TE Vwgh Beschluss 2020/3/4 Ra 2019/21/0307

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Veröffentlicht am 04.03.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §52 Abs1 Z1
FrPolG 2005 §53
MRK Art8
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des E T, zuletzt in W, vertreten durch Mag. Martin Sohm, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichte s vom 27. August 2019, L529 2152174-2/12E, betreffend Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 sowie Erlassung einer Rückkehrentscheidung (samt Nebenaussprüchen) und eines befristeten Einreiseverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist georgischer Staatsangehöriger. Er reiste erstmals 2016 nach Österreich ein, wo er einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Dieser wurde letztlich mit im Beschwerdeweg ergangenem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 12. Mai 2017 - unter Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen - vollinhaltlich abgewiesen.

2 Am 1. August 2017 kehrte der zwischenzeitlich wegen gewerbsmäßig begangener Diebstahlsdelikten zu einer neunmonatigen teilbedingten Freiheitsstrafe (unbedingter Strafteil drei Monate) verurteilte Revisionswerber freiwillig nach Georgien zurück. Er reiste aber bereits am 11. August 2017 über Italien erneut in den Schengenraum ein und befand sich in der Folge jedenfalls zeitweise immer wieder in Österreich. Hier wurde er am 30. April 2019 aufgegriffen, dann in Schubhaft genommen und schließlich am 23. Mai 2019 nach Georgien abgeschoben.

3 Basis hiefür war ein Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 3. Mai 2019, mit dem ausgesprochen worden war, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde, und mit dem unter einem gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG (samt Nebenaussprüchen, insbesondere Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG) sowie ein vierjähriges Einreiseverbot erlassen worden waren.

4 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG eine gegen den genannten Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Dabei ging es zwar davon aus, dass der Revisionswerber nach dem neuerlichen Verlassen Georgiens nach dem 11. August 2017 (auch) in Polen gelebt habe, erachtete es aber als nicht feststellbar, dass er - wie von ihm im Verfahren behauptet - über einen polnischen Aufenthaltstitel verfüge. Es komme daher § 52 Abs. 1 Z 1 FPG (Rückkehrentscheidung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts) auf ihn zur Anwendung.

5 Zu seinen persönlichen Verhältnissen stellte das BVwG insbesondere fest, dass der Revisionswerber mit Ausnahme eines Ausschlags und seiner Suchtmittelabhängigkeit gesund sei; dass Suchtmittelabhängigkeiten in Georgien behandelbar seien, dürfe als notorisch vorausgesetzt werden. Das BVwG stellte weiter fest, dass der Revisionswerber eine österreichische "Freundin" habe, ein gemeinsamer Haushalt mit ihr (und ihrem erwachsenen Sohn) bestehe allerdings nicht. Insgesamt überwiege somit das öffentliche Interesse an einer Beendigung seines Aufenthaltes im Bundesgebiet sein persönliches Interesse an einem Verbleib, sodass eine Rückkehrentscheidung keine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirke. 6 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass eine Revision gegen sein Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

9 In dieser Hinsicht macht der Revisionswerber nur geltend, es sei nach der derzeitigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "noch nicht ausreichend gesichert", inwieweit eine Suchtmittelabhängigkeit und deren Therapierbarkeit - im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG - ein beachtenswertes privates Interesse des Fremden begründeten; BFA und BVwG hätten sich in offenbar rechtswidriger Weise nicht näher mit Natur und Schwere seiner Suchtmittelabhängigkeit und mit der Behandelbarkeit seiner Krankheit auseinandergesetzt. 10 Dem ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof schon klargestellt hat, eine schwere Erkrankung eines Fremden, die in dessen Herkunftsstaat - anders als in Österreich - nicht adäquat behandelbar sei, verstärke dessen privates Interesse an einem weiteren Verbleib in Österreich nicht unmaßgeblich, was in die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG einzubeziehen sei (siehe VwGH 28.1.2016, Ra 2015/21/0199, Punkt 2.1. der Entscheidungsgründe).

11 Das würde selbstredend auch auf entsprechend schwere Erkrankungen im Zusammenhang mit Suchtmittelmissbrauch zutreffen. Allerdings hat der Revisionswerber in diese Richtung weder vor dem BFA noch im Beschwerdeverfahren ein entsprechendes Vorbringen erstattet; er hat seine Suchtmittelabhängigkeit in keiner Weise problematisiert, sie nicht näher konkretisiert und insbesondere nicht geltend gemacht, sich deswegen in Österreich einer Behandlung zu unterziehen oder eine solche auch nur anzustreben. 12 Von daher liegt die geltend gemachte Rechtswidrigkeit nicht vor und wird mit dem dargestellten Vorbringen insgesamt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 4. März 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019210307.L00

Im RIS seit

05.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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