TE Vwgh Erkenntnis 2020/3/4 Ra 2019/21/0343

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Veröffentlicht am 04.03.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §34 Abs2 Z1
BFA-VG 2014 §34 Abs3 Z3
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1a
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGG §42 Abs2 Z2
VwGG §42 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des A C in M, vertreten durch Dr. Michael Koth, Rechtsanwalt in 2230 Gänserndorf, Rathausplatz 2, gegen die Spruchpunkte A.III. und A.IV. des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. September 2019, W171 2223596-1/6E, betreffend Festnahme (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Spruchpunkt A.III. wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes und der überdies angefochtene Spruchpunkt A.IV. wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, gegen den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein mit 30. Juli 2019 datierter und auf § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG gestützter Festnahmeauftrag ergangen war, wurde bis 31. Juli 2019 in Strafhaft angehalten. Anschließend wurde er in ein Polizeianhaltezentrum zur Vollstreckung von offenen Verwaltungsstrafen überstellt und dort auf dieser Basis bis 17. August 2019 angehalten.

2 Unmittelbar danach wurde der Revisionswerber am 17. August 2019 um 8.00 Uhr festgenommen. Mit Mandatsbescheid vom 19. August 2019 verhängte das BFA sodann über den Revisionswerber gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zur Sicherung seiner Abschiebung, die der Aktenlage zufolge ab 13.00 Uhr dieses Tages vollzogen wurde.

3 Gegen den Schubhaftbescheid und die darauf gegründete Anhaltung in Schubhaft sowie gegen die Festnahme erhob der Revisionswerber mit Schriftsatz seiner Rechtsvertreterin vom 19. September 2019 eine Beschwerde. In Bezug auf die bekämpfte Festnahme wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge "die Festnahme am 17.8.2019 und die darauf gestützte Anhaltung bis zur Zustellung des Schubhaftbescheides am 19.8.2019 für rechtswidrig erklären". Zur Begründung wurde zusammengefasst geltend gemacht, die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Z 1 BFA-VG, auf den ein - laut den Ausführungen des BFA im Schubhaftbescheid - am 17. August 2019 ergangener Festnahmeauftrag gegründet worden sei, seien im vorliegenden Fall nicht gegeben gewesen. Im Übrigen habe die dann erfolgte Anhaltung bis zur Erlassung des Schubhaftbescheides, während der keine Einvernahme des Revisionswerbers erfolgt sei, mit insgesamt mehr als zwei Tagen unverhältnismäßig lange gedauert.

4 Über diese Beschwerde sprach das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 24. September 2019 zunächst dahin ab, dass ihr gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG stattgegeben, der Schubhaftbescheid vom 19. August 2019 aufgehoben und die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt wurde (Spruchpunkt A.I.). Des Weiteren stellte das BVwG gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorlägen (Spruchpunkt A.II.). Die Beschwerde "gegen die Festnahme" wurde jedoch gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A.III.). Schließlich wurden auch die Anträge auf Kostenersatz gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen (Spruchpunkt A.IV.). Im Übrigen sprach das BVwG noch gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt B.).

5 Die (verfahrensgegenständliche) Beschwerdeabweisung begründete das BVwG damit, dass die Voraussetzungen für die Erlassung des Festnahmeauftrags vom 30. Juli 2019 gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG wegen des Bestehens eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes erfüllt gewesen seien. Da der Revisionswerber am 31. Juli 2019 um 8.00 Uhr festgenommen und unverzüglich in Verwaltungsstrafhaft überstellt worden sei, sei die Anhaltung im Rahmen des § 40 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 4 BFA-VG, wonach die Anhaltung in diesem Fall bis zu 72 Stunden zulässig sei, auch nicht unverhältnismäßig gewesen. Die Kostenentscheidung begründete das BVwG damit, dass weder der Revisionswerber noch das BFA vollständig obsiegt hätten, weshalb keiner der Parteien ein Kostenersatz zustehe.

6 Gegen die Spruchpunkte A.III. und A.IV. dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Dreiersenat nach Aktenvorlage und Durchführung eines Vorverfahrens, in dessen Rahmen keine Revisionsbeantwortungen erstattet wurden, erwogen hat:

7 Die Revision erweist sich - wie sich aus den weiteren Ausführungen ergibt - entgegen dem gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG nicht bindenden Ausspruch des BVwG im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG als zulässig; sie ist auch berechtigt. 8 In der Revision wird vor allem gerügt, dass das BVwG über die in der Beschwerde unbekämpft gebliebene Festnahme am 31. Juli 2019 und nicht über die in Beschwerde gezogene Festnahme am 17. August 2019 und die anschließende Anhaltung bis zur Erlassung des Schubhaftbescheides am 19. August 2019 abgesprochen habe. Das trifft - wie schon aus der Wiedergabe des Verfahrensganges zu erkennen ist - zu.

9 Demzufolge war Spruchpunkt A.III. des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufzuheben. Unter einem war auch die Entscheidung betreffend den Kostenersatz mit Spruchpunkt A.IV. des angefochtenen Erkenntnisses wegen der gemäß § 42 Abs. 3 VwGG rückwirkenden Aufhebung in der Hauptsache wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

10 Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 4. März 2020

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019210343.L00

Im RIS seit

05.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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