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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 1. Oktober 2019, W171 2223819-1/2E, betreffend Aufhebung des Ausspruchs über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen einen Ladungs- und Mitwirkungsbescheid (mitbeteiligte Partei: D P in W, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufgehoben.
Begründung
1 Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte nach seiner Einreise erstmals am 11. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 26. März 2018, bestätigt durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 27. April 2018, in Verbindung mit einer Rückkehrentscheidung rechtskräftig abgewiesen wurde. 2 Am 5. November 2018 stellte der Mitbeteiligte einen Asylfolgeantrag, der mit Bescheid des BFA vom 14. Februar 2019 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Unter einem erging neuerlich eine Rückkehrentscheidung, die mit der Feststellung gemäß § 52 Abs. 9 FPG verbunden wurde, dass die Abschiebung des Mitbeteiligten nach Afghanistan zulässig sei. Schließlich erließ das BFA gegen den Mitbeteiligten noch ein auf § 53 Abs. 1 und 2 Z 6 FPG gestütztes, mit zwei Jahren befristetes Einreiseverbot. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG mit Erkenntnis vom 12. März 2019 mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf zwölf Monate herabgesetzt wurde.
3 Ein an den Verwaltungsgerichtshof gerichteter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen dieses Erkenntnis wurde mit Beschluss vom 28. März 2019, Ra 2019/19/0112, abgewiesen. Auch ein beim Verfassungsgerichtshof gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Beschwerde gegen dieses Erkenntnis blieb erfolglos. Nach der Abweisung dieses Antrags mit Beschluss vom 23. Juli 2019, E 1022/2019, brachte der Mitbeteiligte am 3. September 2019 eine Beschwerde ein, deren Behandlung - ohne zuvor die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vorzunehmen - vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 24. September 2019, E 3282/2019, abgelehnt wurde.
4 Mit Bescheid vom 10. September 2019 hatte das BFA dem Mitbeteiligten gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG mit Spruchpunkt I. aufgetragen, am 20. September 2019 um 11.00 Uhr persönlich zum BFA (in einen örtlich näher beschriebenen Bereich) zu kommen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken, "im Konkreten" einen "Interviewtermin durch eine Experten-Delegation Afghanistan" wahrzunehmen. Er habe in seinem Besitz befindliche relevante Dokumente (Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstige seine Identität oder Staatsangehörigkeit bescheinigende Dokumente) mitzubringen. Sollte der Mitbeteiligte diesem Auftrag "ohne wichtigen Grund (Krankheit, Behinderung, andere wichtige Gründe)" nicht Folge leisten, müsse er "damit rechnen, dass eine Haftstrafe von 14 Tagen verhängt wird". Mit Spruchpunkt II. wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.
5 Dieser Bescheid wurde dem Mitbeteiligten am 11. September 2019 zu eigenen Handen zugestellt.
6 Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 19. September 2019, dem BFA um 17.50 Uhr übermittelt, erhob der Mitbeteiligte (nur) gegen Spruchpunkt II. des Bescheides vom 10. September 2019 eine Beschwerde.
7 Am 20. September 2019, kurz nach 10.00 Uhr, langte beim BFA die von seinem Rechtsvertreter verfasste Mitteilung ein, dass der Mitbeteiligte den "Interviewtermin" aufgrund von Krankheit nicht wahrnehmen könne. Dazu wurde eine ärztliche Bestätigung vom selben Tag über seine Arbeitsunfähigkeit vom 20. September 2019 bis 23. September 2019 vorgelegt, aus der sich der hierfür maßgebliche Grund mit "Krankheit" entnehmen lässt.
8 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 1. Oktober 2019 behob das BVwG in Stattgebung der Beschwerde Spruchpunkt II. des Bescheides des BFA vom 10. September 2019 ersatzlos. Des Weiteren sprach das BVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Die Entscheidung in der Sache begründete das BVwG im Wesentlichen damit, dass im bekämpften Bescheid nicht dargelegt worden sei, "inwiefern" im vorliegenden Fall besondere öffentliche Interessen die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides sachlich rechtfertigen würden und "inwiefern" Gefahr im Verzug gegeben sei. Das BFA gebe nicht an, welche konkrete Gefahr durch einen fortgesetzten illegalen Aufenthalt "für die Öffentlichkeit" unmittelbar bestehen würde. Nach der Judikatur zu § 13 Abs. 2 VwGVG genüge aber ein allgemeines öffentliches Interesse an der Einhaltung der Gesetze für den rechtmäßigen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht, sondern es müsse ein besonderes öffentliches Interesse an einer vorzeitigen Vollstreckung eines Bescheides dargelegt werden und sachlich geboten sein.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des BFA, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung eines Vorverfahrens, in dessen Rahmen der Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstattete, erwogen hat:
10 Entgegen dem gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG nicht bindenden Ausspruch des BVwG erweist sich die Amtsrevision - wie sich aus den weiteren Ausführungen ergibt - unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG als zulässig; sie ist auch berechtigt.
