TE Vwgh Beschluss 2020/3/5 Ra 2020/15/0018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.03.2020
beobachten
merken

Index

L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §37
AVG §45 Abs2
BAO §115 Abs1
BAO §167 Abs2
VergnügungssteuerG Wr 2005 §14 Abs2
VergnügungssteuerG Wr 2005 §6 Abs1
VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger sowie Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der N S in W, vertreten durch Mag. Rainer Hochstöger, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10 (4. OG), gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 18. November 2019, Zl. RV/7500648/2018, betreffend Übertretung Vergnügungssteuergesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Im Rahmen einer Amtshandlung nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) wurden am 15. Dezember 2016 in einem von der S GmbH (die Revisionswerberin ist deren Geschäftsführerin) betriebenen Lokal fünf Gegenstände (vier "Tablets" und ein E-Kiosk) gemäß § 53 Abs. 2 GSpG vorläufig beschlagnahmt.

2 Mit Bescheid vom 24. Februar 2017 schrieb die belangte Behörde der S GmbH u.a. für das Halten von vier Spielapparaten für den Monat Dezember 2016 Vergnügungssteuer in Höhe von 5.600 EUR vor.

3 Die S GmbH erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Sie machte geltend, bei den beschlagnahmten Gegenständen handle es sich nicht um Spielapparate, sondern um handelsübliche PCs mit Internetzugang. Diese Funktion stehe hierbei auch im Vordergrund. Mit den PCs könnten sämtliche Seiten im Internet aufgerufen werden. Es habe keine feste Verlinkung zu irgendeiner Internetseite mit einem Glücksspielangebot bestanden. 4 Mit Erkenntnis vom 1. Oktober 2019 wies das Bundesfinanzgericht diese Beschwerde - nach Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde und Vorlageantrag der Revisionswerberin - als unbegründet ab.

5 Am 21. Juni 2017 wurde die Revisionswerberin zur Rechtfertigung aufgefordert. Ihr wurde zur Last gelegt, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der S GmbH unterlassen, die näher bezeichneten vier Apparate für den Monat Dezember 2016 zur Vergnügungssteuer anzumelden und diese zu entrichten. 6 Die Revisionswerberin machte geltend, es handle sich um handelsübliche PCs mit Internetzugang. Eine feste Verlinkung zu irgendeiner Internetseite habe nicht bestanden. Es handle sich nicht um Spielapparate.

7 Mit Straferkenntnis vom 23. Juli 2018 wurde die Revisionswerberin als handelsrechtliche Geschäftsführerin der S GmbH schuldig erkannt, sie habe es unterlassen, die im Betrieb gehaltenen und als Spielapparat mit Gewinnmöglichkeit verwendeten Geräte für den Monat Dezember 2016 zur Vergnügungssteuer anzumelden und diese zu entrichten. Sie habe dadurch §§ 14 Abs. 2 und 17 Abs. 3 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 Vergnügungssteuergesetz 2005 (VGSG) in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 VStG verletzt. Über sie wurden vier Geldstrafen von je 700 EUR sowie Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Weiters wurde sie zum Kostenersatz verpflichtet. Schließlich wurde ausgesprochen, dass die S GmbH gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die verhängten Geldstrafen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand hafte. 8 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Sie machte neuerlich geltend, bei den im Lokal der S GmbH betriebenen Geräten habe es sich nicht um vergnügungssteuerpflichtige Spielapparate, sondern um gewöhnliche PCs gehandelt.

9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde betreffend ein Gerät statt, hob das Straferkenntnis der belangten Behörde insoweit auf und stellte das Verfahren dazu ein. Betreffend die anderen drei Geräte wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass die Revisionswerberin insoweit einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe. Weiters sprach es aus, dass die S GmbH gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die Geldstrafen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand hafte. Schließlich sprach das Bundesfinanzgericht aus, dass eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

10 Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs und der anzuwendenden Bestimmungen verwies das Bundesfinanzgericht (soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung) insbesondere auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom 1. Oktober 2019, womit über die Vergnügungssteuer entschieden worden war, sowie auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien vom 2. Oktober 2018 (dieses betrifft die Bestrafung der Revisionswerberin nach dem GSpG).

