerin ließ das Fahrzeug nach dem Unfall an der Unfallstelle stehen und sich vom Zeugen PM in dessen Fahrzeug zu der in ihrem Hause wohnenden Zeugin LF bringen, wo sich bereits der Zeuge WH befand. Dieser fuhr anschließend mit anderen Personen über Ersuchen der Beschwerdeführerin zur Unfallstelle zurück, um sich um den Pkw der Beschwerdeführerin zu kümmern. Der Pkw der Beschwerdeführerin wurde in der Folge von der Unfallstelle an den Straßenrand geschoben und die Ölspur auf der Fahrbahn mit Sand und Erde bedeckt.

Bei dieser Sachlage kann der Beschwerdeführerin nach Auffassung des Gerichtshofes keine Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. b StVO 1960 angelastet werden. Der Beschwerdeführerin, die das Fahrzeug an der Unfallstelle stehengelassen hat, muß nämlich zugestanden werden, daß der wegen des Schadens an der Ölwanne unter ihrem Fahrzeug befindliche Ölfleck auch im Hinblick auf die im Unfallszeitpunkt bereits herrschende Dunkelheit von ihr nicht wahrgenommen worden sein muß, und daß sie nach dem Eintreffen in der Wohnung der Zeugin LF ohnedies die dort befindlichen Personen ersucht hat, sich um ihren Pkw zu kümmern, was in der Folge auch geschehen ist.

Unter diesen Umständen erscheint dem Gerichtshof der für eine Bestrafung im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. b StVO 1960 erforderliche Vorwurf, die zur Vermeidung von Schäden nach einem Verkehrsunfall notwendigen Maßnahmen nicht getroffen zu haben, im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt, wobei das Beschwerdevorbringen nicht von der Hand zu weisen ist, daß die in der Folge festgestellte Ölspur auf der Fahrbahn erst durch das Beiseiteschieben des Fahrzeuges entstanden ist, weshalb die Beschwerdeführerin davon nichts gewußt haben konnte. Da die belangten Behörde daher in dieser Hinsicht eine rechtlich unrichtige Wertung des Sachverhaltes vorgenommen hat, war der angefochtene Bescheid in diesem Punkt gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.

2. Zur Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960:

Gegen diesen Schuldspruch wird in der Beschwerde eingewendet, aus den Angaben in der Anzeige ergebe sich, daß die Beschwerdeführerin zugegeben habe, das Fahrzeug gelenkt und viel getrunken zu haben, weshalb für die einschreitenden Beamten keine Veranlassung zur Vornahme der Atemluftprobe bestanden habe. Schon auf Grund der Aussage, viel getrunken zu haben, hätte für die Beamten klar sein müssen, daß sich die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Einschreitens der Beamten in alkoholisiertem Zustand befunden habe. Die Überprüfung der Atemluft hätte daher unterbleiben können, weshalb keine Verweigerung der Atemluftprobe vorliege.

In Erwiderung auf diesen Einwand der Beschwerdeführerin genügt der Hinweis, daß die im § 5 Abs. 2 StVO 1960 geregelte Berechtigung der Straßenaufsichtsorgane zur Vornahme der Atemluftuntersuchung auch im Falle eines Geständnisses des Fahrzeuglenkers hinsichtlich seiner Alkoholbeeinträchtigung besteht. (Vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. März 1974, Zl. 1807/73.)

Im übrigen macht die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang noch geltend, die Verpflichtung, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, hätte auch deshalb nicht bestanden, weil ihr aus dem Alkoholkonsum nach dem Lenken des Fahrzeuges kein Vorwurf gemacht werden könne.

Auch mit diesem Vorbringen ist für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Nach den in dieser Hinsicht unwidersprochen gebliebenen Angaben in der Anzeige des Verkehrsunfallkommandos vom 30. Oktober 1978 hat die Beschwerdeführerin den einschreitenden Sicherheitswachebeamten gegenüber sinngemäß angegeben: "Ich habe das Fahrzeug gelenkt, ich war in Tulln und wo sich der Verkehrsunfall ereignet hat, kann ich nicht sagen. Mein Kfz ist kaputt. Ich habe viel getrunken." Nach den weiteren Ausführungen in der Anzeige seien bei der Beschwerdeführerin starke Symptome einer Alkoholisierung festgestellt worden (lallende Sprache, starker Alkoholgeruch aus dem Mund, glasige Augen und beim Gehen habe sie nur getaumelt). Die Beschwerdeführerin habe dem Meldungsleger den Führerschein übergeben und die Atemluftprobe mit den Worten verweigert: "Sie haben meinen Führerschein und sonst mache ich überhaupt nichts. Ins Röhrchen blase ich überhaupt nicht."

Abgesehen davon, daß die einschreitenden Beamten im Hinblick auf diese Angaben der Beschwerdeführerin gar keine Anhaltspunkte für die Annahme hatten, daß die Beschwerdeführerin erst nach dem Unfall Alkohol zu sich genommen hat, hätte auch ihre diesbezügliche Erklärung nichts an ihrer Verpflichtung geändert, die Atemluftuntersuchung vornehmen zu lassen, da, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur seit dem Erkenntnis vom 18. November 1971, Zl. 2027/70, ausgesprochen hat, die Vornahme des Alkotestes nicht mit der Behauptung verweigert werden darf, nach Beendigung des Lenkens Alkohol zu sich genommen zu haben.

Da die Bestrafung wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung somit zu Recht erfolgt ist, war die Beschwerde in diesem Punkt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 316/1976, als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b sowie 50 leg. cit. in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 542/1977.

Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin (S 70,-- Stempelgebühr) war abzuweisen, da für die in zweifacher Ausfertigung vorzulegende Beschwerde insgesamt nur S 140,-- an Stempelgebühr zu entrichten war.

Wien, am 15. Februar 1980

Schlagworte

Alkotest Zeitpunkt Ort

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1980:1979003187.X00

Im RIS seit

15.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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