11 Vorweg ist darauf einzugehen, dass in der Revision die Frage angesprochen wird, ob der Ladungs- und Mitwirkungsbescheid vom 10. September 2019 vor dem Hintergrund des Erkenntnisses VwGH 22.8.2019, Ra 2018/21/0188, dem Mitbeteiligten wirksam zugestellt wurde. Zunächst ist dazu klarzustellen, dass eine Zustellung an den in der Folge einschreitenden rechtsanwaltlichen Vertreter nicht geboten war, weil er sich davor ausdrücklich nur auf die für die Akteneinsicht erteilte Bevollmächtigung durch den Mitbeteiligten berufen hatte. Eine Zustellung des Ladungs- und Mitwirkungsbescheides an die im Beschwerdeverfahren betreffend den Asylfolgeantrag als Rechtsvertreter einschreitende gemeinnützige GmbH war aber ebenfalls nicht geboten, weil sich die dazu vorgelegte Vollmacht grundsätzlich auf dieses Verfahren beschränkte und auch sonst keine mit dem zu VwGH 22.8.2019, Ra 2018/21/0188, entschiedenen Fall vergleichbare Konstellation vorlag. Die an den Mitbeteiligten persönlich vorgenommene Zustellung war daher wirksam.
12 In erster Linie wird in der Amtsrevision die Zulässigkeit einer abgesonderten Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung bestritten, und zwar jedenfalls für den vorliegend zu beurteilenden Fall, in dem nicht einmal im Zeitpunkt der Entscheidung über diese Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 1. Oktober 2019 eine Beschwerde in der Hauptsache - diese wurde erst am 8. Oktober 2019 eingebracht - erhoben worden war.
13 Dieser Einwand ist berechtigt.
14 Unter der Überschrift "Aufschiebende Wirkung" normiert
§ 13 VwGVG in der seit 1. Jänner 2019 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 138/2017 Folgendes:
"§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.
(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
(3) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.
(4) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen."
15 Ergänzend bestimmt § 22 Abs. 2 und 3 VwGVG Nachstehendes:
"§ 22. (1) ...
(2) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung durch Beschluss ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.
(3) Das Verwaltungsgericht kann Bescheide gemäß § 13 und Beschlüsse gemäß Abs. 1 und 2 auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben."
16 Grundsätzlich kommt also einer (rechtzeitigen und zulässigen) Beschwerde iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG aufschiebende Wirkung zu, sodass der Bescheid bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht vollzogen werden kann und für den Fall der Erhebung einer Beschwerde erst nach Erlassung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes einem Vollzug zugänglich ist. Die Behörde kann allerdings unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 VwGVG mit Bescheid die aufschiebende Wirkung ausschließen. Das dort genannte Tatbestandsmerkmal "Gefahr im Verzug" bringt zum Ausdruck, dass die Bestimmung (der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierender Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll. Voraussetzung für den Ausschluss der einer Beschwerde grundsätzlich zukommenden aufschiebenden Wirkung ist daher eine nachvollziehbare Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen der Verfahrensparteien, aus der sich - im vorliegenden Zusammenhang - ebenso nachvollziehbar ergibt, dass für den Fall, dass die aufschiebende Wirkung nicht ausgeschlossen wird, gravierende Nachteile für das öffentliche Wohl eintreten würden (VwGH 5.9.2018, Ra 2017/03/0105, 0106, Rn. 14, mwN).
17 Bei einer maßgeblichen Sachverhaltsänderung kann die Behörde diesen Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auf Antrag oder von Amts wegen gemäß § 13 Abs. 3 VwGVG in Form einer entsprechenden Abänderung oder Aufhebung wieder (teilweise) zurücknehmen. Gegen einen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung, dessen Ausspruch nach dem letzten Satz dieser Bestimmung "tunlichst" schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen ist, kann aber auch Beschwerde erhoben werden, der gemäß § 13 Abs. 4 erster Satz VwGVG jedenfalls keine aufschiebende Wirkung zukommt. Allerdings hat das Verwaltungsgericht über eine solche Beschwerde (nach unverzüglich vorzunehmender Aktenvorlage) ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden. Ab Vorlage der Beschwerde kommt dem Verwaltungsgericht die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung zu, wobei der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht nur auf Basis des erstinstanzlichen Entscheidungszeitpunkts zu überprüfen ist, sondern das Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund des § 22 Abs. 3 VwGVG auch nachträgliche Sachverhaltsänderungen zu berücksichtigen hat (vgl. VwGH 1.9.2014, Ra 2014/03/0028, Punkt 5.1. der Entscheidungsgründe); das Verwaltungsgericht hat somit seine Entscheidung an Hand der im Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage zu treffen (vgl. im Anschluss an den zitierten Beschluss vom 1. September 2014 etwa VwGH 29.4.2019, Ro 2018/20/0013, Rn. 22). Das scheint das BVwG, das seine Entscheidung ausschließlich auf die mangelhafte Begründung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung durch das BFA stützte, verkannt zu haben.