11 Aus dem Erkenntnis vom 1. Oktober 2019 zitierte das Bundesfinanzgericht insbesondere, dass in jenem Verfahren die amtshandelnden Organe der Finanzpolizei übereinstimmend ausgesagt hätten, dass in dem Lokal die Möglichkeit bestanden habe, Gutscheine, die mit einer Pincode-Nummer versehen gewesen seien, zu erwerben. Die Tablets hätten mit diesen Gutscheinen den Einstieg ins Internet ermöglicht. Nach Aufruf der Glücksspielseiten - entweder direkt über den Desktop oder über das Internet - und nach Eingabe des auf dem Gutschein angegebenen Pincodes sei es den Usern möglich gewesen, eines der angebotenen Spiele aufzurufen und zu spielen. Aufgrund der Tatsache, dass die Kunden einen Gutschein mit einer Nummer erwerben hätten können, die es ihnen ermöglicht habe, unter vorgegebenen Spielen auszuwählen, bei denen ihnen ein Gewinn in Aussicht gestellt worden sei und den sie nur bei dem im gegenständlichen Lokal befindlichen E-Kiosk, der den Gutschein verkauft habe, einlösen hätten können, sei - auch wenn die Geräte getrennt gewesen seien - ein Spielapparat gegeben. Es sei von einem Spielapparat auszugehen, wenn der Spieler die Seite über eine Internetadresse aufrufen könne, zu der der Spieler nur über eine in diesem Lokal erworbene M-Card gelangen könne und die ihm die Möglichkeit gebe, unter bestimmten vorgegebenen verschiedenen virtuellen Walzenspielen auszuwählen. Die "feste Verlinkung" (im Sinne von VwGH 1.9.2010, 2010/17/0086) ergebe sich durch das Zusammenwirken des aus dem im Lokal befindlichen E-Kiosk erworbenen Gutscheins, des sich darauf befindlichen Pincodes und der Möglichkeit der Auszahlung eines Guthabens eben nur auf diesem bestimmten, im Lokal befindlichen E-Kiosk (Ein- und Auszahlungsgerät). Wenngleich die gegenständlichen Terminals (Displays) unter Umständen für Zwecke des Internetsurfens und des üblichen Internetgebrauches hätten benutzt werden können, bestehe nach dem Gesamtbild kein Zweifel daran, dass diese in Verbindung mit dem Ein- und Auszahlungsgerät, über welches zweifelsfrei Spielguthaben hätten erworben werden können, als Spielapparate verwendet würden, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldwert habe erzielt werden können.

12 Zu berücksichtigen sei aber (abweichend vom zitierten Erkenntnis vom 1. Oktober 2019), dass an einem der Geräte ein Guthaben nicht habe gebucht werden können und somit auch kein Spielbetrieb gegeben gewesen sei. Insoweit sei der Beschwerde daher Folge zu geben gewesen.

13 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. 14 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 17 Zur Zulässigkeit wird in der Revision geltend gemacht, es liege ein Begründungsmangel vor. Das Verwaltungsgericht habe die rechtliche Beurteilung und den Gang des Verfahrens vermengt; Feststellungen könnten nicht erblickt werden, es liege auch keine Beweiswürdigung vor. Die nicht vorhandenen Feststellungen könnten auch die rechtliche Beurteilung nicht tragen, dass es sich um Spielapparate handle. Die Revisionswerberin mache insbesondere geltend, dass bei den Geräten keine feste Verlinkung vorliege. Das Verwaltungsgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, ob eine derartige feste Verlinkung vorhanden gewesen sei. Ohne feste Verlinkung liege aber kein Spielapparat vor.

18 Die Revision ist nicht zulässig.

19 Ein relevanter Begründungsmangel begründet die Zulässigkeit

der Revision und führt zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses (vgl. VwGH 27.7.2016, Ra 2015/13/0051, mwN). 20 Es trifft zwar zu, dass das angefochtene Erkenntnis keine formal getrennten Elemente betreffend Tatsachenfeststellung, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung enthält. Zur Aufhebung führt dieser Mangel aber nur dann, wenn dadurch die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird (vgl. etwa VwGH 27.7.2016, Ra 2015/13/0043, mwN). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Das Bundesfinanzgericht hat - wenn auch im Wesentlichen nur durch ausführliche Zitate einer anderen Entscheidung - Feststellungen zum Sachverhalt getroffen und hiezu auch angegeben, worauf sich diese Feststellungen stützen. Dass diese Feststellungen mit die Zulässigkeit der Revision begründenden Mängeln belastet wären, wird in der Revision nicht dargelegt.

21 Der Verwaltungsgerichtshof hat im - auch in der Revision angeführten - Erkenntnis vom 1. September 2010, 2010/17/0086, ausgesprochen, dass eine "feste Verlinkung" mit Spielmöglichkeiten Geräte zu Spielapparaten im Sinne des VGSG macht. Daraus kann aber nicht im Gegenschluss abgeleitet werden, dass alleine das Fehlen einer festen Verlinkung bewirkt, dass ein derartiges Gerät kein Spielapparat sei (vgl. - zur Frage, ob ein Wettterminal im Sinne des Vorarlberger Kriegsopferabgabegesetzes vorliegt - VwGH 28.5.2019, Ra 2019/15/0032). Computer, Mobiltelefone oder - wie hier - "Tablets", die für viele verschiedene Zwecke einsetzbar sind, sind zwar nicht von vornherein als Spielapparate (oder als Wettterminals; vgl. - zum Vorarlberger Gemeindevergnügungssteuergesetz - VwGH 19.12.2018, Ra 2018/15/0044) zu behandeln. Liegt aber - wie hier - eine Gerätekonstellation in der Weise vor, dass mit einem im Geschäftslokal befindlichen E-Kiosk ein Gutschein erworben werden konnte, der es sodann ermöglichte, mittels der "Tablets" an Glücksspielen teilzunehmen, so ist der Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, es handle sich hiebei um Spielapparate, vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Revision nicht entgegen zu treten. (vgl. VwGH 1.10.2019, Ra 2019/02/0030; sowie neuerlich VwGH 19.12.2018, Ra 2018/15/0044, jeweils zu Wettterminals).

22 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 5. März 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020150018.L00

Im RIS seit

26.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

26.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten