TE Vwgh Beschluss 2020/3/4 Ra 2019/21/0366

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Veröffentlicht am 04.03.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §9 Abs4 Z1
FrPolG 2005 §9 Abs5
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des A F, zuletzt in W, vertreten durch Mag. Stefan Errath, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Untere Viaduktgasse 6/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16. Oktober 2019, G307 2216491- 1/20E, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen und eines befristeten Einreiseverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der ledige Revisionswerber, ein im Juli 1990 geborener serbischer Staatsangehöriger, kam im April 2008 nach Österreich, wo sich bereits seine Eltern aufhielten. Er lebte mit ihnen bis zu seiner Abschiebung nach Serbien am 21. März 2019 in einem gemeinsamen Haushalt. Der Revisionswerber verfügte beginnend ab 7. September 2011 über Aufenthaltstitel, zuletzt über einen bis 8. September 2019 gültigen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU". Er war während seines Aufenthalts in Österreich bei achtzehn Arbeitgebern in insgesamt 23 Arbeitsverhältnissen zusammengerechnet (nur) etwa drei Jahre beschäftigt. Er verfügt über Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1. Zuletzt gründete er eine im Baugewerbe tätige GmbH; ein diesbezüglicher Insolvenzantrag wurde am 23. April 2019 vom Handelsgericht Wien zurückgewiesen.

2 Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23. August 2018 wurde der Revisionswerber wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster Satz zweiter Fall und Abs. 2 SMG und wegen des (teils versuchten) Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten (davon 12 Monate bedingt nachgesehen) rechtskräftig verurteilt.

3 Dem Revisionswerber wurde mit diesem Strafurteil zur Last gelegt, am 15. Juni 2018 Suchtgift (Kokain und Marihuana) in einem insgesamt das 78-fache der Grenzmenge übersteigenden Ausmaß mit dem Vorsatz besessen, nämlich in der Oberbekleidung, im Büro und im PKW verwahrt zu haben, dass es durch Weiterverkauf in Verkehr gesetzt werde. Des Weiteren wurde er schuldig befunden, im Zeitraum März 2018 bis 15. Juni 2018 Suchtgift (Cannabiskraut, Kokain und Marihuana) in einem insgesamt die Grenzmenge übersteigenden Ausmaß anderen überlassen (verkauft) zu haben, wobei es teilweise beim Versuch geblieben sei. Das Strafgericht wertete bei der Strafzumessung das reumütige "überschießende" Geständnis, den teilweisen Versuch und die teilweise Sicherstellung des Suchtgifts als mildernd, erschwerend hingegen das Zusammentreffen von zwei Verbrechen. Aus dem Schuldspruch ergibt sich des Weiteren, dass der Revisionswerber geringe Mengen des Suchtgifts für den Eigenkonsum verwendete. Der Revisionswerber wurde im Zeitraum 15. Juni 2018 bis zu seiner bedingten Entlassung am 15. Oktober 2018 in Haft angehalten.

4 Im Hinblick auf diese Straftaten erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gegen den Revisionswerber mit Bescheid vom 19. Februar 2019 gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein mit sechs Jahren befristetes Einreiseverbot. Unter einem stellte das BFA gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Serbien zulässig sei. Es gewährte gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab.

5 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 16. Oktober 2019 mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf zwei Jahre herabgesetzt wurde. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

8 Unter diesem Gesichtspunkt wird in der Revision nur bemängelt, dem Revisionswerber hätte die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung zur Verschaffung eines persönlichen Eindrucks und "zur Aufklärung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts" ermöglicht werden müssen.

9 Zu diesem Vorbringen ist vorauszuschicken, dass das BVwG ohnehin am 16. April 2019 eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des Vaters und der Schwägerin des Revisionswerbers durchgeführt und diese Verhandlung auch noch zur Ermöglichung der Teilnahme des Revisionswerbers, dem allerdings keine Wiedereinreisebewilligung erteilt wurde, auf den 17. September 2019 erstreckt hat. Davon ausgehend war es aber - angesichts der gesamten Umstände dieses Falles - vor dem Hintergrund des § 9 Abs. 5 FPG jedenfalls nicht unvertretbar, von der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber abzusehen, zumal die Revision auch eine nähere Konkretisierung schuldig bleibt, zur Aufklärung welcher entscheidungsrelevanter Umstände er noch hätte beitragen können. Außerdem hatte der Revisionswerber im Schriftsatz seines auch nunmehr einschreitenden Rechtsvertreters vom 16. September 2019 ausdrücklich erklärt, "aufgrund des hinreichend geklärten Sachverhaltes" auf die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu verzichten.

10 Im Übrigen hat das BVwG den Interessen des Revisionswerbers, der entgegen der Auffassung in der Revision die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 Z 1 FPG (idF vor dem FrÄG 2018) schon in zeitlicher Hinsicht nicht erfüllte, durch Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbotes ausreichend Rechnung getragen.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 4. März 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019210366.L01

Im RIS seit

05.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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