18 Während somit das BFA im vorliegenden Fall bei der gebotenen Interessenabwägung auf den Zeitpunkt der Erlassung des Ladungs- und Mitwirkungsbescheides vom 10. September 2019 abzustellen und die wechselseitige Interessenlage vor dem "Interviewtermin" am 20. September 2019 in den Blick zu nehmen hatte, wäre vom BVwG auch auf die weitere verfahrensrechtliche Entwicklung - Nichtbefolgung der Ladung durch den Mitbeteiligten, aus der Sicht des BFA (so die Amtsrevision) hierfür nicht ausreichende Entschuldigung und deshalb drohende Haft - Bedacht zu nehmen gewesen. Dabei wären - anders als der Mitbeteiligte in der Revisionsbeantwortung meint - auch die Erfolgsaussichten einer in der Hauptsache, also einer gegen den Ladungs- und Mitwirkungsbescheid erhobenen Beschwerde einzubeziehen gewesen (siehe zu diesem Gesichtspunkt VwGH 11.4.2018, Ro 2017/08/0033, Rn. 25, mwN).
19 Nicht zuletzt deshalb ist dem Standpunkt in der Amtsrevision beizupflichten, dass die Zulässigkeit der Beschwerde betreffend die aufschiebende Wirkung die Erhebung einer Beschwerde auch in der Hauptsache vorausgesetzt hätte. Die Wieder-Zuerkennung der gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung ist nämlich nicht Selbstzweck, sondern zielt darauf, dass der Betroffene nicht einseitig mit den Folgen einer potenziell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung so lange belastet wird, bis sein Rechtsschutzgesuch (seine Beschwerde) endgültig erledigt ist. Unter dem Gesichtspunkt der Effektivität des Rechtsschutzes ist dabei auch maßgeblich, ob durch den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung per se bzw. durch den dadurch ermöglichten sofortigen Vollzug eines Bescheides der mögliche Erfolg mit einer (in der Hauptsache erhobenen) Beschwerde ins Leere läuft. Wurde (noch) keine Beschwerde in der Hauptsache erhoben und somit die Rechtmäßigkeit des Bescheides, dessen Vollzug aufgeschoben werden soll, gar nicht in Frage gestellt, dann fehlt ein Rechtschutzbedürfnis in Bezug auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für eine (noch) nicht eingebrachte Beschwerde.
20 Dieses Ergebnis wird - wie die Amtsrevision noch zutreffend aufzeigt - entgegen der Deutung in der Revisionsbeantwortung auch durch die Regelung im Abs. 4 des § 13 VwGVG gestützt, in dessen letztem Halbsatz erkennbar davon ausgegangen wird, dass die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemeinsam mit der Beschwerde in der Hauptsache erhoben wurde. 21 Vorrangig ist aber der Umstand, dass es sich beim Ausschluss der aufschiebenden Wirkung um einen - in Bezug auf den die Hauptsache betreffenden Ausspruch (Erlassung des Ladungs- und Mitwirkungsbescheides) - bloß akzessorischen Nebenausspruch handelt. Dieser Nebenausspruch hat zwar insofern selbständigen Charakter, als er in einem gesonderten Bescheid getrennt vom Ausspruch in der Hauptsache ergehen kann (vgl. § 13 Abs. 2 letzter Satz VwGVG) und auch die Rechtsmittelinstanz über die Berufung (nunmehr: Beschwerde) gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung getrennt von der Hauptsache entscheiden kann (vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängerregelung des § 64 Abs. 2 AVG etwa VwGH 17.2.2000, 97/18/0564, Punkt II.1.3. der Entscheidungsründe, mwN). Nur insofern kann den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung beigepflichtet werden. Damit ist aber nicht die Frage geklärt, ob die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ohne Beschwerde in der Hauptsache möglich ist. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof aber schon im Erkenntnis VwGH 20.9.1983, 83/11/0034, zu § 64 Abs. 2 AVG festgehalten, dass dieser Nebenausspruch "in Verbindung mit der Berufung in der Hauptsache" (nunmehr: Beschwerde) innerhalb der Rechtsmittelfrist eigens bekämpft werden muss. Das gilt auch für § 13 Abs. 2 VwGVG.
22 Daher wäre (jedenfalls) in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Beschwerde in der Hauptsache im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung (noch gar) nicht eingebracht war, diese Beschwerde vom BVwG zurückzuweisen gewesen.
23 Das hat das BVwG nicht erkannt, weshalb das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufzuheben war. Wien, am 4. März 2020
Schlagworte
AllgemeinAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltTrennbarkeit gesonderter AbspruchZeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019210354.L00Im RIS seit
05.05.2020Zuletzt aktualisiert am
05.05.2020